Donnerstag, 31. März 2016

Lida Winiewicz : "Katzentisch"

Lida Winiewicz :
"Katzentisch" - Kulinarische Abenteuer
Illustrationen : Markus Szyszkowitz
2009, Amalthea Verlag
160 Seiten + 1 Seite Vorwort + 3 Seiten Inhaltsverzeichnis
ISBN 978-3-85002-693-2

'Katzentisch' ist eine von 65 Erzählungen über Essen, Lokale und Eßgewohnheiten von der Kriegszeit bis ins heute. Humorvoll bis fragend bis unglücklich sind die Geschichten aus meist Wien, aber auch Italien und Frankreich. Die Autorin erzählt Geschichten ums Essen aus ihrem Nachkriegsleben bis in die Jetztzeit, dem ihrer Enkelin und auch Erlebnisse mit guten Freundinnen.

Manche Geschichten bringen zu Lachen weil die Verzweiflung über nicht-gelungene-Kulinarik und Nicht-Dienstleistung trocken und sehr gelungen beschrieben ist.

In den Erzählungen wird der Mangel der Nachkriegszeit und die CARE-Pakete genauso erzählt, wie die Besuche in gemütlichen aber im Zerfall befindlichen Wiener Beisln, hippen Lokalen bis zu Speisewägen und Besuchen in noblen Cafés. Kellner und Kellnerinnen finden freundlichen bis unfreundlichen Platz. Die Geschichten sind zwar noch aus der Zeit des Rauchverbots in Österreich, aber Vegetarier und auch Veganer haben bereits einen Platz ergattert.

Immer wieder unterhaltsam sind die Geschichten mit Enkelin Tinchen, die herzerfrischend kindlich für gescheite Kommentare oder Lösung sorgt.

Für mich als Katzenfan ist der Titel etwas enttäuschend, weil nur Katzentisch mit Katzen zu tun hat. Allerdings gibt es wiederkehrend verwendete entzückende Zeichnungen von Katzen, und Besteck von Markus Szyszkowitz.

In Summe ein unterhaltsamer Erzählband. Ideal als Geschenk für Menschen die sich mit Essen beschäftigen (aber nicht für Katzenfans, denn die würden enttäuscht sein).

Lida Winiewicz wurde am 17. März 1928 in Wien geboren. Sie studidierte Englisch, Franzöisch und Italienisch und auch Gesang. Als Übersetzerin war sie für Werke von Marivaux, Colette, Graham Greene, Moravia tätig. Sie schreibt Thaterstücke, Filmdrehbücher für den ORF und auch Bücher.

Dienstag, 22. März 2016

Arnon Grünberg : "Statisten"

Arnon Grünberg :
"Statisten"
Roman
original "Figuranten"
1997, Nijgh & Van Ditmar, Amsterdam
Aus dem Niederländischen von Rainer Kersten
1999, Diogenes Zürich
454 Seiten
ISBN 3-257-06198-6

In dem Roman geht es um drei junge Menschen - Ewald, Michael und Elvira. Ewald Stanislaus Krieg erzählt das Leben mit diesen Freunden aus seiner Welt. Er selbst in 19 jahre jung und auf der Suche nach Arbeit, nach Zielen und Wünschen und lebt passiv in den Tag hinein. Michael Eckstein nennt sich derzeit 'Broccoli' und gibt das Geld seiner Familie aus, indem er Menschen zum Essen einlädt und viele leider erfolglose Projekte startet. Er versucht Ewald mit seiner Filmkarriere zu schubsen, gründet den "Club der Genialen", beauftragt verrückte Visitenkarten und unterstützt Elvira. Elvira ist aus Buenos Aires, wo sie Serviererin und Filmschauspielering gewesen war, dann in Paris hatte sie einen Film gedreht und hofft in Holland weiter. Zu dritt trinken sie Artischokenliqueur und pflegen eine menage-a-trois. Elviras Mutter kommt mit ihrem Liebhaber und verbreitet Chaos. Noch chaotischer wird es als später 'Broccoli's Eltern kommen, das Haus halb ausräumen und weiter fliehen. Ewald beginnt einen Monolog für eine bekannte blau-äugige Schauspielerin zu schreiben und läßt sich in Privat leben verwickeln. Parallel scheitert 'Broccoli's Theaterversuch in Elvira - beide reisen nach New York. Jahre später folgt Ewald, immer noch auf der Suche nach einem Job und findet keine Spuren.

Die etwas mehr als 400 Seiten sind eher mühsam zu lesen, weil es wenig Kraft, Hoffnung oder Spannendes zu Lesen gibt. Einige Ideen sind skurril wie das Streben wie-Marlon-Brando-auszusehen, die Liebesgeschichten der blauäugigen Schönheit die doch zu keinem Monolog führen können, oder auch der "Club der Genialen" der hier aus Menschen ohne Ziel besteht.

