Sonntag, 24. Juli 2011

Andrea Camilleri : "Das Spiel des Patriarchen"

Andrea Camilleri :
"Das Spiel des Patriarchen"
- "Commissario Montalbanos fünfter Fall"
Original "La Gita a Tindari"
2000, Sellerio Editore, Palermo
aus dem Italienischen von Christiane von Bechtoldsheim
2002 Edition Lübbe, Bergisch Gladbach
304 Seiten
1 Seite Anmerkung des Autors
2 Seiten Anmerkungen der Übersetzerin (mit Aussprüchen, Erklärungen, Namenserläuterungen)
1 Seite im Text erwähnte kulinarische Köstlichkeiten (leider nicht vollständig)
ISBN 3-404-92114-3

Nachdem ich vor vielen Jahren einige Krimis von Andrea Camilleri gelesen hatte, war mir an einem verregneten Wochenende nach einem guten Krimi der im warmen Süden Europas spielt und mich gut unterhält. Meine Erwartungen wurden erfüllt - inkl. daß ich Gusto auf Fisch bekam.

Ein älteres Ehepaar verschwindet und ein junger Mann wird erschossen.
Commissario Montalban besucht auf Einladung eines windigen Advokaten den alternden Chef der Mafia, dessen Beschreibung mich an Raymond Chandlers Schilderung des alten Generals Sternwood in die "Der große Schlaf" erinnert, und soll in eine Intrige verwickelt werden. Es geht um den Enkel des alten Herrn, den die Polizei ermordet findet, wie von der Mafia geplant. Montalban fädelt es ein daß der Schuß nach hinten los geht.
Letztendlich wird ein unschöner Organhandel aufgedeckt, bei dem sich die Reichen die notwendigen Organe besorgen und implantieren gelassen haben.

Das gewohnte Team aus Mimí, Fazio und Cateré arbeitet um den Commissario herum, Mimí erfreut den Chef mit seinen Damenamouren, und mit Livia erfolgen die in der Serie gewohnten Telephonate.

Genossen habe ich die Beschreibung der Gerichte und wie der Commissario Fisch(e) vertilgt, und schön finde ich die Bruchstücke der sizilianischen Ausdrücke und Formulierungen, die immer wieder einfließen (netterweise mit Übersetzung daneben).

Meine  Erwartungen sind erfüllt worden : meine Seele durch das sizilianische Ambiente trotz des Regens draußen erwärmt und ich bin gut unterhalten worden. Viel Vergnügen beim Lesen !

Sonntag, 10. Juli 2011

Matti Y. Joensuu : "Blinder Neid"

Matti Y. Joensuu :
"Blinder Neid"
1993, Otava, Helsiniki
"Harjunpää ja kiusantekijät"
aus dem Finnischen von Stefan Moster
Deutsche Erstveröffentlichung 2002, Wilhelm Goldmann Verlag
246 Seiten
ISBN 3-442-72856-8

In dem Buch wird die Geschichte von zwei armen Menschen erzählt, die einem willkürlich gewählten erfolgreichen Menschen das Leben so schwierig gestalten, daß am Schluß alle unglücklich und einige nicht mehr am Leben sind.

Jari und Sanna Lehikonen sind ein erfolgreiches Ehepaar, denen seit Monaten unwillkommene Bestellungen vor die Haustür gestellt werden oder nicht bestellte Handwerkerbesuche erhalten etc. Als ein Spanner von Baum stürzt und dabei umkommt, wird zuerst das Ehepaar verdächtig.
Kommissar Hajunpää und seine Kollegin Onerva ermitteln wegen der Belästigungen, bleiben aber erfolglos.
Parallell dazu verliert Dödö (Raikas) Poikolainen seine schlechte Arbeitsstelle bei einem Wachdienst und beim jüngsten Kind wird grauer Star diagnostiziert, was seinen Haß auf die reichen Lehikonens verstärkt. Er plant die Erpressung von Jari Lehikonen - dessen Frau Sanna mittlerweile überzeugt ist, daß er die unwillkommenen Besucher angezettelt hat und ihn daher verlassen hat.
Die Erpressung geht schief, aber Jari Lehikonen ist von den Ereignissen dermassen gezeichnet, daß er auf in die psychiatrische Anstalt kommt und Dödö einen Selbstmordversuch unternimmt - Dödös dummer Gehilfe Antull ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen, aber die Polizei findet bei ihm alle Anrufe zur Belästigung der Lehikonens gelistet.

