Juan Pablo Villalobos :
"Fiesta in der Räuberhöhle"
Roman
original "Fiesta en la madriguera"
2010, Anagrama Barcelona
Aus dem Spanischen von Carsten Regling
2011, Berenberg Berlin
71 Seiten
ISBN 978-3-937845-45-0
Aus der Ich-Sicht erzählt der 14-jährige Bub Tochtli wie er fast ohne Menschen aber in viel Reichtum und Gewalt aufwächst. Sein Vater, genannt Yolcaut, dürfte ein Mafia-Boss sein, die Leibwächter Mitzli und Chichilkuali sind nebenbei seine Spielkameraden, es gibt nur wenige Anstellte von denen einige stumm sind.
Der Bub sammelt Hüte, will ein liberianisches Zwergnilpferd (die streng geschützt sind) und darf teilweise nicht einmal Fernseh-sehen, weil gerade Greueltaten des Vaters gebracht werden.
Kurze Zeit ist der gebildete Lehrer Mazatzin da, der ihm von den Werten und Kultur der Samurais erzählt. Leider ist der Lehrer nicht das was er ist, und spät zeigt der Vater dem Sohn seine Waffen, mit denen er handelt.
Empathielos wird diese skurrile Geschichte erzählt, in der Erzähler Geschehnisse der Gegenwart und Vergangenheit entweder in pathetisch oder erbärmlich einteilt. Die Franzosen mit ihrer Guillotine sind ihm wichtig, weil sie den Königen die Krone vor der Enthauptung vom Kopf nehmen. Schräg ist das Ende, in dem wieder Kronen am Kopf bestellt sind.
Die Safari ist eine einzige Unterhaltung, genauso wie die unterschiedlichen Schießwaffen aus aller Herren Länder; begeistert ist er von einer kleinen Pistole mit kleinen Kugeln - päff.
Die Namen sind ziemlich ungewohnt, aber die Geschichte ist sehr gut zu lesen. In meinem Kopf liefen ziemlich bunte Zeichentrickfilme zu dem Geschehen ab.
Viel Spaß beim Lesen !
Biographie von Juan Pablo Villalobos bei "Quesadillas" / 6. Oktober 2016
Freitag, 28. Oktober 2016
Donnerstag, 27. Oktober 2016
Edmund de Waal : "Der Hase mit den Bernsteinaugen"
Edmund de Waal :
"Der Hase mit den Bernsteinaugen" - Das verborgene Erbe der Familie Ephrussi
original "The Hare with the Amber Eyes. A Hidden Inheritance"
2010, Chatto & Windus, London
Aus dem Englischen von Brigitte Hilzensauer
2011, Paul Zsolnay Verlag
340 Seiten inkl. Vorwort + 2 Seiten Dank
ISBN 978-3-352-05556-8
Ausgehend von einem Geschenk seines Großonkels, 264 Netsuke (kleine japanische Schnitzereien aus Holz oder Elfenbein, die gemütlich in einer geschlossenen Hand Platz haben und ursprünglich am Kimono getragen wurden) erzählt der Autor die Geschichte seiner Familie : der Efrussi /Ephrussi, indem er hauptsächlich der Geschichte dieser 264 Stück Handwerkskunst in seiner Familie folgt.
Das erste Kapitel ist Paris und seinem Groß-Groß-Onkel Charles gewidmet, das zweite Kapitel Wien und seinen Urgroßeltern Victor und Emmy, dann folgen gemischt verschiedene Stationen z.B. seine Großmutter über Niederlande-Frankreich-Schweiz nach England, andere Familienmitglieder nach USA, und Japan, bis er an die Wurzeln seiner Familie zurück nach Odessa fährt.
Spannend und haptisch wird erzählt wie Geld ermöglicht mit Gefühl und Freude zu sammeln und zu leben. Viel Platz ist Beschreibungen von Wohnungen, und Häusern und dem Landgut gewidmet, viel Platz den Einrichtungen, den Kleinigkeiten, den Bildern, der Farben in den Zimmern, und sonstige Kleinigkeiten wie Uhren um das berührbare Leben vorstellbar zu machen.
Der Bruch der nach dem Anschluß in Wien vollzogen wurde, läßt den Schluß zu, daß niemand innerhalb seiner Familie mit diesen brutalen Aktionen gerechnet hatte, denn sie wurden monetär und seelisch überrumpelt, und waren froh ihr Leben zu retten.
