Gudrun Smole :
"Kanzleimord"
- Chefinspektor Cohns erster Fall
2016, Text Rahmen Verlag
Hardcover und Lesebändchen
311 Seiten + 4 Seiten Glossar
ISBN 978-3-200-4664-1
Chefinspektor Cohn wird nach einem heißen Pfingstwochenende zu zwei Leichen gerufen : ein feister Rechtsanwalt und seine Haushälterin sind einigen tiefen Schnitten zum Opfer gefallen. Das Leben des Rechtsanwaltes, der mit seiner Mutter lebte und Liebschaften mit verheirateten Frauen hatte, wird untersucht. Sein Sekretär Walter Lechner, ein ehemaliger Offizier, wird von Medien und Menschen als Mörder behandelt, und sagt nichts; dafür spricht seine schöne, temperamentvolle Frau. Nach und nach wird auch die Geschichte der Haushälterin Frau Woyda untersucht, bis sich ein ziemlich überraschendes Ende auftut.
Die Geschichte spielt in Wien in den 1870-er/80-er Jahren als noch eine Pferdetramwaybahn fährt. Die Vororte Währing, Hernals etc. sind erst seit kurzem Teile von Wien. Dort werden schäbige Quartiere für Arbeiter und Arbeiterinnen, die aus allen Teilen der Monarchie nach Wien streben, errichtet.
Cohn hat drei Polizisten die teilweise mehr, oder weniger mithelfen. Hier sind die Charaktere sehr unterschiedlich geschildert. Die Menschen deren Leben in Bezug auf die Morde untersucht wird sind klar gezeichnet. Sekretär Walter Lechner wird als gut gekleidet, gute Manieren, aber als Spieler geschildert. Seine Frau ist ebenfalls gut gekleidet, aber temperamentvoll von Dame bis ziemlich vulgär unterwegs, die Mutter des Anwalts ist eine fette Person die auf zart spielt aber eisern alles durchschaut, ihre Köchin Sefferl eine witzige Karikatur, ebenso wie Franzi aus dem Haus (des Mordes) die eine junge, naive, freundliche liebenwürdige Köchin ist, Witwer Woyda wird karg geschildert, und im Arbeiterhaus mit überfüllten Zimmern ist das Elend spürbar. Cohn selber ist ein gemütlicher Zeitgenosse der sich Zeit für Menschen nimmt und seine Frau und Tochter vermißt. Der wissenschaftlich agierende, aber menschlich nervtötende Dr. Cross der wichtige Details zum Mord wie Fußabdrücke liefert, bringt beim Lesen zum Schmunzeln.
Wien ist spannend bis unterhaltsam geschildert. Die Gegenden sind klar erkennbar. Die Launenhaftigkeit wann Cohn eine Pferdetramway nimmt, oder einen Kutscher winkt oder zu Fuß geht, entschleunigt beim Lesen. Faszinierend ist wie oft die Polizisten essen oder trinken gehen.
Die Medien bekommen (damals wie heute) kein gutes Bild ab. Die Vorverurteilung geht rasch zulasten des lange Beschuldigten, daß der Ruf des Unschuldigen unwiderbringlich in Gesellschaft und Arbeitsleben zerstört ist.
Es gibt ein Glossar des Wienerischen ins Schriftdeutsche, daß beim Überfliegen ziemlich zum Lachen bringen kann. Vermutlich sind die Übersetzungen aus dem Wienerischen notwendig.
In Summe ein gut lesbarer Kriminalroman, der aber nicht rasch lesbar ist sondern wegen seiner Details es verdient durchaus bewußter in die Geschichte und die Personen der Handlung einzutauchen. Viel Freude beim Lesen !
Über Gudrun Smole habe ich leider kein Geburtsjahr herausgefunden, nur daß es in einer der Ebenen in Ostösterreich war. Sie hat in Wien Geschichte studiert, lebte später in Bayern, der Schweiz, China, den Niederlanden und der USA. Derzeit lebt und arbeitet sie in Kärnten.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen