Freitag, 27. September 2019

Tom Hillenbrand : "Teufelsfrucht"

Tom Hillenbrand :
"Teufelsfrucht" - ein kulinarischer Krimi
2011, Kiepenheuer & Witsch
292 Seiten + 3 Seiten Glossar Küchenlatein (meist lützelburgische Ausdrücke)
ISBN 978-3-462-04287-0

Xavier Kieffer ist Koch für luxemburgische rustikale Spezialitäten in Luxemburg. Als ein Gastrokritiker vor seinem Lokal ermordet wird, beginnen die Probleme. Er reist nach Paris zum Arbeitgeber dieses Gastrokritikers, in den Süden Frankreichs zu seinem ehemaligen sehr despotischen Lehrmeister, findet dort nur ein abgebranntes Restaurant, eine geheime Küche und recherchiert in Richtung einer eigenartigen Frucht, die alle Nahrungsmittelverstärkungsstoffe in den Schatten stellt. Hier sind ihm einige Leute auf den Fersen und er hat Glück zu entwischen. Am Schluß findet ein Nahrungsmittelkonzern eine für ihn noble Lösung.

Xavier Kieefer ist als mitteljunger Mensch geschildert, für den Kochen, Essen und Trinken essentiell ist. Er sitzt oft bei Sylvaner und anderen guten Tropfen Wein oder Schnaps und liest oder diskutiert. Guter Freund in Luxenburg ist ein Finne, logischer Denker und den Genüssen zugetan, der in der EU-Kommission arbeitet, was zu einigen vergnüglichen bösartigen Kommentaren über die dortige Bürokratie führt. Valerie ist die attraktive Besitzerin eines Gourmentführerverlages. Es gibt einen charismatischen blitzgescheiten durchgeknallten Wissenschaftler, dessen Visionen Insekten oder Fertigbreipampe mit dem Nahrungsmittelverstärker Genuß vorzugaukeln ziemlich erschreckend sind; leider nicht unrealistisch. Ein aufdringlicher sich wichtig fühlender ehemaliger Kochkollege hat mit Fernsehshows und Büchern das Kochen als gewinnbringend entdeckt; wie er vor sich hinflucht, liest sich unterhaltsam.

Das Buch sollte man nur lesen,wenn man keinen Hunger hat. Es wimmelt von guten Würsten, gutem Käse (leider auch künstlichem Käsezustand), Haseneintopf, weich gekochtem Hendlfleisch etc. Auch die Weine und Schnäpse sind in ihren Schilderungen sehr geschmackvoll zu lesen.

Viel Spaß bei diesem Kriminalroman.

Tom Hillenbrand wurde 1972 in Hamburg geboren. Er studierte Politik und Wirtschaft, wechselte dann zur Jounalistenausbildung. Mit "Teufelsfrucht" erschien 2011 der erste Krimi mit Xavier Kieffer - mittlerweile ist der sechste Kriminalroman dieser Serien am Markt "Bittere Schokolade" (2018). Der Autor hat auch anderen Bücher veröffentlicht.

Dienstag, 24. September 2019

Alessandro Montano : "Die Toten vom Gardasee"

Alessandro Montano :
"Die Toten vom Gardasee"
2017, emons Verlag
266  Seiten
ISBN 978-3-7408-0070-3

Luca Spinelli, ein Dokumentarfilmer, der am Gardasee aufgewachsen ist, wird eingeladen bei einer Polizeigruppe beratend mitzuarbeiten. Hier geht es um Jugendliche die nicht auffindbar sind, und ein Verbrechen vermutet wird. Luca findet einige Schlüssel, die diese Vermutung bestätigen. Der Chef und die Profilerin der Gruppe unterstützen ihn, und ein traumatisierendes Erlebnis als Jugendlicher taucht aus den Unterbewußtsein empor und hilft das die Verbrechen zu aufzuklären.

Die Geschichte wird aus Sicht von Luca erzählt, wie er recherchiert, wie er sich verliebt, und wie er gegen die Lücken und Panik aus der Vergangenheit und seine Angst vor dem Wasser kämpft.

In der spannenden Geschichte um einen wahnsinnigen Narzissten, blüht auch die Liebe zwischen Luca und der Profilerin auf.

Die Personen sind anschaulich geschildert. Die Menschen in der Polizei sind eher sympathisch geschildert, der einzig unsympathische Mensch im Buch außer dem Mörder ist ein aufdringlicher Journaillist. Die alteingesessene Menschen im den kleinen Ort zwischen Wand und See sind mit Wärme und Charisma beschrieben.

Der Kriminalroman ist spannend und mit rasantem Showdown zu ziemlicher Grauslichkeit beschrieben. Trotzdem viel Spaß beim Lesen !

Alessandro Montano verbrachte viele Jahre am Gardasee und schrieb Kritiken für verschiedene Filmmagazine, bevor er in Bologna Filmgeschichte lehrte. 2017 erschien sein erster Roman »Die Toten vom Gardasee«. Der Folgeroman heißt "Fluch am Gardasee".

Samstag, 21. September 2019

Ferdinand von Schirach : "Der Fall Collini"

Ferdinand von Schirach :
"Der Fall Collini"
Roman
Lesebändchen
2011, Piper Verlag
188 Seiten + 2 Seiten Anhang mit juristischen Paragraphen
ISBN 978-3-492-05475-1

Der italienischer Gastarbeiter Collini, der in Deutschland Jahrzehnte verläßlich in einem Betrieb gearbeitet hat, gibt sich als Journalist aus und erschießt den Vorstandsmanager Meyer in Pension. Caspar Leinen, ein junger Jurist, dem alle Tore für Karriere offen gestanden sind, der aber Verteidiger sein will, wird als Pflichtverteidiger mit diesem Fall betraut. Der Klient schweigt, und er beginnt zu recherchieren. Er deckt auf, daß der Vorstandsmanager in Italien als Sturmbandführer für ausgleichende Gerechtigkeit gesorgt hatte. Collini hat erst nach der Verjährungszeit diese Taten zu Anzeige bringen können, weshalb keine Beurteilung der Tatsachen vor Gericht möglich war. Erst nach dem Tod seiner Familie konnte Collini seinen alten Zorn gegen den NS-Mann umsetzen.

In den letzten Kapiteln wird erklärt wie es zum Ablauf der Verjährungszeit kam, aber auch welche Vergeltungsaktionen im Krieg noch für angemessen gehalten werden.
Diese Regeln wann Vergeltungsaktionen im Krieg als aktzeptierbar gehalten werden, lassen beim Lesen schaudern.

Die Juristen, der junge Leinen und der arrivierte aber neugierig gebliebene Mattinger, sind als Persönlichkeiten vielschichtiger geschildert, als der Mörder oder die Opfer der Greuel im zweiten Weltkrieg.
Als Liebesgeschichte bleibt die aufflammende Jugendliebe zwischem Leinen und der Enkelin des Ermordeten, Johanna, die allerdings keine Chance für die Zukunft hat.

Die Geschichte ist sehr gut und spannend erzählt. Die Situation in Deutschland und Italien mit allen Ungerechtigkeiten gehen unter die Haut.

Das Buch ist in großen Buchstaben gedruckt, was das Lesen vereinfacht.

In Summe ein eindrücklicher und empfehlenswerter Roman.

Ferdinand von Schirach wurde 1964 in München geboren. Sein Großvater ist der durch die NS bekannte Baldur von Schirach. Ferdinand von Schirach studierte Jus, und arbeitet als Rechtsanwalt. 2009 erschien "Verbrechen" mit Kurzgeschichten aus dem juristischen Alltag.

Donnerstag, 19. September 2019

Tina Schlegel : "Die dunkle Seite des Sees"

Tina Schlegel :
"Die dunkle Seite des Sees" - Bodensee Krimi
2017, emons Verlag
362 Seiten
ISBN 978-3-7408-0078-9

Kommissar ist Paul Sito ist nach Krebserkrankung und Unfalltod seiner Frau zwar zurück im normalen Leben, aber noch zaghaft im Beruf. Ihm zur Seite wurde der Roman Enzig, der ihm als Psychologe durch Trauma und Krebs geholfen hat, gestellt. Rascher als allen lieb ist werden sie auf die Fähre eines Serienmörders gesetzt, der Kopf und Corpus von Frauen getrennt finden läßt. Während die Polizei fieberhaft sucht, findet Paul einen Sparringpartner um über Tod, Leben, Scheinleben, die verschiedenen Seiten des Lebens zu diskutieren. Dieser Curt Schewege ist charismatischer, charmanter, belesener aber auch eiskalt kalkulierender Professor an die Universität in Konstanz. Es gibt noch einige Leichen, bis die Polizei endlich einen weiteren Mord verhindern kann und den Mörder schnappt.

Die ersten hundert Seiten lesen sich zähe, vor allem da die Vorgeschichten von Paul Sito sich erst langsam entschlüssen. Bei einige Absätzen ist nicht klar ob Sito hier Albträume hat, Todesphantasien oder gar der Mörder selbst ist.
Dann beginnt die Geschichte Fahrt zu bekommen und am Schluß ist es hochspannend.

Die Gespräche zwischen Paul und Curt sind zwischen traumverloren, hoch intelligent, einander in ihren Gedankengängen überraschend und eigenartig vertraut in ihrer Nähe und Selbstverständlichkeit mit dem Tod.

Die Polizeitruppe rund um Sito ist unterschiedlich geschildert. Staatsanwalt Bolder der poltert, dann bremst und am Schluß doch Tempo macht. Kollege Marc Busch der fleißig und engagiert Steinchen um Steinchen zusammen setzt. andere Kollegen mißtrauen Sito, ob er wieder zu 150 % einsatzfähig ist. Enzig ist endlich wieder verliebt und als Psychologe im Fall und als Freund und Betreuer Sitos viel gefordert. Auch Sito traut sich wieder Nähe zu einer Frau zu, wird aber von seiner Vergangenheit oft in Frage gestellt.

Ort der Handlung ist Konstanz am Bodensee, an einem flirrend heißen Sommer und frühen Herbst, der alle Kraft kostet.

In Summe ein doch spannender Krimi, bei der für mich die Gestalt des Professors und die Gespräche zwischen ihm und dem Kommissar bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Viel Freude beim Lesen !