Sonntag, 24. Dezember 2023

Timna Brauer : "Weihnachten ist überall"

Timna Brauer :
"Weihnachten ist überall" - Fantastische Geschichten zu Traditionen aus aller Welt
Mit Bildern von Florence Dailleux
2023, G&G Verlag
1 Seite Timna Brauer liest und singt  + 5 Seiten Vorwort + 57 Seiten + 1 Seite Information Lieder zu den Geschichten
ISBN 978-3-7074-2437-9

Nach einem berührenden Vorwort, bei dem klar wird, daß Weihnachten eine Gewohnheit der Christen ist, die es für Menschen anderer Religionen nicht immer einfach macht, werden elf Geschichten aus der Welt etwas verwandelt oder erweitert erzählt.
Es gibt einen Heiligen Abend in Dornbach in Wien, Befana tanzt in Italien, Tió de Nadal furzt sich in Katalonien durch Weihnachten, in Stuttgart treffen sich Weihnachtsmann und das Christkind, in London werden Socken gestrickt und die Weihnachtsfrau liefert die packerln aus, in der Ukraine schmückt die Spinne Pavuchky mit ihren silbernen Fäden den Tannenbau, in Sibirien laden Väterchen Frost und die kleine Schneeflocke die Baba Jaga zur Weihnachtsfeier ein, in Caracas rollen die Menschen auf Rollschuhen zur Weihnachtsmesse, in Norwegen werden Besen versteckt und die Kühe schlafen in der Weihnachtsnacht auf Matratzen, ein Bub reist mit seinem Vater im Flugzeug durch einige afrikanische Länder und lernt daß in Liberia der Weihnachtsmann keine Geschenke gibt sondern um sie bettelt, und in Österreich gibt es das Postamt Christkindl.

Mit einem QR-Code geht es zur musikalischen Fassung dieser Märchen, die zuerst erzählt werden, und dann in einem Lied enden.

Ich habe mir das Buch geschenkt, da ich die Stimme von Frau Brauer sehr mag und mich ihre feinfühlige Art Geschichten zu erzählen fasziniert. In diesem Buch ist ihr dieser Zauber für mich wieder gelungen.
Manchen Geschichten brachten mich fast zum Weinen, andere zum Lachen wie die Erzählung in London in denen es von Namen der Royals wimmelt.

Viel Freude beim Lesen, egal ob rasch oder gemütlich jede Erzählung einzeln.

Timna Brauer wurde am 1. Mai 196 in Wien geboren. Sie ist Sängerin und in vielen künstlerischen Sparten tätig.

Donnerstag, 14. Dezember 2023

Andrea Stift-Laube : "Schiff oder Schornstein"

Andrea Stift-Laube :
"Schiff oder Schornstein"
Roman
2019, Kremayr & Scheriau
180 Seiten + 1 Seite Dank + Lesebändchen
ISBN 978-3-218-01154-9

Franziska ist die ältere Schwester von Ilia, und aktive Umweltschützerin; sie macht bei Aktionen auf Schornsteinen und Schiffen mit bei denen auf den Klimawandelt aufmerksam gemacht werden soll.
Ila ist die jüngere Schwester, der die Umwelt auch wichtig ist. Die macht aber bei kleinen Gruppen mit, die Tiere pflegen, ist Vegetarierin. Sie bewundert ihre Schwester, traut sich aber deren Leben nicht zu. Sie sucht ihre verschwundene Schwester.
Konstantin ist verliebt in Franziska und würde alles für sie tun. Er geht mit ihr Hühner als Legebatterien befreien, bleibt nach ihrem Weggehen am Hof mit vielen Obstbäumen leben. 

Franziska bleibt verschwunden.
Ila beginnt mit Konstantin eine Kunst-Installation um auf den Klimawandel hinzuweisen, und baut eine Fake-website mit Katzenfleisch auf. Der erwartete Shit.storm kommt, ohne auf den Klimawandel hinzuweisen.

Konstantin kippt in den Kapitalismus, Ila hilft einer netten älteren Dame die zu viele Tiere beherbergt.

Die Geschichte ist entweder aus Sicht von Ila oder Konstantin in Ich-Form geschrieben. Beide zweifeln an dem was sie tun, aber während Ila langsam ihre weg findet, driftet Konstantin weiterhin unglücklich verliebt herum.

Das Thema Klimawandel, Sorge um die Umwelt wird thematisiert. Es geht entweder um die großen Umweltsünder oder vegetarisches/'veganes Leben.
Die ältere Dame mit ihren Tieren, die aber nicht vegetarisch lebt, ist hier eine Mischung aus beiden Positionen.

Orte der Handlung sind irgendwo in Österreich, ohne konkrete Ortsnennung mit Stadt und Land.

Die Sätze sind kurz, teilweise als ob sie gesprochen wären. 

Das Thema Katze zieht sich durch das Buch, da Ila durch ihre Katze Lucky  zur Umwelt findet, und ihre Entscheidungen beeinflußt.

Am Cover ist ein schwarzer Katzenkopf abgebildet.

Der Roman ist gut geschrieben, wollte aber daß ich ihn bewußt lese, und nicht beim Lesen einfach überflogen werden.

Andrea Stift-Laube wurde am 16. Jänner 1976 in der Südsteiermark (Österreich) geboren. Sie studierte Germanistik und Sprachwissenschaft und ist Schriftstellerin und Herausgeberin einer Zeitschrift. Ihre erste schriftstellerische Veröffentlichung war 2007 "Reben" (Erzählungen).

Mittwoch, 6. Dezember 2023

Xavier-Marie Bonnot : "Die Melodie der Geister"

Xavier-Marie Bonnot :
"Die Melodie der Geister" - der fünfte Fall für Michel de Palma
Kriminalroman
original "Le pays oublié du temps"
2011, Actes Sud, Arles
Aus dem Französischen von Gerhard Meier
2015, Unionsverlag, Zürich
357 Seiten
ISBN 978-3-293-00484-9

Polizeikommandant Michel de Palma muß den Mord in Marseille an einem alten Forscher Delorme aufklären, auf dessen Gesicht eine alte Maske aus Neuguinea gesetzt worden war. Mithilfe der Tochter versucht er das Leben des Forschers nachzuvollziehen und bekommt einiges aus dessen Zeit der Forschung gemeinsam mit dem alten Freund Ballancourt erzählt. Die beiden waren in den 30-er Jahren bei den Einheimischen gewesen und haben Masken gegen Waffen eingetauscht. Diese Masken haben Jahrzehnte später hohen Sammlerwert und auch die ursprünglichen Stämme sind an den Masken interessiert. Später kommt heraus, daß es vor Jahrzehnten auch zu einer Liebesgeschichte zwischen einem der Forscher und einer einheimischen Witwe gekommen war.
In Marseille wird ein Händler ermordet, ebenso wie ein Matrose eines unter Observation stehenden Schiffes, und ein kleiner Dieb. de Palma muß Sigmund Freud über Totem und Eros nachlesen, und verstaubtes Denken über Urvölker beseite räumen um an des Rätsels Lösung zu kommen.
Als Parallelgeschichte beginnt zwischen dem Polizeikommandanten und seiner alten Liebe eine Romanze aufzuflackern.

Die Regionen und Flüsse auf Neuguinea mußte ich nachlesen.

Faszinierend fand ich wie beschreiben wird wie die Schädel der Feinde/Freunde behandelt werden, verziert werden, mit Muscheln und Knebmaterial aus Köpfen ausdrucksstarke Bewältigung von Furcht, Liebe und Trauer werden.

Den deutschen Titel hat das Buch weil leise Melodien erklingen, wenn der gespannte Bogen, mit dem der Pfeil abgeschossen wird, klingt.

Die Geschichte ist spannend. Aber leider bin ich nicht in den Stil hineingefallen.

Xavier-Marie Bonnot wurde am 7 Dezember 1962 in Marseille geboren. Er promovierte in Geschichte und studierte Soziologie und französische Literatur. Seine berufliche Karriere begann er als Filmregisseur von Dokumentarsendungen und Reportagen. 2002 feierte er mit der Veröffentlichung seines ersten Kriminalromans 'La première empreinte' /dt. 'der große Jäger' mit Band eins sein literarisches Debüt. Seither erschienen weitere Fälle mit dem Marseiller Polizeikommandanten Michel de Palma. Sie wurden mehrfach ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt.

Donnerstag, 30. November 2023

Karl Rittner : "Die Toten von Wien"

Karl Rittner :
"Die Toten von Wien" - ein Fall für Alexander Baran
2023, Goldmann Verlag
13 Seiten Prolog + 400 Seiten + 3 Seiten Danksagung
ISBN 978-3-442-49090-5

Im Prolog wird von der kurzen aber glücklichen Ehe zwischen Szonja und Anton Graf von Waldstetten, die zeitgleich mit dem Jagdbesuch des Kronprinzen vor dem ersten Weltkrieg endet, und einem Fluch erzählt.

1922 in Wien, ist Alexander Baran, eigentlich Sandor von Barany, Kriminalbeamter, der immer noch nach seiner vermissten Schwester Szonja sucht; ihm zur Seite steht Bezirksinspector Florian Meisel.
Eine Balletttänzerin wird ermordet gefunden, ein pensionierter Hofrat vor die Straßenbahn gestossen, ein Student (der sich als Dieb entpuppt) verhaftet, eine weitere Balletttänzerin ermordet .
Eine junge Anwältin, Frau Eleonore Wertheim, vertritt zuerst den Studenten, hilft Baran dann weiter. Ein ehemaliger Graf, Otto Schöntan, hat ein Unterhaltungsetablissement mit Tänzerinnen. Pathologe Alfred Bernstein mit seiner Kartenspielrunde u.a. mit dem Schriftsteller Hugo Bettauer, den Herausgebern Robert Sticker und Arthur Freud, bringt Baran auf richtige und falsche Spuren; und wird ebenfalls als Wissender ermordet. Ein mysteriöser Mann mit blauen, sehr kalten Augen aber sonst wenig  Wiedererkennungsmerkmalen, entpuppt sich als Strippenzieher, da er als Kind nicht so umsorgt worden war wie sein Zwillingsbruder. 
Hintergrund war auch eine politische Verschwörung und ein Zusammenhang mit Geheimpolizei gewesen.
Letztendlich kann Baran auch die Sache mit seiner verschwundenen Schwester lösen, und einen unguten Vorgesetzten dank eines Fehlers loswerden.

Der Kriminalroman ist sehr gut geschrieben. Wien damals ist nachvollziehbar, mit seinen reichen Villen, aber auch armen Gegenden im zweiten Bezirk und elendsarmen, menschenunwürdigen Zuständen in Baracken. Der Ausdruck "Grabennymphen" für käufliche Frauen war mir bis dato nicht bekannt gewesen.

An Wiener Örtlichkeiten gibt es die Wiener Staatsoper, die American Bar (auch: Loos Bar genannt), den Wiener Wurschtl-prater mit Rotunde, Café Siller (wurde 1945 zerbombt), Martinkirche im 18. Bezirk, Villen in Dornbach, Sechs-Schimmel-hof im 8. Bezirk, Chatham-Bar in 1. Bezirk (jetzt Café Hawelka), ehemaliges Kriegsspital im 19 Bezirk aus dem Wohnbaracken gemacht wurden; Gasthaus "zur güldenen Waldschnepfe" in Dornbach, das es als Lokal allerdings mit anderem Namen immer noch gibt.

Die Persönlichkeiten sind greifbar geschildert, auch wie eigentlich alle sehr daran arbeiten müssen in diesen Zeiten über die Runden zu kommen und die Einsamkeit zu bewältigen.

In Summe ein sehr guter Kriminalroman, der spannend ist.

Karl Rittner ist das Pseudonym eines österreichischen Schriftstellers und Hochschulprofessors. Er wurde 1960 im Land Salzburg geboren, und lebt zur Zeitpunkt der Buchveröffentlichung in Wien.

                      

Freitag, 24. November 2023

Daisy Bird, Anna Pirolli : "Die kleine Eule und das Weihnachtswunder"

Daisy Bird :
"Die kleine Eule und das Weihnachtswunder"
Illustrationen Anna Pirolli
original "Once Upon a Christmas Owl"
2022
Aus dem Englischen von Berd Stratthaus
2023, Annette Betz Verlag
38 Seiten
ISBN 978-3-219-11994-7

Ein diesem Buch mit ungewöhnlich hohem Format wird die "wahre" Geschichte einer kleinen Eule erzählt, die in in ihrem Baum schläft, während der Baum gefällt wird. Der Baum wird als Christbaum in New York aufstellt; dort entdeckt glücklicherweise ein Feuerwehrmann die Höhle mit Eule, und die Eule wird wieder in den Wald gebracht.

