Reinhard Kaiser-Mühlecker :
"Enteignung"
Roman
2019, S. Fischer Verlag
218 Seiten
ISBN 978-3-10-397408-9
Ein Journalist mittleren Alters der viel Erfolg gehabt hatte, lebt im Haus der verstorbenen Tante, schreibt kleine Artikel und Glossen in einem Ortsblatt und fliegt zu Entspannung mit kleinen Flugzeugen. Weil ihm langweilig ist, rutscht er in eine erotische Beziehung mit der Lehrerin Ines. Durch einen Zeitungsartikel kommt er wieder mit einem Schulkollegen Flor in Kontakt und beginnt auf dessen Schweinebauernhof als Hilfskraft mitzuarbeiten. Die Frau des Bauern, Hemma, beginnt ihn zu faszinieren was zu geheimen Treffen führt, und er bemerkt, daß Flor ebenfalls eine geheime Beziehung mit Ines hat. Der Gemeindebedienstete Benam macht Flor Probleme, und Parker der Chefredakteur rutscht ins Burn out. Am Schluß gibt es zwei Tote, und der Ich-Journalist und Parker verlassen den Ort.
Die Geschichte wird aus Ich-sicht erzählt. Jan / Walter gleitet als Beobachter ohne emotionale Beteiligung oder Ziel durch das Leben. Ihn überrascht, daß er eifersüchtig bei Ines wird, und auch daß ihm die Zeit mit Hemma wichtig wird. Einzig der Kater und das kümmern um ihn, sowie das Grab der Tante sind ihm wichtig. Am Ende steht wieder Unbeteiligung und Beobachtung.
Das politisch-ökologische Drama bei dem Flors Wald enteignet wurde, um einem Windpark in einer windlosen Gegend zu bauen, läßt ihn kalt; auch daß Benam eine Baugenehmigung an Flor wegen persönlicher Rache nicht weitergibt, ebenfalls.
Ort der Handlung ist eine Stadt in der österrechischen Provinz, von der wenig spürbar ist. Es wird nur der Supermarkt genannt, und das lokale Zeitungsblatt.
Die Zeitspanne ist von heißem Hochsommer, über Winter, bis es wieder warm ist.
Die Landschaft ist oft von oben aus dem Flugzeug beschrieben und zeigt die Größe von Wald und Landwirtschaft.
Die Sprache und die Beschreibungen haben mich in den Bann gezogen. Die Szenerien sind wie mit einem Aquarellpinsel gezeichnet.
Umso mehr haben mich die nicht-österreichischen Formulierung wie "hoch sehen", "sich auf einen Stuhl setzen" und "schöner Wein" gestört. Hier sollte ein Lektorat die österreichische Sprache nicht für den deutschen Markt zurecht korrigieren, da sie bei dem Autor nicht stimmig ist.
Angenehmerweise ist von vielen erotischen Treffen in dem Roman nur eines eindeutig geschildert, bei den anderen gibt es nur ein kurz davor und kurz danach, und bleibt damit im dem Leser/der Leserin vorstellbaren oder streichbaren Raum.
Auf dem Cover ist die Zeichnung einer schlafenden Katze eines niederländischen Zeichners. Es ist nett, daß eine Katzenabbildung auf dem Cover mit einer Katze im Roman korreliert.
In Summe hat mich dieser Roman fasziniert, seine unbeteiligte Hauptfigur, die Schilderungen der Ausflüge im Flugzeug und der Landschaften. Viel Freude beim Lesen und Genießen !
Reinhard Kaiser-Mühlecker wurden am 10. Dezember 1982 in Kirchdorf an der Krems geboren und wuchs in Eberstalzell (Traunviertel / Oberösterreich) auf. Er studierte Landwirtschaft, Geschichte und internationale Entwicklung in Wien. 2008 erschien sein erster Roman "Der lange Gang über die Stationen". Der siebente Roman - ein Dorfroman - "Fremde Seele, dunkler Wald" gelangte auf die Shortlist 2016 des deutschen Buchpreises. "Enteignung" ist sein achter Roman.
Samstag, 30. März 2019
Reinhard Kaiser-Mühlecker : "Enteignung"
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