Die Figuren sind alle ziellos oder chaotisch, oder beides geschildert. Eltern Eckstein leben in der Furcht vor irgendwas erwischt zu werden; das Packen der restlichen wichtigen Sachen im Haus ist nur chaotisch. Herr Berc(owicz) der getreu helfen möchte verliert nach dem entgültigen Rückzug der beiden den Halt; seine Schwester ist eine überzeugte Jüdin die den Übertritt des Bruders zum Christentum verhindern möchte. Der ehemalige Chef und Pelzhändler Galani in Buenes Aires trinkt die ganze Zeit Chamagner und ist zur Hälfte des Films pleite - aber er hat versucht seinen Traum einen Film zu machen umzusetzen.

Der Buch war mir zu chaotisch und auch zu hoffnungslos. Leider fand ich auch am Schluß keine Pointe. Hoffentlich fangen andere Leser und Leserinnen mehr mit diesem Roman an und finden einen Witz darin, der mir verborgen blieb.

Arnon (Yasha Yves) Grünberg wurde am 22. Februar 1971 in Amsterdam geboren. Er ist Journalist und Schriftsteller; Teile seiner Publikationen sind unter dem Pseudonym 'Marek van der Jagt' publiziert. Er lebt seit 1995 in New York.

Samstag, 5. März 2016

Gioconda Belli : "Mondhitze"

Gioconda Belli :
"Mondhitze"
Roman
original "El intenso calor de la luna"
2014 Editorial Seix Barral, S.A. Barcelona
Aus dem niceraguanischen Spanisch von Lutz Kliche
2016, Droemer Verlag
278 Seiten
ISBN 978-3-426-28131-4

In diesem auch erotischen Roman erlebt eine Frau der Oberschicht in Niceragua ihre weibliche und persönliche Umstellung durch Wechsel, Kinder aus dem Haus und einen Unfall. Während einer hormonellen Hitzewallung überfährt sie fast einen jungen Kunsttischler. Sie kümmert sich im Spital um den jüngeren Mann, und auch danach, wobei sie sich näher und näher kommen. Parallel entdeckt sie daß sie und ihr Ehemann sich entfremdet hatten und hinterfragt auch ihr bisheriges Leben. Beide Ehepartner erleben etwas aufregendes, nicht-selbstverständliches außerhalb ihrer Ehe, was in einer Trennung mündet.

Der Roman ist dicht, erotisch und frauenbetont geschrieben. Emma ist die Hauptperson, sie hat ihre Gynäkologin Jeanine, Freundin Diana, Haushälterin Nora um sich; Ernesto ist der Kunsttischler, der Frauen die älter als er ist, schätzt; Ehemann Fernando ist ein Arzt, aber manchmal zu sachlich für seine Frau. Er sieht das weibliche Klimakterium als Zeichen des älter Werdens, und sonst rein medizinisch.

Die Sympathie der Autorin ist mehr bei Emma, die als bürgerlich gut lebend geschildert wird, deren Wunsch gute Ärztin zu sein aber dem Mutter Dasein untergeordnet wurde. Sie entdeckt, daß eine Malaria-seuche am Ausbruch ist, hilft zuerst direkt und dann mithilfe einer Freundinnen, daß hier etwas getan wird.

Ob Männern das etwas drastische Schildern der Hitzewallungen, Schwindel und Blutverlustes in der weiblichen Periode zu direkt sein wird, muß der Leser selbst entscheiden. Für Frauen die die Umstellung selber etwas heftiger miterleben, schildern diese Absätze eher etwas Gewohntes.

Manches wirkt etwas klischeehaft wenn sich Mann und Frau in einem diskreten aber unsauber wirkenden Motel miteinander erfreuen. Die Erotikszenen sind schön sinnlich vorstellbar.
Interessant sind die Vorstellungen über die Wechseljahre in der Gesellschaft, wie die Frauen hier unterschiedliche geschildert sind und wie sie unterschiedlich damit umgehen.

Trotz kleiner Längen ist das Buch kraftvoll, lebensbejahend und zu Gestaltung motivierend. Mich hat der Roman mit seiner lateinamerikanischen Frauenkraft sehr angesprochen - das wünsche ich anderen Frauen auch !

Gioconda Belli (* 9. Dec 1948) ist eine niceraguanische Schriftstellerin und Dichterin. Sie schrieb erotische und revolutionäre Gedichte und lehnte sich gegen die Diktatur der Somoza-Familie in Niceragua zwischen 1970 und 1974 auf. Sie war Mitglied bei der FSLN - der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront. 1975 ging sie nach Mexico, Costa Rica und später USA.
Das in Europa bekannteste Buch ist "Bewohnte Frau" ein Roman (übers. v. Lutz Kliche). bei Dtv, München 2007, ISBN 978-3-423-21011-9. Sie hat auch erotische Gedichte veröffentlicht.