Freitag, 31. August 2018

Andrea Camilleri : "Jagd nach einem Schatten"

Andrea Camilleri :
"Jagd nach einem Schatten"
Roman
original "Inseguendo un'ombra"
2014, Sellerio editore, Palermo
Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki
2018, Nagel & Kimche
195 Seiten
ISBN : 978-3-312-01086-8

Diese Jagd nach einem Schatten gilt einem Mann im 15 Jahrhundert. Geboren als Jude - vermutlich unter dem Namen Samuel Ben Nissim Abul Farag - merkt er die Nachteile als Juden in Sizilien, konvertiert - und nimmt den Namen Guglielmo Raimondo an-, wird mit Hetzpredigten gegen Juden und grandioser Rhetorik zu einem der Stars im Vatikan. Nach einer 'Verfehlung' - es wird Mord vermutet - flieht er zuerst nach Deutschland, und dann zurück diesmal in die Toskana, wo er unter dem Namen Flavio Mitridate, Übersetzer für Pico della Mirandola wird. Nachdem die Verfehlung nach Jahren wieder verfolgt wird, geht sein weiteres Schicksal unter - Camilleri hat einige Endvorschläge.

Camilleri geht hier auf Spuren anderer Schriftsteller und Historiker wie Leonardo Sciascia, und schreibt drei Kapitel in denen zuerst romanhaft wie gescheit, sprachengenial aber unangenehm und launenhaft der Mensch Samuel/Guglielmo/Flavio gewesen sein könnte / dürfte. In anderem Font arbeitet Camilleri die Unterschiede zwischen seiner Romanfigur und dem, was als es als Belegen gibt, auf.

Ob diese Menschen mit unterschiedlichem Namen wirklich ein Mensch sind, ist nicht geklärt. Geklärt ist die Homosexualität von Flavio, sowie eine Amoure die ihm vielleicht wichtig gewesen sein dürfte. Camilleri macht eine Liebesgeschichte daraus. Daß Flavio einen Liebensjungen vertraglich gesichert hat und diesen wiederholt einfordert, gilt als gesichert.

Die Menschen und Beziehungen im Vatikan zeichnen ein machtgieriges Beziehungsgerüst, in dem erotische Leidenschaften und Cliquen Jahrzehnte vor Luther und Papst Alexander VI den Kirchstaat diktieren.

Samuel/Guglielmo/Flavio ist das Zentrum des Romans. Ihm werden Gefühle, Gedanken und Handlungen im Roman angedichtet; seine Verwandlungen, sein Ehrgeiz und Geldgier sind die Angelpunkte seines Handelns. Einzig sympathisch wirkt seine Vorliebe für wunderbare Bücher.

Die Geschichte ist spannend erzählt, auch wenn etwas zu viele Fachvokabel wie Neophyt (bekehrter Jude), Sbirren (quasi Geheimpolizei in Rom/Vatikan) und v.a. lateinische Sätze aus dem Kirchenbereich, die ich mit den Resten meines Schullateins irgendwie sinnhaft übersetzen konnte. Sinngemäß wird oft im darauf folgenden Satz darauf hingewiesen und einigermaßen erklärt.

Das Buch ist für Menschen die sich gerne in die Renaissance einlesen vermutlich große Freude. Mich hat die Spannung und Ambivalenz zwischen Fantasie und Recherche fasziniert. Viel Freude beim Lesen !

Andrea Camilleri wurde am 6. September 1925 in Porto Empedocle auf Sizielien geboren. Er ist Drehbuchautor, Regisseur und ermutlich am bekanntesten als Schriftsteller. 1978 erschien sein erster Roman, 1994 sein erster Kriminalroman mit Commissario Montalbano (1999 auf Deutsch).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen