Mittwoch, 24. November 2021

Tanja Brandt : "Die Eulenflüsterin"

Tanja Brandt :
"Die Eulenflüsterin" - Was ich von meinen Tieren über das Leben lernte
2021, Bastei Lübbe
210 Seiten + 1 Seite Inhaltsverzeichnis + 1 Seite Danksagung
ISBN 978-3-404-61720-3

Die Autorin, die vielen durch ihre Tierphotographie bekannt ist, beschreibt hier ihre Kindheit, ihre Liebe zu Tieren, ihre Beziehungen - und für sie viel wichtiger das Zusammenleben mit ihren Tieren. Hund Ingo war Eigenbrötler bis er lernte, daß er für einen kleinen Steinkauz ein guter Freund ist. 

Mich haben die verschiedenen Eulen und Kauze fasziniert die mit der Autorin gelebt haben, und wie unterschiedlich sie die Temperamente beschreibt. Die Charaktere der Eulen und Käuze sind grundverschieden von freundlich bis supergrantig, stetig bis launenhaft geschildert. Auch in ihrem Verhalten zu ihr sind die Vögel unterschiedlich, weil Bussarde sofort in den Beschützermodus verfallen, Eulen aber ruhig und abwartend agieren. Eulen sind offenbar die Meister der Ruhe, die bei allem was Hektik oder Stress sein könnte, abtauchen können. Witzig wird es wenn die Autorin beschreibt, daß sie bei Spaziergängen von einer Eule zu fuß begleitet wird (fliegen war offenbar anstrengender), oder wenn sie mit Bussard auf der Schulter spazieren ging, und Kinder bis Polizei sie vorsichtig ansprachen.

Die Geschichten mit den Tieren - vor allem mit den von mir so geschätzten - Eulen und diversen Käuzen sind herzerwärmend und unterhalten. Auch wenn einige Tiere sterben - weil sie kürzere Lebenserwartung haben, oder etwas dazwischenkommt - ist viel Wärme und Zuneigung zwischen Autorin und den Tieren spürbar.

In Summe ein bezauberndes Buch, das gerade in Pandemie- und Lockdownzeiten gut tut. Viel Freude beim Lesen - und beim Betrachten der Photos im Mittelteil des Buches !

Tanja Brandt wurde am 15. Juni 1968 in Stuttgart geboren.  Sie lernte zuerst Bürokauffrau, später arbeitete sie in einer Spedition und als LKW-Fahrerin. Seit ca. 5 Jahren ist sie Tierfotografin und lebt heute in Remscheid und Grevenbroich, zusammen mit Ihren Hunden, Eulen und Greifvögeln.

Donnerstag, 18. November 2021

Grégoire Hervier : "Vintage"

Grégoire Hervier :
"Vintage"
original: "Vintage"
2016, Au diable vauvert
Aus dem Französischen von Alexandra Baisch und Stefanie Jacobs
2019, Diogenes Verlag
392  Seiten + 1 Seite Inhaltsverzeichnis + 1 Seite Credits
ISBN 978-3-257-24450-2 

Thomas Dupré erzählt in ich-form, wie er aus Paris mit einer seltenen Gitarre nach England geschickt wird. Im Schloß erwartet ihn ein Lord im Rollstuhl und beauftragt ihn eine seltene Gitarre, deren Existenz ungesichert ist, für seine Sammlung zu finden. Thomas reist nach USA, fährt durch die Gegend, trifft einen trunksüchtigen Gitarrensammler, reist nach New Orleans, trifft eine engagierte Musikstudentin in Mississippi die auf der Suche nach einem Künstler ist, von dem es nur Demobänder mit grandiosem Klang gibt. Dieser Musiker war mit dieser Gitarre abgebildet worden, was zu weiterer Recherche führt. Am Schluß gibt es diese Gitarre .....

Das Buch ist für Blues Gitarren Fans ideal. Die Ich-person spielt Gitarre, fachsimpelt über alte und neue Gitarren, erzählt von Riffs, von Übergängen innerhalb von Songs, und von wunderbaren Gitarrenspielerlebnissen. 

Inhaltlich geht es um die "Gibson Moderne", eine Gitarre, die 1957 als Prototyp entstand, damals aber nicht in die Produktion übernommen wurde, aber zu grandiosem Klang inspirierte.
Faszinierend war für mich die Recherche nach dem Musiker "Li Grand Zombi Robertson", den es so nicht wirklich gab, aber mit seinem Lebenslauf und als seinen Klang suchende Persönlichkeit eine grandiose Komposition ist.

In Summe ein spannender Roman. Viel Spaß beim Lesen !

Grégoire Hervier wurde 1977 in Villeneuve-Saint-Georges im Département Val-de-Marne geboren. Sein erster Roman "Scream Test" erschien 2006, 2009 erschien "Zen City". 2020 erschien "Dark was the night" 

Sonntag, 14. November 2021

Kaspar Panizza : "Glückskatz"

Kaspar Panizza :
"Glückskatz" - Frau Merkel und der Racheengel
2019, Gmeiner Verlag
276 Seiten
ISBN 978-3-8392-2408-3 

Band drei mit der besserwissenden Katze Frau Merkel und ihrem "Personal", dem Kommissar Steinböck, die diesmal den Mord an einem ekelhaften Menschen lösen müssen. Steinbeck recherchiert bei unlauteren Methoden Inkassobeträge für angebliche Programmdownloads aus dem Internet einzufordern. Es gibt Folgemorde, die zur Lösung des Falles führen, wobei der Tod einer jungen Frau sich als Ursache der Mord entschlüsselt.
Parallel löst Steinböck das Rätsel, warum ihm eine chinesische Grinsekatze zugeschickt wurde. Hier geht es um Kriminalität mit Chemotherapieprodukten.
Nebengeschichte sind junge Leute aus der Filmschule, die über Müll im Senegal berichtet habe, und verwandte Frauen aus Beschneidung retten und nach Deutschland bringen.

Aus der Truppe um Kommissar Steinböck gibt es weiterhin Ilona Hasleitner, die abgenommen hat, und damit einige Kollegen verwirrt. 

Der Roman ist rasch lesbar. Leider sind die Kommentare der Katze nicht mehr so humorvoll, wie in "Saukatz". Trotzdem viel Spaß beim Lesen.

Biographie des Autors bei "Saukatz" von 12 November 2016

Mittwoch, 10. November 2021

Michael Schnitzler : "Der Geiger und der Regenwald"

Michael Schnitzler :
"Der Geiger und der Regenwald" - Erinnerungen
Mitarbeit und Vorwort : Petra Hartlieb
2021, Amalthea Signum Verlag
250 Seiten (mit zahlreichen Abbildungen) + 2 Seiten Inhaltsverzeichnis + 3 Seiten Vorwort + 3 Seiten Prolog + 2 Seiten Epilog + 1 Seite Dank + 1 Seite Bildnachweis + 5 Seiten Namensregister
ISBN 978-3-99050-204-4

Michael Schnitzler, Musiker und Regenwald-Engagierter, hat seine Lebensgeschichte und einiges über seine Familie in engagierter und humorvoller Weise zusammengefaßt. In den ersten Kapiteln geht es um seine Großeltern, inklusive dem berühmten Großvater den er selbst nie kennengelernt hat, und wie sie es geschafft haben aus dem Nazi-Reich herausgekommen.
Er selbst kam erst in Amerika zur Welt, haßte Sport und begann früh Violine zu spielen.
Als Teenager zurück in Wien wurde er von Prof Samohyl unterrichtet, war Substitut bei den Wiener Philharmonikern, und seine berufliche Karriere begann. Er wurde rasch Konzertmeister bei den Wiener Symphonikern, mit denen er ein großes Repertoire aufbaute, und war Mitglied von Kammerensembles und kleineren Musikergruppen. Die "Schnurren" aus dem Musikerleben, in denen Situationen oder Menschen liebevoll bis trocken erzählt werden, sind zum Lesen sehr unterhaltend.
Der Autor erzählt viel über Bergsteigen in den USA, und Schweiz und - wie er sich in Costa Rica in den Regenwald verliebt. Zuerst kauft er ein Haus, dann beginnt das Engagement für diese Region, die Gründung des "Regenwald der Österreicher" und seine Verhandlungen für Hilfe. Die Erzählungen über nicht klappende Installationen, einbrechende Dächer, Regengüsse die Bäche in Sturzbäche verwandeln ziehen in den Bann.
Der Epilog bleibt zwiespältig in seiner postiven Einschätzung für die Zukunft der "klassischen" Musik, aber negativen für den Regenwald.

