Mittwoch, 31. August 2016

Ulrich von Lilienfeld / Roland Martin : "Die Lilienfelder concordantiae caritatis"

Roland Martin : "Die Lilienfelder concordantiae caritatis"
Stiftsbibliothek Lilienfeld Cli 151
2012, Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz
79 Seiten, Weichcover
ISBN 3-204-01780-9

Ulrich von Lilienfeld verfasste nach seinem Rückzug als Abt des Zisterzienserklosters Lilienfeld (1345-1351) das Werk "Concordantiae Caritatis" (Konkordanzen der Liebe), das mit 263 Blättern und 245 Miniaturen als der umfangreichste Zyklus verschiedener Geschichten aus dem Mittelalter gilt.

Der Hauptteil besteht aus je einer Bildgruppe auf der linken Seite und dem erklärenden Text auf der rechten Seite des aufgeschlagenen Buches. Dem Evangelium jedes Sonn- und Feiertags und der Legende des jeweiligen Tagesheiligen (bzw. Gruppen von Heiligen) werden je zwei Entsprechungen vor allem aus dem Alten Testament und aus dem Tierreich gegenüber gestellt. Diese Methode übernahm Ulrich von Lilienfeld er von ähnlichen, ebenfalls umfassend illustrierten Werken. Ein Anhang, der teilweise auch mittelhochdeutsche Texte enthält, befasst sich vor allem mit den Tugenden und Lastern.

Die Originalhandschrift, die Ulrich teilweise selbst geschrieben hat, befindet sich noch heute in Lilienfeld. Es gibt vier unterschiedliche Illustratoren, von denen einer grandios war und 'fortschrittlicher Meister genannt wird, der zweitbeste Illustrator wird 'Hauptmeister' genannt und die zwei anderen waren bemüht aber lange nicht so innovativ wie erste. Die Mimik des ersten ist aussagekräftig, und die Falten werfen sich spürbar um die Figuren - im Gegensatz zu den anderen Zeichnern, die eher Einheitsgesichter haben und die Falten auch nicht plastisch sind.

Mich haben die Szenen mit den Naturzeichnungen bz.w. deren Vorstellungen am meisten fasziniert. Ein Delphin wirkt wie ein Gemisch aus Hecht und Sägezahnfisch, Elephanten sind so klein wie Kühe und gehen den Menschen bis zur Achsel, dafür sind Bienen ziemlich groß geraten. Trotzdem sind die Zeichnungen entzückend.

Leider sind die zwei Seiten, die mich persönlich interessieren nämlich der "Rat der Vögel"-Baum in dem schmalen Band nicht abgebildet.  - aber im Internet nachzusehen (Der Zaunkönig sitzt an der Spitze des linken Baumes und bittet seine Artgenossen um Rat. Alle Vögel auf der rechten Seite des Baumes raten zu einem lasterhaften Leben, während die Vögel auf der linken Seite, also zur Rechten des Zaunkönigs, zu einem tugendhaften Leben raten. Der Eisvogel am Fuß des rechten Baumes nimmt die Ratschläge entgegen.)

Der Katalog ist schön zum durchblättern, zum Lesen der Erklärungen (auch wenn hier manchmal sehr kunsthistorisch beobachtend argumentiert wird). Die Phantasie der Zeichnungen hat mich fasziniert.

Ulrich von Lilienfeld (Ulricus Campililiensis) wurde ca. 1308 in Klosterneuburg oder Wien geboren. Er trat ca. um 1327 in das Stift Lilienfeld (Zisterzienserorden)ein, von 1345 bis 1351 war er Abt des Stiftes Lilienfeld, wo 1358 starb. Er trat von seiner Position als Abt zurück um sich seiner Arbeit als Schriftsteller widmen zu können.

Nachtrag : Das Stift Lilienfeld (südlich von St. Pölten in Niederösterreich) mit seinem gotischen Dom und Kreuzgängen ist einen Besuch wert. Viel Freude dort !

Samstag, 27. August 2016

Kirk Delaney : "Life Changing Money"

Kirk Delaney
"Life Changing Money: A Harry Beckett Private Eye Novel"
Dateigröße: 646 KB
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 201 Seiten
Sprache: Englisch
ASIN: B00T0NIU14

In diesem Roman werden einige Themen und Handlungsstränge angerissen, manche weitergespielt, während andere Nebenlinien sind.
Harry Becket, der von seinem Vater aufgezogen wurde, kommt als Landei an die amerikanische Küste nach San Francisco, wird von einem Schlitzohr aufgenommen dem er quasi als Detektiv hilft, er kämpft als Marine in Korea und lernt dort seinen guten verläßlichen Freund Charnett Washington (genannt Wash) kennen. Nach dem Krieg versucht sich Becket als Boxer, mit Wash als Coach. Zu dieser Zeit geht ein Geheimnis umwittertes U-boot in San Francisco unter - die Leviatan, die mit futuristischen Tesla-Logik angetrieben wurde. Die beiden Detektive versuchen dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, was Wash das Leben kostet. Jahre später hat sich Harry komplett in die Recherche verzettelt, er kommt einigen grausamen Morden auf die Spur, und hat Glück daß ihm nicht mehr als öfter zusammengeprügelt zu werden passiert. Im Showdown gegen den Bösewicht sind dann zuerst drei Frauen, dann die Wangs und auch die guten Cops an seiner Seite. Ende gut, Agentur läuft ab nun gut.

Als Nebengeschichten werden geschildert:
Harry Beckets Leben bei seinem Vater inkl. einer wilden Geschichte, bei denen er einem Sheriff hilft in den Rocky Mountains Gefängnisausbrecher zu erledigen.
Charlie Wangs Leben in Asien bei den Mönchen, deren Werten, deren Art zu überleben und wie er es zu einem Schiffimperium brachte; faszinierend ist wie er manches in Amerika anpaßt und bei welchen Punkten er sich lieber nicht anpassen möchte.
Die Ideen von Nikola Tesla, der vorauseilend geniale Ideen im Bereich der Elektrotechnik gehabt haben dürfte, aber kein Geschäftsmann gewesen sein dürfte und sich mit Edison überwarf. Das Leben in einem U-boot und welche Befehlsketten beachtet werden müssen und wie die Rettungsaktionen ablaufen sollten.
Tibbidoe-s Imperium mit Bordellen, Kaschemmen und korrupten Polizisten.

Die Geschichte ist ein Gemisch aus der Coolness von Mike Hammer, alten Matrosenfilmen mit vielen Raufszenen, ein wenig Bogarth und Raymond Chandler als B-movie; auch eine schöne Frau namens Jasmine gibt es, die singt und Becket in ziemlich verrückte Lokale bringt, sowie die treue ex-Mitarbeiterin Dandy die ihn wiederholt zusammenklaubt.
Der Roman wird soweit es Harry Becket betrifft in Ich-form erzählt, weshalb der Leser/die Leserin an den Schlägen die er einsteckt und Bewegungen im Showdown einiges mitbekommt.

Die Sprache ist tw. sehr umgangssprachlich (z.b. 'kraut' für Polizisten) und ich mußte einiges nachrecherchieren. Manche Vokabel sind gar nicht recherchierbar, sondern kann sich der Leser/die Leserin nur zusammenreimen.

Ich habe länger an dem Buch gelesen, weil diese Art Englisch für mich ungewohnt war, und weil die Handlungsstränge manchmal nicht einfach zusammengehängt sind, oder eben nicht.

Über Kirk Delany habe ich nur herausgefunden, daß er oder sie in Wellesly Hills, Massachuttes (USA) leben könnte.

