Donnerstag, 31. Mai 2012

Albert Sánchez Piñol : "Im Rausch der Stille"

Albert Sánchez Piñol :
"Im Rausch der Stille"
2002, Edicions La Campana, Barcelona
aus dem Katalanischen von Angelika Maass
2005, S. Fischer Verlag GmbH Frankfurt
Roman
246 Seiten
ISBN 3-10-061602-2

Ein Mann wird auf eine Insel inmitten der antarktischen Eisberge gebracht. Er soll dort für ein Jahr das Wetter beobachten. Der Wetterbeobachter, der abgelöst werden soll, ist nicht zu finden, dafür ein wortkarger Leuchtturmwächter. Das Schiff fährt ab. Der Kampf ums Überleben gegen eigenartige Wesen mit fischartigen Klaueen, die das Licht fürchten, und nur nächtens kommen beginnt.

Dank seines Vorlebens als irischer Untergrundkämpfer überlebt der Neuankömmling - bis ihn der andere Mann in den Turm läßt. Batís entpuppt sich als der frühere Wetterbeobachter, und geht in Strategien im nächtlichen Kampf gegen die - wie er sie nennt - Froschmänner auf. Eines der Wesen hat er trainiert: es warnt ihn vor den Angriffen, fängt ihm Fische Krebse und Muscheln und wird auch zu häuslichen und erotischen Zwecken eingesetzt.

Lange wird gekämpft - mit Gewehren, bengalischen Feuern und auch mit unter Mühsal ertauchtem Dynamit. Der Erzähler beginnt sich langsam mit dem weiblichen Froschwesen anzufreunden, und entwickelt über etwas ähnliches wie Zuneigung Interesse für die Wesen. Er beginnt aus dem Singen des Wesens zu interessieren - es entstehen einen Namen für die Wesen (Citauren) und dieses speziellen eine (Aneris). Und er beginnt mit den Kindern zu spielen.

Die Zusammenarbeit der beiden Männer bröckelt, Batis kommt um, ein neuer Wetterbeobachter wird abgeliefert und das Spiel beginnt fast von Neuem.

Die Männer werden charakterlich unterschiedlich geschildert: Batís Caffó, dem österreichische Nationalität angedichtet wird (was bei dem Namen ziemlicher Unfug ist) ist als ehemaliger Förster zwar den Umgang mit Natur gewöhnt, aber trotz Schach spielens kein Stratege. Der Erzähler ist zumindest ein Weg mehr offen, nämlich die Wesen als eigenständig zu verstehen, und in ihrem Handeln auch freundliches Tun zu suchen.

Spät beginnt man sich zu fragen, warum der Batís nicht die Chance ergriff von der Insel zu gehen. Die gleiche Frage stellt sich als der neue Wetterbeobachter kommt und der Erzähler die Chance zu gehen nicht erkennt /erkennen will.

Das Buch ist aus Sicht des neuen Wetterbeobachters geschrieben - Namen hat er keinen. Nur die anderen wie Batís, und Tom der Freund aus der Kinderzeit sowie sein alter Tutor etc.
Spannend finde ich die Hintergrundgeschichte aus Irland, in der beschrieben wird, welche Aufgaben er erfüllte und v.a. als dann endlich die Befreiung da war sich die neuen Menschen, denen er vertraut war, plötzlich wie die alten Machthaber benahmen.

Das Buch ist spannend, es zieht wie ein Tornado hinein und hat Zug bis zur letzten Seite.

Montag, 21. Mai 2012

Johanna Alba & Jan Chorin : "Gloria!"

Johanna Alba & Jan Chorin :
"Gloria!" - Ein Papst-Krimi
auf deutsch geschrieben
2012, Rowohlt Taschenbuch Verlag
357 Seiten
ISBN 978-3-499-25755-1

Ein fröhlich tempelhüpfender Papst auf gelbem Cover lädt zu einem humorvollen Rom-Krimi, eigentlich Vatikan-Krimi ein.

