Samstag, 27. Mai 2017

Jorge Bucay : "Komm, ich erzähl dir eine Geschichte"

Jorge Bucay :
"Komm, ich erzähl dir eine Geschichte"
original "Déjame que tu cuente ..."
1999, Editorial del Nuevo Extremo, Buenos Aires
Aus dem Spanischen von Stephanie von Harrach
2007, Fischer Taschenbuch Verlag
275 Seiten + 2 Seiten Inhaltsverzeichnis
ISBN 978-3-296-17092-0

Demian, ein junger Mann mit vielen Fragen, kommt nach Besuch bei einigen Therapeuten zu dem dicklichen Jorge, der ihm auf seine Fragen und Probleme im Alltag, mit Geschichten antwortet. Manche Geschichten sind zwei Seiten lang, manche auch länger - aber sie haben oft überraschendes Ende.

Die Geschichten sind aus vielen Kultur- und Religionskreisen der Welt - auch Saint-Exupery schaut ums Eck'. Oft ist ein weiser Mensch dabei, der Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt. Manche Geschichten bezaubern durch Humor, und erfreuen damit; andere bringen zu Nachdenken.

Die Kapitel über Lügen, sich-die-Welt-zurecht-biegen, Phantasiewelt-leben, Lügen-bringt-wem-was-? brachten mich zum Grübeln. Es geht um Liebe, Anerkennung, den Weg-finden, Erwartungen-zurückschrauben etc ...

Ich habe dieses Buch vornehmlich vor dem Einschlafen gelesen, da mir die freundliche Gelassenheit  gut getan hat. Manchmal schien es so, als sei so etwas wie Liebe zu spüren.

In Summe für mich ein wunderbares Buch. Diese Freude wünsche ich auch anderen Leserinnen und Lesern.

Jorge Bucay wurde am 30. Oktober 1949 in Buenos Aires, Argentinien, geboren. Sein familiärer Background ist kulturell gemischt, da er aus einer Familie mit arabisch-jüdischen Wurzeln stammt und in einem überwiegend christlichen Viertel von Buenos Aires aufwuchs. Er studierte Medizin und Psychoanalyse und ist heute einer der einflussreichsten Gestalttherapeuten des Landes.

Montag, 22. Mai 2017

Beate Maxian : "Der Tote vom Zentralfriedhof"

Beate Maxian :
"Der Tote vom Zentralfriedhof" - Die Sarah Pauli Reihe Band 4
2014, Goldmann / Random House
401 Seiten
ISBN 978-3-442-48069-2

Eine Fremdenführerin erscheint nicht zum Termin mit Sarah Pauli. Ein Sarg wurde entführt. Ein bekannter Restaurantbesitzer wird verdächtigt und Sarah Pauli ist wieder mitten in einer Mordgeschichte. Diesmal führt sie diese zu einem ehemaligen General mit besten Beziehungen, während sich ein bezahlter Bösewicht mit bösen Ohmen herumschlagen muß. Am Schluß wird die Fremdenführerin gerade noch rechtzeitig gefunden und Bösewichte und Hintergrundmenschen um Immobilien, Familienhaß und Vermögen werden entlarvt.

An Esoterik wird diesmal das Thema der gar nicht einfachen 'Magischen Quadrate' seit Leonardo da Vinci und seine astrologischen Bedeutungen und Verwendungen in der Architektur bis heute erläutert. Für Wien-Interessierte wird diesmal viel über das Schloß Neugebäude und ein wenig über den Zentralfriedhof erzählt.

Diesmal hat mich die Liebesgeschichte von Sarah Pauli und ihrem David eher genervt; die Szenen mit der eingesperrten Fremdenführerin gingen mir mehr unter die Haut.

Die Menschen wie der Restaurantbesitzer, der General und der rumänische Söldner waren interessant geschildert. Die Orte und Wege in Wien sind gut verfolgbar.

Der Krimi ist gut und rasch lesbar und spannend geschrieben. Viel Spaß beim Lesen !

Beate Maxian wurde am 22. August 1967 in München geboren. Seit 1995 lebt sie in Vöcklabruck (Oberösterreich). Sie ist Journalistin (ORF) und Moderatorin. 2005 erschien ihr erster Kriminalroman "Tote Lächeln", 2011 wurde der erste Band mit Sarah Pauli veröffentlich "Tödliches Rendezvous".

