Dienstag, 27. April 2010

Alexandra Marinina : "Mit verdeckten Karten"

Alexandra Marinina :
"Mit verdeckten Karten"
- Anastasijas dritter Fall
original "Schesterki umirajut pervymi"
1995, Verlag ZAO Izdatelstvo EKSMO Moskau
aus dem Russischen von Natascha Wodin
2000, Argon Verlag GmbH Berlin
315 Seiten
ISBN 3-87024-508-5

Die Erzählung des Krimis startet mit mehreren willkürlich erschossenen Menschen, in deren Mordlösung sich ein handfester Wirtschaftsbetrug mischt, dessen Ende aber dann ziemlich plötzlich verebbt.

Anastasija Kamenskaja wird mit ihrem Team beauftragt den Mord eines Abteilungsleiters eines staatlichen Zentrums zu lösen.
Dieser Mann war mit seinem Team auf der Fährte eines Wirtschaftsbetruges - eine russische Firma kauft zu verarbeitendes Rohmaterial zum Spottpreis auf und verkauft das gewonnene Rohmaterial extrem teuer weiter. Diese Firma kommt mithilfe von Helfern zu diesem Spottpreis, was darauf schließen läßt, daß höher gestellte Beamte bis bestens organisierte Menschen/Vereinigungen hier systhematisch Regionen ausnutzen, zu ihrem Spielball wirtschaftlicher Interessen werden lassen, und bei Bedarf in Falle drohender Untersuchungen diese Firmen löschen um neue auferstehen zu lassen. Das Spiel bleibt das Gleiche - der Schaden für die Menschen in den Regionen riesig.
Die Macht der Drahtzieher läßt Platanow unter Druck geraten, der auf seine bewährte Strategie, nämlich bei einer intelligenten (neu zu suchenden) Frau unterzutauchen nutzt um zu verschwinden. Dieser Frau erzählt er seine Situation und ersucht sie in seinem Namen über Tage dann Wochen hinweg Telephonate bestimmter Inhalte zu machen.
Dmitrij (Dima) Platonow ist verheiratet, hat ein Kind und hat eine Geliebte, die die Schwester seines besten Freundes Sergej Russanow ist.
In Laufe des Buches werden die Befehls-und Informationsstrukturen geschildert, und durch verschiedene Telephonate gelingt es Platanow und Kira herauszukriegen, daß Russanow bei den Firmenuntersuchungen ein Doppelspiel gemacht hat um Platonow hereinzulegen.
Parallel kommt Nastasija kommt zu dem gleichen Ergebenis, da Platanows Frauengeschichten vor Russanows Frau nicht halt gemacht hatten, und er damit vermutlich die innig geliebte Schwester von Russanow angesteckt haben dürfte.
Der zweite Handlungsstrang ist Kira Lewtschenko gewidmet, die eine wunderschöne eher phlegmatische junge Frau ist, hilfsbereit Platonow gegenüber und genau bei den Telephonaten mit ihren Informationen. Jeden Samstag fährt zur Datscha ihrer Eltern und bringt ihnen Lebensmittel. Erst im letzten Buchfünftel findet Platanow beim Renovieren der Wohnung eine frisch benützte Pistole im Bad und die Todesurkunden ihrer Eltern. Kira hat eine Schützenausbildung und einem Mafiaboss ihre Dienste angeboten – und als Beweis, daß sie jeden Samstag einen Menschen erschiessen wird, bis sie einen Auftrag von ihm erhält. Letztendlich erhält sie einen – nämlich sich und Platonow aus dem Wege zu schaffen.
Auf der letzten Seite fliegen Russanow und Kira durch eine Autobombe in die Luft. (woher aber die ist, ist mir unklar geblieben).

Die Menschen und die Art wie sie leben, sind schön und greifbar geschildert.
Auch der Wirtschaftsbetrug ist klar und logisch nachvollziehbar. Für die Vernetzung der verschiedenen Ministerien, Institute, Zentren und wer wo seine Einflüsse hat ist Konzentration nötig.

Schön ist ein kurzer Exkurs über Mordmotive, denn General Satotschny meint Geld sei die Triebfeder, während Anastasija meint, daß geld nur Mittel zum Zweck sei, weil man mit Geld ein Ziel erreichen kann (Haus, Job, Auto, Frau, Macht, etc ....).

Mir bleibt ein schales Gefühl, denn das Ende ist mir nach dem Zeit nehmen für genaue Schilderungen zu rasch und v.a. zu unklar.

Dienstag, 20. April 2010

Guillermo Arriaga : "Der süße Duft des Todes"


Guillermo Arriaga :
"Der süße Duft des Todes"
original "Un dulce olor a muerte"
1994 Editorial Planeta, Mexiko
aus dem mexanischen Spanisch von Susanna Mende
2001, Unionsverlag Zürich
201 Seiten
2 Seiten Begegnung Guillermo Arriaga und Susanna Mende
2 Seiten Arriaga über Arriaga
ISBN 3-293-00278-1

Ein spannendes Buch, das erzählt wie durch eine dumme Bemerkung eines Dorfbewohners der junge Ladenbesitzer Ramon gezwungen wird den Mord an einer jungen Frau durch Mord an einem Unschuldigen zu rächen.

