Juan Gómez-Jurado :
"Das Zeichen des Verräters"
Thriller
original "El emblema del traidor"
2008, Plaza & Janés Editores, S.A. Barcelona
Deutsch von Luis Ruby
2010, Rowohlt Taschenbuch Verlag
463 Seiten + 5 Seiten Schlußbemerkung des Autos
ISBN 978-3-499-25279-2
Am Cover steht Thriller, eine Erwartung die ich nicht gestillt sehe. Allerdings ist das Buch schön rasch zu lesender Roman der in der spannenden Zwischenkriegszeit Großteils in Deutschland spielt und dort die politische Situation als Hintergrund für menschliche Schicksale nutzt.
Paul und seine Mutter leben bei der Schwester von Pauls Mutter, die einen Baron geehelicht hat und helfen im Haushalt für Kost und Logis. Jürgen, Pauls Cousin, vertreibt sich die Zeit indem er Paul schikaniert. Alle Fragen Pauls an die Mutter was mit seinem Vater sei, wird ausgewichen.
Nachdem sich Pauls anderer Cousin, der aus dem ersten Weltkrieg als desillusionierter Krüppel zurückgekommen ist, erschossen hat, werden Paul und seiner Mutter ins München der Nachkriegszeit mit dem Überlebenskampf der Menschen und steigenden Brutalität der politischen Parteien geworfen. Jürgen findet in einer neu aufstrebenden Partei Platz für seine Aggressionen und hilft auch beim versuchten Putsch der Nationalsozialisten von 1923 mit (tötet aber vorher noch Pauls Mutter, weil sie ihm entdeckt, daß er Pauls Bruder ist).
Paul sucht inzwischen nach der Wahrheit um seinen Vater und ist zwischen 1923 und 1933 in Südwestafrika auf Vaters Spuren.
Als er auf Spuren eines Mannes der seinen Vater kannte wieder nach Deutschland zurückkommt löst er nicht nur endlich die Lügengeschichten um den Tod seines Vaters, sondern wehrt sich auch erfolgreich (und tödlich) gegen Jürgen sondern holt auch die verehrte/geliebte Frau (eine Jüdin) in einer dramatischen Aktion aus dem Lager Dachau heraus. Über Portugal fliehen sie (Paul, die geliebte Frau, deren gemeinsamen Sohn und den Bruder der Frau) dann nach Amerika.
Parallelgeschichte sind die Freimaurer in Deutschland in der Zwischenkriegszeit. Als frei denkende Menschen waren sie dem hierarchischen Nationalsozialismus nicht genehm und sie wurden mehr oder weniger freiwillig aufgelöst. Ob der Ansatz, daß Leute eingeschleust wurden um die Namenslisten der Freimaurer zu erhalten stimmt oder nicht, weiß ich nicht - als Ansatz in einem Roman ist er spannungserzeugend. Jürgen war der Verräter als der eingeschleuste Mann, und wandte sich damit gegen seinen und Pauls Vater, der Freimaurer war.
Die Liebesgeschichte des Buches findet zwischen Alice, der jüdischen Bankerstochter, und Paul statt. Es ist keine glückliche sondern eine mühsame Liebe. Auch Jürgen behauptet die schöne Frau gefalle ihm - was aber unglaubhaft bleibt. Daß ein uneheliches Kind dieser Bindung entspringt ist nicht so logisch, aber der Bub ist nett geschildert.
Die Menschen sind tw. greifbar, tw. oberflächlich geschildert. Jürgen als Brutalo eher einseitig, Paul ist schwankend gezeichnet zwischen gestaltend-anpackend oder in Selbstmitleid versinkend, Alice ist schön aber schlagfertig und damit so manchem Mann unsympathisch (sie arbeitet als Photographin, was ab einem gewissen Zeitpunkt historisch ziemlich unglaubwürdig ist), Tante Brunhilda wird mit ihrer Bösartigkeit und Verzweiflung gut gezeichnet, der spielsüchtige Baron sowie der Freimaurerfreund und Buchhändler Keller ebenfalls.
Das Buch ist gut und rasch zu lesen. Die Ungereimtheiten stören zwar, hindern aber den Zug der Spannung nicht.
Samstag, 24. März 2012
Juan Gómez-Jurado : "Das Zeichen des Verräters"
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