Sonntag, 28. September 2014

Christoph Ransmayr : "Morbus Kitahara"

Christoph Ransmayr :
"Morbus Kitahara"
Roman
1997, S. Fischer Verlag GmbH Frankfurt
434  Seiten + 2 Seiten Inhaltsverzeichnis
ISBN 3-596-13782-9

Das Buch ist ein wunderschöner, dichter, düsterer Roman der mit feinen und starken Strichen den Untergang einer Region nach dem Krieg erzählt.

Der Untergang ist von oben befohlen : es werden die Schienen zerlegt und Maschinen entfernt, damit die Menschen die früher um ein Konzentrationslager gelebt haben Sühne leisten. Unter den Menschen leben ein Schmied, seine bigotte Frau und ein Junge der zuerst wie ein Vogel spricht und erst spät die menschliche Sprache erlernt. Bering lernt Schmied wie sein Vater und mit Tricks schafft es die Familie, daß sie es ihren Amboß nicht verlieren. Die Schmiedekünste führen Bering zu einem mächtigen Mann, der in einer verfallenen Villa mit herrenlosen Hunden lebt. Sie folgen ihm, weshalb Ambras als Hundeführer gilt. Als dritte Persönlichkeit ist Lily geschildert - sie träumt von Brasilien, ist aber kundig in Geheimpfaden übers Gebirge zu anderen Menschen, zum Leben hin.
Passierscheine gibt es fast nicht zu ergattern, sondern Sühne wird in theatralischen militärischen Shows verlangt. Dann beschließt das Militär auch noch den letzten Stolz der Menschen zu demontieren - den Steinbruch mit grünem Granit. Alle werden ausgesiedelt, da dies Sperrgebiet wird. Jetzt dürfen sie weg - sind aber nicht glücklich. Lily, Bering und Ambras fahren wirklich nach Brasilien - ob jeder zum seinem Ziel, seinem Wunsch kommt ?

Das Buch ist faszinierend geschrieben. Menschen die deprimiert sind, ist diesen Buch nicht zu empfehlen, aber anderen die in diese beschriebene Welt der Düsternis, des Bergwerks, des Militärs das zwingt und demütigt, Bering der sich mit dem Bau eines vogelartigen Autos (die Krähe) verwirklichen darf, eine zarte unerfüllte Liebe zu Lily spüren darf, Ambras dessen Frau (eine zarte schöne Jüdin) schwer mißhandelt wurde und ihm im Steinbruch/Konzentrationslager die Schultergelenke ruiniert wurden, Lily die nie ihr Ziel vor Augen verliert und überall behende durchkommt.

Morbus Kitahara ist das Wort für die blinden / schwarzen Flecken in Berings Augen. Die Frage des Arztes lautet: was willst du nicht sehen ? beantworte die Frage, dann gehen die Flecken wieder weg.

Mich hat die Sprache des Autors mit seinem Metaphern fasziniert. Er schreibt von der 'Wildnis der Kabel' und ähnliche Vergleiche die mich in den Roman hineingezogen haben.

Ich wünsche viel Freude beim Eintauchen in diesen großartigen Roman.

Christoph Ransmayr wurde am 20. März 1954 in Wels (OÖ) geboren. Er studiert Ethnologie und Philosophie in Wien und arbeitete als Redakteur/Autor für Zeitschriften. Seit 1982 ist er hauptberuflicher Schriftsteller. Er hat viele renommierte Preise und Auszeichnungen erhalten.

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