Samstag, 26. Dezember 2015

Arto Paasilinna : "Die Giftköchin"

Arto Paasilinna :
"Die Giftköchin"
Roman
original "Suloinen Myrkynkeittäjä"
1988, Wsoy, Helsinki
Aus dem Finnischen von Regine Pirschel
1998, BLT, Verlagsgruppe Lübbe, Bergisch Gladbach
204 Seiten
ISBN 3-304-92054-6

Linnea Ravaska ist eine charmante ältere Dame, Witwe eines Oberst, deren Ziehneffe sich brutal ihr gegenüber benimmt und ihr Einkommen verpraßt. Kauko findet daß es ihm als armen jungen arbeitslosen Menschen mehr zusteht als einer alten Dame - sie ist hier ziemlich anderer Meinung. Als ihr die Übergriffe zu viel werden, beschließt sie zu ihrem eigenen Schutz Gift bei sich zu haben. Wie die Situationen so spielen, wendet sich das Gift gegen zwei Kumpels von Kauko; Kauko selber besiegt ein ganz anderer Zufall. Als Ende verhilft ihr ein russischer Kapitän an der finnisch-russischen Wassergrenze charmant weiter; auch der Ausblick auf weitere charmante Unterstützung bleibt gewahrt.

Die erste Hälfte ist ein bißchen kolprig zu lesen da der sinnlosen Brutalität von Kauko/Kake, Jari und Pera viel Platz gegeben wird; dann bekommt die Geschichte viel Schwung und skurrilen Humor.

Die Personen sind schön beschrieben : Linnea die eine ältere gepflegte Dame ist, die auf sich achtet und sich elegant anzieht, und mit Charme und Freundlichkeit Menschen auf ihre Seite zieht;
Raako Kivistö ist Lizentiat der Medizin, und ein alter Freund und auch nach der Ehe Liebhaber der Dame; die drei Grobiane Kauko/Kake, Jari und Pera werden als brutal, versoffen, verfressen, unsensibel geschildert, einer der drei hat sogar eine liebe, etwas dumme Freundin, die er rücksichtslos prügelt; die Texte in denen sich die drei im Selbstmitleid drehen weil sie sich nur durch Gesetzlosigkeiten über Wasser halten können, aber die Welt für böse halten, sind tragikomisch skurril. Die Nebenfiguren sind ebenfalls unterhaltsam, auch wenn es nur kleine Partien sind wie die Psychologin, die sich über einen bodenständigen Mann erfreut, ein Päarchen das sich am Seitensprung erfreut, der russische Kapitän der sich freut als Überraschungsgast eine Offizierswitwe zur Unterhaltung zu haben ...

Ort der Handlung ist zuerst ca. 50 km von Helskinki entfernt, und dann die Stadt selber und auf dem Wasser; es werden Autos und Schiffe gekapert - leider oft zerstört oder beschädigt zurückgelassen.

Ich habe das Buch an einem wettergrauen Tag gelesen und mich gut dabei unterhalten. Viel Spaß beim Lesen !

Arto Paasilinna wurde am 20. April 1942 in Kittilä geboren. Seine Eltern arbeiteten bei der Polizei. Er absolvierte eine Ausbildung bei einer Zeitung und arbeitete dann als Redakteur bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften. Sein erster Roman 'Operaatio Finlandia' erschien 1972 .Seine Bücher wurden in 45 Sprachen übersetzt, viele Romane sind verfilmt worden. Er lebt heute mit seiner Familie im südfinnischen Espoo-Westend, nahe Helsinki.

Sonntag, 20. Dezember 2015

Jean-Yves Ferri + Didier Conrad : "Der Papyrus des Cäsar" (Asterix Band 36)

Jean-Yves Ferri + Didier Conrad :
"Der Papyrus des Cäsar" (Asterix Band 36)
original, "Le Papyrus de César"
2015, Editions Albert René
übersetzt von Klaus Jöken
2015, Egmont Comic Collection
Seiten
ISBN 978-3770438907

Rechtzeitig zu Nikolo und Weihnachten kam der neue Asterix auf den Markt. Er macht genauso Freude wie die alten original-Asterix-Bände !

Cäser hat seine Memoiren verfaßt. Syndicus der Zensor schlägt vor das Kapitel mit dem Dorf der unbeugsamen Gallier zu streichen. Ein Papyrus wird von einem Idealisten entwendet und einem unabhängigen Journalisten zugespielt. Im Dorf sind alle wegen des Versuchs der Geschichtsfälschung empört und Miraculix geht zu seinem alten Mentor um das Wissen zu bewahren. Alle Versuche der Römer den Papyrus zurückzukämpfen scheitern. Am Schluß gibt es das gewohnte Wildschweinvernichten.

Als eines der Nebenthemen die sich durchziehen werden die Zeitungshoroskope (keltisches Baumhoroskop) durch die Humor gezogen : der alte Methusalix und Obelix mit seiner Wildschweinvorliebe werden auf die Schaufel genommen.

Mich haben die Namen die dem grün-bärtigen Mentor von Miraculix statt eben diesem Namen einfallen sehr gut gefallen. Auch sonst gibt es nette feine Namens-Spielereien wie auf Seite 3 eine Anspielung auf Computerdaten.

Troubadix' Sammlung an geräuschmachenden Ton-Ungetümen ist imponierend; und zu Ende auch zu gutem Ende bringend :-)
Daß ein Eichkatzl zu dem alten Weisen führt, hat Charme.
Die Taubenpost ist wichtig - ein Römer gurrt sich fast durch den gesamten Comic.

Es war sehr unterhaltsam diesen Band zu lesen - Viel Spaß dabei !

Biographien von Autor und Illustrator bei Band 35 (Asterix bei den Pikten).

Montag, 14. Dezember 2015

Juan Manuel Marcos : "Gunters Winter"

Juan Manuel Marcos :
"Gunters Winter"
Roman
original "El invierno de Gunter"
1987, Asunción, Paraguay
übersetzt von Rafael Blatter
2105, Frieling-Verlag Wien
198 Seiten + 2 Seiten Prolog + 2 Seiten Vorwort + 5 Seiten Nachwort
ISBN 978-3-8280-3295-8

Gunter ist ein deutschstämmiger Lateinamerikaner, der es in die Weltbank geschafft hat. Er ist verheiratet mit der lebenslustigen, attraktiven Eliza Lnych und er hat eine Nichte Soledad die mit ihrer Mutter ein erbärmliches Leben in Paraguay fristet. Ihre beste Freundin ist aus der reichen Oberschicht; gemeinsam gehen sie in die katholische Schule, lernen Hegel, schreiben Gedichte und entdecken Liebe und Lust. Nachdem die Eltern der besten Freundin Veronika im Feuer umgekommen waren, und ein zwielichtiger Freund die Vormundschaft übernommen hatte, wird dieser ermordet. Soledad wird verhaftet, und erst nach einigen späten Interventionen des Onkels bekommt Soledads Mutter einen Sarg übergeben.

Die Geschichte wird sprunghaft erzählt: es tummeln sich die Teenager und erforschen ihre Sexualität; Eliza erlebt Romanzen und blickt auf ihre Ehe mit einem geisthaften Ehemann zurück, macht aber Karriere und ist trotzdem schön & knackig; und Bischof Cáceres versucht seine katholischen Prinzipien und Bodenständigkeit zu vereinen.
Dazwischen werden in kursiv immer mehr Liebesgedichte/-Prosa eingestreut - sie sind von Soledad an Veronika, und werde aus dem Gefängnis geschmuggelt. Andere Textpassagen sind ohne Interpunktionen und wirken wie beim Mantra unzensuriert-von-sich-gegeben.

Erschreckend ist wie in der gelenkten Berichterstattung über das Mädchen/die junge Frau berichtet wird. Alles wird ihr angelastet von Maoistin bis Lesbe, von Hexe bis Kapitalistin, aber niemand nimmt sich Zeit für sie bis es endgültig zu spät ist.

Skurriles findet seinen Raum als bei dem Begräbnis eines ranghohen Mannes eine Jaguarfigur auftaucht und auch die Seele des verstorbenen Mädchens auf einem Pferd. Der Jaguar ist immer wieder wichtig, weil er seinen eigenen Weg geht.

Der Hintergrund sind Menschen die entweder an den Machthebeln sitzen und Medien bis Bordelle mit Intrigen regieren, Menschen die sich Geld mit Mord beschaffen; nicht einmal die Männer der Kirche getrauen sich frei zu sprechen und zu handeln.

Gunter die Namensgebende Person bleibt in der Geschichte als Mensch der handeln sollte, aber keine Zusammenhänge versteht stehen. Er ist fast unsympathisch geschildert als Mensch der ehrgeizig und ziemlich gefühllos lebt, unappetitlich ißt und nicht merkt, wie oft er Menschen taktlos gegenüber agiert. Die anderen Menschen agieren motivierter, und emotionaler. Sarría -Quiroga hat überall seine leider dreckigen Hände im Spiel, Soledad Montoya Sanabria Gunter träumt von Ausbildung und besserer Zukunft, ihre Mutter Amanda ist eine liebevolle Friseuse die sich als Witwe ehrbar über die Runden bringt und für ihre Tochter sorgt, Brigadier Gumersindo Larraín ist ein Ermordeter mit dem der Terror beginnt.

Immer wieder funken die Guaraní hinein - ihre Sprache, ihre Religion, ihre Werte und die Priester der Payé, sowie die vaterlosen und damit grenzenlos freien Karaí. Sie stehen den rigiden vorschreibenden System quasi gegenüber.

Es gibt viele Querverweise auf Politik und Literatur - u.a. als willkürliche Beispiele Namen wie Juan Ramón Jiménez, René Dávlos, Palito Ortega y Gasset, César Vallejo, Agustín Barrios ...

Der Roman wurde jetzt erstmals ins Deutsche übersetzt; die Übersetzungen in auf englisch und französisch haben, wie im Vorwort nachzulesen ist, dem deutschsprachigen Autor sehr geholfen, da es nicht nur darum ging den Inhalt zu erfassen sondern auch das Spiel mit der Sprache zu erfassen.

Das Lesen des Buches ist nicht ganz einfach, da parallel die Geschichte erzählt wird, aber auch wunderschöne blumige Metaphern zum Erfassen einer Situation großartig bis befremdend eingesetzt wird.

Der Roman ist faszinierend und ich werde ich auf jeden Fall noch einmal lesen. Viel Freude damit !

Juan Manuel Marcos wurde am 1. Juni 1950 in Asunción / Paraguay geboren. Er studierte Philosophie in der Universidad Nacional de Asunción, lehrt an der University of Pittsburgh / Pensilvania. Er war Professor an den Universitäten in Oklahoma und in Kalifornien. Er gilt als einer Intellektuellen im aktuellen Paraguay. Marcos ist Schrifsteller, Essayist, Dozent und Lyriker.

Mittwoch, 9. Dezember 2015

Robert Wilson : "Der Blinde von Sevilla"

Robert Wilson :
"Der Blinde von Sevilla"
Roman
original "the Blind Man of Seville"
2003, Harper Collins, London
Aus dem Englischen von Kristian Lutz
2004, Wilhelm Goldmann Verlag, München
2 Seiten Stadtplan Sevilla + 628 Seiten + 2 Seiten Danksagung
ISBN 3-442-459637-1

Dieser Kriminalroman spielt meist in Sevilla mit Ausflügen nach Rußland und nach Tanger. Javier Falcon ist ein kühler erfolgreicher Kommissar der aus Madrid nach Sevilla geholt wird um hier seine Erfolge weiterzuführen.

Er hat bestialische Morde aufzuklären. Ein erfolgreicher Geschäftsmann und Besitzer mehrerer Restaurants mußte sich vor seiner Ermordung Filme ansehen; ein erfolgreicher Galerist mußte sich vor seinem Tod Filme ansehen. Er spät entrollt sich dem Kommissar, daß sein Vater, ein berühmter Maler, mit beiden Männern in intensivem Kontakt gestanden war und erst im Showdown wird ihm enthüllt wie sein Schicksal mit den Morden verknüpft ist.

Der dicke Roman ist dicht geschrieben. Das Leben in Sevilla, in Tanger (Marokko) 30 Jahre zuvor, im klirrend kalten Rußland Krieg zu Francos Zeiten, der waghalsige Schmuggel von Zigaretten und Wertvollerem, die unterschiedlichen Menschen in den Familien des Geschäftsmannes und die eigene Künstlerfamilie von Falcon sind gut vor dem geistigen Auge vorstellbar.

Viele Themen finden in dem mehr als 600 Seiten starken Roman Platz: die Fremdenlegion, der zweite Weltkrieg, das freie Leben und die Liebe in Spanisch-Marokko, Gewalt im Krieg, Homosexualität manchmal offen - manchmal versteckt, einige Lebenslügen, verschiedene Überlebenstechniken, Arbeit von Künstlern, und oft Eifersucht.

Viele Personen finden ihren Platz; der Autor begleitet allerdings meist den Kommissar Falcon dessen sichere Fassade immer mehr bröckelt, nicht nur daß ihm seine Ex-frau oft über den Weg läuft auch viele aus seiner Familie muß er am Schluß des Buches ganz anders sehen. Ihn begleiten innerhalb der Polizei ein eher intriganter-eifersüchtiger Kollege, zwei Vorgesetzte von denen einer genauer hinsieht und zu schützen gewillt ist, während der andere nur sein Netzwerk in Sicherheit bringen will und ein durchaus interessierter Staatsanwalt.
Die Frauen sind ziemlich unterschiedlich: lange Zeit ist die gepflegte starke charismatische Witwe Consuelo des ersten Mordopfers ein Gegenpol zu Falcon, eine mädchenhafte Prostituierte wird leider ermordet, die sexy Ex-frau kommt immer wieder vor und eine blinde Psychologin hilft ihm blinde Flecken zu sehen.
Die Männer sind unterschiedlich in Geschichte, Temperament und Familienbildung. Während der eine sich in eine Kindfrau verschaut, baut der andere mit seiner Muse eine Familie auf; beide bleiben aber ihren Familien gegenüber distanziert, woran letztendlich die Familien auseinanderbrechen. Der Galerist wird großartig als teils schleimiger, teils wirklich kunstinteressierter Mensch geschildert.

