Samstag, 28. Mai 2016

Jean Bagnol : "Commissaire Mazan und der blinde Engel"

Jean Bagnol :
"Commissaire Mazan und der blinde Engel"
Kriminalroman
2015, Droemer Knaur GmbH
412 Seiten
ISBN 978-3-426-51653-9

Band 2 für Commissaire Zadira Matéo und ihren schwarzen Kater, ein Findelkind das sie Commissaire Mazan nennt: diesmal geht es um den blinden Künstler Etienne Idka, dessen Temperament und Fehler, und dessen auch blinde weiße Katze Camille, die ein Gefühl sowohl für Sicherheit als auch Gefahr entwickelt hat. Nach dem Vorbild einiger neuer Bilder geschehen häßliche Morde, für die die Zusammenhänge gesucht werden.
Parallel dazu ist Sergant Brell auf der Jagd eine snobistische Gruppe von Menschen aufzudecken, die einen Kick darin finden geschützte Tiere zu essen; beispielsweise kommt er dem heimlichen Mästen von Ortolanen (Gartenammer)[kleine gelb-grüne Zugvögel] auf die Spur; in einem schrägen Show-down gelingt ihm dies.
Immer von der Partie und letztendlich hilfreich sind Commissaire Mazan und seine Kater/Katzenfreunde  - für beide Handlungsstränge.

Der Roman ist spannend geschrieben. Die verschiedenen Handlungsstränge sind geschickt verflochten - Menschen haben ihre Kapitel, wie Katzen auch.

Die Katzen sind als Charaktere geschildert. Alpha-kater ist schwarzfellige Mazan. Als seine große Liebe zur ingwerfarbenen Manon plötzlich nicht mehr auffindbar ist, wird er gründlich nervös; das Auffinden von inkl. vier kleiner frisch Kätzchen überfordert ihn allerdings ziemlich. Rocky steht ihm bei, ein italienischer Kater der alle Farben im Fell hat nervt mit permanenten Kommentaren (die Katzen nennen ihn Orangino, sein 2-Beiner allerdings Pavarotti was die Katzen zum Lachen bringt), Tin-Tin übt weiterhin tot stellen, ein alte weise Katze namens Morgaine gibt Tips - etc. Atlas, der große Hund des Tierarztes, ist auch wieder von der Partie.

Für die Menschen werden zwei bis drei Liebesschichten gesponnen, inkl. Erotik, aber auch die Komplikationen, die die Katzen kommentieren. Zadira und Tierarzt Jules, Zadira und der attraktive Pariser Geheimpolizist, Tierarzt Jules und Ex-Verlobte tummeln sich eher mühsam, Vegetarier & Koch & Sergent Brell und Zadiras beste Freundin & Journalistin finden über die Singvogelsache hoffentlich zusammen, Künstler Etienne Idka und seine Langzeitfreundin/Geliebte/Haushälterin Solange haben weniger Glück.

Der Abschnitt über das illegale Fangen und vor allem Mästen der entzückenden kleinen Singvögel ist stark. Bei den Beschreibungen, wie man dieses Nichts aus Haut und Knochen zu sich nimmt, war spürbar, wie sehr es den vegetarischen Polizisten anwidert. Verständnis für snobistische Menschen die diesen illegalen Kick brauchen, kommt nicht auf. Katzen wollen die auch essen ....

Hintergrund des Krimis ist auch der Kunstmarkt. Fragen wer wie warum als Künstler gefördert oder niedergemacht wird, wer Chancen bekommt, wer wen kennen muß, welche Galerie hilft, welcher Kunstkritiker neutral sein kann, und wie schräge Geschichten dem Marktwert sehr förderlich sein können werden angerissen und durchaus diskutiert.

Witzig waren die Beschreibungen der Haute Volee in der Provence die sich mit Amuse Gueules (die neuerdings auch Amuse Bouche genannt werden) über Wasser hält. Respektlos aber humorvoll wird einmal ein sehr liebenswürdiger Dackel damit gefüttert.

