Juan Manuel Marcos :
"Gunters Winter"
Roman
original "El invierno de Gunter"
1987, Asunción, Paraguay
übersetzt von Rafael Blatter
2105, Frieling-Verlag Wien
198 Seiten + 2 Seiten Prolog + 2 Seiten Vorwort + 5 Seiten Nachwort
ISBN 978-3-8280-3295-8
Gunter ist ein deutschstämmiger Lateinamerikaner, der es in die Weltbank geschafft hat. Er ist verheiratet mit der lebenslustigen, attraktiven Eliza Lnych und er hat eine Nichte Soledad die mit ihrer Mutter ein erbärmliches Leben in Paraguay fristet. Ihre beste Freundin ist aus der reichen Oberschicht; gemeinsam gehen sie in die katholische Schule, lernen Hegel, schreiben Gedichte und entdecken Liebe und Lust. Nachdem die Eltern der besten Freundin Veronika im Feuer umgekommen waren, und ein zwielichtiger Freund die Vormundschaft übernommen hatte, wird dieser ermordet. Soledad wird verhaftet, und erst nach einigen späten Interventionen des Onkels bekommt Soledads Mutter einen Sarg übergeben.
Die Geschichte wird sprunghaft erzählt: es tummeln sich die Teenager und erforschen ihre Sexualität; Eliza erlebt Romanzen und blickt auf ihre Ehe mit einem geisthaften Ehemann zurück, macht aber Karriere und ist trotzdem schön & knackig; und Bischof Cáceres versucht seine katholischen Prinzipien und Bodenständigkeit zu vereinen.
Dazwischen werden in kursiv immer mehr Liebesgedichte/-Prosa eingestreut - sie sind von Soledad an Veronika, und werde aus dem Gefängnis geschmuggelt. Andere Textpassagen sind ohne Interpunktionen und wirken wie beim Mantra unzensuriert-von-sich-gegeben.
Erschreckend ist wie in der gelenkten Berichterstattung über das Mädchen/die junge Frau berichtet wird. Alles wird ihr angelastet von Maoistin bis Lesbe, von Hexe bis Kapitalistin, aber niemand nimmt sich Zeit für sie bis es endgültig zu spät ist.
Skurriles findet seinen Raum als bei dem Begräbnis eines ranghohen Mannes eine Jaguarfigur auftaucht und auch die Seele des verstorbenen Mädchens auf einem Pferd. Der Jaguar ist immer wieder wichtig, weil er seinen eigenen Weg geht.
Der Hintergrund sind Menschen die entweder an den Machthebeln sitzen und Medien bis Bordelle mit Intrigen regieren, Menschen die sich Geld mit Mord beschaffen; nicht einmal die Männer der Kirche getrauen sich frei zu sprechen und zu handeln.
Gunter die Namensgebende Person bleibt in der Geschichte als Mensch der handeln sollte, aber keine Zusammenhänge versteht stehen. Er ist fast unsympathisch geschildert als Mensch der ehrgeizig und ziemlich gefühllos lebt, unappetitlich ißt und nicht merkt, wie oft er Menschen taktlos gegenüber agiert. Die anderen Menschen agieren motivierter, und emotionaler. Sarría -Quiroga hat überall seine leider dreckigen Hände im Spiel, Soledad Montoya Sanabria Gunter träumt von Ausbildung und besserer Zukunft, ihre Mutter Amanda ist eine liebevolle Friseuse die sich als Witwe ehrbar über die Runden bringt und für ihre Tochter sorgt, Brigadier Gumersindo Larraín ist ein Ermordeter mit dem der Terror beginnt.
Immer wieder funken die Guaraní hinein - ihre Sprache, ihre Religion, ihre Werte und die Priester der Payé, sowie die vaterlosen und damit grenzenlos freien Karaí. Sie stehen den rigiden vorschreibenden System quasi gegenüber.
Es gibt viele Querverweise auf Politik und Literatur - u.a. als willkürliche Beispiele Namen wie Juan Ramón Jiménez, René Dávlos, Palito Ortega y Gasset, César Vallejo, Agustín Barrios ...
Der Roman wurde jetzt erstmals ins Deutsche übersetzt; die Übersetzungen in auf englisch und französisch haben, wie im Vorwort nachzulesen ist, dem deutschsprachigen Autor sehr geholfen, da es nicht nur darum ging den Inhalt zu erfassen sondern auch das Spiel mit der Sprache zu erfassen.
Das Lesen des Buches ist nicht ganz einfach, da parallel die Geschichte erzählt wird, aber auch wunderschöne blumige Metaphern zum Erfassen einer Situation großartig bis befremdend eingesetzt wird.
Der Roman ist faszinierend und ich werde ich auf jeden Fall noch einmal lesen. Viel Freude damit !
Juan Manuel Marcos wurde am 1. Juni 1950 in Asunción / Paraguay geboren. Er studierte Philosophie in der Universidad Nacional de Asunción, lehrt an der University of Pittsburgh / Pensilvania. Er war Professor an den Universitäten in Oklahoma und in Kalifornien. Er gilt als einer Intellektuellen im aktuellen Paraguay. Marcos ist Schrifsteller, Essayist, Dozent und Lyriker.
Montag, 14. Dezember 2015
Juan Manuel Marcos : "Gunters Winter"
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