Zwischen den Kapiteln die den Kommissar begleiten, wird in Tagebüchern das Leben seines Vaters, des Künstlers geschildert. Erst das Geschenk von Büchern mit leeren Seiten bringen ihn dazu zuerst zu schreiben und dann das gesehene in Bilder, später Gemälde, umzusetzen. Die Kapitel gehen ziemlich unter die Haut.

Rückgriffe in die Geschichte bieten da Leben von Falcons Vater der in Rußland mit der 'Division Azul' für Franco kämpft, dort einen guten Freund verliert, aber überlebt und durch den Geschäftsmann mit Schmuggel nach Tanger kommt. Tanger war nach dem zweiten Weltkrieg internationale Zone gewesen und viele wohlhabende Menschen begannen sich dort niederzulassen.

Ein Spanienbuch kann nicht ohne regionale Spezialitäten auskommen, so auch diese hier. Es wird wohltuend kurz und sachlich das wunderbare Essen genannt, ohne nennenswert von der spannenden Geschichte mit seinen Seitenlinien abzulenken.

In Summe ein großartiger Roman mit Kriminalgeschichte, den ich sehr genossen habe und den ich gerne weiterempfehle.

Robert Wilson  wurde 1957 geboren. Er hat seinen Abschluß für englische Literatur in Oxford. Er arbeitet in verschiedenen Berufen bevor er seine Karriere als Schriftsteller begann. Zuerst erfand er 'Bruce Medway', einen Säufer und Privatdetektiv, dessen Geschichten in Westafrika spielen (1995 - 1997). 2003 begannen die 'Javier Falcon' Kriminalromane, die großteils in Sevilla spielen. Er schrieb auch einen Spionageroman 'The Company of Strangers' und einen historisch bassierenden Roman 'A Small death' . Die Geschichten um Javier Falcon werden derzeit auf englisch verfilmt.
Der Autor lebt derzeit in Portugal.

Montag, 7. Dezember 2015

Lisa Manneh (Ill.) + Bettina Burghof (Text): "Der kleine Entspannungscoach"

Lisa Manneh (Illustration), Bettina Burghof (Text):
"Der kleine Entspannungscoach"
2012, Pattloch Geschenkbuch
53 Seiten
ISBN 978-3-62910871-5

Eine rote Katze in einbeiniger Position und entspannter Maus auf den Händen begrüßt den Leser und die Leserin am Cover - mit einem entspannten Lächeln unter den Schnurrbarthaaren.

Die rote Katze agiert als 'Dr. oohhm' / Entspannungscoach für einen Hund mit herrlichen Schlappohren und zeigt durch diverse Entspannungstechniken wie entspannen, dicke Haut zulegen, an angenehmes denken etc. Die Ratschläge sind zu 10 % für Tiere, zu 90 % für 2-beiner bestens geeignet um zu Entschleunigen oder nicht jede schlechte Laune an sich heran zu lassen.

Selbst wenn nicht alle Tips und Tricks umsetzbar sind, ist dieses Büchlein sehr entspannend zum lesen und bringt zum Lächeln. Katzenfans und -fäninen sowieso ! meow-ooohm ..

Lisa Manneh wurde 1972 in Vorarlberg geboren. Sie studierte Kunsterziehung mit Schwerpunkt Neue Medien an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Seit 2001 arbeitet Lisa Manneh als freiberufliche Illustratorin und Grafikerin für verschiedene Agenturen und Verlage im gesamten deutschsprachigen Raum.

Samstag, 5. Dezember 2015

Andrea Isari : "Römische Rache"

Andrea Isari :
"Römische Rache" - ein Leda-Giallo-Krimi
2007, Piper Verlag Gmbh, München
227 Seiten + 5 Seiten Nachwort
ISBN 978-3-492-25093-1

Dieser Krimi ist Band drei von mittlerweile vier Krimis mit Leda Giallo. Die etwas rundliche Mordkommissarin mit roten Haaren ist erfolgreich im Beruf, hat einen liebevollen Freund und Liebhaber und zwei Kinder.

Als ihr Sohn und sein bester Freund nach einem Fußballmatch von rechten Extremisten zusammengeprügelt werden und der beste Freund an den Verletzungen stirbt, beginnen die Ermittlungen zu laufen. Allerdings wird der Chef der rechtsextremen Gruppe ermordet aufgefunden, dann ein lebensfroher Immobilienbesitzer und am Schluß eine alte arme Frau - jeweils mit einem Buchstaben als Markierungszeichen. Nach Polizeiinternen Hickhack wird Leda kurzfristig beurlaubt, was sie nicht daran hindert weiter zu fragen. Am Schluß kommt eine historische Tatsache aus den Zeiten als unter Mussolini vielen Juden an den Kragen - inkl. Verrat in den eigenen Reihen - gegangen war, als Hintergrund für die aktuellen Morde ans Tageslicht.

Die Menschen sind sehr schön geschildert ! Leda Giallo liebt nicht nur netterweise Essen, sondern hat auch einen liebevollen und durchsätzungsfähigen Charakter; ihr Freund Paolo ist Journalist; dessen Mutter ist eine temperamentvolle Persönlichkeit, deren Verliebtheit von einem faulen Mann ausgenutzt wird/wurde; die junge Raffaela und Ugo sind in ihrem Polizeiteam; Claretta  war die Freundin des Extremisten Michele; Alessandro ist Tennislehrer und bemüht sich um Claretta; Ledas Vorgesetzter Libero wird positiv, während Presidente Raimondi als Gegenteil geschildert. Auch dem Leben der Ermordeten wird Raum gegeben.

Wie in vielen Italienkrimis ist auch hier von Essen die Rede. allerdings ist es hier nur sparsam eingesetzt und erwähnt die Spezialiäten aus Rom und Trastevere kurz und knackig.

Im  Nachwort wird erzählt, daß in Italien anders als in Deutschland und Österreich es weniger zur Aufarbeitung der Ungerechtigkeiten an Juden gekommen ist. Viele Immobilien, die zu einem Schleuderpreis erworben worden waren, wurden nie zurückgegeben. am 24. März 1944 wurden in Ardennes (?) aus Rache beliebige Menschen erschossen - hier waren Denunziationen von Juden dafür verantwortlich, daß viele Juden hier den Tod gefunden hatten.

Der Krimi ist gut und spannend geschrieben. Ich habe ihn zur Entspannung an einem Nachmittag quasi 'verschlungen' und kann ich gerne weiterempfehlen.

Andrea Isari, geboren 1954 in Koblenz am Rhein, studierte in Montpellier/Frankreich sowie in Freiburg und München. Nach ihrem 2. juristischen Staatsexamen wechselte sie in den Journalismus. Viele Jahre war sie als politische Journalistin in Rio de Janeiro, Bonn und Rom tätig.
Heute lebt und arbeitet die Autorin in Frankfurt am Main.

Montag, 30. November 2015

Ambrose Bierce : "An Occurrence at Owl Creek Bridge"

Ambrose Bierce  :
"An Occurrence at Owl Creek Bridge"
Format: Kindle Edition
Dateigröße: 156 KB
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 32 Seiten
Sprache: Englisch
ASIN: B0083ZFQQM

Die Kurzgeschichte findet in Alabama während des amerikanischen Secessionskriegs statt. Das Kriegsrecht regiert. Die Geschichte startet mit den monotonen Vorgängen um einem Mann an einer Brücke durch das Militär zu erhängen. Herr Peyton Farquhar, ein Farmer, ist der Sabotage an der Eisenbahnbrücke verurteilt. Der zu Erhängende betrachtet die Szenerie. In der Geschichte reißt das Seil und er kann entkommen - im Letzten Absatz kommt die abrupte Information daß alles nicht stimmt.

Im Internet steht zu der Geschichte, daß sie für derzeitige Amerikaner zur Pflichtlektüre in der Schule gilt; weil sie großartig geschrieben sei.

Die Militärs bleiben schemenhaft beschrieben, nur Farquhar hat Profil und bewegt sich; alles wird aus seiner Sicht beschrieben.

Die Geschichte ist spannend geschrieben.

Ambrose Gwinnett Bierce wurde am 24. Juni 1942 in Meigs County, Ohio (US) als Farmerssohn geboren. Er kämpfte als Freiwilliger in der Unionsarmee im Secessionkrieg und wurde für Tapferkeit ausgezeichnet. Er war Landvermessen, dann Journalist in San Francisco, Washington und London und weniger anerkannter Schriftsteller.  Erst nach seinem Tod entdeckte man die Qualität seiner Geschichten, die in der Schule Pflichtlektüre geworden sind. Er dürfte 1914 in Chihuahua (Mexico) in der mexikanischen Revolution gestorben sein (seine Spuren lassen sich nicht verfolgen).

Donnerstag, 26. November 2015

Nancy C. Davis : "The Escapee and the Case of the Cat-Napper"

Nancy C. Davis :
"The Escapee and the Case of the Cat-Napper" (A Pattie Lansbury Cat Cozy Mystery Series Book 3)
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 204 Seiten
ISBN-Quelle für Seitenzahl: 1508621853
Sprache: Englisch
ASIN: B00TWRIK8Q

In diesem Download werden zwei Geschichten erzählt. Beide handeln von Patricia Lansbury, einer Frau mit zwei erwachsenen Söhnen, die mit 11 Katzen in einem netten kleinen Dorf in Yorkshire lebt.

In Geschichte Nr. 1 werden der Ausbruch einen Gefangenen, dessen Gefangennahme ihrem Polizistensohn den Ruf gekostet hat, und mysteriöse Einbrüche in ihr Haus miteinander verquickt. Es geht aber doch nur um eine wunderbare Katze.
In Geschichte Nr. 2 hat sich Pat als Tierärztin für Kleintiere selbstständig gemacht, kämpft mit den Tücken der Technik wie Handy und Computer und erfährt von steigenden Katzendiebstählen im Ort. Ein neuer kleiner Kater im Haus namens Churchill hilft hier bei der Lösung.

Die Geschichten sind kurz und liebevoll, aber weder spannend noch sonst mitreißend geschrieben. die Stars sind die vielen Katzen mit ihren Charakteren; es gibt einige aufgelesene Exemplare bei Pat, auch eine drei-beinige Katzenpersönlichkeit ist dabei.

Pat ist genau in ihrem Leben und ihrem Tagesablauf geschildert, in Geschichte eins kommen auch der jüngere Sohn mit Schwiegertochter und Enkelkind zu Besuch, die Nachbarn sind nett, ein freundlicher Polizist steht mit Rat und Tat zur Seite, und ein mysteriöser reicher Unternehmer hat sich heimlich ein Rückzugsgebiet nahe dem Ort geschaffen. In Geschichte zwei ist kommen ein Tierarzt für große Tiere und weiter Nachbarn dazu.

Als Teetrinker war es unterhaltsam zu lesen, daß die Einladung nicht zu Tee erfolgt sondern zu Darjeeling oder Assam; die standardmäßigen Biscuits oder Sandwiches fehlen nicht.

Das Englisch war für mich gut lesbar und nicht verschraubt oder kompliziert; bei einigen für mich neuen Vokabeln stand im e-book-Wörterbuch immer wieder erklärend 'informel 17.cent' oder sonst eine nicht brandneue Jahreszahl.

In Summe eine kleine Unterhaltung, die nicht anstrengt und die gut in den Öffentlichen zu lesen ist und ablenkt. Meow !
 
Nancy C. Davis ist Autorin und Heilmasseuse. Sie praktiziert im schönen südlichen Kalifornien und genießt die Gesellschaft der Katzen Zada and Zelda. Als Autorin hat sie einige Buchserien laufend : die Patricia Lansbury und Vanessa Abbot und Millie Holland Serien.

Dienstag, 17. November 2015

J. S. Fletcher : "Dead Men's Money"

J. S. Fletcher :
"Dead Men's Money"
Dateigröße: 1490 KB
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 226 Seiten
Sprache: Englisch
ASIN: B00JXQZTZ8

Das Buch ist 1920 geschrieben worden und spielt in Berwick-upon-Tweed, einer Stadt am Fluß Tweed in Northumberland (zwischen England und Schottland).

Der Anwaltsgehilfe Hugh Moneylaws erzählt die Geschichte aus seiner Sichtweise, in einer etwas altertümlichen Sprache die auch andere als die schulenglischen Satzstellungen hat .

Zu Hugh Moneylaws Mutter kommt ein neuer Hausgast : James Gilverthwaite, der zwar freundlich aber sonst zurückhaltend ist. Als Hugh ihm einen Gefallen tut und etwas ausrichten soll, findet Hugh den gesuchten Herrn ermordet vor. Der Hausgast verstirbt am Fieber. Polizei und Anwalt Mr. Lindsey ermitteln und stellen Fragen nach Zusammenhängen. Sir Gilbert Carstairs - ein Erbe der erst seit kurzer Zeit im Schloß wohnt - interessiert sich für die Ermittlungen. Weitere Figuren wie ein Bankmann, ein weiterer Anwalt und zwei Buttler (ein alter und ein neuer) tauchen auf, Gold wird gefunden und es gibt auch weitere Ermordete und Kidnapping von Hughs Sweetheart Maisie Dunlop. Im Gewitter erfolgt die - im Vergleich zur Länge des Roman - kurze Erklärung der Morde.

Der Aufbau der Geschichte erfolgt langsam und die Personen der Handlung kommen fächerartig dazu, und werden kurz aber nicht nachhaltig geschildert.
Orte der Handlung sind die Stadt Berwick und Umgebung die mit Bahn erreichbar ist, auf Schiff im weiten Meer, eine Art Floß, und der Wald des Schloßes.

Exkurs: es gab in den 1920- und 1930- Jahren ein "Golden Age of Detective Fiction", in der die Autoren einem bestimmten Stil folgten und meist "who-dun-it" Krimis waren.
Hier ist ein Auszug aus Wikipedia auf Englisch dazu : "
"must have as its main interest the unravelling of a mystery; a mystery whose elements are clearly presented to the reader at an early stage in the proceedings, and whose nature is such as to arouse curiosity, a curiosity which is gratified at the end."
Knox's "Ten Commandments" (or "Decalogue") are as follows:
  1. The criminal must be mentioned in the early part of the story, but must not be anyone whose thoughts the reader has been allowed to know.
  2. All supernatural or preternatutral agencies are ruled out as a matter of course.
  3. Not more than one secret room or passage is allowable.
  4. No hitherto undiscovered poisons may be used, nor any appliance which will need a long scientific explanation at the end.
  5. No Chinaman must figure in the story.
  6. No accident must ever help the detective, nor must he ever have an unaccountable intuition which proves to be right.
  7. The detective himself must not commit the crime.
  8. The detective is bound to declare any clues which he may discover.
  9. The "sidekick" of the detective, the Watson, must not conceal from the reader any thoughts which pass through his mind: his intelligence must be slightly, but very slightly, below that of the average Reader.
  10. Twin brothers, and doubles generally, must not appear unless we have been duly prepared for them.   "
Mit den zweiten Weltkrieg änderten sich die Geschichten; es gibt jetzt immer noch Autoren die in diesem Stil schreiben; angeblich v.a. in Japan."

Der Schreibstil ist eher gelassen und gemessen. Der Autor läßt sich Zeit und es werden immer wieder Vokabel verwendet die in gängigen Büchern, oder Fernsehserien unbekannt sind.

Das Lesen diese Buches erfordert etwas Zeit, da sich die Geschichte langsam entwickelt und trotz durchaus spannender Szenen wie am Schiff, im Schloßturm und ganz am Ende keine Hektik erzeugt.

Wer ist eine langsamere Art des Schreibens und eine etwas eigentümliche Sprache eintauchen möchte ist hier gut aufgehoben. Mitraten wer welche Morde begangen hat, ist möglich.

Joseph Smith Fletcher wurde als Sohn eines Geistlichen am 7. Februar 1863 geboren. Er studierte Recht und wurde dann Journalist   Sein erster künstlerischer Ausdruck waren Gedichte, is er sich historischen Geschichten zuwandte. 1914 begann er seine erste Detektivgeschichte. war ein britischer Journalist und Schriftsteller. Er schrieb über 230 Bücher mit einem breiten Angebot von Sachbüchern bis 'Fiction'. Er galt als einer der führenden Schriftstellern von Detektivgeschichten im "goldenen Zeitalter".  An early book was the 1909 collection, The Adventures of Archer Dawe. His other works include: Andrewlina (1889), The Winding Way (1890), The Wonderful City (1894), In the Days of Drake (1897), At the Blue Bell Inn (1898), The Fear of the Night (1903) and Paradise Court (1908).
Er war mit einer irischen Schriftstellerin verheiratet und starb am 30. Jänner1935.

Sonntag, 15. November 2015

Fredrika Gers : "Gut getroffen"

Fredrika Gers :
"Gut getroffen" - Holzhammer ermittelt / Ein Alpen-Krimi
2014, Rowohlt Taschenbuch Verlag
281 Seiten
ISBN 978-3-499-26850-2

Dieser Alpenkrimi ist der dritte mit Hauptwachtmeister Franz Holzhammer und Christine.

Der rundliche Hauptwachtmeister Franz Holzhammer muß in Berchtesgaden um die Weihnachtszeit einige Rätsel und auch einen Mord lösen. Die Rätsel sind Überfälle und gestohlene Brauchtumsgewänder aus Fell mit Glocken; der Mord ist an einem unangenehmen Orthopäden der bei den Nachbarn nur noch unbeliebt ist. Gemeinsam mit Christine, einer Psychologin aus dem Norden Deutschland, und Matthias, ihrem Freund aus Berchtesgaden, geht er mithilfe eines jungen geschickten Polizisten (und zu trotz gegen den eher oberflächlichen Polizeichef vor Ort) der Rercherche nach.
Am Schluß ist der Mord gelöst, der Raub einer Häßlichkeit aus dem 1000-jährigen Reich und einiger sündhaft teuren nutzlosen Esoterik-Wässerchen geklärt, Weihnachten mit Freunden und Familie gut erlebt und auch das Brauchtum ausgekostet.

Die Personen sind treffend und gut vorstellbar, manches leicht im Klischee, aber passend beschrieben. Es mangelt nicht an Seitenhieben auf die örtliche Informationsstruktur (die beste Ehefrau hier vor Ort, die Tante die nicht schlafen kann, der Damenverein etc.), die bestens informiert ist und manchmal persönliche Beziehungen über den Datenschutz stellt, was der Geschwindigkeit der Aufklärung sehr dienlich ist. Sympathisch ist, daß der Hauptwachtmeister nicht findet, daß er recht haben muß, sondern durchaus ein Gefühl für Gerechtigkeit behalten hat. Seinem Chef, der aus München versetzt worden war und ein schlechtes Gespür für das Anpassen an neue Gegebenheiten hat, ist eine wunderbar unterhaltende Figur.
Die Handlung ist durchaus nachvollziehbar und das warum und wieso wer wem hilft ebenso.

Am meisten hat mich die Sprache unterhalten. Wenn z.B. ein Auto "breitbratzig" parkt, oder ein Gamsbüschel am Hut mit dem Haarbüschel des Yeti verglichen wird, mußte ich sehr Schmunzeln. Mit Genuß wird auf das weihnachtliche Brauchtum eingegangen, die Buttnmandln erklärt und der Christbaum/Weihnachtsbaum-behang beschrieben. Auch die Schwierigkeiten mit sehr bayerischen Ausdrücken und mehr der konsonantenfrei Umgang mit ihr wird auch auf die sprachliche Schaufel genommen.

Ich habe das Buch genossen und bin lesend - lachend auf dem Sofa gesessen. Diesen Spaß wünsche ich anderen Lesern und Leserinnen ebenfalls !

Fredrika Gers wurde in Hamburg geboren (leider finde ich kein Geburtsjahr). Sie war Bankkauffrau, Schiffsmaklerin, und ist jetzt Werbetexterin und Autorin. Seit 2003 lebt sie in Bayern. Der erste Roman erschien 1995- "Lange Leitung".  Seit 2012 ermittelt sie mit 'Hauptwachtmeiste Franz Holzhammer'.

Montag, 9. November 2015

Heike Wolpert : "Schönheitsfehler"

Heike Wolpert :
"Schönheitsfehler"
Kriminalroman
2015, Gmeiner Verlag
240  Seiten
ISBN 978-3-8392-1693-4

Ein schöner schwarz-weißer Kater mit gelben Augen und imponierenden Schnurrbarthaaren sieht dem Betrachter vom Cover in die Augen - ein wenig konzentriert und grantig ist der Blick. Kater Socke ist hier gemeinsam mit einigen Charaktern von Nachbarskatzen beschäftigt bei einem Mordfall zu helfen, wobei er sich bei dem Hauptkommissar gemütlich einquartiert.

Auf den Ebenen Polizei, Katzen und einer ich-stimme die einen Schönheitschirurgen stalkt wird die Krimigeschichte erzählt, in der dieser Schönheitschirurg ermordet wird. Eigentlich sollte der Mord jemand anderem in die Schuhe geschoben werden, was allerdings nicht aufgeht. Hintergrund des Mordes sind Machenschaften zwischen Schönheits- und Pharmabranche.

Die Katzen sind unterschiedlich charakterisiert : Kater Socke (schwarz mit weißen Pfötchen) mit ramponiertem Schweif ist meist durchaus gutmütig bis es ihm reicht, die graue Nachbarskatze Clooney ist rundlich und wunderbar verfressen, ihr Sohn Chismo liebt Fernsehen, Perserkatze Suleika ist eine liebevolle Schönheit, ein weiterer Kater durchaus hilfreich weil er mit seinem kleinen Mensch derzeit lesen lernt..

Bei den Menschen wird hauptsächlich Kommissar Peter Flott geschildert, der mit seiner Truppe auf der Jagd ist. In der Truppe sind auch die liebenswürdige Lisa und eine temperamentvolle Italienerin. Dem Pathologen macht der Fall Probleme weil der den Hochzeitstag gründlich vermasselt. Eine sympathische Tierärztin taucht auf, eine Geliebte des Ermordeten die auf Model macht, der Ex-Freund der Geliebten der in die Sache verwickelt erscheint, der Pharmachef wird glatt geschildert und ein Chemiker ist ziemlich den Alkohol verfallen.
Namenlos bleibt die Gestalt an der eine billige Schönheitsoperation gründlich schiefgegangen ist, und die dadurch entstellt wurde, was nicht nur Änderungen zum Schlechten in ihrem Privatleben verursacht.

Eine Liebesgeschichte beim Kommissar entsteht, bei anderen Paaren entwickeln sich die Gefühle auseinander. Eine Hundeliebe findet auch statt, was die Katzen sehr befremdet.

Was den Katzen an denken und sprechen in die Schnauze gelegt wird, ist unterhaltsam, aber menschlich. Als Katzenfan habe ich das Buch an einem Abend durchgelesen und mich dabei gut amüsiert. Viel Spaß beim Lesen - raaau !

Heike Wolpert wurden 1966 in Bad Mergentheim (Baden-Württemberg/Deutschland) geboren.
Sie machte eine Ausbildung zur Datenverarbeitungskauffrau und arbeitet als Softwareentwicklerin. Interesse an Krimigeschichten war immer vorhanden. 2009 lief ihr und ihrem Mann ein Kater zu -> Socke. Alle leben in Hannover. "Schönheitsfehler" ist ihr erster Krimi.

Dienstag, 3. November 2015

Theresa Prammer : "Wiener Totenlieder"

Theresa Prammer :
"Wiener Totenlieder" - Kriminalroman
2015, Marion von Schröder Verlage / Ullstein Buchverlage Berlin
368 Seiten + 2 Seiten Danksagung
ISBN 978-3-547-71209-4

Die Hauptfigur, Carlotta / Lotta Fiori, führt in der Ich-Form durch den Großteil des Buches. Sie ist gescheiterte Sängerin in das sie von ihrer berühmten Sänger-mutter geschoben wurde, ist bei der Aufnahmeprüfung zur Polizei durchgefallen und arbeitet als Kaufhausdetektivin; ihr Liebesleben ist auch eher ein Scherbenhaufen. Nachdem in der Oper ein Unfall und ein Mord geschehen waren, werden sie und ein ehemaliger Polizist als Statisten in das Musikhaus eingeschleust um die Interna zu erfahren. Hier sind einige interessante bis eigenartige Persönlichkeiten versammelt. Parallel kommt Lotte ihr ungeordnetes Liebesleben in die Quere und sie rauft sich mit dem ehemaligen Polizisten Konrad Fürst, der das Verschwinden seiner Tochter nie überwunden hat, zusammen. Der Showdown findet erwartungsgemäß in der Oper statt.

Das Buch wurde mit dem Wiener Leo-Perutz Preis 2015 ausgezeichnet. Da ich den Schreibstil von Leo Perutz (1885 - 1957) als sehr dicht und schön empfand, hatte ich mir ähnliche Wirkung bei diesem Buch vorgestellt und wurde ziemlich enttäuscht.
Der Krimi ist rasch und gut lesbar.
Leider fängt mich die geschilderte Opernatmosphäre nicht ein, da mir Wiener Staatsoper als Stehplatzlerin etwas vertraut ist und ich erst durch den Lebenslauf der Autorin entdeckt habe, daß sie vermutlich ihre Inspiration aus der Wiener Volksoper gezogen hat.

Die Personen sind griffig und gut vorstellbar geschildert : die chaotische Lotta (sie haßt es Carlotta genannt zu werden) mit Hang zum Alkohol; der ehemalige Freund und Polizist Johannes; Konrad Fürst als Clown, ex-Polizist, trauernder Vater, der kocht um nicht zu saufen; die Übermutter und Sängerin Maria Fiore mit der sie auch nach dem Tod immer noch verglichen wird; ein Sopranistin die Charisma und schöne Stimme hat; ein Tenor der was mit der Mutter gehabt hat; ein Bühnenbildner der mit ihr verlobt gewesen war; Polizist Krump der einiges an Hilfeleistung gut zu machen hat; die Souffleuse die spindeldürr ist; die charismatische Direktorin die nichts anbrennen läßt (schon gar nicht Ballettdamen); sowie ein aufgewecktes Bühnenkind das Cher und Barbra Streisand liebt.
Immer wieder taucht eine verwirrte Frau auf - sie kennt das Spiel von Lotta, bei dem sie Lieblingsfarbe, ein Essen und Lieblingszahl beim Anblick von Menschen diese kategorisiert. Wie nah Lotta dieser Frau ist wird auch am Schluß aufgelöst.

Kursiv sind Kapitel eingeschoben, in denen ein verzweifeltes Kind mit seinem Alpträumen fertig werden muß. Diese Kapitel sind dicht und stimmig geschrieben, und es ist nachvollziehbar, daß Vertrauen ein rares Gut wird. Dieser Faden wird am Ende des Buches gelöst.