Seine Großmutter, die nach dem ersten Weltkriegt als eine der ersten Frauen studiert hatte, fuhr nach dem zweiten Krieg nach Wien, und bekam von der alten Kleiderfrau ausgehändigt, was sie retten konnte; es ist berührend, daß der Autor erst als der beim Schreiben des Buches nach ihr nachforschen wollte, von niemandem mehr den Familiennamen dieser Frau erfahren konnte.
Ausgehend von den Netsuke, und daß sein Groß-onkel in Japan lebte und starb - und damit die Netsuke einige Zeit wieder 'nach Hause kommeb', wird einiges über Japan erzählt. Auch Japan gehörte nach dem zweiten Weltkrieg zu den besiegten Nationen, und Ausverkauf alten Kulturgutes fand statt. Der Großonkel lernt viel über Japan und seine Kunst (hier gibt es viele neue Vokabel kennen zu lernen wie z.B. 'kakemoto' sind Rollbilder), und gab einiges an den Autor (und Keramik-Künstler) weiter.
Die 264 Kunstwerke kamen Mitte 19. Jahrhunderts über Charles Ephrussi in Paris in den Familie. Dieser hochgebildete kunstsinnige Mann wurde auch der "benediktinische Dandy aus der Rue Monceau" (Zitat Jules Laforgues) genannt. Wunderschön sind hier die Schilderungen des schöngeistigen Paris dieser Zeit, aus dem Charles hier Jahrzehnte lang sammelte. Heftig ist die Reflexion über die jahrelangen Dreyfuss-Intrigen.
Die Menschen sind gut vorstellbar geschrieben. Die Urgroßmutter Emmy ist gut fühlbar, auch Groß groß Onkel Charles, dafür Urgroßvater viktor eigentümlich wenig.
Das Buch ist spannend und sehr gut zu lesen. Die Übersetzung ist sehr sehr gut.
Viel Freude bei diesem Bericht über Kunst und Geschichte von Europa und Japan.
Edmund Arthur Lowndes de Waal wurde am 10. September 1964 in Nottingham, England geboren. Er lernte bereits in der Schule das Töpferhandwerk, studierte dies in Cambridge weiter und arbeitet als ein britischer Keramiker und jetzt auch Professor an der Uni Westminster. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
"Der Hase mit den Bernsteinaugen" - Das verborgene Erbe der Familie Ephrussi
original "The Hare with the Amber Eyes. A Hidden Inheritance"
2010, Chatto & Windus, London
Aus dem Englischen von Brigitte Hilzensauer
2011, Paul Zsolnay Verlag
340 Seiten inkl. Vorwort + 2 Seiten Dank
ISBN 978-3-352-05556-8
Ausgehend von einem Geschenk seines Großonkels, 264 Netsuke (kleine japanische Schnitzereien aus Holz oder Elfenbein, die gemütlich in einer geschlossenen Hand Platz haben und ursprünglich am Kimono getragen wurden) erzählt der Autor die Geschichte seiner Familie : der Efrussi /Ephrussi, indem er hauptsächlich der Geschichte dieser 264 Stück Handwerkskunst in seiner Familie folgt.
Das erste Kapitel ist Paris und seinem Groß-Groß-Onkel Charles gewidmet, das zweite Kapitel Wien und seinen Urgroßeltern Victor und Emmy, dann folgen gemischt verschiedene Stationen z.B. seine Großmutter über Niederlande-Frankreich-Schweiz nach England, andere Familienmitglieder nach USA, und Japan, bis er an die Wurzeln seiner Familie zurück nach Odessa fährt.
Spannend und haptisch wird erzählt wie Geld ermöglicht mit Gefühl und Freude zu sammeln und zu leben. Viel Platz ist Beschreibungen von Wohnungen, und Häusern und dem Landgut gewidmet, viel Platz den Einrichtungen, den Kleinigkeiten, den Bildern, der Farben in den Zimmern, und sonstige Kleinigkeiten wie Uhren um das berührbare Leben vorstellbar zu machen.
Der Bruch der nach dem Anschluß in Wien vollzogen wurde, läßt den Schluß zu, daß niemand innerhalb seiner Familie mit diesen brutalen Aktionen gerechnet hatte, denn sie wurden monetär und seelisch überrumpelt, und waren froh ihr Leben zu retten.
Seine Großmutter, die nach dem ersten Weltkriegt als eine der ersten Frauen studiert hatte, fuhr nach dem zweiten Krieg nach Wien, und bekam von der alten Kleiderfrau ausgehändigt, was sie retten konnte; es ist berührend, daß der Autor erst als der beim Schreiben des Buches nach ihr nachforschen wollte, von niemandem mehr den Familiennamen dieser Frau erfahren konnte.