Samstag, 20. August 2016

Tatjana Kruse : "Glitzer Glamour Wasserleiche"

Tatjana Kruse :
"Glitzer Glamour Wasserleiche" - ein rabenschwarzer Pauline-Miller-Krimi
2016, Haymon tb Wien-Innsbruck
243 Seiten
ISBN 978-3-85218-978-9

In diesem sehr unterhaltsamen Krimi ist wieder die rundliche Sopranistin Pauline Miller mit Boston Terrier Radames am ermitteln. Diesmal in eigener, bzw. 'hündischer' Sache weil Dognapping (Kidnapping von Hunden) rund um die Bregenzer Festspiele um sich greift. Auch Radames, der in einen Schwan verliebt ist, ist verschwunden, worauf Pauline Miller zuerst Lösegeld zahlt, dann einen fremden Hund zurück erhält und dann rückhaltlos auf die Suche geht. Hier taucht spät aber doch eine Leiche auf. Am Ende sind alle Hunde wieder daheim und der Oper auf der Seebühne stehen keine Probleme mehr im Weg.

Die Personen sind sehr unterhaltsam beschrieben, v.a. da ich einige Sängerinnen in Ausbildung begleitet hatte und mir viele Eigenheiten sehr bekannt vorkamen.
Pauline Miller selber ist eine rundliche Frau mit Ausstrahlung und Vorliebe zu knalligen Farben, was Spaß zu lesen macht. Als Sopranistin vernichtet sie Tenöre und Ex-Liebhaber in diesem Buch verbal.
Bösartige Kommentare bekommen diesmal auch die lyrische Sopranistin, und der eigentlich nicht unattraktive Dirigent ab. Raum finden auch zarte erotische Ideen.

Die Geschichte ist schwungvoll geschrieben und macht Spaß zu lesen. Die Jagd auf dem Bodensee lief als Zeichentrickfilm vor meinem geistigen Auge ab.

Problem : Am Cover ist eine Französische Bulldogge und kein Schottischer Terrier. Da ich das Buch als Geschenk für eine Freundin mit Französischer Bulldogge gezielt gekauft hatte, fühle ich mich diesbezüglich vom Verlag an der Nase herumgeführt.

Tatjana Kruse wurde am 20. Februar 1960 in Kirchheim unter Teck (Baden-Württemberg) geboren. Sie arbeitete zuerst als Literaturübersetzerin aus dem Englischen bevor sie 1996 eigene Kurzkrimis schrieb. Ab 2000 begann sie mit Kriminalromanen. "Die Wuchtbrumme" erschien 2000, mittlerweile sind über 20 Bücher mit Romanen und Kurzgeschichten erschienen.

Samstag, 13. August 2016

Nadja Bucher : "Die wilde Gärtnerin"

Nadja Bucher :
"Die wilde Gärtnerin"
Roman
2013, Milena Verlag Wien
349 Seiten
ISBN 978-3-85286-237-8

Helen Cerny lebt seit dem Unfalltod ihres Freundes in ihrem Haus und ihren Garten mitten in Wien. Die Mieter im Haus lassen sie in Ruhe, nur ihre beste Freundin Toni (eigentlich Antonia) versucht sie ins Leben zurück zu locken. Helen beschreibt im Tagebuch was sie im Garten tut (v.a ihre Naturtoilette ist ihr wichtig) und wie in der leeren Wohnung gegenüber eine junge Frau einzieht. Diese junge Frau erzählt ihr von den Mächtigen der Welt, den Netzwerken und daß diese zerstört werden müssen. Helen beginnt wieder einkaufen zu gehen und ein Workshop von Toni beginnt gut, als plötzlich die Polizei auftaucht, und die Gespräche Helens mit der Nachbarin als Terrorgefahr einstuft und alles Helen in die Schuhe schiebt.
Parallel zu dieser Geschichte die 2011, 2012 geschieht wird kapitelweise, und wie ein gewohnter Roman die Geschichte von Helens weiblichen Vorgängerin zuerst zur Zeit des Kaisers, dann der Zwischenkriegszeit, der zweite Weltkrieg und Besatzungszeit, Wiederaufbau und die Hippie-Bewegung geschildert. Die Frauen halten Krieg durch, das Warten auf den liebevollen Ehemann, erhalten ein Gasthaus neben dem Alkoholiker von Ehemann, begraben Träume für den Ehemann, oder brechen aus dem was sie Diktat der Männer nennen aus.

