Dienstag, 20. April 2010
Guillermo Arriaga : "Der süße Duft des Todes"
Guillermo Arriaga :
"Der süße Duft des Todes"
original "Un dulce olor a muerte"
1994 Editorial Planeta, Mexiko
aus dem mexanischen Spanisch von Susanna Mende
2001, Unionsverlag Zürich
201 Seiten
2 Seiten Begegnung Guillermo Arriaga und Susanna Mende
2 Seiten Arriaga über Arriaga
ISBN 3-293-00278-1
Ein spannendes Buch, das erzählt wie durch eine dumme Bemerkung eines Dorfbewohners der junge Ladenbesitzer Ramon gezwungen wird den Mord an einer jungen Frau durch Mord an einem Unschuldigen zu rächen.
In einem mexikanischen Dorf, das von Landwirtschaft lebt, fern von modernen Errungenschaften wie z.B. elektrischem Strom, wird der Leichnam eines hübschen Mädchens gefunden. Einer der Umstehenden meint zu Ramon daß sei doch seine Freundin gewesen, und da er sich nicht wehrt ist einige Stunden später im Dorf klar, daß er die Ermordung 'seiner' Freundin zu rächen hat. Der zu Ermordente ist ein Wanderverkäufer, der ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau im Dorf hat, und beobachtet worden war (der Beobachter behauptetet, daß das Mädchen Adela mit dem Wanderverkäufer gesehen habe).
Der Dorfpolizist Justino findet zwar heraus daß das Mädchen eine Liebschaft hatte (und vermutlich von diesem Mann getötet worden war), auch daß die Schuhabrücke vor Ort nicht mit denen des Wanderverkäufers Gitano zusammenpassen, aber er hat gelernt dem Leben (und der Dorfehre) seinen Lauf zu lassen.
Einige der Dorfbewohner versuchen Ramon bei der Vorbereitung auf den Mord zu helfen, organsieren mit ihm ein Gewehr, bis ihm der Tierschlachter zeigt wo das Herz liegt, an einem Stier trainiert und ihm einen Eispickel leiht (etwas ähnliches war vermutlich auch die Mordwaffe an dem Mädchen gewesen).
Nach vollbrachtem Mord, muß Ramon das Dorf verlassen - da ihn sonst die Polizei findet.
Das Buch schildert wie die Menschen in Tampico leben, in welchen Wohnverhältnissen sie leben, wie die Familien- und Dorfstrukturen funktionieren, bis zur Art des Essens (Gürteltierspeck; Seebrasse mit Brot, in grobem Salz und ausgepresster Zitrone). Landwirtschaft und Tierzucht wird geschildert - die Bilder der Trockenheit bzw. die brütende "klebrige" Hitze sind fast spürbar.
Die Kapitel/Absätze sind kurz und genau auf diesen einen Menschen konzentriert, dessen meist ziemlich eingefahrere Situation beleuchtet wird. Auskommen aus der Situation ist/scheint nicht möglich - alles folgt vorgeschriebenen/ausgetretenen Strukturen: egal ob eine verheiratete Frau nicht betrügt, oder die Mutter des Ramon zusehen muß wie er zum Mörder wird und dann verschwinden muß, bis zum Polizisten, der Wahrheit nach den internen Dorfgesetzen stellen muß (auch wenn ihm vermutlich sein Vorgesetzter dann Probleme machen wird).
Adela bleibt für mich ein ungreifbarer Schatten, Ramon wird als lieber weicher Mensch, der sich nicht nein sagen traut, geschildert und damit noles volens das tut was man von ihm erwartet, der ehebrechende Wanderhändler Gitano wird für mich greifbar, genauso wie der verwitwete Polizist und andere Dorfbewohner mit ihren Geschichten wie der blinde Rutilio mit seinen Hühnern, oder Juan der in den Vereinigten Staaten sein Glück gesucht hatte aber wegen des Lohnes verraten worden war etc....
Eigen wie sich Ramon, der Adela nur fünf mal gesehen hatte, aber nie mit ihr gesprochen hatte, in eine Phantasiewelt flüchtet, in dem sie zu sehen, zu hören und v.a. zu spüren vermag, aber erst als ihm ihre Liebe angedichtet wird. Nur diese nebulose Welt ermöglicht ihm die Rolle des Mörder aus Ehre durchzuziehen.
Natürlich ist die Nähe zu Marquez' "Chronik eines angekündigten Todes" nahe, aber die Erzählweise ist für mich unterschiedlich, wenngleich mich beide Bücher neugierig gehalten haben.
Ich kann das Buch nur empfehlen - v.a. in der Winterzeit, denn die Beschreibungen von Hitze wärmten mich, und es ist eine spannende Geschichte trotz der Hoffnungslosigkeit die nachher bleibt.
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