Diese Geschichte ist 2020 wirklich passiert.

Die Illustratorin hat in diesem Buch hohe Bäume, die das hohe Format brauchen, gezeichnet. Für die Zeichnungen von New York muß man das Buch quer drehen, weil sie die ganze Länge für New York Sky line nutzt, und auch das Querformat um zu illustrieren wie der Baum gekippt wird.

Der böse Blick, mit dem die Eule den Feuerwehrmenschen ansieht, gefällt mir sehr.

Eine entzückende kleine Geschichte, die liebevoll gezeichnet wurde :)  

Freitag, 17. November 2023

Elena Ferrante : "Meine geniale Freundin"

Elena Ferrante :
"Meine geniale Freundin" -Band 1/ Kindheit, frühe Junged
Roman
original "L'amica geniale"
2011, Edizione e/o, Rom
Aus dem Italienischen von Karin Krieger
2016, Suhrkamp
406 Seiten - 5 Seiten mit handelnden Personen
ISBN 978-3-518-42553-4

Im Prolog erzählt die Ich-Person, Lenuccia genannt Lenù oder Elena Greco, daß der Sohn von Raffaela Cerullo, genannt Lina oder Elena, seine Mutter sucht, weil sich die beiden seit mehr als sechzig Jahren kennen. Hier startet die Rückblende in die Kindheit.

Kindheit heißt hier eines der Armenviertel Neapels - konkret Rione - , in denen die Familien eher unter sich bleiben und sehr vorsichtig sind, wenn es um Familien mit Machteinfluß geht. Manche Familien gehen leise mit Problemen um, andere sehr laut. Elena Greco ist das Kind eines Pförtners und wird in der Schule sehr gefödert, während Lila Cerullo keine Förderung bekommt aber durch viel Lesen viel Wissen und Logik kombiniert, und damit Elena damit für schulische Leistungen herausfordert. Die beiden Mädchen werden enge Freundinnen, wobei Lila Elena auch menschlich zu neuen Grenzen bringt.
Während Elena weiterhin in die Schule gehen darf und schönes Italienisch lernt, Latein und später auch Griechisch, muß Lila ihrem Vater und Bruder im Schuhladen helfen. Sie hat Ideen für neue schöne Schuhe, die ihr Bruder nach viel Mühen zusammenbringt.
Elena macht einen Kururlaub auf Ischia, und wird hübsch; Lila entwickelt sich zu einer interessanten Schönheit und verlobt sich mit Stefano Carracci, der ihr verspricht ihre Schuhideen umzusetzen und ihrer Familie zu helfen.
Bei der Hochzeit entdeckt sie, daß ihr Ehemann sie belogen hat, da das Geld von der verhaßten Familie Solara kommt, die mit der Mafia zusammenarbeitet, und alle anderen Familien unter Druck setzt.

In dem Buch sind 10 Familien aufgezählt, was viel hilft die Namen und Zusammenhänge halbwegs im Überblick zu halten. Ich habe mir schwer getan die vielen Familien- und Mädchennamen zu behalten.
Dieser Roman ist der erste von vier Teilen.

Die Menschen und ihre Leben sind spannend beschrieben. Die meisten Familien sind arm, Kleider werden lange gepflegt, und die meisten Menschen haben Arbeit die wenig Einkommen bringt.

Die Freundschaft der beiden Mädchen wird schön beschrieben, in ihrem Gegensatz von brav und blond zu hager und blitzenden Augen.

Der Roman ist dicht geschreiben, die Szenerien liefen vor meinem geistigen Auge. Viel Freude beim Lesen.

Elena Ferrante, geboren am 4. April 1943 in Neapel, ist  ein Pseudonym einer italienischen Schriftstellerin, die es geschafft hat seit den 1990-er Jahrn anonym zu bleiben. Die Interviews werden ausschließlich schriftlich geführt. 1992 erschien ihr erster Roman "L'amore molesto", der 1994 auf deutsch, und dann nochmals 2018 übersetzt wurde. "L'amica geniale" ist der erste Band einer Tetralogie.

Freitag, 10. November 2023

Fabcaro + Didier Conrad: "Die Weisse Iris" (Asterix Band 40 )

Fabcaro + Didier Conrad: "Die Weisse Iris" (Asterix Band 40 )
original "L'Iris Blanc"
2023, Hachette Livre / Goscinny-Uderzo
aus dem Französischen übersetzt von Klaus Jöken
2023, Egmont Comic Collection
46 Seiten
ISBN 978-3-7704-2440-5
 
Die Soldaten in den Lagern um das Gallische Dorf lassen sich nicht mehr zum Kämpfen motivieren. Der Motivator Visusversus bietet seine Methode der weißen Lilie mit positivem Denken und freundlichen Formulierungen als Idee das Dorf auszuschalten an. Im Dorf bringt er Ideen zu gesundem Essen an, und beeinflußt mit seinen freundlichen Formulierungen. Als nicht einmal mehr die Lieder von Troubadix zu einer Schlägerei führen, beginnt sich Asterix Sorgen zu machen. Bei Gutemine setzt sich der Wunsch nach dem Stadtleben durch, was Vicusversus auf eine Idee bringt, was die Gallier wie gewohnt zu unterbinden wissen.

Wie immer gibt es wunderbare Kleinigkeiten, wie die Wildschweine die sich furchtlos benehmen oder der Eilkarren nach Lutetia, in dem ein Zug vorweggenommen wird und Obelix' Konfrontation mit den den kleinen Portionen der Nouvelle Cuisine.

Es gibt auch Scooter in Lutetia, und Klebeaktionen zum Schutz des Waldes.

In Summe habe ich mich sehr gut beim ersten Lesen und Ansehen unterhalten, und werde vermutlich viele Feinheiten beim zweiten Durchgang entdecken. Viel Spaß !

Samstag, 8. Juli 2023

Paul Grote : "Bitterer Chianti"

 Paul Grote :
"Bitterer Chianti" - Ein Wein-Krimi
2005 / 4. Auflage April 2006
300 Seiten + 1 Seite Danksagung
ISBN 9778-3-499-23998-4

Frank Gatow (den die italiener wie Gatto also Katze ausprechen) ist als Photograph geschickt worden um Weingüter in der Toskana zu photographieren; die Termine sind bereits ausgemacht. Hier kommen ihm Schläger in die Quere, die seine Ausrüstung ruinieren und auch sonst zusetzten. Ein Termin wird nicht gehalten, weil der Winzer nicht wie vereinbart erscheint. Dafür lernt er eine sympathische Winzerin kennen, die leidenschaftlich feinen, aber wenig Wein macht. Als einem Winzer seine Maschinen gestohlen werden, und befreundete Winzer helfen und dafür behördliche Probleme bekommen, beginnen sich die Machtspiele einer überregionalen Gruppe zu erkennen. Ein sehr arroganter Mann wird am Schluß von seinem Dünkel gestossen.

Der Roman ist gut geschrieben, läßt die Menschen und Landschaft vor dem geistigen Auge entstehen, sodaß man als Leser/in fast mitwandern könnte.

Es wird auch Wissenswertes über Wein geschrieben, das interessieren kann oder auch nicht.

Bei den Personen sind der zwielichte Weinkenner Scudiere nicht uninteressant. Politiker Strozzi ist ein Politiker aus dem Abziehbuch. Als Garnierung gibt es eine aufmerksame Vermieterin mit sehr aufdringlicher Tochter mit teilweise unerwünschten Verbindungen.

In Summe ein herrliches Urlaubsbuch. Viel Spaß beim Lesen

Freitag, 30. Juni 2023

Ivo Andric : "Wesire und Konsuln"


Ivo Andric :
"Wesire und Konsuln"
Roman
original "Travnicka hronika"; 1945 fertig geschrieben
The Ivo Andric foundation, Beograd, Serbia
Deutsch von Hans Thurn, überarbeitet von Katharina Wolf-Grießhaber
2016, Paul Zsolnay Verlag (erstmals 1961 auf deutsch)
5 Seiten Prolog + 622 Seiten + 3 Seiten Epilog aus 1942 + 4 Seiten Verzeichnis fremder Ausdrücke + 12 Seiten Nachwort von Karl-Markus Gauß
ISBN 978-3-552-05802-6

Jean Daville wird 1806 unter Napoleon in die Stadt Tavnik gesetzt. Dort ist er der erste französische Konsul, der erste Konsul überhaupt, der sich in diesem Ort mit den örtlichen Gegebenheiten, dem dortigen Sultan, den dortigen Begs, Menschen mit vier verschiedenen Religionen, und vielen Stämmen auseinander setzten muß.
Zur Unterstützung ist ihm als Kanzler des Fossés zugeteilt, der weltoffen und vertrauensselig durch die Stadt und Gegend reitet und versucht in Kontakt mit den Menschen vor Ort zu kommen.
César d'Avenat ist als Übersetzter zuteilt und ein intriganter Mensch.

Viel später entsendet auch Kaiser Franz aus Österreich seinen Botschafter nach Travnik. Oberst Joseph von Mitterer hat auch Familie, allerdings keine so unterstützende, sondern eher kapriziöse.
Ihm zur Seite steht als Dolmetscher und Büroangestellter Nikola Rotta, ein Mensch aus einfachsten Verhältnissen, der es mit Arbeit und Strebsamkeit geschafft hat, die Karriereleiter so weit zu erreichen; als mißmutischer und hochmütiger Mensch hat er es nicht einfach. 
1811 kommt ein neuer Konsul - der gutaussehende, perfekte aber kalte Oberstleutnant von Paulich.

Nach der Niederlage Napoleons und den Verhandlungen im Wiener Kongreß 1815 werden beide Konsulate aufgelöst, und die Region lebt ihr gewohntes Leben weiter.

Den Botschaftern aus Frankreich und Österreich steht der lokale Wesir gegenüber, der meist zur Strafe nach Travnik entsandt wird. Diese Botschafter sind menschlich komplett unterschiedlich. Während  Mechmed-Pascha ein betont joviale Oberfläche hat unter der er bedenkenlos Menschen beseitigt, ist der Ibrahim-Pascha ein nachdenklicher Mensch der seine großen Schmerzen beim Bewegen verbirgt und loyal zu seinem ehemaligen Herrn, Selim III, mit dem er auch untergehen wird. Der dritte Wesir Ali-Pascha ist ein Mann des Militärs, der sofort Leute einer Liste folgend enthaupten läßt

Der Roman ist grandios geschrieben. Sowohl die Landschaft mit langem dunklen Winter, aber schönen Periode in Frühling-Sommer-kurzen Herbst, der das Gärtnern erlaubt sind spürbar beschrieben.
Auch die unterschiedlichen Menschen in der Stadt mit vier unterschiedlichen Religionen, mehreren Stämmen, allen Schichten von besoffenem Sänger bis quasi Arzt, die Agas und Alteingesessenen.
Selbst die Fratres sind unterschiedlich und variantenreich gezeichnet.

Viel Zeit ist für die Beschreibungen der Persönlichkeiten aufgewandt. Sie sind nicht nur körperlich beschreiben, sondern in ihrem Wandel und wie sie versuchen sich an die vielen Ungemütlichkeiten und Mühsale vor Ort anzupassen. 

Bei diesem Buch war ich gefordert jede Zeile bewußt zu lesen; einen Absatz einfach quer zu lesen, ging für mich beim Lesen nicht. Es zahlt sich für mich aus Zeit beim Lesen dieses Buches aufzuwenden.

In Summe ist das Buch nicht nur geschichtlich wichtig, da es Verständnis für die aktuellen Probleme dieser Region bringt, sondern auch für mich grandios geschrieben. Viel Freude beim Lesen !

Montag, 29. Mai 2023

Toby Barlow : "Baba Jaga"

 Toby Barlow :
"Baba Jaga"
original "Babayaga"
2103, Straus & Giraux, New York
Aus dem amerikanischen Englisch von Giovanni und Ditte Bandini
2014, Hoffmann und Campe, Hamburg // 2. Auflage 2017
530 Seiten + 1 Seite Prolog + 1 Seite historischer Hintergrund + 1 Seite Danksagung
ISBN 978-3-455-65062-4

Zoja, eine attraktive junge Frau mit Kurven hat ein gutes Auge welche Männer ihr behilflich sein könnten, im Paris der 50-er Jahre. Sie hat bereits ein bewegtes Leben hinter sich, da sie aus Rußland kommend durch weise Frauen in die Kunst der Hexerei geschult worden war; ihr sieht man die vielen Jahre ihres Lebens nicht an. Elga ist einer der weisen Frauen, die sie eingeschult hatten, die sich aber zur bösen alten Frau entwickelt hatte, die ausgezeichnet hexen kann.
Will lebt seit einigen Jahren in Paris, hat es aber als Amerikaner nicht weiter als einige Frauenbekanntschaften gebracht, und arbeitet als Werbetexter. Ihm wird ein Naheverhältnis zu einer Außenstelle der CIA nachgesagt. Er lernt über seinen Chef Zoja kennen. Ein Bekannter namens Oliver bringt ihn immer wieder in Schwierigkeiten und mit einigen eigenartigen brutalen Menschen zusammen. Sein Chef Brandon ist etwas undurchsichtig. Seine Liebe zu Zoja bringt beide in Probleme.
Charles Vidot ist Polizist aus Leidenschaft und damit seinem karrieresüchtigen Chef überlegen. Er soll einen Mord aufklären, lernt Elga kennen und wird in einen Floh verwandelt. Er versucht auch als Floh zu überleben, lernt später Will kennen und überlebt.

Der Roman wird vier Büchern erzählt in dem den verschiedenen Figuren gefolgt wird. Es sind immer wieder Strophen abgedruckt bei denen sich langsam entschlüsselt, daß hier Rückblenden stattfinden und manchmal auch gehext wird.

Zojas Leben wird auch in Rückblenden erzählt, als sie eine menschliche junge Frau war, die nur durch die Hilfe der Hexen überlebt. Sie versucht manchmal die menschliche Liebe wieder zu leben, merkt aber daß das sie das nicht mehr machen darf. Elga ist über Jahrhunderte des Lebens hart geworden, für sie zählen Menschenleben nicht mehr. Den beiden sind zwar einige kaltherzige Menschen, die Hexenwissen und magisches Wissen sammeln (wollen), den Menschen nach Wissensübergabe sehr übel mitspielen.
Will lebt zwar in Paris, läßt sich treiben, und wird wie von einem Wirbelwind von den Menschen und Hexen durch die Luft gewirbelt. Vidot ist unterhaltsam wie er als Floh überlebt, er behält seinen Gestaltungswillen auch als Floh, und es gelingt ihm am Schluß sogar seinen unfähigen Chef loszuwerden.
Die Geschichte des Priesters Andrej, der die Hexen über Jahrhunderte begleitet hatte, und seines Bruders Max ist berührend.

Der Roman ist sehr unterhaltsam geschrieben. Die Bilder laufen beim Lesen im Kopf ab. Gewisse Ungereimtheiten, und hier meine ich nicht Hexensprüche und deren Wirkungen, lösen sich doch freundlich auf.

In Summe habe ich diesen Roman sehr genossen und mich köstlich dabei unterhalten (Floh Vidot mit seinen Transporttieren als Beispiel genannt). Viel Spaß beim Lesen !

Mittwoch, 26. April 2023

Power Paola : "Virus tropical"

Powerpaola :
"Virus tropical"
Text und Zeichnungen Power Paola
original 2010, La Editorial Común, Buenos Aires
übersetzt aus dem Spanischen von Leo Hübner
Hrsg Lea Hübner, Tina Brenneisen, Matthias Mende
2022, Parallelallee Verlag, Berlin
161 Seiten + 1 Seite Danke
ISBN 978-3-986235-3-6

In schwarz-weißen Zeichnungen, die wie Linolschnitte wirken, erzählt Paola in dem Buch mit pink Umschlag von ihrem Entstehen - die Schwangerschaft wurde nicht entdeckt, und stattdessen wurde sie als Virus tropical  bezeichnet - bis zu ihrem Entschluß sich beruflich dem Zeichnen zu widmen.
Paola ist die dritte Tochter nach Claudia (blond), und Patty (schwarze Locken) eines kolumbianischen Priesters und seiner Partnerin, die in Quito leben. Zuerst ist Patty ekelhaft zur kleinen Schwester, wird aber immer mehr zur wichtigen Bezugsperson, die ihr die wichtigen Sachen im Leben erklärt. Der Vater ist instabil und trennt sich zwischendurch von seiner Familie; die Mutter liest dann die Zukunft in Dominosteinen für die wohlhabenden Menschen und versucht den Töchtern die Ausbildung, die sie wollen, zu ermöglichen. Alles entwickelt sich anders ,,,

Die Geschichte wird manchmal mit wenigen Strichen, manchmal mit vielen liebevollen Details erzählt aus Sicht der kleinen und dann größeren Paola erzählt. Familie, Schule, Lernen, Übersiedeln ins Nachbarland, Probleme mit den falschen Wörtern (weil die üblichen in Ecuador, nicht in Kolumbien), der erste irgendwie Freund, Familienprobleme - alles wird pointiert auf den Punkt gebracht.

Ich bin beim Lesen und Blättern in die Welt von Paola gefallen, und habe ich von den Zeichnungen verzaubern lassen. In der Pubertät sind viele Lieder im Radio beschrieben (die gut als Fußnote übersetzt sind), und von Pop bis Indie-style gehen.

Die Welt ist noch ohne Handy, aber die Drogen-Banden-Wirklichkeit ist in Kolumbien aktueller als in Ecuador.

In dem Buch geht es fast nur um Frauen- Mutter, Schwestern, immer ein Hausmädchen, Freundinnen; die meisten Männer werden unverläßlich charakterisiert.

Ich habe den Film 2018 im Filmfestival "Viennale" in Wien gesehen, und kann mich noch gut an die Spannung und Genuß im Publikum, und den starken Applaus danach erinnern.

Power Paola wurde als 20 Juni 1977 als Paola Andrea Gaviria Silguero in Quito gebore. Sie lebt jetzt in Buenos Aires.

Donnerstag, 30. März 2023

Gabriela Garcia : "Von Frauen und Salz"

Gabriela Garcia :
"Von Frauen und Salz"
original "Of Women and Salt"
2021, Flatiron Books
Aus dem Amerikanischen von Anette Grube
2022, Claassen / Ullstein Buchverlag GmbH, Berlin
293 Seiten + 4 Seiten Dank
ISBN 978-3-546-10011-3

Carmen denkt an ihre Tochter Jeanette in Miami, María Isabel hört in Camagüey in der Zigarettenfabrik dem Vorleser zu, Jeanette kommt in Miami weder vom Abscheu an ihren Vater noch vom Drogenkonsum ihres Freundes los, Gloria und Ana haben sich mühsam nach Miami geschmuggelt und werden nach Mexico zurückgeschickt, Dolores und Maydelis bekommen Besuch von Carmen und Jeanette in La Habanna, Dolores denkt zurück, es endet mit Ana.

Vier dieser Frauen gehören zu einer Familie, die Kuba zur Zeit von Batista, CheGuevara und Miami erlebt und drei versuchen ernsthaft zu Überleben. Männer sind nur in Nebenrollen vorhanden. 

Interessant ist wie die jeweilige Zeitgeschichte erzählt wird. Kuba mit dem Kampf gegen Batista und seine Clique ist spürbar, wie die Arbeiterschichte dagegen kämpft, ist interessant; es wird auch unnötig Brutales gegen Frauen geschildert. Miami ist als amerikanische Stadt nicht spürbar; das Frauenanhaltelager ist dagegen sehr spürbar geschildert.

Das Buch wird als Roman bezeichnet, was ich nicht nachvollziehen kann. Ich empfinde diese zwölf Kapitel, in denen episodenhaft zwischen 1866 bis 2019 zeitlich unchronologisch von Frauen erzählt wird, als kleine Erzählungen, die für sich stehen.

Manche dieser Frauengestalten haben mich interessiert, bei manchen ist das Interesse gestiegen, aber eine Frau wurde mir beim Lesen unsympathisch. Alle sind nachvollziehbar geschildert.

In Summe ein interessanten Buch über Frauen, und deren Ziele oder Nicht-Ziele.

Gabriela Garcia ist die Tochter von Immigranten aus Cuba und Mexico, die Miam aufwuchs. "Of Women and Salt" ist ihr erster Roman.

Montag, 20. März 2023

Leonora Christina Skov : "Das Inselhaus"

Leonora Christina Skov :
"Das Inselhaus"
Kriminalroman
original "Hvor intet bryder vinden"
2015, Politikens Forla, Kopenhagen
Aus dem Dänischen von Nora Pröfrock
2018, btb Verlag
408 Seiten
ISBN 978-3-442-71424-7

Sieben Menschen werden auf eine Insel in ein Glashaus eingeladen, wo kein Internet vorhanden ist, und  die Meeresströmung den Zugang zum Festland quasi unmöglich macht. Robin Lee, eine Reisejournalistin in mittleren Jahr; Anne Elizabeth Solvtoft, perfekte Ehefrau und engagierte Mutter ohne Anerkennung, die Scherenschnitte macht; Sofie Lynggard, eine junge Frau die dünn und nervös ist; Greta Eek, eine bekannte Geruchsexpertin und eher kühle Frau mittleren Alters; Kevin Bergman, dessen Freundin mit ungewollten und kranken Kind schwanger ist, er aber nichts weiterbringt; Joachim Wedel Nordgren, erfolgreicher Krimiautor, der seiner geschiedenen Frau nachtrauert; Poul Erik Norgaard, Lehrer, dessen Frau Krebs hat.
Langsam entwickelt sich heraus, daß der Großteils dieser Menschen die schöne faszinierende Marcella gekannt hatten - einige als Kind, andere als Jugendliche, immer jedoch mit Einfluß und oft Zerstörung hinterlassend.
Einer der sieben Menschen verschwindet, einer stürzt die Stiegen unglücklich hinunter, weitere verschwinden, bis am Ende zumindest einiges erklärt wird.

Die Geschichte wird sprunghaft erzählt; spannend lesen sich die Kapitel in den Marcella agiert. Interessant sind auch die Kapitel in denen Marcella, Anne die hauptberufliche Ehefrau und Robin als Reisejournalistin in verschiedenen Ländern und Kulturen unterwegs sind. Während Robin neugierig ist, ist Anne bemüht ein gewissen Maß an elitärem Benehmen zu behalten; Marcella ist als Kind und Jugendliche bemüht nicht unterzugehen.

Die Menschen sind eher unsympathisch, wobei die kühle Greta, die sich weigert bei gewissen gesellschaftliche Konventionen mitzuspielen, im Laufe des Romans durchaus Qualitäten zugeschrieben bekommt. Anne die zuerst die perfekte Ehefrau und Mutter spielt, wird in ihren selbstgefääligen dummen Stereotypen immer unerträglicher. Robin ist eine weltoffene Charakterfrau, deren Charakter durchgängig ist. Die Männer sind alle eher unerträglich weinerlich, auch wenn einer erfolgreich ist.
Marcella ist vielschichtig - von schön und liebenswürdig und hilfsbereit, bis durchtrieben und manipulativ; letztendlich war sie überfordert und man hatte ihr zuviel zugemutet.

Der steigende Druck in dem Glashaus ist gut geschildert. Glaswände, die je nach Belieben mit einem Vorhang zugezogen werden können, gefallen nicht jedem der Protagonisten.
Es ist auch spannend zu lesen, wie mache der Protagnisten sich an das Leben anpassen zu vermögen, und anderer im aggressiver werden.
Sex wird mir zu aggressiv geschildert.

In Summe nicht uninteressant, auch wenn das Genre daß Menschen augenscheinlich willkürlich, aber doch mit Absicht zusammen sein müssen und einige ums Leben kommen, nicht neu ist.

Samstag, 4. März 2023

Mercedes Rosende : "Krokodilstränen"

Mercedes Rosende :
"Krokodilstränen"
Kriminalroman
original "El Miserere de los Cocodilos"
2016, Estuario Editora Montevideo
Aus dem Spanischen von Peter Kultzen
2018, Unionsverlag Zürich
216  Seiten
ISBN 978-3-293-00536-5

German und Sergio hatten entführt, die Gattin hat nicht gezahlt, German sitzt im Gefängnis weil die Gattin für ihn ausgesagt hatte. Der Name der Dame stimmte, aber es war nicht die Gattin - üppige Frau mit vielen Komplexen versus schlanke Frau, die alles hat. Ein Anwalt, der in Gut und Böse verwickelt ist, ist auch in einem Geldüberfall eingebunden; German soll fahren, ein brutaler ex-Häftling macht mit und eine der Ursulas, die von Geld träumt. Polizistin Leonilda möchte in der Polizei einiges richtig machen, und fühlt sich nicht unterstützt. 

Ursula, die Üppige, wurde von ihrem Vater immer wegen ihres Gewichts gemaßregelt, in ein dunkles Zimmer eingesperrt, und taucht auch nach seinem Tod immer wieder in Zwiegesprächen auf. Während sie sich auf ihr Übergewicht reduziert sieht, sind andere von ihrer üppigen Schönheit fasziniert. Langsam entwickelt sich, daß sie durchaus kriminelles Potential hat.
Ihr gegenüber werden einige Männer geschildert. Allen voran German, dem eigentlich die ganze Zeit nur schlecht ist, und dessen Lahmarschigkeit mich beim Lesen kribbelig gemacht hat. Es gibt weiters einen brutalen Gangster der vor nichts zurückschreckt. Mehrdimensional ist ein bestens gekleideter, mit allen Parteien vernetzer Anwalt, den selbst sein imbrünstig gelebtes Christentum vom Einsatz von Waffen bei einem Überfall abhält.

Krokodilstränen heißt das Buch, weil sie niemandem weiterhelfen (werden).

Der Kriminalroman ist spannend geschrieben und hat in der zweiten Hälfte Drive. Die Personen sind gut vorstellbar geschildert. Das Ende bleibt offen.

Sonntag, 26. Februar 2023

Nancy Campbell : "Fünfzig Wörter für Schnee"

Nancy Campbell :
"Fünfzig Wörter für Schnee"
original "Fifty Words for Snow"
2020, Elliot and Thompson Ltd, London
Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit
2021, Hoffmann und Campe
Umschlaggestaltung : Jo Walker
214 Seiten + 1 Seite Dank + 6 Seiten Quellenverzeichnis + 1 Seite über Autorin und Übersetzerin
ISBN 978-3-455-01180-7

In diesem wunderschönen Buch mit weißem Schneeflockenmuster auf blau, das auf den Innenseiten umgedreht ist indem blaue Muster auf weiß sind, sind weltweite Geschichten und Gedanken über Schnee gesammelt. Es wird das für ausgewählte 50 Sprachen Wort für Schnee oder eine besondere Art Schnee, denn es gibt ja Schneeflocken von fluffig weich, bis knirschend und erdrückend hart und kompakten Schnee, genannt, und daraus eine bezaubernde Geschichte oder etwas erzählt, das gänzlich ohne Magie ist.

Manche Geschichten brachten mir Tränen in die Augen, andere fand ich einfach nur schlecht.

Zwischen den kurzen Geschichten ist immer eine Seite in der eine wunderschöne weiße Schneeflocke auf blau gedruckt ist.

Die Auswahl der Sprachen ist interessant. Es geht von Sprachen die oft auf der Welt gesprochen werden zu ganz seltenen die kurz davor stehen von niemandem mehr gesprochen werden zu können.

Ich konnte meist nur zwei oder drei Geschichten pro Tag lesen; rasches Durchlesen ging für mich bei diesen Erzählungen / Übersetzungen nicht.

In Summe ein wunderbares schönes Buch mit viel Magie, das Freude auf Sprache und Verständigen macht.

Nancy Campbell, wurde 1978 in Exeter geboren; Sie wuchs in Schottland und Northumberland auf, lebt in Oxford / UK. Sie lernte traditionelle Buchhandwerkskunst bei Barbarian Press in Kanada und Woodside Press in New York und arbeitete anschließend bei Kunstbuchdruckereien in den USA und in Großbritannien. Mehrere Aufenthalte bei arktischen Forschungseinrichtungen inspirierten sie zu verschiedenen literarischen Projekten, die sich mit der Umwelt der arktischen Zone beschäftigen. 

Brigitte Jakobeit wurde 1955 in Hirschfeld geboren. Sie studierte Anglistik, Romanistik, Germanistik und Biologie. Sie ist Jouranlistin, Redakteurin und Übersetzerin.

Dienstag, 14. Februar 2023

Roberto Andò : "Ciros Versteck"

Roberto Andò :
"Ciros Versteck"
Roman
original "Il bambino nascosto"
2020, La nave di Tesco editore
Aus dem Italienischen von Verena von Koskull
2021, PolioVerlag Bozen
216  Seiten + 3 Seiten Anmerkungen + 5 Seiten Zitatnachweise
ISBN 978-3-85256-826-3

Gabriele Santoro, ehemaliger Pianist und jetzt Lehrer am Musikkonservatorium in Neapel, lebt in seiner eigenen Welt aus Ritualen wie Gedichte beim Rasieren rezitieren, sich seiner Kleidung zu widmen, Musik zu spielen und zu hören, und sonst seine Gewohnheiten zu pflegen. Nachbarsjunge Ciró flüchtet sich zu ihm, denn er und ein Freund hatten eine ältere Frau um ihre Handtasche erleichtern wollen; diese hatte sich gewehrt, war unglücklich gefallen und verstorben - und war die Mutter eines Mafiabosses, der nun Rache sucht.
Im Haus sieht Gabriele immer mehr unbekannte Menschen und bemerkt, daß er beobachtet, und sogar von einem ehemaligen, sehr schmierigen Schüler beobachtet wird. Er versucht einerseits seinen Bruder einen Staatsanwalt um Hilfe zu ersuchen was scheitert, den Mafia-boss zu erschießen was ebenso scheitert. Der Besuch bei seinem Vater ist zwar harmonisch, bald sehen sich Pianist und der Junge zur Weiterfahrt genötigt. Die Spirale der Gewalt dreht sich weiter, wird leider nur wenig durchbrochen.

Der Stil des Romans ist distanziert beobachtend. Alles wird aus Sicht von Gabriele Santoro beschrieben - der Roman folgt seinen Aktionen und Gedanken, wie sich aus einem Menschen mit geregeltem Leben jemand entwickelt, der versucht einen ca 10 jährigen Buben zu retten. 