Ausgehend von den Netsuke, und daß sein Groß-onkel in Japan lebte und starb - und damit die Netsuke einige Zeit wieder 'nach Hause kommeb', wird einiges über Japan erzählt. Auch Japan gehörte nach dem zweiten Weltkrieg zu den besiegten Nationen, und Ausverkauf alten Kulturgutes fand statt. Der Großonkel lernt viel über Japan und seine Kunst (hier gibt es viele neue Vokabel kennen zu lernen wie z.B. 'kakemoto' sind Rollbilder), und gab einiges an den Autor (und Keramik-Künstler) weiter.
Die 264 Kunstwerke kamen Mitte 19. Jahrhunderts über Charles Ephrussi in Paris in den Familie. Dieser hochgebildete kunstsinnige Mann wurde auch der "benediktinische Dandy aus der Rue Monceau" (Zitat Jules Laforgues) genannt. Wunderschön sind hier die Schilderungen des schöngeistigen Paris dieser Zeit, aus dem Charles hier Jahrzehnte lang sammelte. Heftig ist die Reflexion über die jahrelangen Dreyfuss-Intrigen.
Die Menschen sind gut vorstellbar geschrieben. Die Urgroßmutter Emmy ist gut fühlbar, auch Groß groß Onkel Charles, dafür Urgroßvater viktor eigentümlich wenig.
Das Buch ist spannend und sehr gut zu lesen. Die Übersetzung ist sehr sehr gut.
Viel Freude bei diesem Bericht über Kunst und Geschichte von Europa und Japan.
Edmund Arthur Lowndes de Waal wurde am 10. September 1964 in Nottingham, England geboren. Er lernte bereits in der Schule das Töpferhandwerk, studierte dies in Cambridge weiter und arbeitet als ein britischer Keramiker und jetzt auch Professor an der Uni Westminster. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
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Mittwoch, 26. Oktober 2016
Donna Leon : "Ewige Jugend"
Donna Leon :
"Ewige Jugend" - Commissario Brunettis fünfundzwanzigster Fall
Roman
original "The Waters of Eternal Youth"
Aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz
2016, Diogenes Verlag
316 Seiten
ISBN 978-3-257-06969-3
Commissario Brunetti wird diesmal von einer Dame der besseren Gesellschaft Venedigs gebeten sich den Unfall ihrer Enkelin anzusehen, der sich vor 15 Jahren ereignet hatte und die junge Frau in regressive kindliche Entwicklungsstufe zurück-katapultiert hatte. Viele Enden führen ins Nichts, bis der einzige Zeuge von damals ermordet gefunden wird, und endlich paar Rädchen ineinandergreifen. Diesmal wird der Bösewicht erwischt und auch zur Rechenschaft gezogen.
Signorina Elletra die wunderschöne, perfekt angezogene, EDV-affine, Brunetti-freundliche Assistentin des Vize-questore hat weiterhin ihre Zauberhände um zu Daten zu kommen; ihre Auseinandersetzungen mit dem unhöflichen süditalienischen Tenente Scarpa werden härter.
Wirkliche Hilfe ist die schöne Neapolitanerin Claudia Griffoni, die diesmal mit Pferdewissen und liebevoller Art mit der Enkelin zur Lösung beiträgt.
Paola mit ihrer alteingesessenen Familie wird nebenbei thematisiert, genauso wie Patta und seine Ehefrau mit Sucht nach gesellschaftlicher Anerkennung, die Probleme bei der Digitalisierung von Daten und deren unwiederbringlicher Verlust.
Die Geschichte ist gewohnt gut geschrieben, die Personen gewohnt gut vorstellbar.
Bei den Gerichten die Paola zaubert fließt - zumindest mir - beim Lesen das Wasser im Mund zusammen.
Faszinierend ist wie Brunettis Lektüre des Apollonius erzählt und reflektiert wird.
Viel Freude beim Lesen !
