Doris Gercke :
"Georgia" - Ein Bella-Block-Roman
2006, Hoffmann und Campe
227 Seiten
ISBN 978-3-455-40013-7
Bella Block, mittlerweile nicht mehr im Polizeidienst, sondern als private Ermittlerin tätig, wird aus ihrem beschaulichen Leben mit Lesen, Lyrik und gehobenem Vollpensionsleben gerissen. Die Anwältin Susanne Behrendt möchte Beschattung. In der Nacht nachdem Bella die Arbeit für beendet erklärt, wird die große schöne intelligente Frau tot aufgefunden. Von Anfang an ist klar, daß ihr Ex-mann, ein berühmter aber nicht geliebter Staatsanwalt, bei dem Thema um Folter, Gewalt, Grenzziehung zur persönlichen Würde, Fragen ob diese Würde mit Folter in einem demokratischen Staat erlaubt sein darf, sowie dass mittlerweile alte Milgram-Experiment hier essentiell ist. Leider gibt es kein positives / freundliches / gerechtes Ende dieses Romans.
Die Personen sind anschaulich geschildert : Bella Block selber die sich in Bücher über Rußland und in Lyrik verliert, eine ältere Lyrikerin die in ihren Zeilen lebte, ein Major in Pension dem Straffheit und Order durchs leben hilft, ein Barmann der einiges von der Welt erlebt hat und sich auf seine Tochter aus seiner geschiedenen Ehe freut, die Pensionsleiterin die sich zurückhaltend, verwöhnend durchs Haus bewegt, die ermordetet Susanne Behrendt die sympathisch aber verschlossen agiert, Staatsanwalt Frings der kühl etwas arrogant und bestimmend geschildert wird, Freund Kranz der mit Kontakten und Erotik Bella beisteht und Freude macht etc ...
Etwas mühsam ist die Unterscheidung zwischen dem Barmenschen Franz und dem Freund Kranz, deren Namen mir zu ähnlich sind.
Ort der Handlung ist Hamburg und eine Wohnung in Berlin.
Folter ob und unter welchen Umständen sie erlaubbar sein kann/könnte wird gefragt. Theoretisch wird sie verworfen, aber in diesem Buch sind beruflichen und v.a. privaten Übergriffen Raum gegeben; Ahndung von Übergriffen findet nicht statt, was einen schalen Nachgeschmack macht.
Druck im Bauch beim Lesen erzeugt auch, daß diesmal die großen Machtzieher im Hintergrund die Macht haben und einen unbescholtenen Menschen zugrunde richten indem sie ihm seine Würde und das Vertrauen in einen gerechten Staat absprechen; auch der Bezug zu Georg Orwells '1984' und den Psychospielen dieses totalitären Regimes hilft das nicht viel
Faszinierend ist wieviel hochinteressante Bücher und Lyrik in diesem Buch zitiert oder angerissen wird. Es macht Gusto hier die zitierten und genannten Bücher zu lesen.
Der Roman ist dicht und schön geschrieben. Leider sind die Themen Folter, Einsamkeit, Polizeiwillkühr und das nicht-positive Ende nicht erfreulich; als Buch trotzdem empfehlenswert.
Doris Gercke wurde am 7. Februar 1937 in Greifswald geboren. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Verwaltungsbeamtin. 1980, nach 15-jähriger Erziehungspause, studierte sie Rechtswissenschaften. 1988 schrieb sie ihren ersten Roman : 'Weinschröter, du mußt hängen'. Der Krimi um die Ermittlerin Bella Block wurde ein Erfolg. In Fernsehverfilmgungen wurde die Figur von Hannelore Hoger verkörpert. Sie schreibt des Weiteren Kinder- und Jugendbücher sowie Lyrikbände. Politisch ist die Autorin für den Frieden und gegen den Neufaschismus engagiert. Sie ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.
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