Stefan Zweig :
"Brasilien" - Ein Land der Zukunft
1941 erstmals bei Bermann-Fischer Verlag AB, Stockholm erschienen
Insel Taschenbuch 4208
2013, Suhrkamp Berlin
275 Seiten
13 Seiten Einleitung von Stefan Zweig
13 Seiten Nachwort von Volker Michaels, Frankfurt a. Main 1994
ISBN 978-3-458-35908-1
Das Buch ist ein wunderbares Buch mit wunderschöner Sprache, schönen Bildern im Kopf und spannend geschrieben. Der Roman eignet sich weniger zum Querhinunterlesen sondern es ist schöner hier die Sätze, Metaphern bewußt und konzentriert zu lesen, auch wenn das mehr Zeit benötigt.
Vor allem die Geschichte grandios erzählt. Auf diesen Teil wieder immer wieder zurückgegriffen, wenn die Wirtschaft extra erzählt wird oder einzelnen Städte in ihrem auf und ab mit der Entwicklung der Rohstoffe wie Kautschuk, Kakao oder Kaffee reflektiert. Am willkürlichsten liest sich der Teil als der Goldrausch ausgebrochen war, und zwei Generationen später bereits erloschen war.
Die ersten 80 Seiten Geschichte sind spannend erzählt. Fast so spannend wie ein gut geschriebener Thriller. Brasilien wurde meist in Ruhe gelassen, die hohen Erwartungen die an die von den Spaniern entdeckten Länder gerichtet waren und zu derem raschen kulturellem Ruin führten, fand hier nicht statt. Dafür haben hier die Jesuiten über Generationen viel an Schulung durchgeführt, die später von den eigenen Landsleuten durch Menschenraub zunichte gemacht wurde. Dann kam interimistisch der portugiesische Königshof um den europäischen Wirren zu entfliehen. Für Rohstoffgewinnung brachten später Schiffe ladungenweise Arbeiter aus Afrika. Zuwanderer kamen aus Deutschland, Holland etc ..
Das Völkergemisch aus ausgewanderten und angelieferten Menschen bietet ein vielfältiges Kulturangebot, das sich Kirchen der verschiedensten Ausstattungen wiederspiegelt. Wie Stefan Zweig die vielen unterschiedlichen Kirchen in Bahia, 'der alten Dame', beschreibt macht Freude zu lesen.
Stefan Zweig betrachtet Literatur, Lyrik, Musik, Architektur, das reiche Pflanzenangebot und die Freundlichkeit der Menschen und im Miteinander. Er sah sich Kaffee und Kautschukplantagen an, und auch den damals aktuellen Stand der Goldgewinnung. Hier war er enttäuscht, denn keine Sinnlichkeit war zu spüren, obwohl so viel Arbeit in der Gewinnung steckt, die dann wegegesperrt wird
Hochinteressant ist zu lesen wie er Rio de Janeiro, Sao Paolo, Bahia, die Goldstädte, Recife in ihren Unterschiedlichkeiten vergleicht und auch Lebensqualität wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und kulturelle Umgebung eingeht.
Das Buch ist nicht unumstritten. Teilweise wird behauptet, daß das Buch quasi ein Auftragswerk im Gegenzug zum guten Leben in Brasilien sei. Im Nachwort ist vermerkt, daß Zweig vorgeworfen wurde zu positiv über Brasilien schrieb und die durchaus existierenden Probleme schön schrieb.
Bei den Absätzen in denen er die Favelas in Rio pitturesk beschreibt und die Neger (er verwendet das Wort) so nett und freundlich und unbekümmert ihre Blechbehausungen gelassen von einem Hügel auf den anderen tragen, versteht man diese Überlegungen.
Vorwort und Nachwort sind hier absolut empfehlenswert ebenfalls zu lesen. In Summe ein großartiges Buch, das ich großteils genossen habe. Viel Muße und Freude beim Lesen !
Stefan Zweig wurde am 28. November 1887 in Wien geboren. Er war rasch als Romancier anerkannt und seine Werke wurden in viele Sprachen übersetzt. Er reiste viel und lernte über den PEN-Club Brasilien kennen. Als der von ihm initiierte Verlag nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten seine Werke nicht mehr drucken durfte, und es auch in Österreich (Zweig lebte in Salzburg) eng wurde, nahm er die Einladung in Brasilien zu leben - nach Scheidung für Neuvermählung - an. Trotzdem nahm er sich 1942 in Petrópolis, Brasilien, das Leben.
Montag, 30. Dezember 2013
Stefan Zweig : "Brasilien"
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