Der Stil ist leicht lesbar und unterhaltend, trotz der nicht einfachen Themen wie Flucht und Regenwald.

Die Seiten, in denen über die großen Dirigenten und Solisten in der klassischen Musikbranche erzählt werden, sind für Liebhaber der Branche unterhaltend bis weiterbildend; mit Sympathie wird nicht gegeizt.

Die gleiche Leidenschaft, die über viele Seiten für Kammermusik zu spüren ist, wird später dem Regenwald zuteil. Als Unterstützer des 'Regenwald der Österreicher' hat mich vorallem der Beginn dieser Idee fasziniert.

Berührend ist wie der Autor erzählt, daß seine Mutter in Amerika mit Krankenschwesterjob und Kammermusik glücklich, während sein Vater mit Studententheatern unterfordert war, und daß es in Wien umgekehrtwar das der Vater im Theater glücklich wurde, aber seine Mutter nicht mehr als Krankenschwester arbeitete und auch wenig von Musikmachen erzählt wurde.

In Summe ein interessantes Buch mit ernsten Themen aber auch humorvollen Absätzen. Viel Freude beim Lesen !

Mittwoch, 3. November 2021

Laetitia Colombani : "Der Zopf"

Laetitia Colombani :
"Der Zopf"
Roman
original "La Tresse"
2017, Editions Grasset & Fasquelle Paris
Aus dem Französischen von Claudia Marquardt
2018, Fischer // 2020, Fischer Taschenbibliothek
273 Seiten + 1 Seite Danksagung + 1 Seite Zitatnachweise
ISBN 978-3-52266-8

Die Geschichte dreier unterschiedlicher Frauen auf drei Kontinenten werden wie ein Zopf geflochten.
Strähne eins : Smita, eine Dalit (Unberührbare), erhofft in Indien ihrer Tochter das niedrige verachtete Leben als menschliche Toilettereinigerin zu ersparen, und möchte, daß sie lesen und schreiben lernt. Die anderen Kasten versagen dem Mädchen dieses Ziel auf brutale Weise. Smita kämpft weiter und reist mit ihrer Tochter in eine andere Region Indiens, wo sie auf Hilfe hofft.
Strähne zwei : Giuli, die von ihrem Vater das Perückenmachen gelernt hat, muß feststellen, daß die Firma ihrer Väter auf Sizilien verloren ist. Ein Freund hilft ihr zu eine anderen Strategie zu Haaren für Perücken zu kommen.
Strähne drei : Sarah, erfolgreiche Anwältin in Montreal, geschieden, drei Kinder, ist kurz vor ihrem hart erarbeiteten beruflichen Erfolg, als Krebs entdeckt wird. Ihr Verstecken der Termine fliegt auf, in der Kanzlei wird ihr der Boden unter den Füßen weggezogen. Sie rafft sich auf.

Der Zopf ist hier Bindeglied der Struktur als auch ganz konkret als es um Haarverlust in einem Tempel in Indien, Perückenmacherfabrik auf Sizilien und eine Perücke durch Chemotherapie geht.

Interessant sind die drei Hauptfrauengestalten, die sehr unterschiedlich gezeichnet sind. Eine Liebesgeschichte ist nur in Sizilien eingeflochten. Die Ziele der drei Frauen sind am Ende gleichgeblieben.

Mir ging der frauenfeindliche Hintergrund bei den Dalits und in der Gesellschaft Indiens am meisten unter die Haut. Wie in bitterarmen Gegenden mit Frauen von Beginn an respektlosest und direkt ans Überleben gehend umgegangen wird, läßt beim Lesen schaudern. Die Toiletten der höheren Kasten zu reinigen ist notwendig, aber ungeachtet und wird selten durch etwas Essen entlohnt. Auch Rattenfänger sind wichtig, aber ungeachtet; die Ratte darf mitgenommen und gegessen werden.

In Summe ein dichter Roman mit drei Frauenfiguren, die nicht aufgeben, sondern weiterkämpfen. Viel Freude beim Lesen !

Lætitia Colombani wurde 1976 in Bordeaux geboren. Sie ist Schauspielerin, Regisseurin, Drehbuchautorin und Schriftstellerin. "La tresse" ist der erste von ihr veröffentlichte Roman. Auf franzöisch gibt es derzeit drei weitere Romane zu Lesen.