Sonntag, 21. Februar 2010

Leo Perutz: "Der Judas des Leonardo"


Leo Perutz
"Der Judas des Leonardo"
Erstausgabe Zsolnay Verlag 1959
dtv 2007
mit Nachwort von Hans-Harald Müller
201 Seiten
2 Seiten Schlußbetrachtungen des Verfassers
6 Seiten Nachwort
1 Seite editorische Notiz
ISBN 3-423-13304-X

Ein wunderschöner Roman, der sich Zeit läßt, der mich in den Bann gezogen hat mit seinen Menschen, seiner Sprache, auch mit dem in die Zeit und seine (im Vergleich zu heute) Langsamkeit ziehen.

Messer Leonardo arbeitet an seinem Abendmahl im Kloster Santa Maria delle Grazie und erzürnt die Patres da er seit Monate nicht weiterarbeitet. Vom Herzog von Mailand auf das Warum angesprochen erklärt der Maler, daß er einen Kopf suche: die Vorlage für den Judas Ischariot, weil er nicht Geldgier sondern eine andere Emotion abbilden möchte - den verletzten Stolz und die verletzte Liebe.
Parallel dazu ist ein böhmischer Geschäftsmann, der mit allem handelt, mit dem man handeln kann, in der Stadt. Er möchte nach Abschluß seiner Geschäfte eine alte Schuld gegenüber seinerm Vater eintreiben, die aber dem schlimmsten Wucherer und Geschichten erzähler der Stadt gegen steht.
Joachim Behaim der gepflegte Geschäftsmann verliebt sich in ein bezauberndes Mädchen.
Dieses Mädchen wird von einigen Männern angeschwärmt und auch von dem Mann Mancino der vor Jahren sein Gedächtnis veloren hat und jetzt durch Lieder singen, Dichten und Morden überlebt, beschützt. Sie ist aber die Tochter des Wucherers.
Als dem Deutsche dies offenbart wird, vertreibt er die Zuneigung und seine Heiratswünsche zu ihr aus seinem Herzen, und stiftet sie mit einer Lügengeschichte an Geld von ihrem Vater zu stehlen, um sie nachher zurückzuweisen.
Ehe der wucherische Vater draufkommt das die Tochter Geld entwendet hat, stellt sich Mancino beim Stehlen so dumm, daß ihn der Wucherer attakiert und tödlich verletzt. Dies gibt der Stadt die Handhabe gegen den Wucherer endlich vorzugehen - und Leonardo hat endlich die Vorlage für den Judas: Behaim wird Jahre später als er wieder mit Handel durch Italien zieht mit dem Gemälde und der daraus resultierenden Verachtung der Menschen konfrontiert.

Das Buch erzählt die Geschichte spannend und ruhig, es vermittelt ein Italien-gefühl mit Markt, Handwerkern (Holzschnitzern, Pferde hufschmieden, Malern, Zuckerbäckern, etc.), Höflingen, Reichtum und Armut, guten und schlechen Wirtshäusern und Absteigen und skizziert in einigen Strichen das Ambiente.

Ich habe das Buch genossen und kann es nur weiterempfehlen !

Dienstag, 16. Februar 2010

Mary Janice Davidson: "Die mit dem Werwolf tanzt"

Mary Janice Davidson
"Die mit dem Werwolf tanzt"
original "Deriks Bane. A Wyndham Werwolf Tale"
The Berkeley Publishing Group, Penguin Group (2005)
ins Deutsche übertragen von Stefanie Zeller
2009 bei Lyx, Egmont Verlagsgesellschaften mbH
236 Seiten
ISBN 978-3-8025-8216-5

Nette, freche, leichte Geschichte, die Werwolfmythen (Derik Gardner, als Retter der Welt) bis Artussage (Doc Sara Dunn soll die neue Morgain de Fay sein und als diese die Welt vernichten möchte, oder auch nicht) mischt, und am Schluß in einem Happy End mündet.

Teilweise nett und frech geschriebene Szenen, die mich mitten in der Straßenbahn zum Lachen bringen, v.a. wenn sich Werwölfe in stereotyp gutaussende Männer (ziemlich abgedroschen) mit leichten Anpassungsproblemen in der Gesellschaft bewegen. Netterweise ist Sara kein halb verhungertes Magermodell, sondern eine Frau mit Kurven ;-).
Die Sexszenen erinnern mich an den Stil von Nora Roberts.
Witzig finde ich die Welt der Werwölfe, und wie deren Hierarchie und die Entwicklung zum Alpha-Wesen dargestellt wird.

Empfehlenswert für Leser, die sich einen gemütlichen Abend mit netter Lektüre, ohne viel Anstrengung machen wollen.

Samstag, 13. Februar 2010

Sylvia T. Haymon: "Ritualmord"

Sylvia T. Haymon
"Ritualmord"
aus dem Englischen von Christine Mrowietz
Original "Ritual murder" bei Constable & Co ltd (1982)
Serie Piper Spannung (1986)
266 Seiten
ISBN 3-492-15504-9

Großteils guter Kriminalroman mit schönen Figuren, klaren Szenerien, dem am Ende irgendwie der Atem ausgeht.

Inspektor Ben Jurnet, der aussieht wie ein Italian Lover, wird zu dem toten Buben Arthur gerufen, der wie ein ermordeter Zuckerbäckerssohn aus 1144, jetzt als St. Ulf bekannt, hergerichtet . Der Leichnam des Chorknaben wurde auch noch in der archäologischen Grabstelle des St. Ulf gefunden.
Es stellt sich heraus daß Arthur eher unbeliebt gewesen war, und mit Zeitungsaustragen Taschengeld verdiente. Nach und nach addiert sich dazu, daß er damit auch Drogen transportierte.
Am Schluß stellt sich heraus daß ein anderer Chorknabe, mit dem Arthur seine Machtspielchen trieb, seine Hände bei dem tödlichen Unfall im Spiel hatte. Ob Unfall oder Absicht bleibt die Gewissensfrage des Inspektors.

Viele unterschiedlichen Menschen bevölkern die Szenerien wie die pedantisch putzende Mutter des ermordeten Buben, den etwas überhebliche Dean der Kathedrale und einige seiner hilfreichen Menschen, ohne die ein Kirchenbetrieb kaum möglich ist, das Archäologenteam mit redseligem Chef und wunderschöner erotischer Tochter eines Lords, einem Ehepaar aus Wien die die Nazis überlebt haben und in England mit Wiener Konditorei einen Neuanfang schafften, die beschränkte liebevolle zauberhafte Mutter eines intelligenten Buben die der Chef der Familie in einem verwahrlosten Wohnwagen leben läßt und die fast einem Anschlag zum Opfer fallen, bis dem Aufflackern des Antisemitismus.

Angst machen die Absätze in denen Rückblick auf die Zeit des Antisemitismus im mittelalterlichen England gehalten wird, aber auch in denen die Grausamkeit zwischen Kindern und parallel wiederaufkommender Antisemtismus und religiöser Zwangbekehrungsgedanken aufkommen.

Nette Metaphern bei der zB: wird der schöne Dom dessen Vorlage die Kathedrale von Norwich ist als "steinerne Hochzeitstorte" beschrieben ..

Empfehlenswert für Menschen die sich gerne Szenerien und Menschen schildern lassen, die die Verschiedenartigkeit von Menschen / Schichten/ Herkünften mögen und die Feinheit von Beoabachtungen.

Freitag, 12. Februar 2010

Barbara Büchner: "Die Schwarze Köchin"

Barbara Büchner:
"Die Schwarze Köchin"
Brendow Verlag Moers 1995
160 Seiten
ISBN 3-87067-599-3

Eine komische Geschichte, die in einer Stadt Wien spielt, das nicht Wien ist, Fragen des Christentums andiskutiert und mit der Möglichkeit spielt, daß Haß alleine andere Menschen töten kann.

