Sonntag, 13. Mai 2018

Clara Rojas : "Ich überlebte für meinen Sohn"

Clara Rojas :
"Ich überlebte für meinen Sohn"
original "Captive. Otage des FARC, elle accouche au coeurde l'enfer"
2009, Éditions Plon, Paris
Aus dem Spanischen von Stephan Gebauer
2009, Blanvalent Verlag, München
264  Seiten + 13 Seiten Anmerkungen der Autorin und Erläuterungen
ISBN 9787-3-74645-0337-6

Die Autorin war fast sechs Jahre als Geisel der FARC - Guerillos im kolumbianischen Regenwald. Sie beschreibt die Geiselnahme, die Örtlichkeiten an denen sie zu ziemlich unguten Bedingungen mit anderen Geiseln zusammenleben muß, sowie ihre geistigen und körperlichen Überlebensstrategien. Wichtiger Punkt für ihren Überlebenswillen ist die Entdeckung daß sie schwanger ist, die Geburt und das Bewußtsein ihren Sohn zu haben bzw für ein späteres Wiedersehen fit zu sein. Als eine ehemalige Geisel den Medien erzählt, daß es diesen Buben gibt, der nicht bei seiner Mutter ist / sein darf, beginnen die Verhandlungen und ihre Freigabe.

Ich habe das Buch als Gegenpol gelesen, da ich gerade auf Seite 515 von 728 Seiten von Ingrid Betancourts Reflexionen zur gemeinsamen Geiselnahme und Geiselhaft lese und mich die andere Darstellung zu den Ereignissen, Menschen und Ansichten interessiert.

Diese Autorin schreibt ziemlich sachlich, auch wie sie sich ziemlich bald in sich zurückzieht, und in der katholischen Religion ihre geistige und mentale Zuflucht sucht.
Sie schildert das unwürdige Zusammensein der Geiseln, also Menschen die gewohnt waren aktiv zu sein und plötzlich nur noch Hoffen dürfen, und die kleinen Gemeinheiten mit denen sie sich das Leben zu vereinfachen suchen und verletzen.
Die ehemalige Zusammenarbeit, vielleicht auch Freundschaft mit Betancourt scheitert und geht zugrunde. Für die Autorin als nicht junge Mutter war es erstaunlich wie wenig ihr die anderen Mütter (u.a. Betancourt) beistanden und helfen wollten.

Die Abschnitte über den Kaiserschnitt ohne taugliche Mittel und Menschen lassen erstaunen, daß Mutter und Kind zwar später in der Freiheit einige Operationen brauchten, aber in Summe wohlauf sind. (Über den Kindsvater gibt es Schweigen; sie wird es dem Sohn mitteilen, weil es nur für ihn wichtig sein kann).

Sie beschreibt sachlich mit wenig Adjektiven und Adverbien. Die menschliche Brutalität des Einsperrens, ecklige Toilettegruben bis Einsatz von Ketten spricht jedoch für sich.

Als Tatsachenbericht geht dieses Buch unter die Haut, die religiösen Teile waren mir etwas zu viel, die Liebe zu dem Sohn liest sich wunderbar.

Das Buch ist in angenehm großen Buchstaben gedruckt.
Die Ergänzungen zu den Menschen in den Anmerkungen enthalten oft kurze Hinweise auf andere Geiseln, bei denen nicht klar ist wie deren Geschichte ausging.

In Summe ein interessantes Buch. Ob es mich mehr oder weniger anspricht als das der Mitgeisel die mehr mediales und internationales Echo erhielt behalte ich mir bis zum Auslesen des anderen Buches vor.

Clara Leticia Rojas González wurde am 20. Dezember 1964 in Bogotá geboren. Sie ist seit 1992 Rechtsanwältin und 1997 Politikerin für die ökologische Partei 'Oxigeno Verde'. Sie war vom 23. Februar 2002 bis 10. Jänner 2008 bei den FARC als Geisel gefangen. Am 16. April 2004 kam ihr Sohn Emmanuel zur Welt, den ihr die FARC später wegnahm und den sie am 13. Jänner 2008 wiedersah. Sie ist jetzt wieder in der Politik tätig.

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