Samstag, 28. Mai 2011

Gisa Klönne: "Der Wald ist Schweigen"

Gisa Klönne:
"Der Wald ist Schweigen"
2005, Ullstein Buchverlage GmbH Berlin
365 Seiten
ISBN 978-3-550-08633-5
ISBN 3-550-08633-4

Die Krähe am Cover sprach mich an, diese spannende Geschichte zu lesen. Die Geschichte ist spannend und in einem Rutsch durchzulesen.

Frau Kommisarin Judith Krieger wird zu einer Leiche, die von Krähen angeknabbert wurde, gerufen. Es ist ihre letzte Chance, da sie sich den Tod ihres Polizeipartners und sehr guten Freundes noch immer vorwirft und ziemliche Probleme mit Alkohol (und auch einer daran zerbrochenen Beziehung) hat.
In der Umgebung ist ein Yogazentrum/Ashram, das von den Dörfer rundum scheel betrachtet wird, und eine junge Frau, die zuvor 3 Jahre in Afrika beim Wiederaufbau eines Dorfes mitgearbeitet hat, ist vor kurzem Försterin des umliegenden Waldes geworden.

Die Leiche ist ein Sportlehrer, der mit Schülerinnen Seitensprünge von seiner wohlhabenden Frau unternommen hatte. Mit einer der Schülerinnen war es ernster geworden, worauf sie in das Yogazentrum abgeschoben worden war.

Die Geschichten, Gedanken, Pläne der drei Frauen (Kommisarin, Försterin, Schülerin) werden durcheinander gewoben, und im Showdown helfen sie einander daß keine zusätzlichen Leichen mehr entstehen und - wie erwartet - den Mörder zu überwältigen.

Die Frauen sind genau geschildert, die Autorin geht auf ihre Beweg- und Hintergründe spezieller ein, der zusätzliche Gedankenmonolog gehört dem Mörder (der sich erst spät zu erkennen gibt). Die meisten Männer bleiben ein Schema. Auch auf die Frau des Ermordeten geht die Autorin näher ein.
Die Szenerien sind klar geschildert - die unterschiedlichen Gegenden genau beschrieben.
Schön finde ich die Sympathie mit der die Leute im Yogazentrum geschildert werden, und auch deren Probleme mit einer Dorfstruktur die Yoga/Meditation überhaupt nicht gewohnt sind.

Ich habe das Buch in der Früh nach dem Frühstück begonnen und konnte es erst ausgelesen am Abend wieder weglegen. Viel Genuß bei Spannung und Lesen

Mittwoch, 25. Mai 2011

Virginie Brac : "In den Nächten brütet still der Tod"

Virginie Brac :
"In den Nächten brütet still der Tod" - Ein Fall für Véra Cabral
original "Notre-Dames des barjots"
2002, Éditions Fleuve Noir
Deutsch von Kerstin Krolak
2006, Rowohlt Taschenbuch Verlag
351 Seiten
ISBN 978-3-499-24242-7

Ein spannende Geschichte die mit einem grauslichen Mord beginnt, und Frau Dr. Véra Cabral, eine junge Psychiaterin in einem Krisenzentrum begleitet, bis sie am Schluß den Mord löst.

Umfeld ist ein Krankenhaus, in dem jede Menge Menschen Machtspiele spielen und vom Aufstieg träumen. Hier versteckt der kommende große Mann Prof. Russel seinen Sohn, der verdächtig ist eine junge Frau ermordet zu haben. Leider ist der Mann von Drogen gedämpft - Psychiater und Neurologen kümmern sich abwechselnd um ihn. Es sei nur verraten - er hat den Mord nicht beganngen.

Nebenbei entwickelt sich eine Zusammenarbeit zwischen Véra und Hugo, dem Neurologen, basierend auf Kontakten die sie zu Studienzeiten miteinander hatten. Andere Nebengeschichte ist Transversiten gewidmet und der Hilfe an Frauen am ältesten Gewerbe. Last but not least finden bunte Szenen aus der aus Portugal stammenden Familie von Véra Platz und die Psychiaterin schlägt sich mit einer Steuerprüfung herum, an der der Steuerberater von ihr und ihrem etwas zwielichtigen Bruder Schuld ist.

Der Krimi ist schön und flüssig geschrieben, und hat Drive der weitertreibt.
Manche der Personen sind genau gezeichnet und gut vorstellbar, manche bleiben Klischees, was aber nicht wirklich stört.

