Mittwoch, 14. August 2013

Roberto Ampuero : "Der letzte Tango des Salvador Allende"

Roberto Ampuero :
"Der letzte Tango des Salvador Allende"
Roman
Original "El ùltimo tango de Salvador Allende"
2012, Random House Mondadori, Santiago de Chile
Aus dem Spanischen von Carsten Regling
2013, Bloomsbury Berlin
430 Seiten
6 Seiten der spanischen Tangotexte übersetzt
ISBN 978-3-8270-1110-7

In diesem Roman, der in einem kurzen Vorwort darauf hinweist, daß es ein Roman und damit Fiktion und nicht Realität ist, werden anhand von zwei / eigentlich drei Handlungssträngen das Ende der Präsidentschaft des gewählten Sozialisten Salvador Allende und der Wechsel der Machthaber in ein diktatorisches inhumanes Regime erzählt.

In einem fiktiven Tagebuch erzählt der Bäcker Rufino aus seinen alten Zeiten als er mit dem Präsidenten Bücher anarchistischer Visionisten gelesen und diskutiert hatte. Als die Lebensmittelknappheit durch Blockaden und Streiks steigt, und Hilfe unterbleibt muß er seine Bäckerei schließen. Er ersucht den Präsidenten um Hilfe und wird Mitarbeiter in seinem persönlichen Haushalt. Dort hören die beiden Tangos - über Liebe, über Politik, über Revolution und wieder Liebe. Er ist bis zum Schluß beim Präsidenten.

Das Tagebuch findet ein ehemaliger CIA-Agent fast 30 Jahre später als seine Tochter stirbt. Er war damals offiziell als kanadischer Händler für Photoapparate in Chile gewesen und hatte für die 'Firma' gearbeitet. Es war ihm damals entgangen was seine Tochter interessiert hatte, welche Freunde sie gehabt hatte und macht eine Reise in die Vergangenheit die seine damaligen Aktionen hinterfragt. Er reist in die DDR, nach Brüssel, fragt und findet emotional unbefriedigende Antworten auf die Geschehnisse in Chile 1973.

Der dritte Strang ist ein kurzer, der nur 3 der 80 Kapitel einnimmt: ein namenloser Flugoffizier erhält den Auftrag zum Angriff auf den Präsidentenpalast.

Alle drei Handlungsebenen sind dicht und packend geschrieben. Keiner verliert an Spannung.

Der titelgebende Tango zieht sich durch das Buch. Alle Größen des Tangos sind genannt. Schön ist die Stelle an der der Allende plötzlich einfach lostanzt, und alles um sich herum vergißt.

In dem Tagebuch wird viel über den Präsidenten reflektiert, und Fragen gestellt wann jmd seine Gesinnung verrät oder den Boden unter den Füßen verliert. Ist ein Mann der kein Mehl mehr bekommt um zu backen wirklich ein Kleinbürger. Müssen Menschen für die große Sache hungern und nicht einmal die einfachsten Lebensmittel erhalten dürfen und müssen dann schweigen ? Warum greifen Politiker wann nicht ein ?

Der Vater der die Erinnerung an seine Tochter sucht ist auch stark geschildert. Eigenartig ist der Ausflug in die DDR (der Autor hat dort gelebt, wie aus seiner Bio ersichtlich). Die kurze Liebesgeschichte mit einer Frau deren Eltern fliehen mußte und die jetzt Taro legt bleibt eigenartig.

Beeindruckend sind die Stellen in denen versucht wird den Terror durch Lebensmittelblockaden, Streiks, Hungernot zu schildern und dann die Konzentrations/Vernichtungsmaschinen der Junta nach dem Sturz.

Ein großartiger Roman der sehr dicht geschrieben ist und in die Geschichte hineinzieht. Selbst wenn vieles Fiktion bleibt gehen die Stellen für politische Verantwortung unter die Haut. Ein sehr empfehlenswertes Buch !

Roberto Ampuero wurde am 22. Februar 1953 in Valparaíso / Chile geboren. Er war zwischen 1973 bis 1993 im Exil - lange davon an der Universität in Leipzig/DDR. Er ist Schriftsteller und war in Iowa Universitätsprofessor seit 1996. Er schreibt Kriminalromane mit Inspektor Brulé. Seit 2012 ist er Botschafter für Chile in Mexiko.

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