Montag, 15. Mai 2017

Frank Tallis : "Vienna Blood"

Frank Tallis :
"Vienna Blood" - Volume two of the Liebermann Papers
2007, Arrow Books, U.K.
474 Seiten + 2 Seiten Acknowledgment and Sources
ISBN 978-0-099-47132-5

Auf deutsch ist der Kriminalroman unter dem Titel "Wiener Blut" erschienen. Der Titel bezieht sich auf einen Absatz in dem der Walzer dieses Namens gespielt wird.

Psychiater Max(imilian) Liebermann und sein guter Freund Inspektor Oskar Rheinhardt sind wieder auf der Suche nach einem Mörder. Die Lieblingsschlange des Kaisers in Schönbrunn wurde zerschnitten, drei Huren und ihre Puffmutter in einem Bordell bestialisch ermordet, ein dunkelhäutiger Diener erdolcht - Die Wien geht die Angst um. Zuerst wird ein Schlächter verdächtigt, aber die damals noch neue Technik einer Blutuntersuchung beweist, daß nur jede Menge Tierblut an seinen Kleidern ist.  Eine Aufführung der  "Die Zauberflöte" in der Staatsoper wird zum Schlüssel um endlich der Lösung nach zu kommen. Liebermann und Rheinhardt, die beide gebildete Mittelschicht mit verschiedenen Religionen darstellen, beginnen sich mit Kreisen zu beschäftigen die Ausländer, Zureisende, Andersfärbige, Andersreligiöse und Freimaurer zutiefst hassen. In einer Bibliothek kommt es zum Showdown mit Fechtszene.

Die Kriminalgeschichte ist großzügig geschrieben, in der Menschen, ihren Beweggründen und Bewegungen Raum gegeben wird, ohne zu kitschig zu werden.
Die Menschen sind unterschiedlichst.
Dem Titelgebenden Max Liebermann wird der meiste Platz eingeräumt: er ist verlobt und nicht wirklich glücklich. Fein wird beschrieben wie er damit umgeht, und wie die Gesellschaft mit seiner Entscheidung umgeht. Mir als Musikfan haben die Stellen in denen er Musik genießt bzw, mit dem Inspektor gemeinsam musiziert sehr gut gefallen. Als Psychiater sucht er auch den großen Freud auf. Neue Ideen werden entwickelt. Die Kapitel in denen er einen Patienten der in Liebe zu einer unerreichbaren Erzherzogin entbrannt ist schildert sind faszinierend; erschreckend eine altmodische Methode psychisch kranke Menschen durch Drehungen sogenannt zu kurieren.
Der Inspektor hat einen freundlichen Untergebenen, und einen mieselsüchtigen Vorgesetzten. Er selbst geht seinen Weg und versucht den Mord zu klären. Er ist ein wirklich guter Freund Liebermanns, der ihm als Mensch und Polizist zur Seite steht und seine Denkansätze zu schätzen weiß.
Die Künstler und Literaten aus dem deutsch-tümelden Bereich sind gut vorstellbar, auch wenn es fasziniert daß Menschen mit Hunde- oder Rattengesicht beschrieben werden. Künstler zerbrechen an ihrem Anspruch genial zu sein, aber zu bemerken, daß sie mittelmäßig sind. 
Die stolzen Uhlanen sind in dem Buch die Soldaten deren Benehmen mit Arroganz, Selbstgefälligkeit, und eigenartigen Werten mit Duellen und Ehrenmorden auffallen.

Es wird viel aus Wien beschrieben wie das Burgtheater, das Rathaus, die schwebende Straßenbahn, etc. Stimmungsmäßig ist festgehalten, daß die Freimaurer auch politisch bedroht sind, und sehr versteckt ihren Werten und Ritualen nachgehen müssen. Wien ist geographisch gut geschildert und als Wienerin sind die Wege und Strecken gut nachvollziehbar.

Die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten werden beschrieben. Max Liebermann lebt als gebildeter Mensch in seiner Schichte aber lernt viel aus anderen Leben durch seine Arbeit . Er erlebt auch die Oper in der Loge und genießt Gustav Mahler als Dirigent. Das Elend der Prostituierten, die verrauchten billigen Lokale sowie das Vegetieren der ganz Armen in den Kanälen unterhalb der Stadt wird bildhaft eingefangen.
Das Buch ist schönem reichen vielfältigen Englisch geschrieben. Ich habe jede Menge neuer schöner Adjektive und Redewendungen kennen gelernt (darunter einige Vokabel für 'durchsichtig').

