Donnerstag, 31. Januar 2019

Rabih Alameddine : "Eine überflüssige Frau"

Rabih Alameddine :
"Eine überflüssige Frau"
Roman
original "An Unnecessary Woman"
2013, Grove Press
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Marion Hertle
2016 / 4. Auflage 2017 Louisoder Verlags GmbH München
Lesebändchen
440 Seiten
ISBN 978-3-944153-30-8

Aaliya Saleh, eine 72-jährige Frau erzählt von ihrem Leben als Buchhändlerin, als erste Tochter ihrer Mutter die nach dem Tod des Vaters an dessen Bruder verheiratet wurde und immer übersehen wurde, ihrer Freundin Hannah, dem Leben in der Stadt Beirut in den Angriffen und auch in Friedenszeiten. Ihre Liebe gehört der arabischen Sprache, und deshalb übersetzt sie grandiose Romane aus englischen und französischen Übersetzungen ins arabische. Hier ist ihr Ziel pro Roman ein max zwei Jahre zu übersetzten.

Das beginnt Ende des Jahres mit ihren Überlegungen welches Buch sie zu Neujahr zu übersetzen beginnen wird. Es endet mit der Entscheidung für die nächsten zwei Bücher. Dazwischen sind der Versuch des ältesten (gräßlichen) Halbbruders die gemeinsame Mutter bei ihr abzuladen, ein Besuch im Museum, ein Besuch bei ihrer Mutter und überraschende Zusammenarbeit mit ihrer Nichte, und ein Wasserrohrbruch im Haus, das ihr überraschende Hilfe der drei anderen Frauen im Haus zuteil wird.

Das Buch ist aus ich-sicht geschrieben. Ihre Blicke, was sie sieht, was sie denkt ist notiert.
Am wichtigsten sind ihr Hannah eine Freundin die Teil der Familie ihres kurzzeit-Ehemannes gewesen war, dann kommen ihre Bücher und dann lange nichts. Ihre Familie hat sie nicht für sie interessiert, also macht sie es genauso; die drei starken Frauen in ihrem Haus sind ganz anders als sie, sie kümmern sich um Kinder, Mode, Männer und Intrigen (in unterschiedlichen Gewichtungen).

Auf fast vierhundert Seiten werden großartige Bücher der Weltliteratur beschrieben, und die Liebe Aaliyas zu diesen. Mir sind die Hälfte der Bücher bekannt, was Platz für Lesenanregung der nächsten Jahre macht.
Dazwischen wird Glen Gould genannt und andere Meilensteine der klassischen Musik, aber auch die großen Damen des arabischen Gesangs wie Oum Kouthoum.

Das Buch ist für mich eine Art Liebeserklärung an gute Bücher quer durch die Literaturgeschichte, die Art und Weise wie über Bücher und deren Charaktere geschrieben wird ist, macht neugierig auf deren (wieder oder erstmals) Lesen.

Aaliya schreibt über sich selbst auch humorvoll und selbstironisch. Übersetzt heißt Aaliya 'die Erhabene'. Es bringt zum Lächeln, wenn sie mit ihre Namen mit fehlerhaft blau gefärbten Haaren in Verbindung bringt und damit sprachlich spielt, und andere Mißgeschicke oder verblaßte Träume aus ihrem Leben.

Die Ausdrucksweise in diesem Buch fasziniert mich. Die Metaphern und andere Bilder in der beeindruckenden Stadt Beirut, die Gedanken über die Bücher haben mich in den Bann gezogen. Eigen war für mich daß ein Mann diese Frau so schön beschrieben hat, vielleicht ist hier aber auch der Übersetzerin der Tribut für diese sprachliche Schönheit und Dichte zu zollen.

Dieses wunderbare Buch hat meiner Ansicht nach leider den falschen Titel - auch wenn Aaliya sich selbst - da geschieden und kinderlos - als überflüssig sieht.
Auf spanisch lautet der Titel "La mujer de papel" (cirka 'Die Frau aus Papier'), auf französisch wurde "Les Vies de papier" (übersetzt cirka als 'Die Leben am Papier') als Titel gefunden, die mir beide viel besser als der Original und deutschsprachige Titel gefallen. Der italienische Titel ist "La traduttrice" ('die Übersetzerin').

In Summe ein großartiges Buch mit einer Offenheit für die Schönheit von Sprache und Literatur, aber auch zu Menschen. Viel viel Freude beim Lesen und Versinken in diese Welt !

Rabih Alameddine wurde in 1959 in Amman/ Jordanien geboren. Er ist Maler und ist in englischer Sprache schreibender Schriftsteller.  Er ist Sohn libanesischer Drusen und wuchs in Kuwait, Libanon  auf und lebt ab seinem 17. Lebensjahr in England, später Kalifornien. Nach seinem Studium war er als Ingenieur tätig. 1998 erschien sein erster Roman "Koolaids. The Art of War". Er lebt in San Francisco und Beirut.

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