Der Großteil der Geschichte spielt in Wien, manches auch im Waldviertel.
Neben den Tagebüchern von Helen, sind Verhörprotokolle aus der Sicht von Toni zu lesen. Toni ist die empathische sensible sehr esoterisch geschilderte (ein wenige verrückte) Freundin, die hilfreich einspringt, aber wenig Verständnis für paranoide Polizeiaktionen aufbringt.
Am Anfang liest sich der Roman etwas mühsam weil die aktuellen Personen erst langsam aufgebaut werden, am Schluß gibt es aber Energie und man freut sich daß die Geschichte doch ein gutes Ende findet.

Die Welt Helens mit ihrem Garten in dem sie vieles ziehen kann, Kompost macht, und den Kreislauf der Jahreszeiten mit Erdlager gut lebt ist faszinierend.
Die Gespräche mit der Nachbarin, die globales vernetzt, gegen die Mächtigen wettert, und vor Gewalt nicht halt macht, wirkt hier wie ein Gegenpol zur ökologischen, in ihrer Welt verharrenden Helen. Toni schwirrt wie ein Planet um die beiden herum.

Die Figuren der Männer sind sehr unterschiedlich. Ein Großvater von Helen kommt zwar einbeinig aus dem Krieg ist aber liebevoll und langsam. Der andere ist ein Haustyrann von dem die Mutter nach der Matura in eine Kommune wegzog. Es gibt auch einen Bruder der Großmutter der in der Zwischenzeit die Familie durch Schleichhandel und auch beitritt zur NSDAP durchbrachte.

In  Summe in intensives Buch mit gut vorstellbaren Menschen. Einige Ideen bleiben hängen. Viel Freude beim Lesen.

Nadja Bucher wurde in Wien geboren. Sie studierte Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Wien und University of Sussex, UK. Ihr Debütroman "Rosa gegen den Dreck der Welt" erschien  2011 Milena Verlag. Sie arbeitet an Theaterstücken und Hörspielen und ist Performerin für Poetry Slam.                

Samstag, 6. August 2016

Werner Bergengruen : "Der Tod von Reval"

Werner Bergengruen :
"Der Tod von Reval"
1939 geschrieben
1949 Peter Schifferli, Verlags-AG "Die Arche", Zürich
1979, Deutscher Taschenbuchverlag, München
dtv-Großdruck 2524
168 Seiten
ISBN 3-423-02524-7

Reval ist der deutschsprachige Name für Tallinn, die estnische Landeshauptstadt. In skurrilen Geschichten wird hier ein dichtes Porträt von eigenwilligen Charakteren, die diese Stadt im Mittelalter und bis in die Neuzeit geprägt haben können gezeichnet.

  'Die Stadt der Toten' ist quasi das Vorwort und lädt ein sich zu jeder Menge Alkohol Geschichten erzählen zu lassen.
  'Bericht vom Lebens- und Todeslauf eines merkwürdigen Mannes' ist die längste Geschichte und handelt vom Herzog von Croy der ein leutseliger unverläßlicher Mann in der Zeit des 30-jährigen Krieges gewesen sein. Er war vielen Herrschern treu oder untreu gewesen und strandete in Reval, wo er ohne Gedanken an Schulden sein Leben genoß, und es ihm leutseligerweisen niemand verbot. Als er starb versuchte man zuerst die Leiche gegen Schuldendeckung zu verhandeln, als die mangels Interesse nicht möglich war mutierte der durch alkohol quasi balsamierte Mann nach seinem Tod zum Geldbringer bis nach weiteren 200 Jahren ein Machtwort gesprochen wurde und er endlich unter der Erde verschwand.
  'Der Seeteufel' war die Kapitänin, Frau eines Kapitäns, die Alkohol an Bord verbot, aber die leider an Bord starb, und in einem Faß mit Alkohol wieder heim gebracht wurde. Der Zustand der Mannschaft brach Bände.
  'Jakubsons Zuflucht' war das Totenbett der gottfrömmigen Witwe Heydenacker, was leider der armen vorgeworfen wurde.
  'Die wunderliche Herberge' war wunderlich, da sie von Doktor Brag eingerichtet worden war, falls jemand lebendig begraben worden war und nun neben dem Friedhof eine Herberge suchte. Seine Haushälterin, die Sebberische, hatte dafür nach seinem Tod zu sorgen. Sie sorgte bei Nachfrage aber auch für junge Paare, leider auch für einen entflohenen Sträfling. Der Polizist erzählte nichts, da er keine Schwierigkeiten wollte.
  'Kaddri in der Wake' erzählt die eigenartige Liebesgeschichte zwischen dem Fischer Tönno und seiner trinkfreudigen Frau Kaddri, die er eines Tages nicht mehr findet. Die Aale fanden die arme Frau, worauf Tönno sich der Liebe besinnt und ihr ein großes Begräbnis ausrichtet.
  'Schneider und sein Obelisk' ist eine glüclich-unglückliges Liebesgeschichte. Schneider liebt seine erste Frau Ebba die zu rasch stirbt, er macht es sich auf dem Friedhof ihr zu ehren gemütlich und lernt Alwine kennen. die beiden heiraten. er stirbt, sie heiratet den Prokuristen "mit schwärzlichem Favoris", sie stirbt, er stirbt - alle 4 haben ein Relief am Grab der Ebba.
  'Der Kopf' gehört dem in der Heimat nicht anerkannten Dichters Magnus Rutz. In Italien leben möchte er seinen Leib in Italien, seinen Kopf aber in Reval bei der "literärischen" Gesellschaft bestattet wissen. Es geht schief, da die Kisten mit Honig und Topf verwechselt werden.
  'Die gelbe Totenvorreitersche' ist eine Frau die es sich zu Ehre gemacht hat jeden Totenzug anzuführen - in gelbem Wams. Sie denkt damit, daß in Ferne jemand ihrem Mann diese Ehre hatte angedeien lassen. Bei ihrem Totenzug gehen auch eine paar Gespenster (lange schon tot Seiende) mit.
  'Abschied' ist der Dank sich diese Geschichten erzählen zu lassen.

Die Geschichten sind ziemlich skurril aber unterhalten gut. Die Personen sind dicht und gut vorstellbar beschrieben. Manches bleibt schräg - die Totenkulte, die Aktionen der Besoffenen und die Reaktionen darauf. Manches ist sehr hinterfragt (Liebe, langanhaltende Trauer, Totenriten etc.), dafür manches überhaupt nicht (junge Paare in Herberge, wer zahlt Schulden, wieso ist der Ruf der Toten befleckt wenn ein Betrunkener nicht merkt daß er neben einer Toten schläft etc.)

Das Buch ist in Großdruck gedruckt, was mir erlaubte die Lesebrille nicht suchen zu müssen.

Wer in dichtes Beschreiben alter Zeit von Mittelalter und Grafen bis zur Neuzeit und hart arbeitenden Fischern eintauchen möchte, ist bei diesen Erzählungen gut aufgehoben. Viel Freude damit !

Werner Max Oskar Paul Bergengruen wurde am 16. September 1892 in Riga geboren, war nach dem Ersten Weltkrieg Journalist und begann ab 1923 zu veröffentlichen. 1936 trat er zum Katholizismus über, 1937 wurde er aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und lebte danach zurückgezogen in Bayern und Tirol, später in der Schweiz. Er schrieb Romane, Novellen, Erzählungs-bände und Lyrik. Asl bekanntes Buch gilt "Der Großtyrann und das Gericht" dem er die Probleme mit der Kammer verdankte. Er starb am 4. September 1964 in Baden-Baden.