Dieses Buch war so spannend, das ich diesmal wirklich versäumt habe bei der gewünschten Station aus den Öffis zu steigen, was mir schon lange nicht mehr passiert ist !
Viel Spaß beim Lesen !

'Jean Bagnol' ist das Pseudonym des Schriftsteller-Ehepaares Nina George und Jens "Jo" Kramer.
Die Spiegel-Bestsellerautorin George und der Journalist, Pilot und Schriftsteller Kramer sind seit 2006 verheiratet, leben in Hamburg, schreiben unter insgesamt sieben Namen und Pseudonymen und veröffentlichten bisher insgesamt 29 Solowerke (Romane, Sachbücher, Thriller, historische Romane). "Commissaire Mazan und die Erben des Marquis" ist der erste gemeinsame Jean-Bagnol-Provencethriller.

Nina Georg wurde 1973 in Bielefeld geboren. Sie arbeitete als Polizei Journalistin und Kolumnistin in vielen Zeitungen. Sie lebte in Berlin oder der Bretagne.
Jens "Jo" Kramer, wurde 1957 in Cuxhaven geboren, studierte Ethnologie und Islamwissenschaften in Berlin. Er verdiente sein Geld in Kreuzberg als Messerhändler, in der Steiermark als Steinmetz, verkaufte Autos nach Marokko und lebte einige Jahre in der Bretagne, um sich als Pilot ausbilden zu lassen. Der Schriftsteller lebte in Hamburg-Eimsbüttel.

Donnerstag, 26. Mai 2016

Donna Leon : "Endlich mein"

Donna Leon :
"Endlich mein" - Commissario Brunettis vierundzwanzigster Fall
Roman
original "Falling in Love"
2015, William Heinman
Aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz
2015, Diogenes Verlag Zürich
300  Seiten
ISBN 978-3-257-06943-3

Der 'neue' Donna Leon Krimi spielt im Gran Teatro de Fenice, dem traditionsgeladenen Opernhaus in Venedig, bei dem die Diva aus einem früheren Krimi Flavia Petrelli gestalkt wird. Es gibt keine Leichen, nur zwei Verletzte, aber das Grauen gestalkt und bedroht zu werden ist spürbar.

Brunetti muß diesmal nicht nur Freunden - Flavia & Freddy - helfen, sondern auch seinem Kollegen Alvise, den ein intriganter Höfling um Vicequestore Pata, mit fiesen Mitteln loswerden möchte. Hier ist wie gewohnt Signorina Elettra zuerst mit Generalstreik und dann Computerkenntnissen hilfreich.

Brunettis Familie inkl. Schwiegereltern sind präsent. Schön ist die Überlegung von Paola (Brunettis Ehefrau), die Petrarca liebt, aber plötzlich zu überlegen beginnt, ob seine berühmten Sonette an Laura heute nicht unter Stalking fallen würden ?

Hintergrund ist das Leben und das Geschehen in einem Opernhaus, sowie wie gewohnt venezianische kulinarische Köstlichkeiten und eher neu Überlegungen über das Veneziano (Sprache in Venedig).

Der Kriminalroman ist für Fans der Oper, und v.a. von 'Tosca' gut geschrieben und ein Genuß. Wie Menschen, die mit Opern und Geschehen auf und hinter der Bühne wenig anfangen, darauf reagieren, werden diese Leser- und Leserinnen selbst zu entscheiden haben. Viel Spaß dabei !

Donna Leon wurde am 28. September 1942 in Montclair / New Jersey geboren. Sie lebt seit 1982 in Venedig.
Sie unterrichtete Englisch und englische Literatur, arbeitete aber auch als Reisebegleiterin, als Werbetexterin. Ihre Dissertation über Jane Austen konnte sie nicht abschließen, da alle Unterlagen bei der Flucht aus damals Persien, heute Iran 1979 verloren gingen.
1992 erschien der erste Krimi mit Guido Brunetti der 'Death at La Fenice' heißt auf englisch; 1993 kam die deutsche Übersetzung. Übersetzungen gibt der Krimis gibt es in 35 Sprachen, aber nicht auf italienisch, damit sie dort weiterhin ein normales Leben führen kann.

