Donnerstag, 27. August 2020

Karl von Holtei : "Ein Mord in Riga"

Karl von Holtei :
"Ein Mord in Riga"
erstmals 1854 in Graz erschienen
Dateigröße: 403 KB
ASIN: B004UBDTUI

In dieser episch geschriebenen Geschichte geht es um das Leben in Riga, in dem Lebensbereich zwischen und mit Russland, Deutschland, im damaligen Livland, in dem der betuchte Kaufmann Sigward mit seiner Frau mit viel Personal. Zuerst geht es hier immer wieder um den hübschen intriganten Simeon, dann um Iwan dessen Vater aus politisch-religiösen Gründen verschleppt worden war. Iwan arbeitet bei einem Geldverleiher, und wird nach dessen Ermordung des Mordes verdächtigt und gefoltert. Gerade noch rechtzeitig wird der neue Stadtvorsteher auf die Situation aufmerksam gemacht, er macht sich auf die Suche und findet genug Beweismaterial um Iwan zu entlasten, und ihn in die Freiheit entlassen zu können.
Später verreist Iwan und muß in Deutschland untertauchen. Auch hier macht ihm das Leben durch Mißtrauen das Leben schwer, bis endlich ein happy end beschrieben wird.

Der Stil ist altmodisch und langsam; es werden viele nicht mehr geläufige deutsche Wörter verwendet, auch einige russische Umschreibungen gibt es.

Der Autor nimmt sich Zeit die Stimmung der Orte, die Gepflogenheiten im Haus, mit Gästen oder in der Öffentlichkeit zu erzählen, er beschreibt die Gegend um Riga, Riga selbst und einige Gebiete in Deutschland ziemlich genau.
Es gibt in Riga bereits Verkehrsregeln, bei denen der Rücksicht auf Fußgänger seitens der Kutschen-fahrer genommen werden muß; bei bereits leichter Berührung mit einem Fußgänger gibt es heftige Strafen für Kutscher und Besitzer der Kutsche.

Die Menschen in Haushalt der Sigwalds sind schön beschrieben : die Gutmütigkeit des Kaufmanns und seiner Frau, die Fehde zwischen Köchin und Kammerzofe, die Intrigen des hübschen Dieners, die unscheinbare bösartige 'Muhme' des Dieners, Pferdenarr und positiver Mensch Iwan, der ehrgeizige neue Stadtherr der noch die richtigen Entscheidungen treffen kann.

Ein Drittel lang wird beschrieben, wie das Leben in Riga abläuft, welche Einflüsse aus Rußland und Deutschland auf Livland einwirken, welche großzügigen Lebensregeln herrschen. Ein Drittel lang wird beschrieben wie Iwan verdächtigt und gefoltert wird, und auch wie der echte Täter überführt wird. Im letzten Drittel lebt Iwan in Deutschland.

Mich hat diese Kriminal-Erzählung interessiert weil sie zu den ältesten des Genre Kriminalromans gezählt wird. Mitraten des Who-dunnit für den Kriminalteil ist möglich.

Für das Lesen mußte ich mir Zeit und Ruhe nehmen, weil das Tempo sehr gemütlich ist.
Meine Gedanken gingen einige Zeit durch die alten schönen Straßerln in Riga mit.

Viel Freude beim Lesen !

Karl Eduard von Holtei, auch Carl (von) Holtei, eigentlich Karl Eduard von Holtey wurde am 24. Jänner 1798 in Breslau, damals Schlesien in Königreich Preußen, geboren. Er spielte Theater in Breslau, war auf Wanderschaft in Frankfurt Paris Prag Dresden Weimar Berlin Hamburg sowohl als Schauspieler als auch Theaterleiter. ab 1850 schrieb er in Graz Theaterstücke und Romane, ab 1863 lebte er wieder in Breslau, wo er am 12. Februar 1880 starb.

Freitag, 21. August 2020

Sebastian Themessl : "Wo dein sanfter Flügel weilt"

Sebastian Themessl :
"Wo dein sanfter Flügel weilt" - Schuberts letzte Symphonie - ein musikgeschichtlicher Kriminalroman
2020, Hollitzer Verlag Wien
404 Seiten
ISBN 978-3-99012-806-0

Der amerikanische Dozent Phil Mason hört in Wien Schuberts große C-Dur Symphonie. Ihm entschlüsselt sich ein Zusammenhang zu Mozart, er findet eine wissenschaftliche Arbeit in der diese Komposition Beethovens 9. Symphonie gegenübergestellt wird, und hell und dunkel in diese Kompositionen und Aufführungen interpretiert wird. Phil kommt einer großangelegten Verschwörung gegen Schuberts große Symphonie inklusive Weltherrschaftsanspruch seit dem Beginn dieser Symphonie auf die Spur, geht nach Moskau zur Recherche, reist mit seinem Bruder Adam nach Südamerika und kommt wirklich auf die Rädelsführer, die größer als Freimaurer oder Illuminati sind. Er kommt wie alle, die davor auf der Spur dieser Vernetzung sind, nicht mehr an die Nähe der Veröffentlichung.

Für mich als Klassikfan sind Überlegungen die Große Schubert-C-Dur Symphonie als negatives Gegenstück zur positiven 9. Symphonie von Beethoven zu positionieren unterhaltsam, obwohl mich die Intensität dieser Schubert Komposition immer in den Bann zieht.

Die vielen Menschen die hier vorallem in Wien, aber auch in Moskau beschrieben werden sind von faszinierend vielfältig bis zu aktuellen Personen sehr genau nachempfunden. Manche Namen in Wien dürften nur leicht verändert sein, und werden Menschen, die sich in der Musikszene Wiens auskennen, vermutlich zum Schmunzeln bringen.

Es gibt viele Menschen, die als Typen gut beschrieben sind und mir gefallen haben: in Wien z.B  die musikenthusiastische pensionierte Vermieterin, die schöne ukrainische Musikstudentin, der versoffene Musikprofessor, der Pubbesitzer der griechische Verse an die Wand seines Pubs schreibt; in Russland sind es der intrigante Wirtschaftsmensch, und ein witziger Archivar.
Leider ist mir die Hauptperson Phil Mason nicht sympathisch.

Zum Lachen brachte mich eine kurze Szene, in der ein junger Komponist in schönstem pidgin-english einen nerven Phototouristen weiß macht, daß in Wien am Montag Photo machen verboten sind - bei Gefängnisstrafe. Leider fliegt die Idee rasch auf, der Tourist wird aber noch einmal durch den Kakao gezogen.

Mir fehlen bei dem Buch das Inhaltsverzeichnis, und ein Glossar der vielen musiktheoretischen Begriffe.
Der Titel ist Friedrich Schiller und Beethovens 9. Symphonie entnommen.

Beim Lesen war ich zuerst gut unterhalten, dann war es spannend, und am Schluß war ein Gemisch aus traurig und verrückt.

Da es in dem Buch von Komponistennamen und anderen Worten in Musikzusammenhang ziemlich wimmelt, werden sich vermutlich Musikenthusisten/-innen bei dem Buch gut unterhalten Am Schluß hatte ich das Gefühl einem Roman der nicht mehr um Liebe, Mantel und Degen, sondern und Internet, Tod und Verschwörung geht.

Sebastian Themessl wurde 1975 in Innsbruck geboren. Er studierte zunächst Geschichte und Philosophie und 2003 schloss er ein Kompositionsstudium an der Musikuniversität Wien ab. Er ist Komponist, Schriftsteller und Lehrbeauftragter für Musiktheorie. 