In der Ausgabe ist der Kapitelanfang originell gelöst: die Seite ist jeweils eine Stadt in der Nacht - also ziemlich schwarz - und im unteren Drittel startet das Kapitel in weißen Lettern.

Den spannenden Roman/ Thriller / Krimi kann ich gerne empfehlen.

Donnerstag, 19. Mai 2011

Pierre Emme : "Schnitzelfarce"

Pierre Emme :
"Schnitzelfarce" - Ein Palinski-Krimi
276 Seiten
2005, Gmeiner Verlag GmbH
ISBN 978-3-89977-644-7

Palinski wird in seinem zweiten Fall zur Hilfe gerufen, als die Frau eines Politikers bei einer Wahlwerbeveranstaltung im 19. Bezirk in Wien - wie es scheint - zufällig erschossen wird. Nachdem jede Menge unguter Politiker gezeichnet werden, wie sie versuchen den Mord als Attentat zu tarnen um damit politischen Erfolg zu machen, wird ein Show-down vor laufender Kamera erzählt, indem der trauernde Politikergatte seine Schuld an dem Mordauftrag und die Hintergründe gestehen muß. Abschluß sind einige bitterböse Kommentare über Einschaltquoten im Fernsehen.

Parallel ist eine Entführungsgeschichte, die leider nicht gut ausgeht, bei der es um eine familieninterne Firmenstreitigkeit geht, hingewebt.

Buchnamensgebend ist aber ein Schnitzlwettbewerb, ausgehend von der skurrillen Idee, daß Österreich beweisen muß, daß hier das Schnitzl entstand und in einem Wettbewerb das originellste Schnitzl ausgezeichnet wird. Unser Held Palinski hat eine besonders scharfe Füllung für 'sein' Schnitzl und gewinnt leider nicht.

Mich haben leider weder Held noch die Geschichte wirklich erfreut, obwohl ich das Wiener Ambiente inkl. Caféhaus in der Innenstadt nachvollziehen kann. Die Hauptgestalten haben fast alle unsympathische Züge - auch der Herr Detektiv, der zwar auf moralisch macht, aber letztendlich genauso herzlos und egoistisch agiert wie die anderen Personen in dem Buch. Mich interessiert weder Band eins oder ob es nachfolgende Detektivgeschichten gibt.

Freitag, 6. Mai 2011

Thomas Bernhard : "Wittgensteins Neffe"

Thomas Bernhard :
"Wittgensteins Neffe" - 'eine Freundschaft'
1982, Bibliothek Suhrkamp Band 788
163 Seiten
ISBN 3-518-01788-8

Wie schreibt Thomas Bernhard eigentlich, fragt sich ein Theatergeher, der vor Jahren im Wiener Volkstheater eine dramatisierte Version von "Wittgensteins Neffe" im leider halbleeren Raum genossen hat ? Wie seine Biographien, die als 5 Bücherln damals über dtv erhältlich waren ?

Ähnlich intensiv liest sich der Rückblick Thomas Bernhards auf eine Freundschaft mit einem vermutlich faszinierenden, aber vermutlich auch nicht weniger anstrengenden Mann.
Mit Paul Wittgenstein (1907 - 1979) verband Thomas Bernhard Musikliebe, die Gabe Menschen zu beobachten oder zu durchschauen, Gesellschaftsschemata zu bewerten und zu klassifizieren, aber auch gemeinsam Verrücktes zu machen und zu schweigen.
Böse beschreibt Thomas Bernhard u.a. die Überreichung eines Preises an ihn bei der Akademie (bei der nicht einmal seine Biographie korrekt war) und das Verhalten von Menschen gegenüber chronisch Kranken (egal ob Geist [Paul Wittgenstein] oder Körper [er selber]).
Für einen Leser, der Musik liebt, ist es schön in den musikalischen Szenerien (mit) zu mitschwelgen, die Herr Wittgenstein und Herr Bernhard miteinander auch bei Freunden erleben (dürfen).
Eindringlich ist es wenn Thomas Bernhard beschreibt wie ihm die körperlicher Nähe-Bedürftigkeit seines Freundes schwer fiel, und noch mehr als er das Ende von Paul Wittgenstein beschreibt, bei dem die Freunde den geistigen, körperlichen und finanziellen Abstieg miterlebten und aus Scham auf Distanz gingen.

Ein wunderbares, starkes, eindringliches Buch, das nicht wirklich losläßt / nicht loslassen soll.