Biographie bei "Endlich mein" - Commissario Brunettis vierundzwanzigster Fall / 25. Mai 2016
"Ewige Jugend" - Commissario Brunettis fünfundzwanzigster Fall
Roman
original "The Waters of Eternal Youth"
Aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz
2016, Diogenes Verlag
316 Seiten
ISBN 978-3-257-06969-3
Commissario Brunetti wird diesmal von einer Dame der besseren Gesellschaft Venedigs gebeten sich den Unfall ihrer Enkelin anzusehen, der sich vor 15 Jahren ereignet hatte und die junge Frau in regressive kindliche Entwicklungsstufe zurück-katapultiert hatte. Viele Enden führen ins Nichts, bis der einzige Zeuge von damals ermordet gefunden wird, und endlich paar Rädchen ineinandergreifen. Diesmal wird der Bösewicht erwischt und auch zur Rechenschaft gezogen.
Signorina Elletra die wunderschöne, perfekt angezogene, EDV-affine, Brunetti-freundliche Assistentin des Vize-questore hat weiterhin ihre Zauberhände um zu Daten zu kommen; ihre Auseinandersetzungen mit dem unhöflichen süditalienischen Tenente Scarpa werden härter.
Wirkliche Hilfe ist die schöne Neapolitanerin Claudia Griffoni, die diesmal mit Pferdewissen und liebevoller Art mit der Enkelin zur Lösung beiträgt.
Paola mit ihrer alteingesessenen Familie wird nebenbei thematisiert, genauso wie Patta und seine Ehefrau mit Sucht nach gesellschaftlicher Anerkennung, die Probleme bei der Digitalisierung von Daten und deren unwiederbringlicher Verlust.
Die Geschichte ist gewohnt gut geschrieben, die Personen gewohnt gut vorstellbar.
Bei den Gerichten die Paola zaubert fließt - zumindest mir - beim Lesen das Wasser im Mund zusammen.
Faszinierend ist wie Brunettis Lektüre des Apollonius erzählt und reflektiert wird.
Viel Freude beim Lesen !
Biographie bei "Endlich mein" - Commissario Brunettis vierundzwanzigster Fall / 25. Mai 2016
Freitag, 14. Oktober 2016
John Boyne : "Die Geschichte der Einsamkeit"
John Boyne :
"Die Geschichte der Einsamkeit"
Roman
original "A History of Loneliness"
2014, Doubleday, Transworld Publishers
Aus dem Englischen von Sonja Finck
2015, Piper Verlag
404 Seiten
ISBN 978-3-492-06014-1
Dieser spannende Roman aus der Ich-Sicht des irischen Mönches Odran Yates von den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts bis ins heute schildert seine Naivität und den Gott- und Menschenglauben und endet mit der Frage warum er Übergriffe an Kindern und Jugendlichen nicht gemerkt hatte und nicht verhindern konnte.
In zeitlich springenden Kapiteln wird sein Leben in der Kindheit, im Priesterseminar, im Auslandjahr in Rom (dem der drei Päpste), als Bibliothekar in einem Internat und dann draußen in einer Gemeinde aufgerollt. Seit dem Priesterseminar ist sein engster Freund Thomas Craddle, der sich anfangs merklich gegen das Seminar wehrt, sich aber nach einer Prügelattacke seines Vater nicht mehr auflehnt. Erst in den 2000-er Jahren bekommt Pater Yates Antworten auf seine vorsichtigen Fragen und wie fallende Domino-Steine klären sich endlich eigenartige Verhaltensweisen seines Neffe, des Bischofs.
Er bekommt als Pater zu spüren, daß er durch seinen Stand nicht mehr die gewohnte Vertrauensperson ist, sondern als zuerst als Mißtrauensperson Kindern gegenüber gilt.
Stark sind die Bilder der Intoleranz gegen über Unverheirateten, Geschiedenen, ledigen Müttern und jeder Art von Abweichung im Irland der 70-er Jahre.
Stark ist auch wie die fiktiven hohen Vertreter der Kirche Übergriffe an Kinder aus ihren Reihen zu vertuschen gewohnt sind.
Wie unterschiedlich die drei Päpste in dem Jahr 1978 geschildert sind, ist spannend, wobei die Sympathie beim 33-Tage-Papst, einem liebevollen Mann mit seinem freundlichen Lächeln aus dem Veneto.
Im Nachwort bedankt sich Autor für die Gespräche mit Priestern und Menschen in der katholischen Kirche, die ihm aus dem Leben im Vatikan, in den Seminaren, in dem Leben in Gemeinden erzählt haben. Einige Fragenstellungen für den zwischenmenschlichen Bereich wie Eheseminare, Homosexualität dürften hieraus genommen worden sein.