Sonntag, 22. Mai 2016

Ingrid Noll : "Kuckuckskind"

Ingrid Noll :
"Kuckuckskind"
Roman
2008, Diogenes Verlag
334 Seiten
ISBN 978-3-257-24012-2

Anja Reinhold erzählt die Geschichte aus ihrer Sicht. Sie überrascht ihren Mann mit einer anderen Frau, zieht in eine gräßliche Wohnung, läßt sich scheiden, ätzt mit ihrer Freundin Birgit, die auch an einem Gymnasium unterrichtet über ihre Mitmenschen, rafft sich auf, zieht in eine neue Wohnung bei einem Schüler und dessen Vater, beobachtet daß ihre Freundin schwanger ist und weiß daß der Ehemann nicht der Samenspender sein wird, und beginnt Fragen zu stellen. Am Schluß gibt es zwei Tote und eine etwas schräge aber glückliche sowie zusammengebastelte Familie inkl. Baby.

Der Roman ist herrlich lesbar. Die Personen im Lehrerzimmer sind aus dem Fundus aus Lehrenden Menschen gegriffen -  die Kommentare der Freundinnen frei von Freundlichkeit. Birgit die immer lustig und fröhlich herumwirbelt, ist es am Schluß gar nicht mehr. Wie Anja doch ihr Leben umgekrempelt bekommt, ihr Mutter wohlmeinend bis anstrengend eingreift, und wie sich das Leben mit dem Schüler und dessen Vater zum allgemeinen Wohlwollen entwickelt, spult sich schön sichtbar ab.

Die Schüler sind meist freundlich geschildert. Wirklich mühsame Gestalten sind keine dabei. Die Sorgen und Überlegungen so mancher vortragenden Person werden über Anja transportiert, wobei sie  mit Deutsch und Französisch und einer Vorliebe für schöne Sprache und Barock und Lyrik angelegt ist.

Das Thema Schwangerschaft, Nicht-Schwangerschaft, In-vitro-Fertilisation, Vaterschaftstest (auch heimlich) wird genannt inkl. aller seelischer Probleme, und gesellschaftlichem Echo.

Sprachlich macht es Spaß, wenn Anja für die Übersetzung von meterosexuell zehn verschiedene Vokabel aus drei europäischen Jahrhunderten zum besten gibt und in ihrem Wohnzimmer eine Recamiere (elegantes und gemütliches Möbel zum herumlümmeln) stehen hat, für die Besucher drei andere Wörter bereit haben. Oder wenn die Autorin das Sächseln (?) der Kollegenschaft Anjas in Lautschrift nachmacht.

In Summe ein wunderbares Buch nach einem mühsamen Arbeitstag oder um einen Regentag gut zu überstehen. Viel Spaß beim Lesen !

Ingrid Noll wurde am 29. September 1935 in Shanghai geboren und wuchs in Najing bis zu ihrer flucht dort auf. Sie studierte Germanistik und Kunstgeschichte nicht fertig. Sie heißt verheiratet Ingrid Gullatz und hat drei Kinder. Viele ihrer Krimis spielen in Mannheim und Umgebung. 1991 erschien der erste Roman 'Der Hahn ist tot' . Ihre vermutlich bekanntestes Buch 'Die Apothekerin' erschien 1994 und wurde auch mit Katja Riemann in der Hauptrolle glänzend verfilmt.  Ihre Bücher wurden in 27 Sprachen übersetzt.

