Mittwoch, 26. September 2012
Gioconda Belli : "Die Republik der Frauen"
Gioconda Belli : "Die Republik der Frauen"
Roman
original " El pais de las mujeres"
2010, Editoral Norma, Bogotá
aus dem niceraguanischen Spanisch von Lutz Kliche
2012, Droemer Verlag München
293 Seiten
ISBN 978-3-426-19915-2
Der fast 300 Seiten starke Roman ist eine wunderbare starke intensive Vision, wie fünf unterschiedliche Frauen eine Partei gründen und in einem Phantasie-Mini-Staat wirklich an die Macht kommen. Wie sie ihre Ziele formulieren, umsetzen und tw. auch überarbeiten und nachbewerten - auch in parteipolitischem Kontext - ist faszinierend, berührend, humorvoll und geht trotz dem Bewußtsein, daß es eine Vision ist, unter die Haut.
Viviana Sansón, eine schöne intelligente sinnliche Fernsehreporterin, der Ungerechtigkeit auf die Nerven geht, gründet gemeinsam mit vier anderen Freundinnen eine Partei. Eva Salvatierra, Ifigenia (kurz : Ifi) Porta, Martina Meléndez, Rebeca de Rìos, und Viviana sind die Säulen der Partei, die mit der Idee antritt, daß Frauen daheim für Ordnung sorgen können, warum also nicht auch in der Politik. Und sie möchten Frauen die Chance geben arbeiten zu dürfen wenn sie wollen, oder daheim zu bleiben. PIE, die "Partei der Erotische Linken" hat einen Fuß mit lackierten Zehennägeln als Symbol - der Name ist von einem alten Gedicht. Eros wird hier als Name für Leben nicht nur Liebe verstanden.
Der nahe gelegene Vulkan bricht aus und lähmt das Testosteron der Männer - und die PIE gewinnt die Wahlen. Die Frauen beginnen Ideen zu verwirklich und als sie merken, daß die anwesenden Männer im Staatsdienst mehr bremsen als mitarbeiten, werden sie für ein halbes Jahr nach Hause in den Haushalt gesandt. Idee dahinter ist, daß sie den Wert des Haushalt führens kennen lernen. Daß das bei einigen Männern keine positive Resonz findet ist klar - und ein Attentat auf Viviana geschieht.
Hier steigt die Geschichte ein. Mit Rückblenden anhand von Gegenständen die Viviana im Koma zu sehen , zu tasten vermeint wird die Geschichte erzählt. Immer unterbrochen von der weiterlaufenden Politik.
In dem Roman findet nicht nur Politik statt, sondern auch privates. Vivianas Tochter Celeste, die sie allein erzieht, da der Vater gestorben ist, ist ein wichtiger Faktor. Und Emir - ein Mann der erst nach der Gründung der Partei in ihr Leben tritt.
Positiv ist die Parallelgeschichte einer jungen Frau die fast nur Gewalt durch Männer kannte, Viviana aufsucht und diese ihr so hilft, daß sie aus den Geschehnissen Kraft schöpfen kann. Juana ist eine der wertvollen Stützen innerhalb der Partei und für die fünf verschiedenen Frauen der PIE.
Es war spannend mitzulesen, wie aus einer möglichen politischen Idee, die Energie zur Parteigründung, das Ringen um Grundsatzwerte und Ideen bis zum Umsetzen der Ziele und Visionen entwickelt und umgesetzt werden.
Männer werden unterschiedlich gezeichnet. Positiv Jose de Artimetica (seine Mutter hatte Arithmea nicht richtig schreiben können), verkauft süßes Eiszeugs, hört vieles und steht auf Seite der PIE.
Negativ Richter Jimenez, der es liebt Mädchen Gewalt anzutun, aber geschützt wird da er alles und jeden kennt und der erst durch Berichte Vivianas stürzt.
In der Danksagung am Ende des Buches bedankt sich die Autorin bei ihrer Mutter und anderen starken Frauen der Familie und Geschichte, die sich nicht für ihr Frau-sein schäm(t)en.
Die Partei der Erotischen Linken hat es wirklich gegeben. Frau Belli läßt die damaligen großen Damen auftreten und gibt ihnen Stimme und nachhaltige Bedeutung
Ich habe fast zwei Monate an dem Buch gelesen - immer wieder unterbrochen von anderen Büchern, viel Arbeit im Büro, etc. Das (Wieder)Eintauchen in die warmherzigen, bildhaften, lebensnahen Frauenspersönlichkeiten war sofort.
Der Roman hielt Spannung, da die Frage wer denn das Attentat gemacht bzw. beauftragt hatte, gelöst werden mußte (ja - es war ein Mann gewesen).
In Summe ein wunderbares Buch, dessen Frauengestalten mir sehr sehr gut gefallen haben, dessen Kraft und Mut und Humor zu politischer und gesellschaftlicher Vision manchmal zu schön zu glauben ist, aber Freude macht. Ein Buch, das hoffentlich vielen Frauen und humorvollen Lesern Spaß macht.
Gioconda Belli (* 9. Dec 1948) ist eine niceraguanische Schriftstellerin und Dichterin. Sie schrieb erotische und revolutionäre Gedichte und lehnte sich gegen die Diktatur der Somoza-Familie in Niceragua zwischen 1970 und 1974 auf. Sie war Mitglied bei der FSLN - der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront. 1975 ging sie nach Mexico, Costa Rica und später USA.
Das in Europa bekannteste Buch ist "Bewohnte Frau" ein Roman (übers. v. Lutz Kliche). bei Dtv, München 2007, ISBN 978-3-423-21011-9.
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