Die Schilderungen der Menschen ist stark. Auf die Orte sind gut vorstellbar. Der Roman ist so spannend geschrieben, daß ich bin 2 Uhr früh (aus-)gelesen habe, weil ich wissen wollte welche Ende der Autor für die Geschichte hatte.
Allerdings bleibt die Frage ob man wirklich schuldig sei wenn man etwas nicht mitgekriegt hat und auf Fragen keine rechtzeitige Antwort bekam. Für Odran ist klar, daß er schuld ist.
Am Anfang haben die Germanizismen der Übersetzung wie 'hoch gehen' (für hinauf gehen), 'eine' 7up (ein 7up), 'eine' Fanta (ein Fanta) etc. meine österreichische Sprachseele ziemlich gestört. Durch die spannende Geschichte wurde bald aufgelöst.
In Summe eine grandiose Geschichte die unter die Haut geht, und ziemlich berührt. Viel Freude beim Lesen !
John Boyne wurde am 30. April 1971 in Dublin geboren. Bis jetzt verfasste er vierzehn Romane und verschiedene Kurzgeschichten.
"Die Geschichte der Einsamkeit"
Roman
original "A History of Loneliness"
2014, Doubleday, Transworld Publishers
Aus dem Englischen von Sonja Finck
2015, Piper Verlag
404 Seiten
ISBN 978-3-492-06014-1
Dieser spannende Roman aus der Ich-Sicht des irischen Mönches Odran Yates von den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts bis ins heute schildert seine Naivität und den Gott- und Menschenglauben und endet mit der Frage warum er Übergriffe an Kindern und Jugendlichen nicht gemerkt hatte und nicht verhindern konnte.
In zeitlich springenden Kapiteln wird sein Leben in der Kindheit, im Priesterseminar, im Auslandjahr in Rom (dem der drei Päpste), als Bibliothekar in einem Internat und dann draußen in einer Gemeinde aufgerollt. Seit dem Priesterseminar ist sein engster Freund Thomas Craddle, der sich anfangs merklich gegen das Seminar wehrt, sich aber nach einer Prügelattacke seines Vater nicht mehr auflehnt. Erst in den 2000-er Jahren bekommt Pater Yates Antworten auf seine vorsichtigen Fragen und wie fallende Domino-Steine klären sich endlich eigenartige Verhaltensweisen seines Neffe, des Bischofs.
Er bekommt als Pater zu spüren, daß er durch seinen Stand nicht mehr die gewohnte Vertrauensperson ist, sondern als zuerst als Mißtrauensperson Kindern gegenüber gilt.
Stark sind die Bilder der Intoleranz gegen über Unverheirateten, Geschiedenen, ledigen Müttern und jeder Art von Abweichung im Irland der 70-er Jahre.
Stark ist auch wie die fiktiven hohen Vertreter der Kirche Übergriffe an Kinder aus ihren Reihen zu vertuschen gewohnt sind.
Wie unterschiedlich die drei Päpste in dem Jahr 1978 geschildert sind, ist spannend, wobei die Sympathie beim 33-Tage-Papst, einem liebevollen Mann mit seinem freundlichen Lächeln aus dem Veneto.
Im Nachwort bedankt sich Autor für die Gespräche mit Priestern und Menschen in der katholischen Kirche, die ihm aus dem Leben im Vatikan, in den Seminaren, in dem Leben in Gemeinden erzählt haben. Einige Fragenstellungen für den zwischenmenschlichen Bereich wie Eheseminare, Homosexualität dürften hieraus genommen worden sein.
Die Schilderungen der Menschen ist stark. Auf die Orte sind gut vorstellbar. Der Roman ist so spannend geschrieben, daß ich bin 2 Uhr früh (aus-)gelesen habe, weil ich wissen wollte welche Ende der Autor für die Geschichte hatte.
Allerdings bleibt die Frage ob man wirklich schuldig sei wenn man etwas nicht mitgekriegt hat und auf Fragen keine rechtzeitige Antwort bekam. Für Odran ist klar, daß er schuld ist.
Am Anfang haben die Germanizismen der Übersetzung wie 'hoch gehen' (für hinauf gehen), 'eine' 7up (ein 7up), 'eine' Fanta (ein Fanta) etc. meine österreichische Sprachseele ziemlich gestört. Durch die spannende Geschichte wurde bald aufgelöst.
In Summe eine grandiose Geschichte die unter die Haut geht, und ziemlich berührt. Viel Freude beim Lesen !
John Boyne wurde am 30. April 1971 in Dublin geboren. Bis jetzt verfasste er vierzehn Romane und verschiedene Kurzgeschichten.
