Donnerstag, 15. Juni 2017

Juan Gómez Bárcena : "Der Himmel von Lima"

Juan Gómez Bárcena :
"Der Himmel von Lima"
Roman
original "El Cielo de Lima"
2014, Editorial Salto de Página, S.L. Madrid
Aus dem Spanischen von Steven Uhly
2016, Secession Verlag für Literatur, Zürich
308 Seiten
ISBN 978-3-905951-95-0

Der Roman führt durch vier Kapitel : Komödie - eine Liebesgeschichte - eine Tragödie - Ein Gedicht. José und Carlos sind reiche junge Männer in Lima (Peru) die sich als Dichter sehen, statt sich auf die Nachfolge in den Firmen der Väter vorzubereiten. Um näher an einen bewunderten Dichter in Spanien heranzukommen erfinden sie eine junge Frau, in deren Namen sie dem Dichter bewundernde Briefe zu schreiben mit dem Ziel ein Gedicht dafür zu erhalten. Die Briefe gehen 1904 / 05 noch per schiff, die Damen sind entweder elegant zurückhaltend oder in Bordellen beschrieben. Die jungen Möchte-gern-Dichter holen sich Ratschläge bei Magister Cristóbal, der auf dem Hauptplatz von Lima als Schreiber für Analphabeten und für Verliebte agiert. Der Dichter im fernen Spanien schreibt immer zärtlicher und verliebter, José und Carlos zerstreiten sich, der Dichter plant ein Schiff zu nehmen und die erfundene junge Frau darf endlich an Schwindsucht sterben.

Der Schreibstil ist langsam und bewußt. Der Autor nimmt sich Zeit das damalige Peru, seine alte Oberschicht, die Neureichen, die Hobbies der Reichen, aber auch Politik die Arbeitern etwas menschenwürdiges Leben zugestehen möchte, und Bordelle bei denen dieser Ehrgeiz nicht vorhanden ist zu beschreiben.

Im Mittelpunkt stehen für mich José und Carlos. Beide sind reich, aber Carlos' Vater hat sich vom Kautschukarbeiter hinaufgearbeitet. Er versucht seinen Sohn zum Mann zu machen und fast peinlich in die bessere alt-reiche Gesellschaft zu bringen. Während Jose kein Problem hat die Bordelle zu besuchen, ist es eines für Carlos. Da Carlos eine schönere Handschrift nachmachen kann und somit die erfundene 'Georgina Hübner'-Briefe schreibt, nennt ihn José halb scherzhaft halb ärgernd 'Carlota' was v.a. in der jungen Männer Runde zum Problem escaliert. José ist der verwegenere der beiden, sammelt aber die Briefe des angeschwärmten Dichters; Carlos erfindet als Bub einen imaginären Freund, weshalb er auch eher das Gespür hat wie sich die erfundene Frau verhalten könnte.
Faszinierend finde ich die Gestalt des Magister Cristóbal, der nach einem Krieg als Schreiber am Hauptplatz zurückkehrt. Die Kapitel in denen er den beiden jungen Männern über den Reiz und Nicht-Reiz der Frauen die Chemie zwischen Mann und Frau zu erklären sucht sind sehr unterhaltsam.

Eigenartig sind die Stellen in denen Carlos zu einer Hure geht. Die anderen Mädchen/Frauen in dem Haus haben Namen, nur die die er besucht ist/bleibt namenlos.

Der Schriftsteller vergleicht Liebesgeschichten aus der Literatur wobei "María" von Jorge Isaacs aus Kolumbien neu für mich war.

Für diesen Roman sollte man sich Zeit nehmen, denn er ist nicht einfach von links oben nach recht unten zu lesen; ich habe ihn aber genossen. Viel Freude beim Lesen !
   
Juan Gómez Bárcena wurde am 5. Dezember 1984 in Santander (Spanien) geboren. Er studierte Literaturtheorie und Vergleichende Literatur sowie Geschichte in Madrid und auch Philosophie. Er arbeitet als spanischer Autor, Literaturkritiker  und Dozent für 'Kreatives Schreiben'. Derzeit lebt er in Barcelona.

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