Montag, 8. März 2010

Anna Blundy : "Wodka Pur"

Anna Blundy:
"Wodka Pur"
- ein Moskau Krimi
original "Neat Wodka" bei Sphere 2006
aus dem Englischen von Sybille Klose
Marion von Schröder / Ullstein Buchverlage GmbH 2007
333 Seiten
ISBN 978-547-71126-4

Ziemlich verrücktes, aber gut lesbares Buch über eine Reporterin, die nach fast zwei Jahrzehnten wieder nach Rußland reist und dort von ihrer Vergangenheit eingeholt wird.

Faith Zanetti (russisch Wera) wird von ihrer Zeitung (einem Revolverblatt) nach Rußland versetzt, nachdem sie den Irakkrieg miterlebt hat, dort psychisch gekippt ist und auch ihre Mutter plötzlich gestorben ist.
Mit in Rußland - genauer in Moskau - ist Mr. Eden Jones, genauso wie sie Journalist, mit dem Faith in einer Art Beziehung lebt. Am ersten Morgen wird sie verhaftet : sie wird verhört weil sie vor 17 Jahren 2 Menschen in der Wohnung neben ihrer ermordet haben soll.
Hier rollen sie sich dann 2 Ebenen auf, die Faith bewußt reflektiert - das Moskau / Rußland zur Zeit Gorbatschows als sie mit Dmitri (einen Schwarzmarkthändler) verheiratet war, vieles nur mit Protektion möglich war und das "Jetzige" Rußland/Moskau in dem einerseits vieles modernisiert und bunt ist, auf der anderen Seite aber die bitterarmen Gegenden noch ärmer wurden und die Menschen nur noch besoffen geschildert werden.

Faith sucht ihren Mann der in der psychiatrischen Anstalt steckt auf, und entdeckt, daß dies ein ehemaliger Verehrer ist, der gegen finanzielle Absicherung seiner Familie die Rolle ihres Ehemannes übernommen hat. Warum er sie allerdings beschuldigt die Nachbarn ermordet zu haben, bleibt ein Rätsel. Er hinterläßt nach seinem „Selbstmord“ einen kleinen Hinweis wen zu fragen um die Morde zu klären.

In der Geschichte sucht Faith ihre ehemalige Schwiegermutter auf, und trifft dort auch eine muntere bunte Teenagerin, die sich als Tochter von Dmitri entpuppt.
Faith findet auch den damaligen / derzeitigen Schläger von Dmitri, der auf Auftrag einen anderen Verehrer von ihr tüchtig verprügelt hatte.
Schließlich taucht Dmitri selber auf, der mit seinen Geschäften im Untergrund lebt, sich ein Luxusleben erarbeitet hat, und in Faith immer noch seine Traumfrau sieht (Riesenwohnung, Ring mit Riesenklunker, Pelzmantel etc.).

Tina, der Teenager, ist seine Tochter aus der Ehe mit der Frau, die die ermordete Nachbarin in Moskau war. Sie stammt aus Wortuka, einer Gegend, die lt. dem Buch Stalin für seine Abschiebungen und Arbeitslager verwendete.
In dem Show-down beim Gans schießen in der Wortuka entrollt sich die krankhafte Eifersucht und das Besitzdenken von Dmitri, der damals seine Exfrau ermordete weil er ihren Bruder für ihren Liebhaber gehalten hatte, und der kurz vor dem ermorden von Eden nur durch einen Gewehrschuß von Faith zu stoppen ist. Die Tundra wird diese Tat überdecken.

Nebenstory ist, daß Faith draufkommt, daß ihrer wie auch immer Beziehung mit Eden ein Kind entstanden ist und sie ihre Flucht vor Kriegserlebnissen in Alkohol mit erwachseneren Methoden in Griff nehmen wird.

Was mich als leider Rußland nicht kennenden Menschen fasziniert sind die Beschreibungen von Rußland-damals und Rußland-jetzt, wobei fraglich bleibt ob das recherchierte Tatsachen sind, oder schriftstellerische Freiheit (die Autorin ist Journalistin). Stark sind für mich die Elemente wenn sie aus dem Leben von Faith zur Zeit ihrer Ehe mit Schwarzmarkt, Unterwelt, beginnender Toleranz, Kirchenöffnung etc. schreibt - und wie sie die Gegenden dem jetzt gegenüberstellt.

Gut lesbares Buch, das ich v.a. als Erleichterung empfinde wenn ich parallel gerade schwerere literarische Kost zu mir nehme.

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