Die Leihbibliothekarin Dorothee Lechner und ihr Halbbruder Benedict Anderson, genannt Sunny (wegen seines sonnenhaften positiven Ausstrahlung) werden zu Hilfe gerufen. Sunny, der freier Geistlicher ist, wird um Beistand ersucht - allerdings ist die dicke Frau bereits tot.
Der Kriminalpolizist Tristan Fehring hofft mehr Information bei Dorothee zu finden. Gemeinsam versuchen sie die Fragen z.b. den Namen der toten Frau zu lösen (der nie geklärt werden wird).
Ein charismatischer christlicher Führer taucht auf: Simon Beresford (der es kurze Zeit Dorothee angetan hatte) inklusive seiner Liebesgeschichte zu einer wunderschönen reichen jungen Frau. Sie wohnen in einem schönen Haus - mit einem Zimmer in dem das Licht allein durch Übersinnliches leuchtet.
Auch von einem Unfall wird berichtet, bei dem ein Unternehmer ums Leben kommt und sein schöner junger schwuler Freund das Augenlicht und den Verstand verliert.
Diese Puzzleteile finden alle ein Äquivalent in den wenigen Sachen, die die dicke Tote bei sich in einem Schachterl führte - und die sich dann als Hinweis enpuppen, daß ihr diese Menschen bewußt oder unbewußt Schmerz (sie wird als nervötend beschrieben) zugefügt hatten. Ob Haß allein diesen Menschen, die ihr Böses getan haben, Schaden zufügen kann ?
Dorothee und Tristan fühlen den Haß noch am schmucklosen Grab der dicken Frau.

Der titelgebende Name kommt von einem Kinderlied: "ist die schwarze Köchin da ? ..."

Die Gedankengänge über Verstehen, Verzeihen, christliches Verzeihen haben Substanz. Manches andere wirkt für mich aufgesetzt und konstruiert.

Irritierend ist für mich als Wienerin, daß ich hier nichts wirkliches aus Wien erkennen kann - keinen der Orte wirklich lokalisieren kann sondern nur vermuten kann, daß hier bewußt Versatzstücke verdreht wurden.
Störend ist es für mich als Wienerin, daß Bürgersteig statt Gehsteig und City statt Innenstadt geschrieben wird (ob dies an dem deutschen Verlag oder an der Autorin liegt ?)

Empfehlen würde ich das Buch Menschen die offen für Übersinnliches sind, und auch dieses gelten lassen.

Mittwoch, 10. Februar 2010

Anna Dankowtsewa: "So helle Augen"

Anna Dankowtsewa
"So helle Augen"
aus dem Russischen von Christa Vogel
original "Sag v levo"
2000 beim Machaon Verlag, Moskau
deutsch 2001 Diogenes Verlag AG
225 Seiten
ISBN 3-257-06284-2

Schön geschriebene Geschichte, die 2 Handlungstränge zu einem Punkt bringt, und nebenbei ein gut bürgerliches Leben in Moskau schildert - mit paar Versatzstücken als Farbtupfer.

Xenia ist Psychiaterin, und gewohnt alles in ihrem Leben - auch ihre Emotionen (wie die zu ihrem Ehemann und ihrer halbwüchsigen Tochter) - zu beherrschen. Aus Gefälligkeit übernimmt sie den neuen Klienten Oleg - obwohl alle ihre Instinkte sie davor warnen.
Parellel wird das Leben des pensionierten Polizisten Pjotr geschildert - mit paar Strichen zeichnet die Autorin die Tierpension, in der er mit seiner Frau den verschiedensten Tieren (von Python, über Affe bis zu flauschigem Hasen und sprechenden Papagei) vorübergehend ein Heim gibt.
Ausgangspunkt ist ein grauslicher Mord an einer Studentin. Pjotr nutzt seine alten Kontakte - hier wird nebenbei das Kontrollnetz in der Polizei, oder dem Studentenheim geschildert - um diesen Mord an seiner Nachbarin und Ersatztochter aufzuklären, folgt seinem Instinkt, daß es ein Serienkiller sein muß, arbeitet Akten durch, rettet nebenbei einem Hund das Leben und setzt das Netzwerk, das den Mörder zu seinen Taten bringt, zusammen.
Am Ende finden die beiden Handlungsstränge in einem baufälligen Haus zusammen und der neue Klient Oleg von Xenia wird als der Serienkiller entrollt.