Wer als Unterhaltung und Entspannung einen netten Kriminalroman - inkl. who-dun-it-Raten - lesen möchte ist hier sicher gut aufgehoben; leider hält die Opernatmosphäre nicht den Erwartungen eines Opernnarren stand.

Theresa Prammer wurde 1974 in Wien geboren. Sie ist Schauspielerin - u.a am Wiener Burgtheater und in der Volksoper, bei Film und Fernsehen; und engagiert sich in den Komödienspielen Neulengbach. Ihr erster Roman erschien 2013 : 'Die Rettung der Regenwürmer'. 2015 der erste Krimi mit Privatermittlerin Carlotta Fiore.

Sonntag, 25. Oktober 2015

Adolf Opel : "Wo mir das Lachen zurückgekommen ist"

Adolf Opel :
"Wo mir das Lachen zurückgekommen ist - Auf Reisen mit Ingeborg Bachmann"
2001, Langen Müller / Herbigs Verlagsbuchhandlung GmbH, München
208  Seiten + 1 Seite Quellen- und Bildnachweis
ISBN 3-784-2830-4

In Tagebuch- und damit ich-form erzählt der Autor von seinen Reisen die er ab Jänner 1964 in Bezug auf Ingeborg Bachmann und mit ihr unternommen hat. Auf Besuch in Berlin im Jänner entstanden Ideen zu Reisen nach Prag und über Griechenland nach Äygpten. Beides haben sie auch wirklich unternommen : sie haben das graue Prag erlebt und mit Flauberts Beschreibungen unterstützt vieles von Ägypten gesehen. Im Juni 1964 reisen sie wieder über Griechenland zurück und das Buch endet - mit einer Stichwortliste wann die beiden danach noch in Verbindung miteinander waren.

Mich hat die Sprache und die Art und weise des Lebens in diesem geschilderten halben Jahr in einer Künstler- und Kreativenszene sehr fasziniert. Es werden bereits anerkannte, halbberühmte Menschen geschildert, und auch welche, in deren Zukunft doch keine Berühmtheit gelebt wird. Es ist verzaubernd wie diese Menschen ein Gemisch aus Wissen, Bildung mit Neugier mischen, wie selbstverständlich französisch und spanisch eingeflochten wird (ohne Übersetzung als Fußnote) und wie vergnüglich manche Berühmtheiten mehr oder weniger liebevoll gezeichnet werden.
Erstaunlich war zu lesen wie der Autor um die Hauptperson Frau Bachmann quasi 'herumgetanzt' und sorgsam versucht hat ihr alles so schön und wenig schmerzvoll zu machen (wenn dies nicht wahr ist, ist es zumindest sehr schön zu lesen).
Die große Dichterin, die viele aufgrund ihrer Art mit Worten wunderbar umzugehen, lieben und schätzen wird nach einer offenbar nicht gelungen Beziehung geschildert. Sie ist als sensibler, unsicherer Mensch gezeichnet, für den manches in dieser 'rauhen' Welt zuviel (geworden) sein dürfte.

Exkurs über Ingeborg Bachmann :  Ingeborg Bachmann wurde ab 25. Juni 1926 in Klagenfurt geboren und starb am 17. Oktober 1973 in Rom. Sie studierte Philosophie, Psychologie, Germanistik und Rechtswissenschaften, schrieb Geschichten, Gedichte, Hörspiele, Libretti und Prosatexte. Wichtige Männer in ihrem Leben waren Wiener Essayist und Literaturkritiker Hans Weigel, Komponist Hans Werner Henze und der Autor Max Frisch. Berühmt ist sie u.a. für Prosawerke wie "der Fall Franka" (1966), "Malina" (1971), Libretti für "Der junge Lord" und "Der Prinz von Homburg" und viele Gedichte und Erzählungen.

Die Schilderungen von Prag Mitte der 60-er Jahre mit den damaligen Besuchsproblemen beim Visum und wie unterschiedlich die Menschen dort waren gehen unter die Haut. Ganz anders ist Athen und die Menschen dort geschildert : faszinierend wie der Autor die Häuser, die Antiquitäten und dortige Künstlerszene beschreibt. Ägypten ist unterschiedlich mit Leben am Hausboot, in schlechten und sehr guten Hotels, Wüste mit Kamelknochen, und der vermutlich letzten Bootsfahrt zu Abu Simbel bevor diese beeindruckenden Riesenstatuen zu ihrem jetzigen Ort Transport vor der Flutung für den Stausee transportiert wurden.

Mich hat der Zauber dieser Reisen und Art und Weise der beiden Reisenden gemeinsam mit Flauberts Tagebuch über Ägypten fasziniert. Ich wünsche auch anderen Lesern und Leserinnen das gleiche Vergnügen.

Adolf Opel wurden am 12. Juni 1935 in Wien geboren. Er studiert zwischen 1953 und 1959 an der Universität Wien und der State University of Iowa (Iowa City, USA) Psychologie, Literatur- und Theater- und Filmwissenschaften Ab 1956 war er Journalist, Kritiker und Auslandskorrespondent und schrieb auch Theaterstücke, Radio-Features und Musicals. Er reiste auch viel.

Samstag, 17. Oktober 2015

Michael Böckler : "Mord in bester Lage"

Michael Böckler :
"Mord in bester Lage - Ein Weinkrimi aus Südtirol"
2014, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH
372 Seiten + langer Anhang mit Glossar, Lokalen und Rezepten
ISBN 978-3-499-26772-7

In diesem zweiten Band mit Emilio Ritzfeld-Hechenstein. einem deutschen Baron, der sich als Detektiv verdingt und seit dem ersten Band mit einer schönen Frau und Winzerin in Eppan bei Bozen in Südtirol lebt, hat er einige Aufgaben zu lösen :
in einem neu gesetzten Weingarten werden die Setzlinge unbiologisch vergiftet, die beste Freundin seiner Lebensgefährtin verschwindet, er kümmert sich um einen rumänischen Buben und verfolgt am Schluß einen im Wahn verstrickten Mann, der sich an Beteiligten aus einem Kinderstreich aufs Grausamste rächt.

Genußreich führt Emilio durch Lokale und fein gekelterte Weinsorten, erzählt von Bozen und seinem Umland und genießt seit eher gemütliches Leben und die durchaus faule Tagesgestaltung. Freundin Phina ist nicht nur bildschön sondern auch aktiv und arbeitet mit biologischen Mitteln um den Weingarten ertrag- und erfolgreich zu halten.  Parallel wird beschrieben wie der Täter vorgeht, was in ihm vorgeht und was ihn antreibt.

Die Lokale, die Landschaft, und die Menschen sind gut vorstellbar geschildert. Manchmal ist mir das lukullische Leben mit durchaus teurem Essen und excellenten Wein zu viel; das Gegengewicht ist der rumänische, etwas verwahrloste Junge Mitica, der erst mit Emilios tatkräftiger Hilfe wieder Boden unter den Füßen bekommt und ihm umgekehrt immer wieder im richtigen Moment zur Seite steht.

In Summe ein gut lesbares Buch das zur Entspannung gut geeignet ist; kommende Novemberabende werden von der sommerlichen Wärme des Buches erwärmt werden können. Viel Spaß beim Lesen !

Michael Böckler wurde am 2. Oktober 1949 in Berlin geboren. Er studierte in 'München Kommunikationswissenschaften, Soziologie und Theaterwissenschaft. Hauptberuflich ist der Autor Mitinhaber einer Agentur für Kommunikationsberatung in München. Der erste Kriminalroman dürfte 2001 erschienen sein : "Wer stirbt schon gerne in Italien ?" 

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Ralph Neubauer : "Rache ist Honig-süss"

Ralph Neubauer :
"Rache ist Honig-süss - Commissario Fameo flirtet"
Band 1 aus der Reihe "Südtirolkrimi"
2012, Spectrum, Verlagsanstalt Athesia AG, Bozen
216 Seiten + 1 Seite Nachwort + 2 Seiten Erläuterungen über den Aufbau der Polizei in Italien
ISBN 978-88-96011-093-0

Fabio Fameo ist aus Rom nach Südtirol versetzt worden. Der Workoholic muß lernen, wie die Südtiroler mit dem heißen Sommer umgehen und besucht aus Langeweile Nals, weil es in dessen Amtsbereich einen Unfall gegeben hatte. Wie der Zufall will kommt er einer alten Geschichte, die aus der Zeit um 1943 datiert auf die Spur, als es in Südtirol nach Wahlen zu Denunzationen und Verschleppungen gekommen war. Bienen führen auf die richtige Spur.
Nebenbei lernt der gut aussehende gebildete Inspektor eine gut aussehende intelligente Frau kennen und die Parallelgeschichte beginnt sich zu entwickeln.

Dieser Südtirolroman erzählt auch von gutem Essen, allerdings ist ein Teil Aufarbeitung der Geschichte aus dem zweiten Weltkrieg für mich neu gewesen und hochinteressant - die Entscheidung der 'Optisten' und der 'Dableiber', als die Menschen vor die Frage gestellt wurden den Hof zu verlassen und ins deutsche Land zu ziehen oder beim Familiengrund zu bleiben war sicher nicht einfach. Die Geschichte Südtirols in der es deutschsprachige Menschen in den 1960-er/1970-er Jahren sehr schwer hatten und Süditaliener eingesiedelt wurden, wird ebenfalls erzählt.

Die Menschen sind gut geschildert und schön vorstellbar; sowohl die alten Bauern, als auch die aufstrebenden jungen Menschen sind verständlich charakterisiert.
Die Region um Tisens und Prissian wird genannt; sowie Ausflüge ins Ultertal (bei Lana).

In Summe ein gut lesbarer Roman, ideal für Urlaub oder verregnete Tage oder Abende. Viel Spaß !

Ralph Neubauer wurde 1960 in Düsseldorf geboren. Er arbeitet für das Justizministerium und liebt Reisen.

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Eugen Ruge : "Cabo de Gata"

Eugen Ruge :
"Cabo de Gata"
Roman
2013, Rowolt  Verlag GmbH
192  Seiten
ISBN 978-3-498-05795-4

'Cabo de Gata' ist ein Küstenstreifen in Almeria, in Andalusien im Süden Spaniens. Hierhin flieht der Autor aus Deutschland, und verarbeitet Jahre später seine Notizen zu diesem Buch.

Die Geschichte wird in Ich-form erzählt. Die anderen Menschen umkreisen ihn wie Planeten bzw. wie Kometen; kommen mehrfach vor oder genau einmal.

Der Autor kappt die Verbindungen in Deutschland indem er alles kündigt wie Arbeit, Wohnung, Gas+Strom, etc und setzt sich in den Zug. Der Neujahrstag in Barcelona entspricht nicht seinen Erwartungen bei der Sinnsuche, so fährt er nach 'Cabo de Cata' und quartiert sich in der einzigen Pension um diese Jahreszeit ein. Er spult einen Tag nach dem anderen mit wenig tun ab, trifft manche Menschen im Ort regelmäßig und ab und zu kommen Touristen vorbei. Erst mit den wärmeren Temperaturen macht er die Bekanntschaft einer Katze und kommt auf die Idee den Namen des Küstenstrichs mit diesen vierpfötigen Wesen in Zusammenhang zu setzen. Im Sommer reist er ab.

Ich habe das Buch durch und fertig gelesen, habe mich dafür aber nicht begeistern können. Die Beschreibungen bleiben kühl, es kommt keine Wärme, kein Bezug zu nichts auf. Selbst als er schildert, daß er mit Kerzen das Zimmer wärmt, ist keine Wärme zu spüren.

Die Beschreibungen der Menschen in Deutschland bleibt auf Distanz; nur ein eigenartiges liebevolles Gefühl für seine Tochter bleibt, die Figur der Ex-frau und auch der Vater, der eine griffige Beschreibung eines Pensionisten mit DDR-Pension ohne Angst abgibt, bleiben entfernt.

Mit der Buch-Empfehlung habe ich es diesmal schwer, da mir weder der Stil, noch der Inhalt unter die Haut gegangen ist, und auch die Unterhaltung nicht gelungen ist. Ich hoffe das Buch gefällt anderen Lesern und Leserinnen besser als mir.

Eugen Ruge wurde am 24. Juni 1954 in Soswa (Swerdlowsk) /Sowjetunion geboren. Sein Vater ist DDR- Historiker, der nach Sibirien deportier worden war. 1956 kam die Familie nach Ost-Berlin. Er studierte Mathematik und wurde Wissenschaftler an der Akademie der Wissenschaften der DDR.  1988 übersiedelte er in die Bundesrepublik Deutschland. Seitdem ist er als Schriftsteller, Regisseur, Drehbuchautor und Übersetzer aus der russischen Sprache tätig. 2011 erschien sein erster Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts".