Das Buch ist gut geschrieben, die Menschen und ihre Beweggründe gehen unter die Haut - zumindest mir. Alle Beteiligten kämpfen ums Überleben : Dödö und Antull in ihrer unziemlichen Art und Weise, die reichen Lehikonens und auch die Polizeimitarbeiter. Leider finden wenige positive Lösungen, sodaß Traurigkeit am Schluß in mir übrig blieb.
Da das Buch fasziniert, kann ich es nur empfehlen.

Dienstag, 5. Juli 2011

Eugenio Fuentes : "Das Herz des Mörders"

Eugenio Fuentes :
"Das Herz des Mörders"
Untertitel "Nur wer liebt, kann auch töten ..."
"Ein Fall für Ricardo Cupido"
original "Cuerpo a cuerpo", 2007
übersetzt von Roberto de Hollanda
2008, Goldmannverlag - Deutsche Erstveröffentlichung
400 Seiten
ISBN 978-3-442-46673-3

Ein schöner dicht geschriebener Detektivroman, mit verschiedenen starken Charakteren, die allesamt genau beschrieben werden. Am Schluß bleibt leise Traurigkeit, weil die Frage wie die Menschen weiterleben im Raum stehen bleibt.

Samuel, Kleinunternehmer der Altpapier sammelt und recycelt, macht bei der Beobachtung einer schönen Nachbarin mittels automatischer Kamera Photos in denen ein Bitbullterrier einen Teenager ums Leben bringt. Er löscht die Photos nicht. Ein Zufall gibt ihm die Chance die schöne Frau Marina kennen zu lernen. Deren Vater Camilo Olmedo ist Soldat und wird eines Tages erschossen aufgefunden. Seine Tochter glaubt nicht an Selbstmord und beauftragt Ricardo Cupido (und seinen Freund El Alkalino) hier nachzuforschen.

Camilo Olmedo hatte den Auftrag Kasernen auf ihre Wirtschaftlichkeit zu überprüfen und auch wie weit der aktuelle Stand des Heeres den Anforderungen des 21. Jahrhunderts entspricht. Er hat empfohlen eine nahe gelegene Kaserne zu schließen, und sich damit einige Feinde gemacht (und damit 3 schöne Charaktere in Fuentes' Buch initiiert).
Die Mutter Marinas war an einer Schönheitsoperation verstorben. Ursache war ein kaputtes Gerät gewesen, das dem Anästesisten damit keine notwendigen Informationen gegeben hatte - Olmedo hatte eine zeitweise Suspendierung dieses Arztes von seiner Arbeit durchgesetzt. Seit einiger Zeit ist er mit Gabriela, der Mutter des verstorbenen Teenagers befreundet.

Fuentes nimmt sich Zeit für seine Darsteller und widmet fast jedem mindestens ein Kapitel : dem Obersten der Kaserne der nur noch mit Würde die Kaserne schließen möchte, zwei anderen Offizieren - der eine möchte nur noch nach Afghanistan (wo wirklich Krieg ist) und der andere sich zurückziehen um seinen dementen Vater zu pflegen, der Arzt der endlich wieder arbeiten darf und doch immer wieder von der 'alten' Geschichte eingeholt wird bis zum Noch-Ehemann von Marina, der als der rücksichtslose Filou geschildert wird wie ihn sein Schwiegervater befürchtet hatte. Zarten Raum hat die sich anbahnende Liebesbeziehung zwischen Marina und Samuel. Auch Ricardo Cupido, der seine Werte hinterfragt und sein Freund finden Platz sich zu entwickeln.

Daß Samuel die Photos auf denen der Hund einen Teenager umbringt nicht gelöscht hat, bringt den Tod von Olmede.

Die Personenbeschreibung gefällt mir sehr gut, sie ist klar aber der 'drive' der Handlung leidet nicht darunter. Die Orte sind auch klar skizziert von Strand mit Jugendlichen, bis elegantem Hotel, die Präzision und auch Melancholie der Kaserne bis zum Ausflug durch die Villengebiete.

Ein schönes Buch das gedanklich entführt - ich kann es nur empfehlen; ich überlege mir eine der anderen Detektivgeschichten mit Ricardo Cupido zum Lesen zu organisieren.