Es ist Fastenzeit in Rom, und Immaculata, die Haushälterin des Papstes macht Frühjahrsputz. Hier werden Gebeine aus dem ersten Jahrhundert entdeckt. Papst Petrus II ist enzückt und überzeugt, daß dies endlich die lange gesuchten Knochen Petri sind. Er zeigt diese Knochen bei der Karfreitagsprozession - der englische Bischof der liebenswürdigerweise das Tragen des Kreuzes übernommen hat, wird nur durch seine kugelsichere Weste vom Ermordet werden gerettet. Nachher stellt sich heraus, daß der Schädel von Petrus heimlich ausgetauscht worden war.
Papst Petrus, der ein echter Römer aus Trastevere ist, seine bildschöne sprachgewandte PR-Sprecherin Giulia und sein Privatsekretär Francesco machen sich auf Lösungen zu finden : Lösungen für den getauschten Schädel, den Mordanschlag (bei dem zu klären ist wer eigentlich ermordet hätte werden sollen) und wohin die bezaubernde Photographin des Vatikan Marietta verschwunden ist.
Bizarr wird es als Giulias Mutter, eine tonangebende Dame der verwöhnten Gesellschaft, erzählt, daß es einen Reliquienmarkt im Finanzministerium gibt ... spätestens ab hier sollte der/die Lesende selber weiter lesen.

Es macht Spaß den Krimi zu lesen. Die Personen sind plastisch und humorvoll geschildert. Das Menü das Petrus II hinter dem Rücken seiner gestrengen Haushälterin heimlich serviert wird, ist ein Genuß. Auch andere Fressalien und Süßigkeiten machen Vergnügen zu Lesen.
Giulia ist eine schöne Frau, die wunderbar eine Intrigen gegen einen superreichen respektlosen totkranken Menschen spinnt und mit Geld einiges unmenschlich Geplantes gutzumachen weiß.
Francesco, der Sekretär wird als verträumter Mann geschildert der aus den Bergen und Wäldern kommt. Ihm ist manches in der großen Stadt ziemlich unverständlich.
Schwester Immaculata schwingt ohne Reue streng das Zepter im Haushalt des Papstes und provozierte beim Lesen so manches Lachen.
Seitenhiebe zwischen katholischer Kirche und der Anglikanischen Kirche dürften dem aktuellen Trend in England entsprechen. Die Angst der englischen Fußballer vor dem Elfer-schießen gegen die deutschen Jungs, und andere fußball-lastige Kommentare unterhalten ebenfalls.

Ich habe das Buch genossen. Den ersten Teil, der 'Halleluja!' heißt habe ich nicht gelesen - ob Teil zwei besser, schlechter oder gleich gut ist, bitte ich woanders zu recherchieren. Ich kann Ihnen nur viel Spaß beim Lesen wünschen.

Samstag, 19. Mai 2012

Ethan Hawke : "Hin und Weg"

Ethan Hawke :
"Hin und Weg"
Roman
Original "The Hottest State"
1996, Ethan Hawke
Deutsch von Kristian Lutze
1997, Kiepenhauer & Witsch
Hinweis: alle Figuren und Ereignisse in diesem Buch sind fiktiv. Ähnlichkeiten mit realen Personen sind zufällig und nicht vom Autor beabsichtigt.
198 Seiten und 1 Seite Danksagung
ISBN 3-462-02647-X

Neugier ließ mich zu dem Buch des Schauspielers greifen, der mich im 'Club der toten Dichter', 'Gattaca' und 'Taking Lives' fasziniert hat.