Ich habe zwar länger an dem Buch gelesen, es aber sehr genossen. Viel Freude auch anderen Leserinnen und Lesern !
 
Frank Tallis, wurde am 1 September 1958in London geboren. Er ist klinischer Psychologe mit Spezialisierung auf Zwangsstörungen. Er schreibt sowohl Fachliteratur, als auch Kriminalgeschichten und Fantasyromane (diese allerdings unter dem Autorennamen 'F. R. Tallis')

Sonntag, 7. Mai 2017

Christiane Franke, Cornelia Kuhnert : "Mörderjagd mit Inselblick"

Christiane Franke, Cornelia Kuhnert :
"Mörderjagd mit Inselblick" - Ein Ostfriesenkrimi
2017, Rowohlt Taschenbuchverlag
265 Seiten + 10 Seiten Rezepte + 1 Seite Danksagung + 3 Seiten Stammpersonal
ISBN:  978-3-499-29061-9

In dem mittlerweile vierten Band findet die Mörderjagd von Rosa, Rudi und Henner bei einem Krimi-autoren-Festival auf diversen Inseln statt. Henner ist auf Kur und versucht allen Verkupplungsversuchen der Familie auszuweichen. Rudi hat Probleme weil sein direkter Vorgesetzter krank ist, und der Ersatz sich zu profilieren versucht. Bleibt Rosa in deren Gegenwart drei Autoren versterben, und die alles versucht hier den Mörder und seine Methode(n) zu entlarven. Ihre Gespräche mit den Autoren, und Kritikern sind amüsant zu lesen, bis am Schluß der Mörder entlarvt wird.

Der Krimi ist gemütlich und rasch zu lesen. Die Personen - bekannte und neue - sind markant und freundlich geschildert, selbst wenn es Ekelpakete sind. Das Essen bei Henners Mutter im Rahmen der Familie ist mit üppigem Essen und Intrigen sehr unterhaltsam beschrieben.

Im Hintergrund wird die Wichtigkeit von Kritikern, Lesungen der Romane beschrieben, aber auch was das unüberlegte Geschreibe in einer Internetzeitung ausmachen kann. Das Hickhack zwischen begabten und leider weniger begabten Autoren ist heftig und löst Negatives aus.

Mord mittels Grünkohlpraline stelle ich mir aber eher nicht g'schmackig vor.

Leider kenne ich mich in Ostfriesland nicht aus, aber die Beschreibungen von Ebbe und Flut, dem Glitzern des Meeres sind spannend. Bei den Namen der Inseln bin ich leider ausgestiegen.
Ich hätte mir auch durchaus ein Glossar auf den letzten Seiten mit ostfriesisch - Schriftdeutsch gewünscht. (z.B. daß Jever eine Biermarke ist weiß leider nicht jeder).

In Summe ist es ein sehr unterhaltsamer Roman der genau das richtige für ein verregnetes Wochenende oder nach einem anstrengenden Tag ist. Viel Spaß beim Lesen !

Christine Franke wurde 1963 an der Nordseeküste geboren und lebt auch jetzt noch dort. Zuerst arbeitete sie als Bankkauffrau, bis 2000 ihr Erstling erschien. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin und Herausgeberin arbeitet sie als Dozentin für kreatives Schreiben.
Cornelia Kuhnert wurde 1956 Hannover geboren, lebt auch jetzt noch dort. Sie studierte Germanistik und Geschichte. und arbeitete dann als Lehrerin und im Stadtrat.  Sie hat bereits einige Kriminalromane veröffentlicht.
Gemeinsam erschienen : Band 1 "Krabbenbrot und Seemannstod" erschien 2014, "Der letzte Heuler"(2015) und "Miss Wattenmeer singt nicht mehr" (2016).

Montag, 1. Mai 2017

Elisabeth Florin (Pseud.) : "Commissario Pavarotti trifft keinen Ton"

Elisabeth Florin (Pseud.) :
"Commissario Pavarotti trifft keinen Ton"
Kriminalroman
2013, Emons Verlag
372 Seiten + 2 Seiten Anmerkungen der Autorin + 2 Seiten Danksagung
ISBN 978-3-95451-122-g

Die dünne, übergepflegte Lissie von Spiegel fährt in ihre Kindheitserinnerung Meran. Dort wird sie in die Ermittlungen nach einem Mord durch den rundlichen eher emotionslosen italienischen Commissario verwickelt. Beide eint Probleme mit dem Vater und das Ziel den Mord zu lösen. Lissie vergräbt sich in die Geschichte Südtirols mit Mussolini und auch nach dem zweiten Weltkrieg, als die deutschsprachigen Südtiroler Spielball von Politik und Unterdrückung worden; die Zeit der Bombenlegungen, Verstecke, Verrat von Freunden, (zu) hartes Durchgreifen der Polizei werden genannt. Der Commissario versucht bei Witwe und Vater des Mordopfers Informationen zu finden, bei den eingesessenen Handelspartner in Meran für die das Opfer zu Italien-freundlich war, bei italienischen Handelspartnern, und auch bei einer der vielen Geliebten des als charmant aber kühl beschriebenen Opfers. Der Vater des Opfers wird auch ermordet. Erst spät wird überraschend klar, wer hier wen gemordet hat und warum.

Ort der Handlung ist Meran, die schönen Laubengänge, Park und auch die Berge rundherum. In den Laubengängen findet Veränderung statt wenn statt eingesessener Läden plötzlich italienische Nobelmarken ihre Stücke Touristen anbieten.

Die Personen sind gut vorstellbar geschrieben. Pavarotti ist zwar rund, trägt aber die Last daß sein Vater als Staatsanwalt gegen die einstigen Bombenleger traumatisch vorging; Pavarottis Schwester hat ein anderes Problem mit dem gemeinsamen Vater. Pavarotti wird nur Meran zugeteilt, spürt aber daß er als Italiener / 'Welscher' nicht ernst genommen wird. Lissie hat ihre Arbeit verloren und versucht sich abzulenken in dem sie nach Südtirol fährt; sie ist sehr kommunikativ und hört gerne bei fremden Gesprächen zu. Das Opfer Karl Felderer war ein Halodri, und ein gefuchster Geschäftemacher. Seine Frau ist hochschwanger und in der Familie der Felderers kreuzunglücklich. Die Pensionsinhaberin und Restaurantorin wird hantig, handwerklich und ziemlich belastet geschildert. Ihr Enkelbub ist ein aktiver Bub. Der Ladenbesitzer Aschenberger ist historisch bewandert und damit auch belastet, und sehr verbittert. Commissarios ex-Schwager Albert hat einen Alkohol-Laden und hofft diesen erhalten zu können, und ist ein weicher Mensch. Niedermayer hat auch einen Laden in den Laubengängen und er streitet mit Karl Felderer über die weitere Ausrichtung der Geschäfte, und ist sonst ein unsympathischer Mensch.
Die zwei Polizisten vor Ort unterschiedliche Typen; der eine liebt seinen Job und ist engagiert und proaktiv unterwegs, während der andere nur noch weg möchte.

Irritierend sind die Kommentare zu Werken von Gustav Klimt, dem fette Weiber als Modells und ein Tod, der nicht die spanische Grippe ist, angedichtet werden. Hoffentlich sind andere Details besser recherchiert.

So interessant der geschichtliche Hintergrund geschrieben ist und festhält, sowenig haben mich die Personen emotional positiv berührt. Alle haben einen 'groben Schaden', den sie ungelenk und aggressiv kaschieren wollen, was mich bei dem Hauptermittler-Duo abstößt.

Trotzdem ist das Buch ein empfehlenswerter Kriminalroman, bei dem Mitraten nach dem Mörder möglich ist. Viel Spaß !

Elisabeth Florin (eigentlich Claudia Vogl-Mühlhaus) wurde am 4. August 1958 in Augsburg geboren. Ihre Ausbildung hatte sie in München, Brixen und Bozen. Sie arbeitet seit 20 Jahren als Autorin, Finanzjournalistin und Kommunikationsexpertin für Banken. 2003 begann sie ein Buch zu schreiben, das 2013 mit "Commissario Pavarotti trifft keinen Ton" veröffentlicht wurde. Mittlerweile sind auch "Commissario Pavarotti küsst im Schlaf" (2014) und "Commissario Pavarotti spielt mit dem Tod" (2016) erschienen.