Mittwoch, 19. August 2020

Donna Leon : "Geheime Quellen"

Donna Leon :
"Geheime Quellen" - Commissario Brunettis neunundzwanzigster Fall
original "Trace Elements"
2020, Cornerstone Digital
Aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz
2020, Diogenes Verlag
307 Seiten
ISBN 978-3-257-07099-6

Commissario Guido Brunetti und seine neapolitanische Kollegin Commissaria Claudia Griffoni werden im drückend heißen Venedig zu einer sterbenden Patientin gerufen. Sie setzt die beiden auf den Tod ihres Mannes und schmutziges Geld an. Während sich Vice-Questore um Handtaschendiebe die zufällig die Frau des Bürgermeisters beklaut haben sorgt, gehen die beiden mit Hilfe des bekannten Teams, also Sergente Lorenzo Vianello und Signora Elletra Zorzi, der Spur zu einer Wasserprüfanstalt im Veneto nach. Dort begegnen sie der Personalchefin und dem Chef der chemischen Abteilung, die einander mit großer Antipathie begegnen. Brunetti und Vianello arbeiten sich durch Daten und Grenzwerte, um am Schluß einen unsympathischen Menschen laufen lassen zu müssen, und einen möglichen Unfall zur Anzeige bringen.

Donna Leon greift diesmal zwei Themen auf. Das eine wie manche Firmen rücksichtslos mit dem Wasser, das für alle da ist, firmen-egoistisch umgehen und nicht vor Vergiftung für alle zurückschrecken. Das andere Thema ist, daß es bei Krankheit die Zwei-Klassen-Gesellschaft bei Behandlung gibt, die sich durch Vorhandensein von Geld oder nicht, definiert. Beide Themen ließen mich bedrückt zurück.

Etwas Platz ist Griffoni gewidmet, bei der beschrieben wird, daß sie bereits Veneziano umsetzt, wie sie genial Gespräche führt, aber auch wie sehr sie sich an Venedig gewöhnt hat.

Die Menschen sind wie immer genial skizziert. Der Chefchemiker der im Luxus lebt, und der sich jegliche Empathie mit Mensch und Tier abgewöhnt hat; die Personalchefin die sich mit fremden Federn schmückt und in den falschen Mann verliebt ist; der Unfalltote der absolute Werte lebte, sich damit wenig Freunde machte.

Wer gerade bei einem lieben Menschen den Krebstod miterlebt hat, oder dem körperlichen Abbau eines nahestehenden Menschen zusehen mußte, sollte vielleicht einige Kapitel überspringen.

Der Kriminalroman ist wie gewohnt sehr gut geschrieben und gut zu lesen. Leider läßt das Ende keine Freude aufkommen. Trotzdem viel Freude beim Lesen.

Samstag, 1. August 2020

Friedrich Schiller : "Der Verbrecher aus verlorener Ehre "

Friedrich Schiller :
"Der Verbrecher aus verlorener Ehre"
erstmals 1786 veröffentlicht
Dateigröße: 537 KB
ASIN: B00XK6NJZ4

Der Sonnenwirt Christian Wolff, ist ein häßlicher junger Mann, und hat kein Glück. Zuerst wildert er aus Hunger und wird verurteilt, seine Liebe wird nicht erwidert, er wird ins Gefängnis nochmals wegen Wilderns diesmal länger eingesperrt. Er verläßt das Gefängnis als böserer Mensch als er ursprünglich gewesen war, und schließt sich einer Räuber- und Wildererbande an. Dort steigt das gegenseitige Mißtrauen, weshalb er versucht als Soldat unterzukommen um doch noch etwas für sein Vaterland zu leisten. Dies scheitert, er wird in einer Stadt als gesuchter Verbrecher erkannt und den Stadtobersten vorgeführt.

Schiller moralisiert vor dem Beginn der Erzählung. Es geht um hartes Rechtssystem, das wenig Bereitschaft für unglückliche oder enttäuschte und häßliche Menschen, die einen Fehler begangen haben, hat.
Die Geschichte basiert auf einer 'true story'.

Spannend ist, daß Schiller hier nur dem Leben, den Gedanken und Gefühlen der auch dem Verbesserungswillen des Christian Wolff folgt.

Die Geschichte ist wie von einem Großmeister nicht anders zu erwarten, gut und spannend geschrieben. Menschen und Wälder sind gut vorstellbar.

Mich hat die Geschichte interessiert, weil sie als erste Kriminalgeschichte, als Vorläufer des auch von mir geliebten Krimis/Kriminalromans gilt.