Mittwoch, 23. September 2015

Joachim Meyerhoff : "Alle Toten fliegen hoch : Amerika"

Joachim Meyerhoff :
"Alle Toten fliegen hoch : Amerika"
Roman
2011, Kiepenheuer & Witsch
314 Seiten
ISBN 978-3-462-04292-4

Der Autor erzählt in ich-form über sein Heranwachsen als Jugendlicher. Einige Elemente aus der Kindheit und der Adoleszenz starten, aber der Fokus ist sein Jahr, das er in Amerika leben darf. Er wird nach Lamarie im Wyoming zu einer Familie eingeladen, die wie seine Familie aus drei Knaben besteht. Eigentlich sollte er sich mit dem Jüngsten - Don -, als Jüngster verstehen; dieser lehnt ihn von anfang an ab, im Gegensatz zu den Eltern Hazel und Stan und den erwachsenen Brüdern Brian und Bill. Sein Englisch ist miserabel, aber er lernt rasch die Sprache, das Toastbrot, das Pferd, den Hund und die Mitschüler kennen und lieben. Auf einer verrückten Party lernt er die Mitschülerin Maureen kennen; es dauert bis sie  ja zu einem Date ja sagt, und ihn netterweise mit dem Auto abholt, da er keines hat. Er schildert den strengen Winter mit viel Schneeschaufeln, und den Sommer mit Basketballtraining und Einsätzen im Basketballteam. Als er sich wohlzufühlen beginnt, kommt die Hiobsbotschaft, daß sein mittlerer Bruder bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist.
Seine Eltern wirft die Tatsache ziemlich aus der Bahn; der größte Bruder und er schaffen es, daß beide wieder Boden unter den Füßen bekommen. Wieder zurück in Amerika genießt er, daß sich die Gasteltern um ihm kümmern.

Die Geschichten sind humorvoll bis berührend erzählt. Es gibt einige skurrile Elemente wie sein Versuch in Hamburg mit einer schwarzen Prostituierten zu schlafen, die einen wunderschönen bunten Dschungel auf ihrem Körper tätowiert hat, daß nur Erdbeerschnaps Maureen in erotische Fahrt verbringen mag, und den amerikanischen Einreisebehörden die Probleme mit seinen Bergschuhen haben weil er in etwas getreten war; und die traurigen, als seinen Eltern beim Kindesverlust der Boden wegkippt und als in Amerika das Spaceshuttle Challenger mit der Lehrerin kurz nach dem Start explodiert, was nationale Trauer auslöst.
Die Trauerarbeit um seinen verunfallten Bruder kommt nach Amerika, da die neuen Eindrücke wichtiger gewesen waren. Die Geschichte die er hier erzählt ist ein wunderbare Bruderfreundschaft.
Durch einen Lehrer bekommt er Kontakt mit einem Häftling in der Todeszelle; hier hält der Kontakt auch in Deutschland noch an, während alle andere Kommunikation mit den Menschen aus Amerika - in der Zeit vor E-Mail, etc. - einschläft.

Der Autor schildert die Menschen in der Schule, im Basketballteam und in der Gastfamilie liebevoll und sehr gut vorstellbar. Orte und Einrichtung sind nicht so wichtig, wie die Menschen und ihre Aktionen und Nähe.

Da ich den Autor auf der Bühne und in Fernseh-Interviews gesehen hatte, habe ich mir vorgestellt, wie er in seine großen schlaksigen unnachahmlichen Art erzählt, betont, stimmlich variiert und sich dabei mitbewegt.

Ich habe das Buch das Buch in seiner Erzählweise und der meist liebevollen Art der Beschreibung sehr genossen, und empfehle es gerne weiter. Viel Freude beim Lesen und Miterleben.

Joachim Meyerhoff, wurde 1967 in Homburg/Saar geboren, ist in Schleswig aufgewachsen und hatte seine Schauspielausbildung 1989–1992 in der Otto Falckenberg Schule München. Er hatte
Engagements am Staatstheater Kassel, in Bielefeld, Dortmund und  den Städtischen Bühnen Köln. 2001 war er Ensemblemitglied des Maxim Gorki Theaters Berlin, an dem er auch Regie führte. Ab 2002 wechselte er ans Deutsche Schauspielhaus in Hamburg. Seit September 2005 ist der Schauspieler Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters. 2007 wurde er zum Schauspieler des Jahres gewählt. Mit Beginn der Saison 2013 kehrte er ans Deutsche Schauspielhaus zurück, spielt aber weiterhin am Burgtheater in speziellen Rollen.
Im Burgtheater begann er aus seinem sechsteiligen Zyklus 'Alle Toten fliegen hoch' zu erzählen, trat er als Erzähler auf die Bühne. Für seinen Debütroman wurde er mit dem Franz-Tumler-Literaturpreis 2011 und dem Förderpreis zum Bremer Literaturpreis ausgezeichnet. 'Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war,' ist Teil 2 dieses Zyklus; 2013, KiWi 1383, 2015.

Dienstag, 22. September 2015

Erin Hunter - "Warriors: Tigerclaw's Fury "

Erin Hunter -
"Warriors: Tigerclaw's Fury "
Format: Kindle Edition
Dateigröße: 3132 KB
Verlag: HarperCollins (28. Januar 2014)
ASIN: B00DB3D6EK

Als Katzenfan wollte ich eines der Cat Warriors Bücher gelesen haben und bin bei dieser Erzählung gelandet, die als Seitenlinie gilt.

Tigerclaw unterliegt in seinem angestammten familiär verbundenen Thunderclan einer Intrige und mehreren Machtkämpfen, die in seinem Ausschluß aus dem Clan endet; auch die Katzen auf deren Solidarität er gehofft hatte schlagen sich auf die Seite der Mehrheit. Er geht in den Wald, heilt seine Wunden und trifft auf andere ihm treu ergebene Katzen, die entweder von den Menschen (hier Twolegs genannt) und dem Cloudclan stammen. Ein Virus hat die anderen Katzen und auch den Führer von Cloudclan geschwächt - Tigerclaw und seine Treuen bieten Hilfe bei der Jagd an, wobei Tigerclaw strategisch handelt, die anderen ihren alten Stammensfreunden helfen wollen. Tigerclaw sieht von der Ferne wie Feuer im Wald bei seinem alten Stamm ausbricht und sieht wie Fireheart (sein Intimfeind) seinen Sohn im letzten Augenblick retten kann. Im Lager des Cloudclan wird nach dem Tod des Führerkaters über ein Zeichen (hier wird der Starclan befragt) Tigerclaw zum neuen Führer ernannt -> er heißt am nun Tigerstar.

Tigerclaw's Fury ist das vierte von HarperCollins  als E-Book veröffentlichte Short Adventure. Es ist in gedruckter Version in der zweiten E-Book Sammlung "Tales from the Clans" enthalten.
In diesem e-book sind auch Leseproben zu 'Warriors: Leafpool's Wish' und 'Dawn of the Clans #1: The Sun Trail' enthalten.

Die Geschichte ist aus der Sicht von Tigerclaw geschrieben, dem eine innere ehrgeizige Stimme zur Seite steht und nicht immer gute strategische Ratschläge gibt.

Die Beschreibung der Katzen ist genau mit Farbe, Geschlecht und manchmal auf ob und welche Ohr zerrissen, oder zerkratzt ist.
Der Stil ist gerade und direkt, die Beschreibungen ohne Schnörkel oder Metaphern.

Es geht um Kampf, und um Macht. Da mich das inhaltlich nicht interessiert werde ich wohl keinen anderen Band aus dieser Serie lesen.

Die englischen Beschreibungen der Bewegungen der Katzen, der Körperteile war sehr interessant und es waren einige (für mich) neue Vokabel dabei.

Wer Katzenkämpfe mag, ist bei diesem Buch sicher gut unterhalten. Meow !

"Katzen haben viele Leben, heißt es. Und Katzengeschichten haben zuweilen viele Autoren. Wie die Geschichten von Erin Hunter. Denn hinter dem Pseudonym verbergen sich insgesamt vier Autorinnen: Kate Cary, Victoria Holmes, Cherith Baldry und Tui Sutherland. Dabei gibt es in dem Team eine klare Aufteilung für das Verfassen der "Warrior-Cats"-Romane. Cary, Sutherland und Baldry schreiben die Abenteuergeschichten der vier Katzenclans; sie erfanden auch das Pseudonym, um die "Warrior-Cats"-Leser nicht zu verwirren. Victoria Holmes bringt die Ideen in das Erzählerquartett ein und sorgt dafür, dass die in mittlerweile sechs Bänden erschienenen Geschichten am Ende einheitlich sind und Kontinuität besitzen."

Sonntag, 13. September 2015

Oliver von Schaewen : "Schillerhöhe"

Oliver von Schaewen :
"Schillerhöhe"
Kriminalroman
2009, Gmeiner Verlag GmbH
269  Seiten
ISBN 978-3-89977-802-1

Der Kriminalroman ist im Literaturmilieu angesiedelt. In Marbach ist ein Schiller-Zentrum, in dem auch andere Original und Nachläße gesammelt werden. Der Mann einer ehemaligen DDR-Autorin, die jetzt gehypet wird, wird in Analogie zu Schillers 'Tell' mit Pfeil und Bogen ermordet. Ein anderer Mord ist weniger schiller-isch und die abschließende Bombe ebenfalls. Kommissar Peter Struve und Polizeineuling Melanie Förster ermitteln im Streit um etwaige Nachlässe bei denen es um viel Geld und Provision geht und um Menschen die nach der DDR ihre Namen wechselten. Das Dilemma und die Diskussion um DDR-Grenzschützen, die auf Flüchtlinge schießen mußten, und laufende Gerichtsverfahren entpuppt sich als Schlüssel zu den Morden.

Die Geschichte ist ein bißchen mühsam erzählt, aber ohne Schnörkel laufend. Leider ist keine schiller-ische Sprache verwendet, sondern alles eher gerade ausgedrückt.
Die Menschen sind gut vorstellbar : die sensible DDR-Autorin Erika Scharf, ihr schmieriger Ehemann Dietmar, der arrogante Literaturmuseumschef Dollinger, der kühl unangenehme Gehilfe Schärf, die liebenswürdige Sekretärin Bäuerle, Bürgermeister Rieker, der schleimige Nachlaßwerber Selldorf, die üppige lebenslustige schöne Hotelbesitzerin Gianna Signorini, der gemütliche Literat Derwitzer, der junge Photograph und Journalist Luca Santos, der Polizist Peter Struve mit seiner Frau Marie und die motorradfahrende Polizeiabsolventin Melanie Förster etc ..

Interessant finde ich zwei Themen : einerseits den Hintergrund bei dem bereits zu Lebzeiten Institute an literarische Nachläße kommen wollen, indem sie bei Künstlern und/oder Erben bereits Interesse anmelden; andererseits das Thema mit den DDR-Grenzsoldaten die unter Druck bekannte oder unbekannte Menschen die fliehen wollten zielgerecht zu erschießen hatten.

Zur Entspannung ist dieser Kriminalroman sehr gut geeignet. Viel Spaß beim Lesen.

Oliver von Schaewen wurde 1965 bei Siegen westfälischen Kreuztal geboren und lebt bei Marbach, der Geburtsstadt Friedrich Schillers. Er studierte Theologie in Münster in den Jahren 1985 bis 1992, und erhielt anschließenden Ausbildung in der Kirchenpresse in Osnabrück.  Er arbeitet seit 1997 als Redakteur der Marbacher Lokalausgabe der Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung. Seine Krimis widmet von Schaewen zentralen Werken Friedrich von Schillers. "Schillerhöhe" ist der erste Roman, 2010 "Räuberblut" und 2014 erschien "Glockenstille".

Freitag, 11. September 2015

Doris Gercke : "Georgia"

Doris Gercke :
"Georgia" - Ein Bella-Block-Roman
2006, Hoffmann und Campe
227 Seiten
ISBN 978-3-455-40013-7

Bella Block, mittlerweile nicht mehr im Polizeidienst, sondern als private Ermittlerin tätig, wird aus ihrem beschaulichen Leben mit Lesen, Lyrik und gehobenem Vollpensionsleben gerissen. Die Anwältin Susanne Behrendt möchte Beschattung. In der Nacht nachdem Bella die Arbeit für beendet erklärt, wird die große schöne intelligente Frau tot aufgefunden. Von Anfang an ist klar, daß ihr Ex-mann, ein berühmter aber nicht geliebter Staatsanwalt, bei dem Thema um Folter, Gewalt, Grenzziehung zur persönlichen Würde, Fragen ob diese Würde mit Folter in einem demokratischen Staat erlaubt sein darf, sowie dass mittlerweile alte Milgram-Experiment hier essentiell ist. Leider gibt es kein positives / freundliches / gerechtes Ende dieses Romans.

Die Personen sind anschaulich geschildert : Bella Block selber die sich in Bücher über Rußland und in Lyrik verliert, eine ältere Lyrikerin die in ihren Zeilen lebte, ein Major in Pension dem Straffheit und Order durchs leben hilft, ein Barmann der einiges von der Welt erlebt hat und sich auf seine Tochter aus seiner geschiedenen Ehe freut, die Pensionsleiterin die sich zurückhaltend, verwöhnend durchs Haus bewegt, die ermordetet Susanne Behrendt die sympathisch aber verschlossen agiert, Staatsanwalt Frings der kühl etwas arrogant und bestimmend geschildert wird, Freund Kranz der mit Kontakten und Erotik Bella beisteht und Freude macht etc ...
Etwas mühsam ist die Unterscheidung zwischen dem Barmenschen Franz und dem Freund Kranz, deren Namen mir zu ähnlich sind.

Ort der Handlung ist Hamburg und eine Wohnung in Berlin.

Folter ob und unter welchen Umständen sie erlaubbar sein kann/könnte wird gefragt. Theoretisch wird sie verworfen, aber in diesem Buch sind beruflichen und v.a. privaten Übergriffen Raum gegeben; Ahndung von Übergriffen findet nicht statt, was einen schalen Nachgeschmack macht.
Druck im Bauch beim Lesen erzeugt auch, daß diesmal die großen Machtzieher im Hintergrund die Macht haben und einen unbescholtenen Menschen zugrunde richten indem sie ihm seine Würde und das Vertrauen in einen gerechten Staat absprechen; auch der Bezug zu Georg Orwells '1984' und den Psychospielen dieses totalitären Regimes hilft das nicht viel

Faszinierend ist wieviel hochinteressante Bücher und Lyrik in diesem Buch zitiert oder angerissen wird. Es macht Gusto hier die zitierten und genannten Bücher zu lesen.

Der Roman ist dicht und schön geschrieben. Leider sind die Themen Folter, Einsamkeit, Polizeiwillkühr und das nicht-positive Ende nicht erfreulich; als Buch trotzdem empfehlenswert.

Doris Gercke  wurde am 7. Februar 1937 in Greifswald geboren. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Verwaltungsbeamtin. 1980, nach 15-jähriger Erziehungspause, studierte sie Rechtswissenschaften. 1988 schrieb sie ihren ersten Roman : 'Weinschröter, du mußt hängen'. Der Krimi um die Ermittlerin Bella Block wurde ein Erfolg. In Fernsehverfilmgungen wurde die Figur von Hannelore Hoger verkörpert. Sie schreibt des Weiteren Kinder- und Jugendbücher sowie Lyrikbände. Politisch ist die Autorin für den Frieden und gegen den Neufaschismus engagiert. Sie ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.

Donnerstag, 3. September 2015

Lilian Jackson Braun : "The cat who knew shakespeare"

Lilian Jackson Braun :
"The cat who knew Shakespeare"
1988, Jove Edition, Berkley Publishing Group, Penguin Putnam Inc, NY
249  Seiten
ISBN 0-515-09582-6

Auf deutsch ist dieser Kriminalroman unter dem Titel "Die Katze, die Shakespeare kannte" erschienen.

In diesem liebenswürdigen Kriminalroman lebt der Journalist Qwilleran mit seinen beiden Siamkatzen Yoko und Yum Yum in einem kleinen Ort nördlich von Minneapolis. Diesmal geht alles um die heimische Zeitung - Picayune - des Ortes, dessen Chef es liebt noch selbst altmodisch die Informationen zu setzen. Sein Sohn würde gerne moderat modernisieren, aber es fehlt an Geld und der alte Mann kommt ums Leben. Parallel zu wie gewohnt einsetzenden Schneesturm bzw dessen Erwartung gibt es Begräbnis, Versteigerung des Familienhauses, eine Hochzeit im Klingenschoenschen Palast, Brand in der altmodischen Zeitung und letztendlich Auslösung des Mordes an dem alten Zeitungssetzer/Besitzer.

Yoko, der weise Kater mit viel Charakter, kommuniziert nicht nur mit "ik", "yow" sondern auch indem er diesmal Shakespeare Bücher aus einer wunderschönen alten Ausgabe passend aus dem Buchregal auf den Teppich wirft. Yum Yum liebt eher die Spezialitäten die Hixie speziell für Katzen zaubert.
Für Qwilleran sorgt Mrs. Cobb, für geistige Unterhaltung die liebenswürdige Bibliothekarin Polly, was für Gerede in dem kleinen Ort sorgt.
Die Menschen aus dem Ort sind schön gezeichnet : die charismatische geistreiche Großmutter des Zeitungserben, der Zeitungserbe Junior Goodwinter selbst, die lebenslustige Witwe Gritty, der Unternehmer der eine neue Zeitung aufbauen möchte, und der Garagenbesitzer Herb Hackpole; Qwillerans Interviews mit den älteren Herrschaften lesen sich sehr unterhaltsam.

Das Englisch habe ich sehr genossen. Es hat Spaß gemacht die Ausflüge in die verschiedenen Dialekte zu lesen. Einige Ausdrücke habe ich nicht gekannt; die Metaphern waren sehr unterhaltsam.

Die Geschichte ist schön geschrieben und hat gut unterhalten; auch wenn ich kein Fan von Siamkatzen bin und sein werden, ist es ein gut gelungener Katzenroman ohne sinnlose Brutalitäten. Viel Freude beim Lesen !

Lilian Jackson Braun wurde am 20. Juni 1931 in Chicopee, Hampden County / Massachusetts . Sie begann bereits als in der Schule zu schreiben, war dann Sportberichterstatterin, dann Werbetexterin und später Redakteurin. 1966 bis 1968 wurden die ersten "Die Katze, die ..." Krimis veröffentlicht. An 1986 erschienen neue Kriminalromane mit den charismatischen Katzen und ihrem Journalisten. Sie lebte mit ihrem Mann und zwei Katzen in North Carolina.Sie starb am 4. Juni 2011 in Landrum, Spartanbury County / South Carolina.

Dienstag, 25. August 2015

Lucía Puenzo : 'Wakolda"

Lucía Puenzo :
'Wakolda"
original " Wakolda"
2011, Emecé, Buenos Aires
aus dem argentinischen Spanisch von Rike Bolte
2012 Verlag Klaus Wagenbach, Berlin
200 Seiten
ISBN 978 3 8031 2715 0

In diesem dichten Roman wird die Geschichte eines jungen Mädchens erzählt, das etwas klein geraten ist, und in der argentinischen Pampa einem Arzt begegnet, der ihr Wachstum verspricht, und der geflohene Dr. Mengele ist.

Lilith und ihre Familie fahren ins argentinische Patagonien, um dort die Pension von Liliths Großmutter wiederzueröffnen. Auf einem Parkplatz kommt das Mädchen mit einem Mann ins Gespräch, der sich ihnen anschließt. Dieser Mann ist der erste Gast der Pension, und erwirbt das Vertrauen von Lilith und der Familie. Er investiert in das Puppenhobby von Enzo und interessiert sich für die Zwillingsschwangerschaft von Eva. Dank seines Tuns kommen die Zwillinge gut auf die Welt, und auch Eva überlebt. Er hilft mit Präparaten daß Lilith wächst und beide Zwillinge überleben. Die Präparate sind in den Konzentrationslagern zu Versuchen an Menschen entwickelt worden. Der israelische Geheimdienst ist den alten Hauptverbrechern aus den Konzentrationslagern - auch ihm - auf der Spur, und der Gast verschwindet im Schnee.

Die Figuren der jungen charmanten aufgeweckten aber kleinwüchsigen Lilith und der kühle besessene gewissensfreie Arzt sind eindrücklich geschildert. Lilith fragt direkt, schnüffelt im Zimmer des Arztes und entdeckt dort alte Nazi-Insignien, hält aber den Mund, weil sie der für sie charismatische Arzt fasziniert. Jose/Joseph reizt der Stammbaum der Familie mit schönen und unschönen Menschen und der Zwillingsbauch der Mutter; er hatte sich immer für Zwillingsgeburten und das Machbare bei den Frühgeburten interessiert. Auch mit Wachstum hat er experimentiert. Die Tragbarkeit der Folgen waren für ihn kein Thema, nur die Machbarkeit. Mitgefühl hat er keines; so wie diese Figur wenig Gefühle hat und nur auf Touren kommt wenn es um Versuche am Menschen geht. Die Flucht über Italien nach Argentinien, und daß sein Sohn ihn "Onkel Fritz" nennt, wird auch erzählt.

Vater Enzo hatte Lilith eine Puppe - Herlitzka -, mit weißer Porzellanhaut und sehr fein gemacht; diese tauscht sie als sie bei eine Nacht wegen Wolkenbruchs bei den Mapuche verbringen gegen eine hölzern und stofflich gemachte Puppe -Walkolda - ein. Die Puppen die Jose/Joseph herstellen läßt sind blonde blau-äugige weißhäutige Figuren, die für Exil-Nazis von Bedeutung sind.

Kurz wird das Nebenthema der Mapuche und Tehuelce in Argentinien angesprochen. Auch hier hatte es Konzentrationslager gegeben und Ausrottung von Kulturen. Einige wenige haben überlebt.
Eine weitere Nebenfigur ist Nora, die eines der Versuchskinder im Konzentrationslager gewesen war, und nur auf der Suche nach Menschen ist, die ihr das angetan haben. Sie bleibt im Schnee zurück.

Ort des Geschehens ist die Fahrt nach Bariloche, das Leben dort und der See Nahuel Huapi. Eine deutsche Schule hat es dort bereits vor dem zweiten Weltkrieg gegeben, weshalb dann die deutsch sprechenden Menschen, die nach dem zweiten Weltkrieg kamen nicht weiter auffielen.

Der Roman ist dicht, gut vorstellbar und faszinierend geschrieben/übersetzt. Die Figur der Lilith die dem Arzt alles glaubt, manches in Frage stellt, aber für einiges akzeptiert geht unter die Haut. Die Stellen in denen die neugeborenen Zwillinge unterschiedlich behandelt werden, machen mir Schauder.

In Summe in grandioses Buch, das jedem/r zu empfehlen ist der/die einen guten Roman lesen möchte, auch für Menschen die sich nicht für die Nachbetrachtung der Nazi-zeit interessieren mögen.

Lucía Puenzo wurde am 28. November 1976 in Buenos Aires geboren. Ihr Vater ist Filmdirektor Luis Puenzo - sie ist Autorin und Regisseurin. Ihr Debüt als Drehbuchautorin gab sie 2001 mit dem Dokumentarfilm (H) Historias cotidianas. Anschließend war sie vor allem für das Fernsehen tätig und verfasste Drehbücher für verschiedene Fernsehserien, wie etwa Final Minute. 2004 erschien ihr erster Roman "El niño pez", das erst 2009 auf deutsch "Das Fischkinder" schien. Im Jahre 2007 gab sie ihr Debüt als Regisseurin mit dem Filmdrama "XXY" , in dem es um Intersexualität geht. Für diesen wurde sie unter anderem 2008 mit dem  'Goya' in der Kategorie Bester ausländischer Film in spanischer Sprache ausgezeichnet. Sowohl "Das Fischkind" als auch "Wakolda" wurde verfilmt.

Montag, 17. August 2015

René Goscinny & Morris : "Lucky Luke, Bd.53, Die Erbschaft von Rantanplan"

"Lucky Luke, Bd.53, Die Erbschaft von Rantanplan"
Autor : René Goscinny
Illustrator : Morris
original "L’héritage de Ran-Tan-Plan"
1973, Dargaud Editeur Paris
Übersetzerin : Gudrun Penndorf M.A.
Deutsche Textbearbeitung : Adolf Kabatek
Nachdruck 2009, Egmont Ehapa Verlag GmbH
ISBN 419796280550053

Nach Jahren hatte ich die Chance in Ruhe einen ganzen Band Lucky Luke zu lesen, zu betrachten und zu genießen.

Besuch im Gefängnis, in dem die Dalton-Brüder sitzen. Eine Rechtsanwaltskanzlei mit mehreren Chesters hat den Auftrag ein Erbe abzuwickeln: ein exzentrischer Millionär hat sein Geld dem Gefängnishund Rantanplan vermacht. Dieser hat allerdings seine Liebe und Treue zu dem kleinsten Dalton entdeckt - dieser wäre der nachfolgende Erbe wenn der Hund nicht wäre. Lucky Luke wird zu Hilfe gerufen um den Hund zu schützen.
Als Zusatzelement haben Zeichner und Autor die Chinesen im Chinesenviertel der Stadt eingebracht in der alle 'Volulteile' abgehandelt werden : Hund essen, Mafia, Gewalt, Feste mit Drachen, anderer Ehrenkodex.
Bevor sich in der Stadt alle an die Gurgel gehen taucht der Millionär wieder auf, und entdeckt seine Vorliebe für einen Kater der Stadt (der herrlich grantig gezeichnet ist).

Die 4 Daltons sind wie gewohnt streitend unterwegs - der cholerische Joe der über Averell schimpft, diesmal weil dieser aus Seife Pistolen schneidet, die täuschend echt aussehen. Oder weil Averell dauernd Hunger hat etc.
Rantanplan frißt in seinem Hunger einen wunderschönen Fliegenpilz, der ihm einen zwei-seiten-Rausch bringt, der sehr unterhaltsam gezeichnet ist.

Ich habe mich gut dabei unterhalten, ziehe aber Asterix und seine Geschichten gegen die Römer dem Westernhelden vor.

Morris hieß eigentlich Maurice de Bevere und wurde am 1. Dezember 1923 in Kortrijk geboren; er starb ab 16. Juli 2001 in Brüssel. Nach einer Zeichner-Ausbildung arbeitete Morris ab 1943 in einem Trickfilmstudio. 1945 trat er eine Stelle bei den 'Editions Dupuis', den Herausgebern des Comic-Magazins 'Spirou' an. Inspiriert durch die amerikanische Geschichte begann er mit der Arbeit an einem neuen Comic. Seine erste Lucky-Luke-Geschichte erschien 1946 im später sehr berühmten Spirou Almanach 1947. Das erste eigentliche Album erschien 1949. In New York lernte er Rene Goscinny kennen - ab 1955 arbeiteten die beiden gemeinsam an weiteren Lucky Luke Geschichten. Nach Goscinnys Tod folgten andere Autoren wie z.B. Le Hartog Van Bandake und Xavier Fauche.

René Goscinny wurde am 13. August 1926 in Paris geboren.  Goscinny wuchs in Buenos Aires auf. René Goscinnys jüdische Eltern waren polnischer Abstammung mit französischer Staatsangehörigkeit. Nach dem Abitur arbeitete er zuerst als Hilfsbuchhalter und später als Zeichner in einer Werbeagentur. 1945 versuchte er in den USA als Zeichner bei Walt Disney unterzukommen, scheiterte aber ; allerdings startete er dort als Kinderbuch-Illustrator und lernte Morris kennen. 1950 entstand die Detektivserie "Dick Dicks", ab 1955 trabte "Lucky Luke" durch die Comics, ab 1951 zogen die Indianer durch die Welt und ab 1959 machte "Asterix" Cäsar das Leben schwer (beides mit Texter Albert Uderzo) und es entstand vieles andere mehr wie "Tim und Struppi". Der Künstler starb am 5. November 1977 in Paris.

Sonntag, 16. August 2015

Albert Espinosa : "Marcos und der Zauber des Augenblicks"

Albert Espinosa :
"Marcos und der Zauber des Augenblicks"
Roman
original "Todo lo que podríamos haber sido tú y yo si no fuéramos tú y yo"
2010, Random House Mondadori S.a.
übersetzt von Angelica Ammar
2013, List Taschenbuch  
185 Seiten
ISBN 978-3-548-61112-9

Der Roman beginnt damit, daß sich ein junger Mann das Schlafen abgewöhnen möchte, weil es Zeit kostet. Später wird klar, daß das in dieser Gesellschaft bereits viele mittels eine Spritze gemacht haben. Nachteil ist, daß es keine Träume mehr gibt - aber es gibt Traumläden, die es erlauben traumähnliche Zustände nachzubauen.
der junge Mann - Marcos - hat die Gabe, daß er die zwölf wichtigsten Erinnerungen seines Gegenübers lesen kann. Es sind die schönsten und schrecklichsten. Unter der Hand hilft der Polizei, denn die schrecklichsten weisen auf die Täter. An diesem geschilderten Tag steht ihm ein junger Mensch gegenüber der gräßliche Folter erdulden mußte und bei dem der Verdacht ist, daß er von einem fremden Planeten stammt. Mit Hilfe kann der 'Fremdling' entkommen und erzählt Marcos von den Planeten die wir Menschen nach dem Tod bewohnen, in denen es uns immer besser geht, und wir ab höherem Niveau auch die zwölf Erinnerungen des anderen lesen können um Konflikte zu lösen. Diese Gabe geht manchmal auf die falsche Erde, womit Marcos endlich das Woher seiner Gabe weiß.
Der fremde Mann hat auf dieser Erde seinen eigenen Wunsch, für den er eine Lösung sucht.
Parallel hat sich Marcos in ein schönes junges Mädchen verguckt, das ihn am Schluß mit dem Fremdling unterstützt und so manche Magie wird auch hier erklärt.
Der dritte Faden ist Marcos Mutter, die als Tänzerin und Choreographin einen offenen und liebenden Umgang mit der Welt, den Menschen und Einsichten lebte. Diese Figur einer Frau, die ihrem Sohn viel von der Welt zeigt, und offen für Gefühle und Erlebtes macht ist faszinierend geschildert.

Der Roman ist gut an einem faulen Nachmittag lesbar und unterhält durchaus trotz seiner manchmal schräg wirkenden science-fiction gemischten Esoterik-Liebes-Geschichte. Das Mitfühlen mit Marcos betreffend Tod der Mutter, dem Wunsch zu malen und der Erwartungen dem jungen schönen Mädchen gegenüber funktioniert.

Mir haben die Figur von Marcos Mutter, die kurzerhand findet, daß in der Speiseröhre die Seele säße und nicht im Herzen und die Schilderungen wie Marcos malt sehr gut gefallen.

Das Buch gilt in Spanien als Bestseller.
Viel Spaß beim Lesen.

Albert Espinosa i Puig  wurde am 5 November 1973 in Barcelona geboren. Mit 14 wurde Krebs diagnostiziert, was ihm ein Bein, Teil der Lunge und Leber kostete. Er absolvierte eine Ingenieursausbildung und begann nebenbei fürs Fernsehen und Serien zu schreiben. Mittlerweile ist er Drehbuchautor, Schauspieler, Schriftsteller und Direktor eines Theaters. Außerdem schreibt er ein
Kolumnist im 'El Periodico de Cataluyna'.

Samstag, 15. August 2015

Rafael Chirbes : "Am Ufer"

Rafael Chirbes :
"Am Ufer"
Roman
original "en la orilla"
2013, Editorial Anagrama, Barcelona
Aus dem Spanischen von Dagmar Ploetz
2014, Verlag Antje Kunstmann
426 Seiten
ISBN 978-3-88897-867-8

In diesem großartigen Roman ohne Hoffnung beschreibt der Autor das Leben von Esteban, einem Tischler, der investiert hatte und mit der Immobilienkrise 2008 - 2010 alles verlor. Esteban gehört das zweite Kapitel, in der Rückblicke bis zum Großvater, der mittels Genickschuß in der Franco-zeit getötet worden war, Seitenhiebe auf die Geschwister, die ihm den pflegebedürftigen Vater überlassen, Beobachtungen über einen Freund der es geschafft hatte reich zu werden, und Betrachtungen über seine Angestellten und das Ende der Firma mit vielen Bildern, Metaphern beschrieben werden.
Im kurzen ersten Kapitel werden Leichenteile im Sumpf entdeckt, im dritten kurzen Kapitel seilt sich derjenige der den Untergang Estebans mitverursacht hat heimlich ab. Das dritte Kapitel ist kursiv gedruckt, wie andere Einschübe die Estebans Leben und Gedanken ergänzen.

Den Personen und vielen Gedanken ist in diesem Buch Raum gegeben :
Die Hauptperson ist Esteban, der mit seinen Anfang 70 eine kleine Tischlerei führt. Die Kunsttischlerei kann er leider nicht, da er der Liebe wegen die Ausbildung beendet hat. Es fehlt ihm außerdem das Können. Seine Liebe Leonor hat ihn trotzdem verlassen - es kam auch nachher keine Frau mehr in sein Leben, außer die Pflegerin seines Vaters, Liliana aus Kolumbien. Die Schreinerei läuft mit vier Angestellten recht gut. Leider investiert er alles ihn ein Bauprojekt eines Freundes, das wie viele andere in der Immobilienblase untergeht. Er muß die tw. langjährigen Angestellten kündigen, und sich selber um den pflegebedürftigen Vater kümmern.
Estebans Vater war im Gefängnis gewesen und stand zu seiner Anti-Franco-Haltung. Die Politik war ihm wichtiger als Frau und seine drei Kinder. Er hat die Tischlerei von seinem Vater übernommen.
Estebans Bruder Juan wird als Schlitzohr geschildert, der nur Geschichten erzählt und Geld will.
Bruder Germain war mit Carmen verheiratet gewesen. Als er Krebs bekam war es mit der Liebe aus, denn die Mutter mußte sich um den Sterbenden kümmern - die Schwägerin fuhr ab nach Barcelona.
Der Onkel hatte den kleinen Esteban in die Schreinerei genommen und ihm Spielzeug gemacht, oder mit ihm Papierflieger gemacht. Er ist es auch der ihm das Schnitzen in Holz vermittelt hat.
Pflegerin Liliana ist aus Kolumbien. Sie ist lieb, freundlich und  kocht gut und die moralische Stütze für die alten Männer. Allerdings hat sie einen unguten Ehemann, und Kinder. Sie hat gearbeitet, daß ihr Mann nach Spanien nachkommen konnte. Über sie kommt lateinamerikanische Lebensfreude in den Roman (vielleicht das einzig wirklich freundliche Element in diesem Buch).
Unter den Freunden kommt vor allem Francisco oft vor. Er hat es geschafft über Weinkenntnisse ein Machtimperium über Weinzeitschriften, Restaurantrezensionen aufzubauen. Und : die große Liebe von Esteban, Leonor, hat ihn geheiratet und als Restaurantbesitzerin zwei Sterne im Kochhimmel erarbeitet. Francisco kommt nach dem Krebstod seiner Frau wieder in das Dorf seiner Kindheit zurück, kauft das teuerste Haus mit dem exklusivsten Mobiliar und plaudert über das Leben.

In dem vielen Seiten sind einige Themen angesprochen, die entweder noch in Spanien relevant oder für Europäer wichtig sind.
Die Aufarbeitung der Franco-Zeit ist noch nicht fertig. Der Umgang mit den Anti-Franco-Menschen, das gegenseitige Denunzieren für oder gegen diese Partei die an der Macht ist, oder gerade an die Macht gekommen war, ist nicht aufgearbeitet. Für Chirbes dürfte es hier zu viele ethische Leichen geben, die nicht erledigt sind.
Es gibt Betrachtungen über Pflegefälle - wie sie leistbar sind, wer was machen soll, wie ein System damit umgehen soll, was menschliches abverlangt wird,
Es gibt Betrachtungen über Geld, den Arbeitsmarkt (immerhin zwei Jahre Arbeitslosenunterstützung), die Arbeit der Huren im "Lovers", Liebe die vergeht, Machtspiele in der Restaurantszene etc.
Er schreibt über die Immobilienblase und wie sie die Region lahmlegte, in der sonst die Touristen gekommen waren und plötzlich alles leer ist, und die Bautätigkeit versiegt.

Die handelnden Menschen sind entweder Handwerker, Arbeiter und Fischer, (und Huren) oder der reichgewordene Francisco sowie der Sparkassendirektor. Mir hat die mittlere Schicht gefehlt.

Schön finde ich die Seiten, in denen der Lehrer der Kunstgewerbeschule über Holz, Stein und Ton mit Leidenschaft erzählt und seinen Schülern ein Gefühl für das Material vermittelt, und über den Zauber des Umgangs mit den Elementen.

Das Buch sollte der Leser/die Leserin konzentriert zu lesen. Ich hatte es vor Monaten angefangen gehabt und erst jetzt im Urlaub die Zeit, Muße und Konzentration gehabt den Lebensgeschichten, Einsichten, Ansichten und Betrachtungen zu folgen, sowie die Metaphern, und die langen Sätze zu genießen. Die Sprache ist wortgewaltig, vielfältig, er verwendet viele Fremdworte ('Nachtmare' war mir bis dato unbekannt gewesen).

Im Buch ist ein Lesezeichen, auf dem die Personen des Romans mit kurzen Informationen abgedruckt sind. Es war sehr hilfreich, wenn ich zu sehr in den Betrachtungen verstrickt war und nachher wieder den roten Faden gesucht habe.

In Summe ein grandioses Buch, das mich fasziniert hat. Es ist nur kaum Hoffnung drin. Ich wünsche dem Leser/der Leserin trotzdem Lesefreude daran !

Rafael Chirbes wurde am 27. Juni 1949 in Tavernes de la Valldinga / Valencia geboren. Mit 16 begann er in Madrid 'Moderne und zeitgenössische Geschichte' zu studieren, 1969 ging er für ein Jahr nach Paris. Er lebte auch in Marruecos, Barcelona, La Coruna, Extremadura und dann wieder in Valencia. 1988 erschien sein erster Roman "Mimoun". Seine Roman beschäftigten sich fast immer mit der Kriegszeit, Nachkriegszeit und Franco-Zeit. Politisch hat er sich immer als Kommunist deklariert. Er starb am 15. August 2015.

Samstag, 1. August 2015

M. Louisa Locke : "Maids of Misfortune: A Victorian San Francisco Mystery"

M. Louisa Locke :
"Maids of Misfortune: A Victorian San Francisco Mystery"
Dateigröße: 3153 KB
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 337 Seiten
ASIN: B002Z13UGS

In diesem unterhaltsamen Kriminalroman klärt eine junge Witwe, Annie Fuller mit Einsatz und mit Hilfe eines jungen Anwalts einen trickreich eingefädelten Mord auf.

Es ist Sommer 1879 in San Francisco. Annie Fuller hat nach dem Selbstmord ihres Mannes (finanzielle Probleme hatten ihn soweit getrieben) ein Haus geerbt, das sie als gemütliche Pension führt. Ihre Gäste sind auch alte Freunde die sich die Arbeit des Haushalt führens nicht mehr machen wollen.
Nebenbei arbeitet sie als Wahrsagerin - hier hört sie menschliche Nöte, denen sie mit psychologischen Geschick zu Leibe rückt, aber sie hilft auch bei finanziellen Investitionen. Hier hat sie das Talent ihres Vaters geerbt, aber als Frau keine Chance im Bankenwesen; witzigerweise sind Ratschläge einer Wahrsagerin gesellschaftlicht zwar eigenartig, aber erlaubt.
Einer ihrer liebsten Klienten mit dem sie allerdings offen über finanzielles sprechen konnte und zu dem sie auch sonst Vertrauen hat wird ermordet. Der Inhaber eines Möbelhauses wurde tot aufgefunden- zuerst wird allerdings auf Selbstmord getippt. Sie schmuggelt sich als Hausmädchen ein und versucht auf eigene Faust Recherchen anszustellen.
Ein junger Anwalt der sich um die Angelegenheiten des Verblichenen kümmern soll, irritiert sich ziemlich, dann baut sich Vertrauen auf und im ziemlich heftigen Showdown mit dem skrupellosen Mörder holt er rechtzeitig die Polizei.
Am Ende hilft er ihr auch sich gegen einen Wucherer aus den Zeiten ihres Mannes zu wehren, der widerrechtliche alte Schulden einholen möchte.

Die Menschen sind schön geschildert: Anni und ihr Personal, ihre Gäste sind liebevolle hilfreiche Menschen und gut vorstellbar geschildert. Im Haus des Möbelfabrikanten Matthews Voss sind die Witwe bezaubernd, die Schwester bigott-verkniffen, der malende Sohn und der wunderbare Diener und Koch Wong sehr schön gezeichnet. Der Haushalt mit seinen Animositäten zwischen Schwester und der ihrer Ansicht nach zu jungen Gattin des Bruders, das Verwöhnen des Sohnen dem das Möbelgeschäft nicht liegt, der aber grandios malt und das aufgetakelte Getue der Ankleidedame der Witwe und die Gelassenheit des Asiaten sind schön kombiniert mit den Haushaltspflichten des Hausmädchens 'lizzie' wie sich Annie Fuller nennt. Sie lernt viel über Haushalt von der anderen Seite und wird einiges anders in ihrer Pension gestalten.

Die Orte der Handlung sind klar beschrieben, die Zimmer und Einrichtung gut vorstellbar geschildert ebenso Kleidung und Benehmen der verschiedenen Schichten.

Das Englisch ist schön, es ist kein schnelles Tempo, sondern man braucht etwas Zeit um die Bilder aufzunehmen. Einige Phrasen haben mir sehr gut gefallen.

In Summe ein unterhaltsames lesenswertes Buch, das ich in den Öffis sehr genossen hat und auch in manches Mittagspause aus dem Büroalltag in eine andere Welt gezogen und unterhalten hat. Viel Spaß dabei ! 

Frau M Louisa Locke wuchs in Pittsburgh, Pennsylvania auf. Sie ist emeritierte Professorin für Amerikanische Geschichte und Frauengeschichte am San Diego Mesa College. 1979 als sie an ihrer Dissertation arbeitete bekam sie die Idee zum ersten Roman "Maids of Misfortune".  Seit 1989 unterrichtete sie am San Diego Mesa College.  2001 ging sie in den Ruhestand um nur noch schreiben zu können. Sie lebt mit ihrem Mann und etlichen Haustieren in San Diego und arbeitet derzeit an ihrem nächsten Krimi aus dem viktorianischen San Francisco.
Die Romane spielen im viktorianischen San Francisco, wo die Heldin Annie Fuller, eine Pensionsbesitzerin und Hellseherin, gemeinsam mit dem Anwalt Nate Dawson mysteriöse Morde und andere Verbrechen aufklärt.  

Montag, 27. Juli 2015

Martin Windrow : "Die Eule, die gern aus dem Wasserhahn trank"

Martin Windrow :
"Die Eule, die gern aus dem Wasserhahn trank - Mein Leben mit Mumble"
original "The Owl liked Sitting on Caesar. Life With a Lovable Tawny Owl"
2014, Bantam Press, London
aus dem Englischen von Sabine Hübner
2015, Carl Hanser München
307  Seiten + 2 Seiten Vorwort des Autors + 2 Seiten Inhaltsverzeichnis
ISBN 978-3-446-44328-0

Ein britischer Militärhistoriker erzählt auf humorvolle Weise über seine wunderbare Beziehung zu einem bezaubernden Waldkauz, einer Dame namens Mumble.

Der Autor sah bei der Familie das Zusammenleben mit dem Waldkauz "Wol" und versuchte zuerst mit einer kleinen Eule (Athene noctua) namens "Wellington"; leider war diese schon zu weit in ihrem Erwachsen werden, sodaß ein Zusammenleben mit dem Menschen nicht mehr möglich war.
"Mumble" war das erste Ei eines Geleges und wurde vom Neffen mit Hand gefüttert; der erste Name war "Nutellabrot" (im englischen  Original "Marmite Sandwich") und ist ein Waldkauz (Strix aluco).
Der Autor schmuggelt die Eule in seine Dachgeschoßwohnung im 7. Stock in London und langsam gewöhnen sich er und das zerrupfte Flauschi mit den großen Augen aneinander.
Liebevoll schildert er wie die Eule fliegen lernt, welche die Lieblingsplätze sind, wie oft Lampenschirme zerfetzt werden, die Nutzbarkeit von gesammelten Militärkopfbedeckungen gegen scharfe Eulenkrallen und wie die halbwüchsige Eule auf Freunde und Nachbarn reagiert. Als Mumble erwachsen wird, schränkt sich ihr Freundschaftskreis ein und er ist die alleinig wichtige Bezugsperson / füttern dürfen auch andere Menschen.
Der Autor übersiedelt nach Sussex, baut eine Voliere und die beiden leben gemütlich zusammen in dem sie das Jahr mit Mauser, Distanz-Nähe, Winter, Mäuse fressen etc. genießen. Leider wollte ein Unbekannter Mumble gewaltsam ins Freie (und die sogenannte Freiheit) bringen, was deren Herz durch die Aufregung und das Eindringen in ihr Terrain (die Voliere) vermutlich nicht ausgehalten hatte.

Der Autor ist Wissenschaftler; dementsprechend erzählt er nicht einfach sein Leben mit diesem faszinierenden Lebewesen, sondern er schreibt auch über die Abstammung der Eulen, deren Körperbau, Physik des Fliegens (hier bin ich ausgestiegen), die verschiedenen Laute und Geräusche, das unterschiedliche Federkleid, Ablauf der Mauser und vieles theoretische mehr. Am Ende "rettet" er sich ins Abstrakte um die Zuneigung zu diesem Wesen, mit dem er 15 Jahre in einer Beziehung gelebt hat irgendwie erklären zu können; in dem Wissen daß er scheitert.

Mumble hat es übrigens geliebt aus dem tropfenden Wasserhahn Wasser in den Schnabel zu nehmen und sie hatte in der Londoner Wohnung einen ihrer Lieblingsplätze auf der Kopfskulptur des Germanicus (Bruder des Claudius).

Martin Widrow beschreibt mit Humor und Zärtlichkeit wie ihn die Eule um die Kralle wickelt; ein kleines Piepsen, oder Köpfchen drehen um etwas Schmusen zu initiieren. Es ist berührend zu lesen wie er die Schmusestunde am Samstag vormittag beschreibt (auch wenn die Eule durch das Frühstück zu ihm trabt und dabei Mist macht).

Im Vorwort warnt der Autor eindringlich davor angeblich gestrandete Eulenküken retten zu wollen; er plädiert dafür den Kauzeltern die sicher in der Umgebung sind, Zeit zu lassen sich um ihren Nachwuchs zu kümmern und nichts zu tun.

Das Buch ist für Eulenfans ein "muß", weil viel Wissenswertes und Lebenswertes erzählt wird. Nicht ganz so intensive Eulenfans könnten die Kapitel 2, 4, etc in deren sehr theoretisches Wissen transportiert wird, etwas ermüdend finden.

Ich habe das Buch langsam und bewußt gelesen und sehr genossen; mich hat der Charme dieser Kauzdame und Autor / Übersetzerin fasziniert und in eine andere Welt eintauchen lassen. Diese Freude wünsche ich auch anderen Lesern.

Martin C. Windrow wurde 1944 geboren und im Wellington College erzogen. Er ist britischer Historiker, mit Konzentration auf das Militär. 2004 erschien sein Buch über den ersten Indochina Krieg. Er ist Mitglied der "Royal Historical Society" und lebt in Sussex.

Sonntag, 26. Juli 2015

Elis Fischer : "Die Tarotmeisterin"

Elis Fischer :
"Die Tarotmeisterin"
2015, Gmeiner Verlag
277 Seiten + 2 Seiten Nachwort zum historischen Handlungsstrang (Fakt + Fiktion)
ISBN 978-3-8392-1724-5

Theresa "Thesi" Valier möchte Aufträge als Graphikerin ankurbeln und überlegt einem Frauennetzwerk beizutreten. Da sie eine alte Kollegin gelistet sieht, gehen sie und ihre beste Freundin Flora zum Treffpunkt beim Wiener Heurigen. Die Frauen sind sehr unterschiedlich - von sehr esoterisch bis sehr geschäftsorientiert. Die alte Graphikerkollegin wird verletzt aufgefunden und Thesi & Flora beginnen - sehr zum Mißfallen von Thesi's Ehemann der wieder Angst um seine Frau hat - Hintergründe zu recherchieren. Sie finden gefälschte Designerware, Affären, und Verdacht auf gefälschte Kunstwerke - und esoterische Spielkartenentwürfe. Ein Mord passiert doch noch. Der ziemlich rasche Schluß erklärt die Fälschungsgeschichte.

Parallel sind zwei Handlungsstränge. In einem aus 1939 wird die fiktive Geschichte erzählt in der Aleister Crowley fingierte Zeichnungen erhält und vernichtet, im anderen wird der Sohn eines unverbesserlichen Nazis geschildert der sich versucht aus dem Alptraum durch seinen mittlerweile zwar toten, aber immer noch überdominanten Vater zu befreien.

Die Frauen des Netzwerks sind gut geschildert: die Typen sind unterschiedlich von glamourös-eiskalt, bis mütterlich-ausnutzend-manipulierend bis esoterisch durchsichtig, aber wenigstens nicht ungut. Netterweise ist keine Frau wirklich abfällig geschildert, sondern jeder wird ihre Eigenheit gelassen.
Die Männer der Umgebung sind Ehemann Leon der seine Frau gut kennt, Sohn Dino mit seiner Schatzkiste, und ein ehemaliger Verehrer von Flora und wichtiger Polizist Robert. Dieses Team ist gut eingespielt wie sie einander die Puzzleteile zuspielen.

Szenerien sind Wien 19. Bezirk, der Naschmarkt, eine Boutique am Gürtel, ein Antiquitätenladen beim Naschmarkt. Die Tarotkarten-Elemente sind richtig recherchiert und schön umgesetzt.

Das Buch ist unterhaltsam geschrieben und lenkte mich, die ich gerade zwei grandiose aber deprimierend-spannende Bücher (konkret : "Das Ufer" von Rafel Chirbes + "I am Malala" von Malala Yousafzai) lese, gut ab. Viel Spaß beim Lesen!

Elis Fischer wurde 1965 in Graz (Österreich) geboren. Sie studierte Kunstgeschichte, Theaterwissenschaften und machte eine Ausbildung zu Werbung und Verkauf; nach Arbeit im Marketing folgte eine Goldschmiedeausbildung. 2013 erschien der erste Kriminalroman mit "Thesi" Valier namens "Kunstjägerin". Sie lebt mit ihrer Familie im Burgenland.

Dienstag, 14. Juli 2015

Peter Gaymanns "Katzen"

Peter Gaymann :
"Katzen"
2006, Mosaik Verlag - Wilhelm Goldmann Verlag München
88 Seiten
ISBN 978-3-442-39098-4

Arrogante, witzige, bösartige und verspielte Katzen haben in diesem Buch Platz. Sie spielen mit Mäusen, Hunden, Menschen, Dosen, Essen und im Regen.

Die Katzen sind meist als kuschelige graue Fellkäul gemalt; es gibt auch einige sehr adrette rote Katzen. Unterhaltsame kleine Tuschzeichnungen stellen Mäuse dar, die entweder lachen oder gut in die Szenerie passen.

Zum Schmunzeln brachte mich u.a. "die Abwesenheit der Maus" eines Katerkünstlers, "seit wann miezen wir uns" bis zu "Ich war gestern beim Tierarzt - Und? sieht er so gut aus wie alle behaupten? und andere mehr.

Auch das Innencover ist mit Katzen gestaltet - im vorderen ist Kater noch mit Maustapete beschäftigt, im rückseitigen Bereich ist das Werk vollbracht und der Katz' sitzt entspannt davor.
Für Katzenfans ist das Buch eine wunderbare Unterhaltung; und ideal als Geschenk geeignet.

Peter Gaymann wurde am 26. Juni 1950 in  Freiburg im Breisgau  (Baden - Württemberg / Deutschland) geboren. Er studierte Sozialwesen, arbeitete als Pädagoge und Kunsterzieher und seit 1976 als freischaffender Cartoonist und Illustrator. Seine Cartoons sind mit "P.Gay" gekennzeichnet. Peter Gaymann ist verheiratet und Vater von zwei Kindern, hat fünf Jahre in Italien gelebt und lebt derzeit bei Köln.

Mittwoch, 1. Juli 2015

Thomas Sautner : "Die Älteste"

Thomas Sautner :
"Die Älteste"
2015, Picus Verlag
134 Seiten und 2 Seiten Nachwort
ISBN 978-3-7117-2021-4

In diesem schmalen Buch steckt ein wunderbarer dichter Roman über eine alte charismatische Frau, die als Heilerin, einer kopflastigen Stadtfrau mit Krebs hilft mit diesen in Einklang zu kommen.

Lisbeth, ist die Heilerin, die in Einklang mit der Natur, Teich, Tieren, in einem Wohnwagen lebt. Sophie kommt zu ihr - sie hat einen Hirntumor, dessentwegen ihr die Ärzte wenig Hoffnung machen.
Lisbeth übermittelt ihr Liebe, Freude am Leben, Akzeptanz ihres Körpers und Loslassen vom "Egoverstand"; und hilft mit Substanzen aus dem Wald.

Das Buch war für mich wunderbar zu Lesen. Es ist ein bißchen 'zu schön um wahr zu sein', wie Weiblichkeit, Intuition und Freude in Sophie wieder stärker werden. Zum Grinsen brachte mich der Satz : "Der Verstand schaute nur blöd".

Die Geschichte ist dicht und ohne Schnörksel geschrieben, aber trotzdem niemals schwer(fällig). Faszinierend finde ich, daß das Buch über zwei Frauen und durchaus esoterisch anmutenden Ansichten von einem Autor und nicht von einer Autorin geschrieben wurde.

Im Roman und im Nachwort ist das Thema "die Jenischen" angesprochen; sie sind eine Gruppe nicht-seßhafter Menschen mit eigener Sprache über die in Deutschland und der Schweiz viel bekannt ist - in Österreich weniger. Sie sind zwar blau-äugig und hell-haarig, waren aber den Rasse-denkenden im 2. Weltkrieg nicht genehm. Erst jetzt wird man sich langsam der Stärken dieser Gruppe bewußt(er).

Im Summe ein Buch das mich sehr beeindruckt hat und das ich einigen Freundinnen persönlich weiterempfehlen und schenken werde. Ich wünsche allen Lesern und Leserinnnen das gleiche Vergnügen und das Gefühl leicht-zu-werden beim Lesen, das ich hatte !

Thomas Sautner wurde 1970 in Gmünd im Waldviertel (Niederösterreich/Österreich) geboren. Er studierte Zeitgeschichte und Politikwissenschaften; arbeitete als Journalist. Sein erster Roman "Fuchserde" erschien 2006. Er lebt in Wien oder im nördlichen Waldviertel.