In diesem Roman erzählt er die Gefühle eines 21-jährigen amerikanischen Schauspielers zu einer jungen Frau. Die Geschichte ist in Ich-form erzählt und alles ist ausschließlich aus seiner Sicht geschildert - egal ob es sich um Gefühle, Wohnungen /Straßen oder Menschen handelt.
Er verliebt sich in eine Sängerin, hilft ihr die Wohnung einzurichten, erlebt mit ihr eine schöne Zeit tw. auch in Paris und muß dann aus den Staaten um zu filmen. Als er zurückkommt trennt sich die Sängerin von ihm. Als Shakespeare zitierender Romeo versucht er wieder einen Platz in ihrem Herzen zu erhalten, scheitert aber. Obwohl er schon längst wieder erotische Beziehungen hat, u.a. zu einer sehr attraktiven Langzeitfreundin, die bereits zwei Kinder von ihm abtreiben lassen mußte (er mag keine Kondome), kann er die Sängerin, die eigentlich Kindergärtnerin ist noch länger nicht vergessen.

Humorvoll finde ich die Stellen, an deren 'Romeo' im Schnee auf der Straße in New York steht, Monologe an 'Julia' rezitiert und dannach auf dem Anrufbeantworter die Nachricht der 'Julia' findet, sich bitte nicht so aufzuführen, da die Nachbarn wegen seines Verhaltens nicht mehr mit ihr reden.

Die Menschen, v.a. die Eltern, deren unterschiedliche Lebensweisen, die Art der Trennung, die gedankenlosen Versprechen an ihn bei der Trennung, aber auch der Versuch neue Familien aufzubauen sind stark.
Es gibt einige Sex-szenen, die ziemlich unsinnlich und unerotisch bei mir angekommen sind.

Ich bin mir nicht sicher ob die Menschen wie sie geschildert wurden, nicht doch aus dem persönlichen oder erzählten Erlebnisschatz des Autors kommen, und nicht doch eine unglücklige, gewünschte Liebe hier den Ausdruck fand.

Das Buch war etwas mühsam zum Lesen - ich habe ein für mich leichter lesbares anderes Buch in der Hälfte gelesen und dann wieder hier weitergelesen. Spannung fehlt, die Frage wie das Buch denn endet brachte mich zum Fertiglesen. (Es endet wie viele Beziehungen - nämlich offen).

Donnerstag, 17. Mai 2012

Christa Hein : "Scirocco"

Christa Hein :
"Scirocco"
Roman
2000, Frankfurter Verlagsanstalt
207 Seiten
ISBN 3-627-00075-7

Der Roman spielt an der ligurischen Küste zur Zeit der Sciroccos. Vier Touristen die eigentlich gemütlich mit diversen Fähren nach Griechenland fahren wollen kommen wetterbedingt nicht weiter. Judith die jüngste beginnt sich für einen brutalen Mord an einer 25-jährigen Frau im Nachbardorf zu interessieren. Nebenbei beginnt sie nachzufragen warum ihr Vater sie und ihre Mutter verlassen hat. Mutter und deren Schwester geben teilweise direkt tw zögerlich Antworten. Judith ist eine schöne 18-jährige junge Frau was nicht nur den Italienern sondern auch dem Freund der Mutter auffällt, der sie öfter als ihr lieb ist photographiert.
Judith begibt sich auf die Spuren der ermordeten Frau, huscht heimlich in das Büro in dem sie ermordet worden war und reist gemeinsam mit dem Freund der Mutter (heimlich) in ein exklusives Hotel, in dem die junge Frau auch öfters gewesen war.

Judith ist als Frau/Mensch klar geschildert, ihr konnte ich gut folgen.
Eigenartig empfand ich den Freund der Mutter, aber er war nachvollziehbar.
Die Schwestern - Mutter und Tante - habe ich leider nie auseinanderhalten können. Sie sind unterschiedliche Persönlichkeiten, aber wer Judiths Mutter war war für mich emotional nicht spürbar. Ob das der Angelpunkt der Geschichte war ?

Die Schilderungen der Vorbereitungen des Festes, das Vorbereiten der Papierfiguren (die dann abgebrannt werden), das Licht des Meeres, das Spiel der Wellen gefallen mir sehr gut.

In Summe hat mir das Buch gut gefallen, mich hat der Zauber der ligurischen Küste eingefangen. Ich kann das Buch nur empfehlen.