Montag, 16. Mai 2016

Tomás González : "Das spröde Licht"

Tomás González :
"Das spröde Licht"
Roman
original "La luz dificil"
2011, Verlag Alfaguara, Bogotá
Aus dem Spanischen von Rainer Schultze-Kraft und Peter Schultze-Kraft
2012, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt a. Main
165 Seiten
ISBN 978-3-10-026605-7

In diesem dichten, etwas spröden Roman erzählt der Maler David sprunghaft von dem Leben seiner Familie, das durch den Autounfall das ersten Sohnes ziemlich umgekrempelt wird. Die Familie war aus Kolumbien zuerst nach Miami ausgewandert, dann lange in New York bis er im Alter mit seiner wunderschönen, erdenden Frau Sarah wieder an La Mesa in Kolumbien siedelt.
In New York sind das Einkommen von Sara als Krankenschwester, sein werdender Ruhm als Mahler und dann der Unfall von Jacobo bestimmend. In dem Roman wird immer wieder auf die Folgen des Unfalls inklusive Schmerzen trotz Rollstuhl, und der Entscheidung den Freitod zu suchen umkreist; die Nacht in der die Schmerzen beendet werden sind der Angelpunkt auf den immer wieder in ganzen Kapiteln später sprunghaft in einzelnen Absätzen zurückgegriffen wird.

David beschreibt alles aus seiner Sicht, wie er zuerst malt und malte während Sara die Familie erhält, und alles organisiert. Er beschreibt die Farben die er sieht und die Formen, die Flammen in seinem Inneren, den Rost der Fahrräder, Pfeilschwanzkrebse, Gischt und wie er sich müht diese auf großformartigen Bildern abzubilden, die sich zum Glück für die Familie gut umsetzen.

Die Familie besteht aus Jacobo der den Unfall hatte, seine Physiotherapeutin und dann Freundin Venus, Bruder Pablo der Photograph wird und der jüngste Arturo der um die Zeit des Freitodes eine flippige junge Freundin namens Amber hat. Ergänzt wird die Familie von Kater Cristobál und Pagagei Sparky. David und Sara finden Freunde, die sie ihr ganzes Leben begleiten, und auch in der Nacht beistehen.

Schön sind die spanischen Ausdrücke, die immer wieder in der deutschen Übersetzung gebracht werden: 'chontaduros' (Süßigkeit), 'Macho sapiens' (etwas böse), 'Pielroja' (ist das eine spezielle Zigarette ohne Zusätze), 'Aguardiente' (kolumbianischer Schnaps aus Anis und Zuckerrohr) bis 'Envigado' (grüne Ausläufer von Medellín).

Der Roman ist nicht so schnell lesbar, weil die Beschreibungen schöne Bilder im Kopf machen und weil die Hoffnung und Angst um den Freitod wie ein Bumerang immer wieder kommen bis ein Schlußstrich kommt. Ein eindrücklicher starker Roman, den ich sehr genossen habe. Viel Freude beim Lesen !

Tomás González wurde am 18. März 1950 in Medellín / Kolumbien geboren. Er studierte Philosophie in Kolumbien, arbeitete hinter einer Bar, betrieb in Miami eine Fahrradwerkstatt, war Journalist und Übersetzter in New York und schrieb Gedichte, Erzählungen und Romane. 2002 kehrte er nach Kolumbien zurück und lebte acht Jahre lang in Chia, einem Städtchen an der Stadtgrenze von Bogotá. Heute lebt er nördlich der kolumbianischen Hauptstadt im Department Cundinamarca.
Sein erstes veröffentlichtes Buch ist 'Primero estaba el mar' in 1983, das auf deutsch 2010 beim Fischer Taschenbuch Verlag erschien.

Donnerstag, 12. Mai 2016

Andrea Camilleri : "Die Tage des Zweifels"

Andrea Camilleri :
"Die Tage des Zweifels" - Commissario Montalbanos vierzehnter Fall
Roman
original "Letá del dubbio"
2008, Sellerio Editore, Palermo
Aus dem Italienischen von Rita Seuß und Walter Kögler
2013, Bastei Lübbe Köln
Bastei Lübbe Taschenbuch 17147
246 Seiten
ISBN 978-3-404-17147-7

Commissario Salvo Montalbano fischt bei einem Wolkenbruch eine junge Frau auf, die ihm einiges über eine Yacht erzählt. Die junge Frau erweist sich als Täuschung, einiges an der Yacht ebenso. Ein Toter mit kaputtem Gesicht taucht auf, und ein Matrose stürzt ins Meer ab, während sich der Commissario in die bildschöne Frau Leutnant Belladonna im Hafen verliebt (was durch Gegenseitigkeit nicht einfacher wird). Er kämpft gegen die Gefühle und die Midlife-Crises, schickt seine Kollegen Fazio und Mimí aus, ärgert sich über Catarella, hat Probleme mit seinen Vorgesetzten und versetzt letztendlich weltweiten Diamantschmuggel einen ziemlichen Schlag.

Basisgeschichte ist Diamantschmuggel, der hauptsächlich zwischen Afrika, Mittelmeerraum, und Holland stattfindet und Blutdiamanten reinwaschen soll. Menschenleben hat in diesem Business keinen Wert.

Montalbanos Midlife-crise nimmt ziemlichen Raum ein. Seine Beziehung mit Livia ist weiterhin telephonisch, aber die Anziehung zwischen ihm und Laura Belladonna (nomen est omen) ist in der Übersetzung sehr greifbar.

Der Roman wurde zwar 2008 geschrieben, hat Internet aber unterhaltsamerweise hat Montalbano kein Handy sondern hetzt sich nach Hause damit er dort bei seinem Festnetzanschluß abheben kann. Er hat auch noch keine Telephon-nummern-Erkennung, was einige komische Situationen erzeugt wenn er ohne zu wissen wer dran ist losdonnert.

Die gewohnten Kabbeleien im Kommisariat sind vertraut und die kulinarischen Schilderungen machen wie gewohnt Appetit auf Sizilien. Der Kriminalroman ist wie gewohnt gut geschrieben und gut lesbar. Viel Freude beim Lesen !

Andrea Camilleri wurde am 6. September 1925 in Porto Empedocle in Sizilien geboren. 1942 begann Camilleri für Theater und Rundfunk als Regisseur zu arbeiten. Er machte sich damit verdient, Werke von August Strindberg, Samuel Beckett, Eugene Ionesco und T.S. Eliot in Italien einzuführen. Von 1958 bis 1970  unterrichtete er am Centro Sperimentale di Cinematografia in Rom. Von 1977 bis 1997 war er Professor an der Nationalakademie der Dramatischen Künste „Silvio D’Amico“. 1978 erschien sein erster Roman 'Hahn im Korb'. 1994 erschien der erste Roman mit dem sizilianische Commissario Montalbano 'La forma dell’acqua' , den er nach dem spanischen Schriftsteller Mauel Vazquez Montalban benannte. (1999 erschien dieser Roman unter dem Titel 'Die Form des Wassers - Commissario Montalbano denkt nach'. Die Kriminalromane mit Commissario Montalbano wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Camilleri ist verheiratet, hat drei Töchter und vier Enkel und lebt in Rom.

Montag, 9. Mai 2016

Radek Knapp : "Reise nach Kalino"

Radek Knapp :
"Reise nach Kalino"
Roman
2012, Piper Verlag München GmbH
251 Seiten
ISBN: 978-3-492-30222-7

Julius Werkazy ist mit seinem Technik verliebten Partner Bruno als mäßig erfolgreicher Detektiv tätig. Ein Auftrag ruft ihn in die mysteriöse Stadt Kalino, in der ihn der Chef Osmos persönlich den Auftrag gibt einen Mord (hier Verschwinden, weil die Kalanianer den Tod nicht kennen) des genialen Wissenschaftlers Buschart aufzuklären. Das Leben in Kalino ist jung, attraktiv aber sehr kontrolliert. Es gibt keine Fenster, aber alle persönlichen Daten sind am Auto außen abgedruckt. Werkazy besucht den Chef Wissenschaftler Kliszt, den Chauffeur von Buschart und Witwe Buschart sowie den Gründerfreund von Osmos Dornort mit seiner Assistentin Wiweka. Werkazy durchschaut immer mehr was alles unstimmig ist, bis er mit Hilfe in der Stadt einiges ändern kann und rechtzeitig entkommt.