Samstag, 8. Oktober 2016
Edith Kneifl (Hrsg) : "Tatort Würstelstand"
Edith Kneifl (hrsg) :
"Tatort Würstelstand" - 13 Kriminalgeschichten aus Wien
2013, Falter Verlag
242 Seiten
ISBN 978-3-85439-491-4
13 Kriminalgeschichten an Wiener echten sowie fiktiven Würstelstanden wurden für dieses Buch geschrieben. Zweimal geht es um Menschenfleisch im Würstel, einmal eine Romeo- und Julia-Geschichte zwischen Kebab und Schweinwürstel, ein makabre Geschichte in der sich die Würstel im Stand gegen den Eigentümer vereinigen und zu kämpfen versuchen, öfters wird ein Würstel genutzt um mißliebige Menschen ins Jenseits zu befördern, auch zwei explodierende Würstelstände sind vorhanden.
Manche Geschichten sind gut geschrieben und ziehen ins Geschehen hinein, andere sind fast eklig-abstoßend mit schräg-morbidem Geschehen. Manche Menschen sind sympathisch, die meisten leider nicht, mache sorgen selbst für Recht und Ordnung, andere werden von den Ordnungshütern eingefangen.
Leider hat es weniger Spaß gemacht diese Geschichten zu Lesen als gewünscht, weil die zu zuviel Brutalität, zu viel Morbidität, zu wenig Respektlosigkeit in den GEschichten war. Oder war die Erwartung auf kleine feine böse Krimis zu hoch ?
Badegruber Reinhardt, Bauer Hermann, Biltgen Raoul, Dutzler Herbert, Gergely Stefan M., Kneifl Edith, Kotyek Georg & Stein Lizl, Lercher Lisa, Loibelsberger Gerhard, Naber Sabina, Vierich Thomas Askan & Anwander Berndt, Schrems Thomas, Treudl Sylvia sind die gelisteten Autoren und Autorinnen.
"Tatort Würstelstand" - 13 Kriminalgeschichten aus Wien
2013, Falter Verlag
242 Seiten
ISBN 978-3-85439-491-4
13 Kriminalgeschichten an Wiener echten sowie fiktiven Würstelstanden wurden für dieses Buch geschrieben. Zweimal geht es um Menschenfleisch im Würstel, einmal eine Romeo- und Julia-Geschichte zwischen Kebab und Schweinwürstel, ein makabre Geschichte in der sich die Würstel im Stand gegen den Eigentümer vereinigen und zu kämpfen versuchen, öfters wird ein Würstel genutzt um mißliebige Menschen ins Jenseits zu befördern, auch zwei explodierende Würstelstände sind vorhanden.
Manche Geschichten sind gut geschrieben und ziehen ins Geschehen hinein, andere sind fast eklig-abstoßend mit schräg-morbidem Geschehen. Manche Menschen sind sympathisch, die meisten leider nicht, mache sorgen selbst für Recht und Ordnung, andere werden von den Ordnungshütern eingefangen.
Leider hat es weniger Spaß gemacht diese Geschichten zu Lesen als gewünscht, weil die zu zuviel Brutalität, zu viel Morbidität, zu wenig Respektlosigkeit in den GEschichten war. Oder war die Erwartung auf kleine feine böse Krimis zu hoch ?
Badegruber Reinhardt, Bauer Hermann, Biltgen Raoul, Dutzler Herbert, Gergely Stefan M., Kneifl Edith, Kotyek Georg & Stein Lizl, Lercher Lisa, Loibelsberger Gerhard, Naber Sabina, Vierich Thomas Askan & Anwander Berndt, Schrems Thomas, Treudl Sylvia sind die gelisteten Autoren und Autorinnen.
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Donnerstag, 6. Oktober 2016
Juan Pablo Villalobos : "Quesadillas"
Juan Pablo Villalobos :
"Quesadillas"
Roman
original "Si viviéramos en lugar normal"
2012, Editorial Anagrama, Barcelona
Aus dem Spanischen von Carsten Regling
2014, Berenberg Verlag, Berlin
127 Seiten + 2 Seiten Verpflichtung und Dank + 4 Seiten Glossar des Autors + 2 Seiten Anmerkungen
ISBN 978-3-937834-73-3
Orest erzählt als zweitältester seiner Familie vom Leben in einem Container, den Gerangel am Familientisch um Käse-quesadillas, Vaters Gefluche über die Politik und seine Geschwister Aristoteles, Archilochos, Kallimachos, Elektra und die zwei-eigigen Zwillingen Kastor und Pollux. Zum Überleben sind Quesadillas, Teigtaschen mit Käse, das wichtigste.