Die Personen sind ebenfalls distanziert. Gabriele Santoro ein gepflegter Mann, Ciro mit dunklen Haaren und sehr blauen Augen, Diego der ehemalige Schüler als schmierigen Typen, Renato Santoro ebenfalls gepflegt und sehr von sich eingenommen, Vater Santoro warmherzig, der Mafiaboss klischeebehaftet.

Fast jedem der Kapitel ist ein kleiner Vers von  Konstantinos Kavafis voranstellt, der die Stimmung des kommenden Kapitels widerspiegelt.

Da der Protagonist Pianist ist werden viele Musikstücke zitiert. Es geht auch um die Kunst des Klavier lehrens. 

Der Roman ist nicht in einem und rasch lesbar, sondern es brauchte Muße da in dem Buch keinerlei Geschwindigkeit herrscht.

In Summe ein intensives Buch, das aufgrund seiner Geschichte und Personen etwas länger nachhallt.

Samstag, 28. Januar 2023

Constanze Scheib : "Der Würger von Hietzing"

Constanze Scheib :
"Der Würger von Hietzing"- Die Gnä' Frau ermittelt
Roman
2021, ein Oktopus Buch bei Kampa
277 Seiten
ISBN 978-3-311-30014-4

Helene Ehrenstein, elegante Gattin im noblen 13. Wiener Bezirk in den 70-er Jahren, lebt ihr höflich gelangweiltes Leben, und interessiert sich für Kriminalgeschichten. Eines der Dienstmädchen, Marie, teilt den Faible für Kriminalgeschichten. Nachdem die Tante eines der anderen Dienstmädchens ermordet worden war, beginnt sich Frau Ehrenstein manchmal geschickt, manchmal ungeschickt nachzulesen und zu recherchieren, denn es waren mehrere ältere Damen in Hietzing bestohlen und ermordet worden. Bei der Polizei bekommt sie wenig Information, aber ein Besuch bei einer Hippie Kommune, zu der Marie sie mitnimmt, bei der sie erstmals eine Jeans trägt und Gras raucht wird interessanter. Der Besuch bei einem möglichen Hehler bringt die schauspielerischen Talente der beiden noch mehr heraus. Am Schluß wird es spannend.
Parallel findet das Leben der gehobenen Dame mit sehr altmodischen (sehr klischeehaften) Haushalt und Tagesroutinen statt. Ehe- und Familienleben sind strukturiert - Wärme ist nicht spürbar.

Die Orte der Handlung wie die Villa in Hietzing, das Respalbüro der Polizei, die gemütliche Hippiewohnung sind gut vorstellbar geschildert.

Die Personen sind zwar gut geschildert, haben mich aber nicht berührt. Die Herzlosigkeit der Räuber-Mörder ist heftig.

Die Sprache in Wien - sowohl die der Dame, als auch die der Zimmermädchen mit wienerische - sind stimmig und es wurde nicht germanisierend eingegriffen, was wohl tut.
Bei Band 2 wurde ein Glossar erstellt, um Menschen die kein Wienerisch kennen resp verstehen, das Nachlesen zu erleichtern.

In Summe ist dieser Kriminalroman ist unterhaltsam zu lesen.

Freitag, 20. Januar 2023

Laura Coleman : "Spaziergang mit Puma"

Laura Coleman :
"Spaziergang mit Puma" - eine Freundschaft, die alles verändert
original "the Puma Years"
2021, Samar Hammam, Rocking Chair Books Ltd
Übersetzung aus dem britischen Englisch von Jasmin Humburg
2022, Bastei Lübbe AG, Köln
1 Seite Anmerkung der Autorin + 336 Seiten + 2 Seiten Danksagung
ISBN 978-3-431-05042-4

Die Autorin ist Mitte 20 und auf der Suche nach sich, dem richtigen Job und dem Platz auf den sie hingehören könnte. Sie findet einen Prospekt vom "Parque" des "Comunidad Inti Wara Yassi" im Schutzgebiet des Ambue Ari, bei dem für die Tiere Freiwillige mitten im Dschungel Boliviens gesucht werden. Zuerst ist sie dort mit allem überfordert - dem Klima, dem Schmutz, den Tieren und den anderen Menschen vor Ort. Ihr wird da sie länger bleibt eine Puma-dame anvertraut, um mit ihr durch den Dschungel zu laufen : so lernt sie Wayra kennen. Von Beginn an ist sie von der kleinen Großkatze, den Farben, den Bewegungen, dem grantigen fauchenden Charme von Wayra fasziniert.
Sie erzählt auch von den großen und kleinen Papageien, von verschmusten Brüllaffen, von anderen kleinen Großkatzen, die alle in "Parque" gepflegt und wenn es geht wie einem halbwegs normalen Tierleben zugeführt werden.
Das Wetter in Bolivien ist von extremer Hitze bis kalten Regenperioden. Schlimmer sind die Waldbrände die bewußt gemacht werden, und dann ausufern; entweder es gelingt Schneissen in den Dschungel zu schlagen, oder Regen löscht.
Lau/Laura/Laurita fährt einige Zeit weg, wird dann wieder sehnsüchtig nach dem "Parque" und lebt dann länger dort. Das Einverständnis zwischen ihr und Wayra, die entflohen war, aber nicht alleine überleben konnte, und glücklicherweise gefunden wurde, wird immer dichter. Auch gemeinsames Schwimmen im Fluß erleben die beiden. Laura fliegt wieder nach England, weiß aber was sie mit ihrem Leben macht .. und kommt weiterhin in den "Parque" um zu helfen.

Die Geschichte zwischen der Erzählerin und dem Puma geht zwar und die Haut, ist aber manchmal mühsam und sperrig zu lesen.

Es wimmelt von Namen für die Tiere und die anderen Freiwilligen. Es ist nicht immer alles leicht merkbar, wobei die charaktere der Tiere faszinieren. Die Liebe der meisten Freiwilligen gehören den "Katzen" - das Bauen der Gehege und Laufpfade durch den Dschungel ist sehr mühsam.
Die Schilderungen der Pflanzen, vor allem der riesengroßen Bäume, hat mich sehr angesprochen.

Die Landstraße die durch den Parque führt wird durch den steigenden rücksichtslosen LKW-Verkehr immer mehr zum  Risiko für die Tiere im "parque"; Tiere werden gestohlen und Landwirtschaft nimmt wertvollen Dschungelgrund. 

In Summe ein faszinierendes Buch, auch wenn ich mir mit dem Stil etwas schwer tat.