Der Roman ist gut geschrieben, wobei die Gedanken und Aktionen von Werkazy begleitet werden. Er, der gerne Alkohol trinkt, wird bei der Grenze seines Otards beraubt und mit dem Denkmantel der Gesundheit auf Abstinenz gesetzt. Er muß eine Schlucht hinunterkraxeln, klaut ein superschnelles futuristisches Auto, und trixst die Bewacher aus.
Kalino ist blitzsauber und steril, die Aussicht von der Villa Osmos auf die Stadt grandios, die Türen sind schwer und lautlos, aber eine alte Stadt zerfällt, genauso wie einiges in den Menschen.

In einem Absatz wurde kurz Mord diskutiert; ob nicht das den Geist einschränken genauso Mord wäre. Freies Denken wird in Kalino bereinigt - alles Schädliche wird dem Körper entzogen.

Der Krimi ist gut lesbar, die Geschichte entwickelt sich gut verfolgbar, und die Personen gut vorstellbar. Viel spaß bei Lesen !
 
Radek Knapp, wurde am 3. Oktober 1964 in Warschau geboren. 1976 kam er mit seiner Mutter nach Wien, wo er nach der HAK Philosophie an der Universität Wien studierte. Jetzt lebt er als freier Schriftsteller in Wien und in der Nähe von Warschau.
1994 kam sein Durchbruch als Schriftsteller mit dem aspekte-Preis ausgezeichnete Band »Franio«. außerdem erschienen von ihm : Roman »Herrn Kukas Empfehlungen«, Erzählungssammlung »Papiertiger«, eine »Gebrauchsanweisung für Polen«.

Donnerstag, 5. Mai 2016

Julie Masson : "Der Commissaire kocht"

Julie Masson :
"Der Commissaire kocht" - Lucien Lefevre ermittelt, Band 3
Kriminalroman
2016, Rowohlt Taschenbuch Verlag
298 Seiten
ISBN 978-3-499-27164-9

In dem dritten Band um den gut aussehenden Kommissar an der Atlantikküste geht es ums Kochen. Die Gewinnerin einer Kochshow investiert in das Haus aus dem ersten Band mit dem Kommissar, wobei bei der Eröffnungsshow der arrogante geschniegelte bekannte Gourmetkritiker vor aller Augen ermordet wird. Lefevre bewegt sich zwischen Köchen, Kochjournalisten, einem renommierten Kochverlag, der Pathologie und seinen beiden Sergeanten. Da der Ermordete viele Menschen gegeneinander ausgespielte und sonst auch charmant-schleimig-erpresserisch-unangenehm geschildert wird, gibt es einige Verdächtige, bis Lefevre Antworten auf die Fragen präsentieren kann.

Den Titel trägt das Buch, weil Lefevre, der gerne ißt, am Schluß des Buches eine gemütliche Kochrunde bei sich hat und selbst Hand an legt. In der Zwischenzeit ist er glücklich, daß seine Freundin Sophie aus Berlin (und aus dem ersten Band) wieder bei ihm ist und saust in seinem Porsche zwischen der Küste und Bordeaux herum.

Die Personen sind unterschiedlich geschildert: seine beiden Sergeants sind wie gewohnt, leider nerven die Frauengeschichten hier etwas und sein alter Freund und Pathologie ist auch noch zur Stelle, weil ihn das verwendete Gift interessiert. An neuen Menschen gibt es das Ekelpaket Raul Silva, bei dem sich viele schlechte Eigenschaften von Erpressung bis massiver Untreue auftun, seine schöne elegante Frau, Colette (Coco) Viard die das neue Restaurant aufmacht, einen ehemaligen Bewerber in der Kochshow und jetzt Mitarbeiter Martin, sowie Vater und Tochter Cuillard vom Verlagshaus Cuillard. Böses wird aus dem Hintergrund von Kochshow und dem Fernsehwesen berichtet.