Schön sind die Beschreibungen im russischem Alltagsleben, wie dem gemeinsamen Backen zu Neujahr, die sozialen Netzwerke (v.a. wie Verbindungen wirklich funktionieren), die unterschiedlichen Wohn- und Lebensbereiche (Wohnblocks, Häuser, medizinische Institute, Polizeiarchiv, etc.) bis hin zu den Menschen, z.b. die kleine Szene in der eine neue Leiche entdeckt wird. Der Showdown (inklusive Geiselnahme) unter Zuhilfename der ehemaligen Ausbilduung als Militär des Ehemanns von Xenia und des noch im Beruf stehenden Ex-kollegen von Pjotr ist mir etwas zu stromlinienförmig, aber rasch lesbar, sodaß das Ende des Buches ein gutes Gefühl ist ;-)

Montag, 8. Februar 2010

Leena Lander: "Im Sommerhaus"


Leena Lander
"Im Sommerhaus"
aus dem Finnischen und mit einem Nachwort versehen von Angela Plöger
Original "Iloisen kotiinpaluun ausinsjat"
1997, Verlag Söderström, Helsinki
deutsch Wilhelm Goldmann Verlag, München
1. Auflage Taschenbuch September 2001
352 Seiten
ISBN 3-442-72770-7

Ein schönes intensives Buch, das es trotz der Schwierigkeit mehrerer Zeitebenen schafft, die Spannung und Neugier zu halten, und dessen dicht beschriebene Szenen und Menschen unter die Haut gehen.

Lys Bergmann besucht ihren Jugendfreund Olavi Harjula. Hier starten die unterschiedlichen Zeitebenen und verwobenen Handlungsstränge der Menschen, denn sie sucht Hanna Aalto. Nebenbei lernte ich einiges über die Geschichte Finnlands nach dem 2. Weltkrieg.

Lys Bergman - Tocher eines Archäologen in Afrika - kehrt mit ihrer Familie kurz vor dem Ende des 2. Weltkrieges nach Finnland zurück. Ihr Vater wird geschätzt und beneidet - geschätzt weil er im Kinderheim der einzige ist, der die Kinder mit seinen Geschichten zu unterhalten und motivieren weiß.
Olavi Harjula ist der einzige Sohn einer Angestellten in der Schiffswerft, deren russisch Kenntnisse ihr die Arbeit für die Herstellung der als Reparationszahlungen verlangten Schiffe verschafften.
Im der Stadt hat ein Schwesternpaar ein Heim für Kinder aufgemacht - Kinder, die nach Schwedern geschickt worden waren, nun alle zurückkommen müssen, aber nicht immer willkommen sind. Sie versuchen Kindern die finnisch verlernt haben, wieder ein Heim zugeben - das Buch deutet an, welche Wunden die doppelte Entwurzelung für die Kinder (zuerst Familie und Finnland zu verlassen, dann Schweden und neue Familie zu verlassen) geschlagen hat. Daß es nicht alle Kinder so gut hatten eine neue Familie zu finden, sondern nur als gratis Arbeitskraft gegolten haben dürften, ist auch festgehalten.
Hier lebt ein Mädchen, das Hanna Aalto genannt wird und (fast) nicht spricht. Dieses Mädchen nimmt Lys Vater als zweite Tochter in sein Haus - bzw. das seiner Frau und seines Schwiegervaters - auf.

In Szenen wird beschrieben wie Lys und Olavi ihre Teenager-Körperlichkeit miteinander entdecken, daß niemand Hanna vermißte, daß Lys Vater seiner Frau nicht treu war, daß den Schwestern die Arbeit im Heim nicht leicht fiel, daß es die Finnen schafften fast unlösbare Reparationszahlungen in Form von Schiffen wirklich zurückzuzahlen, daß Karrelien im 2. Weltkrieg heiß umkämpft war, und immer wieder im jetzt wie Lys und Olavi sich schwer tun im Großelternalter (beide haben längst Kinder und Enkelkinder) miteinander zu reden.

