Timur Vermes :
"Er ist wieder da"
Roman
2012, Eichborn Verlag bei Bastei Lübbe GmbH & Co KG Köln
390 Seiten
ISBN 978-3-8479-0517-2
In dieser bitterbösen Satire erwacht Herr Hitler im August 2011 mitten auf dem Bauplatz in Berlin. Über den Kontakt eines Zeitungsstandlers wird er Fernsehmenschen vorgestellt, die sofort von dieser Comedy Nummer begeistert sind. Hitler wird in ein Hotelzimmer verfrachtet, lernt Vormittagsfernsehen und die derzeit gängigen Politiker und wird als Comedy-Ergänzung dem Publikum vorgestellt. Er hat sofort Erfolg, bekommt eine nette junge Frau als Assistentin, die wie alle anderen davon fasziniert ist, wie er die Rolle 'Hitler' durchhält. Im Rahmen des Erfolges besucht er erstmals das Münchner Oktoberfest; in Berlin wird er von einer nationalen Gruppe zusammengeschlagen und er denkt über die Übernahme einer kleiner Partei zur weiteren Machtübernahme nach.
Der Autor hat Geschichte studiert, was in den präzisen Informationen im Kampf um Berlin und auch geschichtlichen Bemerkungen fühlbar ist. Allerdings ist das Buch vermutlich mehr etwas für Menschen denen die Größen des damaligen Reichs aus ihrem Geschichtsunterricht oder Eigeninteresse etwas sagen; wer bei Namen wie Himmler, (Hermann) Göring, Goebbels oder gar Heß und Stauffenberg strauchelt bekommt vieles vermutlich nicht (geschweige von der Einsatztruppe Steiner). Auch Namen wie Wolfsschanze etc. sind als Grundwissen brauchbar um die Feinheiten im Buch erkennen zu können.
In den Kommentaren über die Medien wie Internet, die Fernsehprogramme und die Zeitungen die der Figur Hitler in den Mund gelegt werden sind bitterböse, oft punktgenau und bringen mit ihrer Bösartigkeit zum Grinsen. Kommentare zum Vormittagsfernsehen wie "heliumbelichtete Muse" bringen sehr zum Lachen, Kommentare über das auflagenstärkste Blatt Deutschlands und den medialen Nutzen mit den großen Buchstaben um ältere Menschen zu manipulieren lassen den Humor fast im Hals stecken bleiben.
Auch die aktuelle Politik wird nicht von des Hitlers Figur Kommentaren verschont - die Kanzlermatrone hat bei ihm keine guten Karten.
Die Bemerkungen über das Sauf- und Dekolleté-verhalten am Müncher Oktoberfest sind ebenfalls bitterböse und treffen nicht den Geschmack des Vegetariers, der auch dort nur Mineralwasser trinkt.
Erschreckend gut ist der Stil Hitlers in den Comedy Shows getroffen, in denen der abgehackte Rhetorikstil schauerlich gut getroffen ist, auch in der Art der Manipulation der Zuhörenden.
Die Fiktion daß das Umfeld davon fasziniert ist wie sehr diese Figur den Hitler durchzieht, wird durch das Umfeld im Fernsehkanal gezeigt. Die nette junge Frau, die ihm als Sekretärin zugeteilt wird, sprich ihn wirklich mit "meen Führa" an, und auch das Schicksal daß die Familie ihrer Großmutter als illegale Juden im Konzentrationslager umkam, ändert nichts. Für sie ist der Komödiant nur jemand der genial mit "Method Action" in den Charakter geschlüpft ist. Für andere Menschen im diesem Team ist er Träger für Einschaltquoten, was das einzige Ziel ist bis auch noch die Merchandising Maschine anläuft.
Die fast vierhundert Seiten sind teilweise wunderbar rasch lesbar, zwischen Seite 2oo und 3oo wurde es dann etwas mühsamer, bis die Neugier kam welche Ende das Buch haben wird. In Summe ein sehr lesenswertes Buch, bei dem immer wieder die Frage ist auf wie dünnem Eis die Satire hier tanzt.
Timur Vernes wurde 1967 in Nürnberg geboren. Sein Vater kam 1956 aus Ungarn und heiratete eine deutsche Frau. Er studierte Geschichte und Politik und wurde Journalist. Seine Artikel sind in 'Abendzeitung', Kölner 'Express' und die 'Zeit'. Seit 2009 ist er auch Ghostwirter für diverse Bücher. "Er ist wieder da" wurde ein Bestseller und wurde verfilmt.
Mittwoch, 6. Januar 2016
Timur Vermes : "Er ist wieder da"
Labels:
2012,
Autor,
Berlin,
Deutschland,
Journalismus,
Nationalsozialismus,
Roman,
Skurrilität
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen