Freitag, 14. Oktober 2016

John Boyne : "Die Geschichte der Einsamkeit"

John Boyne :
"Die Geschichte der Einsamkeit"
Roman
original "A History of Loneliness"
2014, Doubleday, Transworld Publishers
Aus dem Englischen von Sonja Finck
2015, Piper Verlag
404 Seiten
ISBN 978-3-492-06014-1

Dieser spannende Roman aus der Ich-Sicht des irischen Mönches Odran Yates von den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts bis ins heute schildert seine Naivität und den Gott- und Menschenglauben und endet mit der Frage warum er Übergriffe an Kindern und Jugendlichen nicht gemerkt hatte und nicht verhindern konnte.

In zeitlich springenden Kapiteln wird sein Leben in der Kindheit, im Priesterseminar, im Auslandjahr in Rom (dem der drei Päpste), als Bibliothekar in einem Internat und dann draußen in einer Gemeinde aufgerollt. Seit dem Priesterseminar ist sein engster Freund Thomas Craddle, der sich anfangs merklich gegen das Seminar wehrt, sich aber nach einer Prügelattacke seines Vater nicht mehr auflehnt. Erst in den 2000-er Jahren bekommt Pater Yates Antworten auf seine vorsichtigen Fragen und wie fallende Domino-Steine klären sich endlich eigenartige Verhaltensweisen seines Neffe, des Bischofs.
Er bekommt als Pater zu spüren, daß er durch seinen Stand nicht mehr die gewohnte Vertrauensperson ist, sondern als zuerst als Mißtrauensperson Kindern gegenüber gilt.

Stark sind die Bilder der Intoleranz gegen über Unverheirateten, Geschiedenen, ledigen Müttern und jeder Art von Abweichung im Irland der 70-er Jahre.
Stark ist auch wie die fiktiven hohen Vertreter der Kirche Übergriffe an Kinder aus ihren Reihen zu vertuschen gewohnt sind.
Wie unterschiedlich die drei Päpste in dem Jahr 1978 geschildert sind, ist spannend, wobei die Sympathie beim 33-Tage-Papst, einem liebevollen Mann mit seinem freundlichen Lächeln aus dem Veneto.
Im Nachwort bedankt sich Autor für die Gespräche mit Priestern und Menschen in der katholischen Kirche, die ihm aus dem Leben im Vatikan, in den Seminaren, in dem Leben in Gemeinden erzählt haben. Einige Fragenstellungen für den zwischenmenschlichen Bereich wie Eheseminare, Homosexualität dürften hieraus genommen worden sein.

Die Schilderungen der Menschen ist stark. Auf die Orte sind gut vorstellbar. Der Roman ist so spannend geschrieben, daß ich bin 2 Uhr früh (aus-)gelesen habe, weil ich wissen wollte welche Ende der Autor für die Geschichte hatte.
Allerdings bleibt die Frage ob man wirklich schuldig sei wenn man etwas nicht mitgekriegt hat und auf Fragen keine rechtzeitige Antwort bekam. Für Odran ist klar, daß er schuld ist.

Am Anfang haben die Germanizismen der Übersetzung wie 'hoch gehen' (für hinauf gehen), 'eine' 7up (ein 7up), 'eine' Fanta (ein Fanta) etc. meine österreichische Sprachseele ziemlich gestört. Durch die spannende Geschichte wurde bald aufgelöst.

In Summe eine grandiose Geschichte die unter die Haut geht, und ziemlich berührt. Viel Freude beim Lesen !

John Boyne wurde am 30. April 1971 in Dublin geboren. Bis jetzt verfasste er vierzehn Romane und verschiedene Kurzgeschichten.

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