Dienstag, 12. September 2017

Fouad Laroui : "Die alte Dame in Marrakesch"

Fouad Laroui :
"Die alte Dame in Marrakesch"
Roman
original "La vieille dame du ruad"
2011, Editions Juillard Paris
Deutsch von Christine Kayer
2015, Merlin Verlag
166 Seiten  + 5 Seiten für Glossar, Liedtexte und Textpassagen
ISBN 978-3-87536-314-2

Als Rahmenhandlung sind Cécile und Francois, ein gut situiertes Paar aus Paris, in Marrakesch unterwegs um einen Wunsch von Francois nach einem Riad (in Marokko ist das ein traditionelles Haus mit einem Innenhof) zu erwerben, was zuerst auch gelingt. Dann finden die beiden eine alte Dame in einem Zimmer, die wie ein Geist wirkt.
Im zweiten langen Kapitel wird anhand von Hadj Fatmi, seiner Berberfrau (der zweiten), deren Sohn Tayeb, die Geschichte Marokkos aus der Sicht der Berber Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts erzählt. Es gibt Bürgerkrieg, Gemetzel, Intrigen, Militärs aus Spanien und Frankreich, Waffen aus England und Deutschland, Wertewandel, Überlegungen wer sich wem wie anpassen soll, IS entsteht, Tayeb meldet sich für die französische Armee im zweiten Weltkrieg und geht verloren.
Im Abschlußkapitel wird der Riad mit all den Unterlagen die das französische Paar mittlerweile über die Berber gesammelt hat eine Art Museum.

Während im ersten Kapitel ein eingespieltes humorvolles Ehepaar miteinander lebt, und zwar ohne wirkliche Probleme, ist das zweite lange Kapitel mit den Kampf- und Kriegswirren sehr spannend geschrieben / spannend übersetzt (was ich nicht entscheiden kann da mein französisch dafür zu schlecht ist).

Die Sichtweise der marokkanischen Geschichte aus dem Blickwinkel der Berber bzw. eines Stammes des Berber, ihre Benachteiligung gegenüber arabisch sprechenden Menschen, der Versuch ihre Kultur auszumerzen, Diskussionen im fernen französischen Paris sind gut vorstellbar beschrieben. Erste islamische Organisationen (es steht im Roman : IS) gegen - hier fremde - Machthaber strukturieren sich.

Die Dialoge des französischen Paares sind sehr unterhaltsam, wobei er als Träumer dargestellt wird. Sie hat mehr Boden unter den Füßen. ist aber doch feinfühliger. Auch die Unterhaltungen der beiden inkl. Gedanken in Marokko mit den dort lebenden Menschen und deren Gepflogenheiten sind humorvoll geschildert.
Die Menschen um Tayeb sind entweder kämpferisch, oder in ihr Schicksal ergeben. Eine eigene Rolle hat die Bedienstete / Sklavin Massouda, die die Gabe hat in die Zukunft zu sehen und eine treue liebevolle Seele ist.

Das Glossar ist wichtig, allerdings mußte ich weitere Wörter nachsehen, die im französischen - islamischen - maghrebinischen Kontext sind. Hier wäre weitere Wörter für das Glossar hinzuzufügen.

In Summe ein spannendes gut geschriebenes Buch mit viel Information über einen geschichtlichen Blick auf die Berber. Viel Freude beim Lesen !

Fouad Laroui  wurde am 12. August 1958 in Oujda (Marokko) geboren.  Er studierte zuerst in Casablanca und später in Paris Ingenieurswissenschaften. Dann arbeitete er in Khouriba (Marokko), dann in Cambridge und York. Hier studierte er Wirtschaft. Später ging er nach Amsterdam um zu unterrichten (was er bis jetzt tut). Nebenbei schreibt er für ein Wochenmagazin und Romane. Sein erster Roman "Les Dents du topographe" erschien 1996.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen