Fernando Aramburo :
"Patria"
Roman
original "Patria"
2016, Tusquets Editores, Barcelona
Aus dem Spanischen von Willi Zurbrüggen
2018, Rowohlt Taschenbuch / 3. Auflage Oktober 2020
750 Seiten + 5 Seiten Glossar der baskischen Wörter und Redewendungen + 4 Seiten Inhaltsverzeichnis
ISBN 978-3-499-27361-2
Zwei Familien im Baskenland zur Zeit der Attentate der ETA und danach - bei einer ist ein Sohn aktiv bei der ETA und später inhaftiert, der anderen Familie fällt der Vater durch ein ETA-Attentat zum Opfer. In vielen zeitlichen Sprüngen wird die Zeit vor, während und nach den Attentaten für die Generation der Eltern und Kinder beschrieben, und auch die Frage gestellt was für jeden Baske sein bedeutet.
Bittori, die erkrankt ist und wissen möchte wer ihren Mann und Unternehmer Taxto letztendlich umgebracht hat, und ist mit ihrer Anwesenheit im Dorf 20 Jahre nach dem Ereignis eine stumme unangenehme Erinnerung an die Ermordung. Deren Sohn Xavier ist Arzt geworden; die Tochter Nerea hat Jus studiert, und hat nach einigen Beziehungen einen sehr gut aussehenden Mann (nicht Basken) geheiratet.
Die andere Familie besteht aus Mirren mit ihrem Mann Joxian und deren drei Kinder. Der älteste Sohn Joxe Mari hat sich bald der ETA angehängt, war in Frankreich im Exil und bei einigen Attentaten im Baskenland beteiligt; letztendlich ist er im Gefängnis. Tochter Arantxa hat auch einen Spanier (Nicht-Basken) geheiratet und zwei Kinder mit ihm; sie hatte im Urlaub einen massiven Schlaganfall, der ihren wachen und eigenwilligen Geist in einen maroden Körper sperren will; der jüngste Sohn Gorka geht bald in die Literatur und veröffentlicht Werke auf Euskara, arbeitet später in einem baskischen Radiosender, schließt sich aber von Gewaltausübung aus.
Es geht auch um die Frage der Amnestie für aggressive ETA-Mitglieder, die aus den Gefängnissen entlassen werden sollen. Während die Familien dieser darauf hoffen, protestieren die Familien der Getöteten dagegen, auch weil diese in der Gemeinschaft gemobbt wurden und werden. Die Rolle der nicht immer christlich liebenden und vermittelnden Kirche, sondern - hier gegen die Familie des Getöteten - auch mobbenden Priester wird skizziert.
Freundschaften zerbrechen innerhalb kurzer Momente und finden eigentlich nicht mehr zusammen.
In den Kapiteln werden die verschiedenen Sichtweisen der fünf und vier Familienmitglieder beschrieben. Manche die sich einfach nur klein machen wollen andere die einen Weg suchen, manche streiten, andere versuchen zu handeln, manche wollen einfach nur ihre normale Arbeit machen ohne dafür verurteilt oder getötet zu werden.
Die Menschen sind gut geschildert und deren Temperamente, Launen und Charakteristika entstanden wie ein Film vor meinen Augen. Auch die verschiedenen Lebensräume wie Kleinstadt, Stadt, fremde Orte zum Verstecken, Studienstadt sind gut beschrieben.
Unter die Haut gingen mir die Einsamkeit der Witwe, und die Kälte wie mit ihr umgegangen ist.
Ich habe länger an dem Buch gelesen, und durchaus Zeit gebraucht bis ich mich bei den Personen der Handlung und den Zeitsprüngen ausgekannt habe.
In Summe ein starker und sehr eindrücklicher Roman bei dem klar wird, welche Verletzungen politische Geschehen für Familien und Gesellschaft haben.
Fernando Aramburu Irigoyen wurde am 4. Jänner 1959 in San Sebastián geboren. Der Autor studierte in Saragossa panische Philologie, lebt seit 1984 in Hannover und arbeitete zunächst als Spanischlehrer. Seit 2009 verfasst er ausschließlich Bücher sowie Beiträge für spanische Zeitungen. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.Er spricht fließend deutsch. Sein erster war 'Roman Fuegos con limón' (1996) (Limonenfeuer)(2009).
"Patria" wurde mittlerweile in 20 Sprachen übersetzt, und ist als Serie in Spanien verfilmt worden.
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