Dieser Roman spielt in der Nebensaison, wobei das Gefühl in der Atlantikstadt hier schön eingefangen ist. Eine besonders giftige Qualle ist wichtig, weil sie auch Namenspatronin zu einem sehr feinen Gericht ist.

Wie die beiden Bände davor war es gemütlich und angenehm diesen Krimi zu Lesen und zu entspannen. Gutes Genießen !

Biographie der Autorin beim ersten Band mit Lucien Lefevre am 4. April 2014

Sonntag, 1. Mai 2016

Jörg Juretzka : "Fallera"

Jörg Juretzka :
"Fallera"
Kriminalroman
2002, Unionsverlag Zürich
210  Seiten
ISBN 978-3-293-20578-9

Kristof Kryszinski erzählt hier als Ich-Erzähler im fünften Band, von derzeit 13, wie er von der Polizei zu einer Begleitung von Behinderten bei einem Ausflug in die Schweizer Berge verdonnert wird. Hier stehen seine Drogenabhängigkeit und sein Ruf zur Bewährung an. Bergführer Toni leitet die gemischte Gruppe aus Behinderten aller Sorten und Knackis aus sieben verschiedenen Bundesländern Deutschlands. Leider wird er nach der zweiten Nacht tot aufgefunden, nach der dritten Nacht wird gerade noch rechtzeitig Frau Doktor Marx, die den Rollstuhl braucht, gefunden. Das muntere Gruppendezimieren geht weiter, als bewußt eine Lawine losgetreten wird. Eine wüste Erpressergeschichte mit Gold und ein tödlicher Verkehrsunfall durch Alkoholmißbrauch werden genannt, bis am Schluß ein kleine Restgruppe politischer Willkür entkommen kann.

Die Menschen des Romans sind ziemlich gemischt. Polizeimensch Menden wird respektlos geschildert, Drogenkurier Scuzzi mit trockenen Kommentaren, der bewertende Arzt am Berg Dr. Welfenheim ist klein und kugelrund. Die Behinderten sind die MS-beeinträchtigte Ärztin, der riesenwüchsige und stotternde Alfred, Sportler Horst im Rollstuhl, der spastische Uwe, der liebevoll Downsyndrom-Mann Egon und Christine mit Hirntrauma nach Pflasterstein am Kopf.
Die 'Knackis' sind Kristof, Ostbacke Ernesto Che, ExBiker Atze, Igelschnitt Alex, Rattengesicht Tom, Gewohnheitsverbrecher Sigismund Piepenkopp und Familienauslöscher Wurstauge.
Zwei Frauen werden genannt - Kim eine große Liebe von Kristof, die leider starb und Mona, mit der wieder Freude kommt.

Der Stil des Buches ist ziemlich flappsig bis schnoddrig. Respekt ist nicht wichtig, aber es kommt soetwas wie Verständnis zwischen den Menschen auf, und auch ein Miteinander.
Witzig ist die Art der Kommunikation bei der sich alles mischt, von kurzen Sätzen, einigen Silben bis zu mühsamen Ausdruck.

Orte der Handlung sind eine Stadt im Ruhrgebiet, und die Berge mit allen Wettern von Sonne, Nebel, Regen bis Schnee. Die Natur bietet  Steine, Bäume, Gräser und auch Höhlen an.

Mir war der Stil etwas zu flappsig und vieles zu konstruiert, aber dann wieder zu wenig skurril. Die Menschen und ihr miteinander war trotz anfänglicher Rauheiten gut zu lesen.

Jörg Juretzka, 1955 in Mülheim an der Ruhr geboren, ist gelernter Zimmermann und baute zuerst Blockhütten in Kanada, bevor er sich aufs Schreiben konzentrierte. 'Prickel', war sein Krimidebüt und der erste Fall für den Privatermittler Kristof Kryszinski, erschien 1998.