Orest geht in eine schlechte Klosterschule, bekommt ein polnisches verwöhntes Einzelkind als Nachbarn, haut mit Aristoteles ab um die Zwillinge zu suchen und sich dann einige Monate durchs Land zu schlagen. Heimgekehrt muß er dem Nachbarn helfen, der Vater verschläft die politischen Veränderungen und der Container wird zerstört, worauf die Familie beim Melonen züchtenden Großvater Unterschlupf sucht.
Diese ziemlich schrägen Szenariien werden aus Ich-Perspektive von Orest, genau Oreo, geschildert. Er versucht immer wieder wortreich zu überleben, und wird immer wieder durch die körperliche Kraft des älteren Bruders gebremst.
Politisch räumt er mit der Unfähigkeit aber Beliebtheit mancher mexikanischer Präsidenten auf. Das Phlegma, die Sturheit und die absolute Unwillen seines Vaters auf die Veränderungen des Baugrundes sind faszinierend, ebenso wie er dann eine ziemlich hirnverbrannte Aktion etwas Neues aufzubauen startet.
Die Menschen oder auch Typen sind scharf und schrägt gezeichnet.
Der schräge Humor hat mich gut unterhalten. Viel Freude beim Lesen !
Juan Pablo Villalobos wurde 1973 in Guadalajara, Mexiko geboren. Er studierte Marktforschung und spanische Literatur und lebt in Barcelona. Dort leitet er eine Firma für elektronische Produkte.
"Quesadillas"
Roman
original "Si viviéramos en lugar normal"
2012, Editorial Anagrama, Barcelona
Aus dem Spanischen von Carsten Regling
2014, Berenberg Verlag, Berlin
127 Seiten + 2 Seiten Verpflichtung und Dank + 4 Seiten Glossar des Autors + 2 Seiten Anmerkungen
ISBN 978-3-937834-73-3
Orest erzählt als zweitältester seiner Familie vom Leben in einem Container, den Gerangel am Familientisch um Käse-quesadillas, Vaters Gefluche über die Politik und seine Geschwister Aristoteles, Archilochos, Kallimachos, Elektra und die zwei-eigigen Zwillingen Kastor und Pollux. Zum Überleben sind Quesadillas, Teigtaschen mit Käse, das wichtigste.
Orest geht in eine schlechte Klosterschule, bekommt ein polnisches verwöhntes Einzelkind als Nachbarn, haut mit Aristoteles ab um die Zwillinge zu suchen und sich dann einige Monate durchs Land zu schlagen. Heimgekehrt muß er dem Nachbarn helfen, der Vater verschläft die politischen Veränderungen und der Container wird zerstört, worauf die Familie beim Melonen züchtenden Großvater Unterschlupf sucht.
Diese ziemlich schrägen Szenariien werden aus Ich-Perspektive von Orest, genau Oreo, geschildert. Er versucht immer wieder wortreich zu überleben, und wird immer wieder durch die körperliche Kraft des älteren Bruders gebremst.
Politisch räumt er mit der Unfähigkeit aber Beliebtheit mancher mexikanischer Präsidenten auf. Das Phlegma, die Sturheit und die absolute Unwillen seines Vaters auf die Veränderungen des Baugrundes sind faszinierend, ebenso wie er dann eine ziemlich hirnverbrannte Aktion etwas Neues aufzubauen startet.
Die Menschen oder auch Typen sind scharf und schrägt gezeichnet.
Der schräge Humor hat mich gut unterhalten. Viel Freude beim Lesen !
Juan Pablo Villalobos wurde 1973 in Guadalajara, Mexiko geboren. Er studierte Marktforschung und spanische Literatur und lebt in Barcelona. Dort leitet er eine Firma für elektronische Produkte.
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2014,
Autor,
Essen,
Familie,
Mexiko,
Politik,
Skurrilität,
Übersetzer
Dienstag, 4. Oktober 2016
Peter Wehle : "Wenn einer einen Mord begeht"
Peter Wehle :
"Wenn einer einen Mord begeht" - ein Wien-Krimi
2016, Haymon Verlag
215 Seiten + 2 Seiten Dank
ISBN 978-3-7099-7843-6
Hofrat Halb ist wieder im Einsatz. Diesmal geht es darum einerseits dem renommierten Polizisten - Spitzname Grolf - in Pension seinen runden Geburtstag zu organisieren (was keiner von beiden möchte), auf der anderen Seite werden nach dem Schema von lang zurückliegenden Morden wieder Leichen gefunden. Der Hofrat und sein Team gehen alte und neue Spuren ab, vermischen SCI neu mit guten alten Gesprächen und Hintergrundinformationen, bis dem Hofrat der Knopf aufgeht. Ein kleiner Versprecher ist des Puzzles Lösung.