Knackpunkt ist, daß Lys von Olavi zu einem Zeitpunkt schwanger wurde, als Lys Vater des Sex mit seiner Ziehtochter Hanna angeklagt worden war, aber Hanna nichts zur Klärung beitragen konnte, da sie verschwunden war. Olavi wußte nichts von seiner Vaterschaft. Lys hatte aber einen Brief ihres Kindes (eines Buben) mit ihm erhalten, der um die Geschichte seiner Eltern ersuchte. Lys ersucht Olavi ihr zu helfen den Ruf ihres Vaters zu reinigen - den Ruf als Kindsverführer, der bei einem Unfall das Leben ihrer Eltern gekostet hatte, und sie in ihrer Schwangerschaft in den Wahnsinn getrieben hatte - sodaß sie sich überreden hatte lassen ihr Kind zur Adoption freizugeben.

Lys versucht Hanna zu finden, damit diese ihr helfen möge und langsam entrollt sich, daß Hanna ein russisches Konzentrationslager als einzige der Familie überlebt hat. Als Reparationsleistung hätte sie sofort nach Rußland zurück übergeben werden müssen. Einige Zeit lang war sie als billige Arbeitskraft in einer Fuchsfarm untergebracht, wo sie da sie bei den Füchsen schlief/schlafen mußte. Das jetzt aber auch wohin sie nach ihrer Zeit bei Lys Familie entschwunden war, bleibt aber verborgen.

Ein eigener Erzählungsstrang wird einem Stein auf einer Insel gewidmet, der eigentümliche rote Zeichnungen aufweist, die Lys Vater faszinieren. Phantasietiere und ein Phallus snd wichtige Elemente der Zeichnungen. Es sind aber keine archaischen alten Zeichnungen, sondern Rache der Mädchen die den Zieh- resp. Vater beim außerehelichen Vergnügen beobachtet hatten.
Teile der Zeichungen werden dann zum Puzzlestein zu Hanna, denn die Tiere weisen auf russischen Ursprung genauso wie ihre vier Puppen, die die Namen ihrer vier Schwestern haben, die im Konzentrationslager umgekommen waren.

Befriedigendes Ende gibt es für mich nicht. Es bleiben Fragen : Fragen über die Zeit damals und Fragen wie sich die Geschichte der Darsteller weiter entwickeln würde.
Mir ging der Roman unter die Haut. Ich kann ihn gerne weiterempfehlen an Leser die sich gerne in andere Landschaften entführen lassen, denn vor meinem Auge lief fast ein Film ab.

Sonntag, 7. Februar 2010

Akif Pirincci "Salve Roma!"

Akif Pirincci
"Salve Roma!"
Eichborn Verlag 2004
272 Seiten
ISBN 3-8218-0956-6

jö - den kenne ich noch nicht, habe ich mir beim Anblick dieses Buches gedacht und es am gleichen Abend gemütlich gelesen.

Francis, der Kater der Vorbücher, ist immer noch ein gescheiter, frecher, etwas vorlauter Kater, der es versteht die Katzenwelt zu beeindrucken.
Hier schafft er es illegal mit seinem menschlichen Dosenöffner nach Rom zu fliegen, landet aber beim illegalen Wechsel von einem Rucksack in den anderem im falschen und startet hier seine persönliche Entdeckungstour durch Rom, lernt Hunger und Freunde kennen, aber auch einen Katzenmord und die besten Lokale bzw. deren Hintertüren.
Geführt wird er von dem charmanten Kater Antonio, der ihm seine Geschichte als homophiler Kater (inkl. Ächtung) offenbart.
Francis lernt das Forum Romanum mit dort allein residierender Chefkatze Sancta kennen, reaktiviert sein (und des Lesers - wenn vorhanden -) Latein, erhält Audienz bei des Papstes Kater Miracolo, flirtet mit Katzenschönheit Samantha, leistet sich als Anti-Climax eine Blamage im Katzenclan und saust durch das Labyrinth unter den Häusern Roms. Schlußendlich deckt er die Morde auf, da ein verrückter Mensch den Mechanismus des Kleinhirns einer Katze (den Gleichgewichtssinn) für Bomben einsetzen möchte, wobei diesem Mann Francis’ Freund Antonio hilft. Showdown in einer Kirche mit Bomben, bösen Menschen und kämpfenden Katers (bei dem - nona - Francis gewinnt).
Nebenbei verhilft Francis seinem Dosenöffner durch einen Sturz zu einer wissenschaftlichen Entdeckung, die beide für längere Zeit in Rom verbleiben läßt.

Schön sind die Schilderungen in Rom, bei denen man versucht ist fast einen Stadtplan auszuklappen und bereut, daß es keine Stadtpläne für unterirdische Kanäle gibt.
Nett finde ich den Einstieg in das Buch, in dem der der Dosenöffner Gustav sehr genau unter die Lupe genommen wird.
Francis war immer schon als Kater-Matcho unterwegs, aber die patriarchalische Anwandlung einer Katze beim Kätzchen austragen zuzusehen, halte ich für übertrieben - meine alten Kater waren an Kleinvolk nie interessiert (eher an massierenden Dosis).
Es ist rasch und griffig geschrieben, manches ist mir zu ungenau, aber das Buch macht katzophilen Lesern sicher noch Vergnügen ;-)

Freitag, 5. Februar 2010

Gillian Linscott: "Scheidung auf englisch"

Gillian Linscott
"Scheidung auf englisch"
aus dem Englischen von Gabriele Kosack
original "Stage Fright" (1993)
bei Little, Brown and Co, London
deutsch Elster Verlag 1996
266 Seiten
ISBN 3-89151-229-5

Netter gut lesbarer Krimi, der in 3 Stunden oder an einem grauen Wochenendtag gut zu genießen ist - am besten mit einer Tasse Tee neben dem Lesesessel ;-)

Die Detektivin und Sufragette Nel Bray wird von Georg Bernhard Shaw gebeten die Hauptdarstellerin für die geplante Premiere zu beschützen. Diese Dame ist eine schöne intelligente reiche Frau, die nach der Heirat mit einem einflußreichen Lord entdeckt hat, daß hier nur ihr Geld geliebt wurde und sich scheiden lassen möchte (was ein 'no do' bei den Lords ist). Sie möchte Schauspielerin sein und ist mittlerweile mit einem Mann, der Schauspieler und Flieger ist, liiert.
Schön ist die Szenerie der Proben im Theater geschildert mit Kostümproben, Menschen die das Theater bevölkern wie dem schönen Schauspieler Charles oder Einblicke wollen - wie Damen die zahlen, daß sie heimlich zur Probenzeit in den Logen sein dürfen -, bis hin zum Auftritt des degoutanten Vertreters des Lord Chamberlain - des Theaterzensors.
Prompt unterbricht die Entdeckung seiner Leiche die Spannung und die vermutlich guten Rezensionen der Premiere.
Bei der Suche nach dem Mörder werden die verschiedensten Milieus geschildert - der arme schwule charismatische Schauspieler in seinem Kämmerchen, Gasthäuser, die Bourgoisie mit ihren vorgeschriebenen Benimmregeln (inkl. eisiger Reaktion bei Verstoß gegen dieselben) bis hin zum arroganten gefühllosen Adel. Bei manchem bin ich mir nicht sicher ob die Zeit "richtig" abgebildet ist, z.B. bei dem Haus das Nel alleine nur mit Katzen am Land bewohnt.
Das Zensurwesen im Theater wird genau beschrieben - und wie es ins Wort eingriff (oder eingreifen könnte).
Faszinierend ist die Projektion des ersten Fluges, der zu der gegebenen Zeit wirklich ein Ereigniss gewesen wäre und die Art wie dieser geschildert ist.

Eigentlich wäre es nett hier die englische Originalversion gelesen zu haben ;-)