PS: Seine Literatur waren in der kommunistischen Zeit unbekannt und werden jetzt auf estnisch und lettisch übersetzt um die Zeit und Kultur der Deutschbalten der jetzigen Bevölkerung zum Lesen anzubieten.

Mittwoch, 3. August 2016

Alfred Komarek : "Polt"

Alfred Komarek :
"Polt"
Kriminalroman
2009, Haymon Verlag Innsbruck-Wien
163  Seiten
ISBN 978-3-85218-604-7

Simon Polt, ist ex-Gendarm im Wiesbachtal. Er hilft im Nahversorgungsladen des Ortes aus und sitzt damit bei Frau Aloisa an der Quelle des Dorftratsches; die Abende verbringt er mit Freundin Karin oder mit alten Freunden vor oder in deren Presshäusern und Weingärten. Als ein unbekannter Toter in den Weingärten gefunden wird, wird ein ortsfremder Kriminalist geschickt, gegen den eine Wand des Schweigens entsteht. Auch Polt kommt auf seine Art hier zu klären wenig weiter. Am Schluß ist Gewalt der Schlüssel des Mordes.

Die Menschen sind zurückhaltende Weinbauern, die niemandem, schon gar keinem fremden Polizisten trauen. Polt ist einer von ihnen; der Kommisar Primel der geschickt wird hat es schwer, auch weil er als ehemaliger Alkoholiker keinen Wein mehr anrührt. Ortspolizist Nobert gilt als ehrgeiziger Mann, der durch einen Weingarten und Presshaus aber ernst genommen wird. Häusliche Gewalt, v.a. gegen Frauen, ist leider etwas normales, wird aber weniger selbstverständlich akzeptiert als in der Generation davor.

Die getrunkenen Weine sind sehr unterschiedlich: von sehr saurem irgendwie gemischten Trauben bis zu önologisch feinen Tropfen wird alles beschrieben.

Polt liebt die Kellerstraße. Leider geben immer mehr Weinhauer diese Kellerlokale auf. Witzig sind die Situationen, indenen für eine Filmszene plötzlich Schulkinder organisiert und ein Festl verschoben wird, damit sich in der Kellergasse was tut. Auch aus dem Nachbardorf kommen Menschen, woraus sich wider alle Üblichkeiten Kontakte für die Zukunft ergeben.

Die Zukunft für Polt wird auch privat anders, da ihm eröffnet wird daß seine langjährige Freundin von ihm schwanger ist. Wie die beiden die ihr gewohntes sehr eigenes Leben habe, diese Situation besprechen, ist langsam und sehr liebevoll beschrieben.

Sein Kater heißt Czernohorski, kurz Czerno genannt. (Im Film ist es ein dicker roter Kater).

In Summe ein schön lesbares Buch, bei dessen Lesen, mir der Film (u.a. mit den Schauspielern/-innen Steinhauer, Karl, Orth, Rehberg, Obonya, etc.) vor Augen war, der sich v.a. in den Dialogen sehr genau an das Buch hält. Viel Freude beim Lesen !

Alfred Komarek wurde am 5. Oktober 1945 in Bad Aussee geboren. Er arbeitete neben dem Jus-Studium am Journalist und schrieb Texte, später wurde daraus Texte fürs Radio. Seine Texte wurden im ORF, und auch dem Bayerischen und Hessischen Rundfunk ausgestrahlt. Am bekanntesten sind diejenigen für die Natur Serie "Universum".
1998 erschien der erste von bisher sieben Kriminalromanen mit dem Gendarmen "Polt" der im niederösterreichischen Weinviertel nahe der tschechischen Grenze spielt. 2004 erschien der erste der bisher vier Kriminalromane mit Daniel Käfer, die in und um Bad Aussee spielen
Er lebt als freier Autor in Wien, Bad Aussee und in Niederösterreich.