Hintergrund sind Prostituierten morde. Hier wird detailreich beschrieben wie die Damen vor 20 Jahren lebten und wie es doch einigen gelang auszusteigen, und das Bemühen, daß möglichst wenig Menschen die Vorgeschichte kennen.
Die Menschen sind anschaulich geschildert. Der Hofrat der ein Gemisch aus Geruhsamkeit und Beharrlichkeit ist, Grolf der nur als Ekelpaket geschildert wird, ein ehemaliger Zuhälter der durchaus Rückrat hat. Die Cafés in Wien, sowie die Orte sind echt, und nicht erfunden, was die Orientierung beim Lesen erleichtert.
Nebenbaustelle ist ein großes Haus, das der Hofrat geerbt hat und in das er nette Menschen einmieten möchte; leider setzt er sich mit dieser Idee nicht ganz durch, was unterhaltsam beschrieben ist.
Der Stil ist flüssig, und der Krimi ist gut lesbar. Ein ideales Buch für faulen Urlaub, oder sich bei Regenwetter in ein Buch fallen zu lassen.
Peter Wehle wurde 12. Februar 1967 in Wien geboren. Er ist ausgebildeter Psychologe und Musikwissenschaftler und hat seine Praxis in Wien. Er ist Sohn seines namensgleichen Vaters, (1914 -1986) eines grandiosen Kabarettisten und Schätzer der österreichischen Sprache. Der Krimiautor hat viele Publikationen über Musik vorgelegt. Der erste Kriminalroman mit Hofrat Halb erschien 2014 und hießt "Kommt Zeit, kommt Mord".
"Wenn einer einen Mord begeht" - ein Wien-Krimi
2016, Haymon Verlag
215 Seiten + 2 Seiten Dank
ISBN 978-3-7099-7843-6
Hofrat Halb ist wieder im Einsatz. Diesmal geht es darum einerseits dem renommierten Polizisten - Spitzname Grolf - in Pension seinen runden Geburtstag zu organisieren (was keiner von beiden möchte), auf der anderen Seite werden nach dem Schema von lang zurückliegenden Morden wieder Leichen gefunden. Der Hofrat und sein Team gehen alte und neue Spuren ab, vermischen SCI neu mit guten alten Gesprächen und Hintergrundinformationen, bis dem Hofrat der Knopf aufgeht. Ein kleiner Versprecher ist des Puzzles Lösung.
Hintergrund sind Prostituierten morde. Hier wird detailreich beschrieben wie die Damen vor 20 Jahren lebten und wie es doch einigen gelang auszusteigen, und das Bemühen, daß möglichst wenig Menschen die Vorgeschichte kennen.
Die Menschen sind anschaulich geschildert. Der Hofrat der ein Gemisch aus Geruhsamkeit und Beharrlichkeit ist, Grolf der nur als Ekelpaket geschildert wird, ein ehemaliger Zuhälter der durchaus Rückrat hat. Die Cafés in Wien, sowie die Orte sind echt, und nicht erfunden, was die Orientierung beim Lesen erleichtert.
Nebenbaustelle ist ein großes Haus, das der Hofrat geerbt hat und in das er nette Menschen einmieten möchte; leider setzt er sich mit dieser Idee nicht ganz durch, was unterhaltsam beschrieben ist.
Der Stil ist flüssig, und der Krimi ist gut lesbar. Ein ideales Buch für faulen Urlaub, oder sich bei Regenwetter in ein Buch fallen zu lassen.
Peter Wehle wurde 12. Februar 1967 in Wien geboren. Er ist ausgebildeter Psychologe und Musikwissenschaftler und hat seine Praxis in Wien. Er ist Sohn seines namensgleichen Vaters, (1914 -1986) eines grandiosen Kabarettisten und Schätzer der österreichischen Sprache. Der Krimiautor hat viele Publikationen über Musik vorgelegt. Der erste Kriminalroman mit Hofrat Halb erschien 2014 und hießt "Kommt Zeit, kommt Mord".
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