Donnerstag, 18. April 2024

Thomas Bernhard : "Alte Meister"

Thomas Bernhard :
"Alte Meister"
Komödie
1988, Suhrkamp Taschenbuch 1553
304 Seiten
ISBN 3-518-38053-2

Die ich-person, Herr Atzbacher, wird von einem alten Freund ins Wiener Kunsthistorische Museum in den Bardenone saal vor Tizians "Mann mit dem weißen Bart" verabredet. Atzbacher kommt bereits eine Stunde früher, beobachtet diesen Freund Herrn Reger und einen langjährigen Aufpasser im Museum Herrn Irrsegler und räisoniert über alte Meister, schlechte Komponisten, russischen touristengruppen mit ukrainischen Reiseführerinnen, und viele andere was schlecht ist wie die Mode, die Politiker, und alte Meister, wenn man sie sich zu lange ansieht oder zu lange mit deren Werken beschäftigt.
Seitenweise wird räsoniert; am Schluß geht es dann kurz darum, daß eine zweite Opernkarte zu haben ist, für eine - wie zu erwarten - schlechte Vorstellung.

Die drei wichtigen Figuren in dem Roman sind : die Ich-Person Atzbacher die es sich leisten kann sowohl Philosoph als auch Schriftsteller zu sein ohne publizieren zu müssen.
Herr Reger wird breiter Platz gegeben - er hat Vermögen, publiziert über Kunst eine Kolumne in der New York Times und hatte das Glück eine Frau zu finden, die ähnlich wie er dachte und lebte. Herr Reger hat sehr bestimmte, meist ablehnende Meinungen über Tizian, Goethe, Gustav Mahler, v.a. Stifter. Interessant ist der Ansatz, daß alles auch wenn es genial sein mag, nach längerer Beschäftigung Fehler offenbart und nur wenige geniale Künstler dieser Auseinandersetzung stand halten.
Herr Irrsigler, der die Meinungen von Herrn Reger angenommen hat, und eine Familie im Burgenland hat, mit der Herr Reger möglichst nichts zu tun haben möchte.

Da ich den Stil von Thomas Bernhard mag, habe ich das Buch sehr genossen, auch wenn es mir mit der Vernichtung von Meistern manchmal zu negativ war. In Summe aber, halte ich dieses Buch für sehr gelungen und empfehlenswert. Viel Freude beim Sprache genießen !

Donnerstag, 7. März 2024

Britta Habekost : "Stadt der Mörder"

Britta Habekost :
"Stadt der Mörder"
Kriminalroman
2021, Penguin Verlag
450  Seiten mit Lesebändchen + 6 Seiten Nachwort + 3 Seiten Dank
ISBN 978-3-328-60195-1

Lieutenant Julien Vioric wird beauftragt besonders grauenerregende Morde in Paris aufzuklären. Eine Gouvernante wurde ermordet, deren Schützling ein adeliger Jüngling ebenso
Lysanne Magloire kommt vom Land nach Paris um ihre Schwester zu suchen; die sie spät aber doch durch Hilfe der Surrealisten findet, allerdings an eine Krankheit verliert. Sie arbeitet ihre Jugendliebe auf, die trifft den ehemaligen Ortsarzt wieder, und läßt sich vom Charme Paris einfangen.
Lysanne trifft inzwischen eine Künstlertruppe, wobei ihre die Phantasie von Luis Aragon am meisten zusagt. Die anderen der Surrealisten, wie Breton, irritieren sie mehr , wobei Bretons Frau ihre wichtige Ideen gibt.
Juliens Bruder Edouard, der kein Kriegstrauma hat, erklimmt die Karriereleiter bei der Polizei, ist mittlerwweile Polizeipräfekt, pflegt Kontakte zu den besseren Kreisen und traktiert seinen Bruder sooft er kann.
Eine farbefrohe, fröhliche neugierige Frau arbeitet als Journalistin und geht der Polizei mit Fragen auf die Nerven. Sie hilft Lyssanne weiter.
Das Ende ist überraschend.

Die Menschen sind gut beschrieben - mit Mitgefühl Lysanne die den Dorf-Mief abschüttelt bzw abschütteln muß und Julien, der das Traum aus dem ersten Weltkrieg und den Verlust seiner großen Liebe aus Südfrankreich, zu verarbeiten hat. Der Krimi ist mit 1924 datiert - und hier wird beschreiben, wie manche Menschen die Kriegsgreuel nicht verarbeiten, während manche gut mit der Vergangenheit leben.

Ort ist Paris bevor Passagen und dunkle Winkel vor den Olympischen Spielen 1924 abgerissen werden. Viele billige Wohnungen gehen durch diese Maßnahmen verloren.

Die Szenerie der Surrealisten ist unterhaltsam geschildert, v.a. wenn die kleinen Ankündigungen ein Großaufgebot der Polizei verursachen.

In Summe ein unterhaltsamer Kriminalroman.

Samstag, 6. Januar 2024

Anjali Deshpande : "Mord"

Anjali Deshpande :
"Mord"
original "Hatya"
2019,
Aus dem Hindi übersetzt von Almuth Degner
2023, Draupadi Verlag, Heidelberg
202 Seiten
ISBN 978-3-945191-80-4

Adhirath ist suspendierter Polizist in Chhatarpur, da er einem anderen Polizisten zur Seite stand. Er lebt in einem kleinen Haus mit seiner Ehefrau Puschpa, die aus einer niedrigen Kaste als er kommt aber als Polizistin auf der Karriereleiter ist, deren beider Sohn Varun, und seinen Eltern, die immer an seiner Frau kritisieren.
Als er in der erzwungenen Freizeit einen Kollegen begleitet kommen sie zu der Leiche einer vorerst unbekannten schönen Frau. Adhirath ist der einzige der sich auf die Suche nach dem/den Mörder(n) macht und stößt auf eine Wand von Schweigen aus der eigenen Familie (dort hatte sie Schande gebracht), und im Dorf (keiner wollte offiziell mit dieser Frau mit verschiedenen Namen zu tun haben). Basanti oder Suryabala, hatte ihre Schönheit und Erotik zum Aufstieg in ein besseres Leben nutzen wollen, und war am Schluß unter anderem die Geliebte eines reichen einflußreichen Mannes gewesen.
Adhirath fragt den Ortsvorsitzenden, einen reichen Mann, dessen Frau, deren Verwalter der auch Chauffeur war, bis er wirklich den Mörder herausgefunden hat. Ob dieser wirklich eine Strafe erhalten wird, ist allerdings fraglich.

Die Orte der Handlung sind faszinierend beschrieben. Adhirath und seine Familie leben in einem unfertigen Haus neben einer Baustelle, und in einer lauten Straße. Das Dorf und das Landgut auf dem die Leiche gefunden wurde, sind abgelegen; auf dem Landgut wird viel angebaut an Gemüse und schönen Bäumen. Ganz anders ist die Villa des reichen Ehepaares, die mit viel Platz und schönen Dingen ausgestattet ist.

Die Menschen sind facettenreich geschildert. Die Ermordete wird als sehr schöne Frau geschildert, die nicht wie ihre Familie zufrieden war daß sie aus einer unteren Kaste entstammte. Auch die Frau des Polizisten ist aus einer unteren Kaste, die die ganze Zeit arbeitet und kocht, und zu ihrem Mann hält, allerdings von dessen Eltern nur gehässige Kommentare erhält. Eine weitere starke Frau ist die Ehefrau des reichen Mannes, die großartige Kleidung trägt, freundlich zu Adhirath ist und ihrem Mann und seinem Gehabe eiserne Maske bewahrt.
Adhirath ist beim Auflösen des Mordes konzentriert, sonst hat er aber den Boden unter den Füßen durch die Suspendierung und die drohende Kündigung verloren.

Daß Ärzte für Obduktionen bestochen werden müssen, war ein eigene Szenerie für mich.

Ich hatte einige Probleme beim Merken der Namen und bis ich mich ausgekannt habe, wer wer ist.

In Summe für mich ein starker Kriminalroman, der einiges an Konzentration gefordert hat. Viel Freude beim Lesen !

Leider habe ich keine Biographie der Autorin im Internet gefunden.