In einem mexikanischen Dorf, das von Landwirtschaft lebt, fern von modernen Errungenschaften wie z.B. elektrischem Strom, wird der Leichnam eines hübschen Mädchens gefunden. Einer der Umstehenden meint zu Ramon daß sei doch seine Freundin gewesen, und da er sich nicht wehrt ist einige Stunden später im Dorf klar, daß er die Ermordung 'seiner' Freundin zu rächen hat. Der zu Ermordente ist ein Wanderverkäufer, der ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau im Dorf hat, und beobachtet worden war (der Beobachter behauptetet, daß das Mädchen Adela mit dem Wanderverkäufer gesehen habe).
Der Dorfpolizist Justino findet zwar heraus daß das Mädchen eine Liebschaft hatte (und vermutlich von diesem Mann getötet worden war), auch daß die Schuhabrücke vor Ort nicht mit denen des Wanderverkäufers Gitano zusammenpassen, aber er hat gelernt dem Leben (und der Dorfehre) seinen Lauf zu lassen.
Einige der Dorfbewohner versuchen Ramon bei der Vorbereitung auf den Mord zu helfen, organsieren mit ihm ein Gewehr, bis ihm der Tierschlachter zeigt wo das Herz liegt, an einem Stier trainiert und ihm einen Eispickel leiht (etwas ähnliches war vermutlich auch die Mordwaffe an dem Mädchen gewesen).
Nach vollbrachtem Mord, muß Ramon das Dorf verlassen - da ihn sonst die Polizei findet.

Das Buch schildert wie die Menschen in Tampico leben, in welchen Wohnverhältnissen sie leben, wie die Familien- und Dorfstrukturen funktionieren, bis zur Art des Essens (Gürteltierspeck; Seebrasse mit Brot, in grobem Salz und ausgepresster Zitrone). Landwirtschaft und Tierzucht wird geschildert - die Bilder der Trockenheit bzw. die brütende "klebrige" Hitze sind fast spürbar.

Die Kapitel/Absätze sind kurz und genau auf diesen einen Menschen konzentriert, dessen meist ziemlich eingefahrere Situation beleuchtet wird. Auskommen aus der Situation ist/scheint nicht möglich - alles folgt vorgeschriebenen/ausgetretenen Strukturen: egal ob eine verheiratete Frau nicht betrügt, oder die Mutter des Ramon zusehen muß wie er zum Mörder wird und dann verschwinden muß, bis zum Polizisten, der Wahrheit nach den internen Dorfgesetzen stellen muß (auch wenn ihm vermutlich sein Vorgesetzter dann Probleme machen wird).

Adela bleibt für mich ein ungreifbarer Schatten, Ramon wird als lieber weicher Mensch, der sich nicht nein sagen traut, geschildert und damit noles volens das tut was man von ihm erwartet, der ehebrechende Wanderhändler Gitano wird für mich greifbar, genauso wie der verwitwete Polizist und andere Dorfbewohner mit ihren Geschichten wie der blinde Rutilio mit seinen Hühnern, oder Juan der in den Vereinigten Staaten sein Glück gesucht hatte aber wegen des Lohnes verraten worden war etc....

Eigen wie sich Ramon, der Adela nur fünf mal gesehen hatte, aber nie mit ihr gesprochen hatte, in eine Phantasiewelt flüchtet, in dem sie zu sehen, zu hören und v.a. zu spüren vermag, aber erst als ihm ihre Liebe angedichtet wird. Nur diese nebulose Welt ermöglicht ihm die Rolle des Mörder aus Ehre durchzuziehen.

Natürlich ist die Nähe zu Marquez' "Chronik eines angekündigten Todes" nahe, aber die Erzählweise ist für mich unterschiedlich, wenngleich mich beide Bücher neugierig gehalten haben.

Ich kann das Buch nur empfehlen - v.a. in der Winterzeit, denn die Beschreibungen von Hitze wärmten mich, und es ist eine spannende Geschichte trotz der Hoffnungslosigkeit die nachher bleibt.

Sonntag, 18. April 2010

Viktoria Platowa : "Die Frau mit dem Engelsgesicht"

Viktoria Platowa
"Die Frau mit dem Engelsgesicht"
original "в тихoм oмуте"
1998 bei EKSMO-Press, Moskau
aus dem Russischen von Olga Kouvchinnikova und Ingolf Hoppmann
2002, Aufbau Taschenbuch Verlag GmbH Berlin
404 Seiten
ISBN 3-7466-1875-4

Rasch lesbares Buch, das aber eine ziemlich unglaubwürdige, aber nicht einmal skurile Geschichte erzählt.

Eine unscheinbare Frau, die auf der Filmakademie Moskau nur ihren Freunden hilft, und nachher weiterhilft in dem sie blutrünstige Pornoplots schreibt, wird in den Mord an zwei guten Freunden verwickelt.
Sie läßt sich ihr Gesicht operieren und beschließt den Mord an ihren Freunden zu rächen. Ihre Porno-Storys mit viel künstlichem Blut waren alle Mord durch erschlagen etc. also natürlichem Blut umgesetzt worden. Das Entstehen so eines Gewaltpornos war durch einen der Freunde mitgeschnitten worden - was den Mord an ihm erklärt.
Mit der Ausstrahlung einer schönen selbstbewußten Frau nimmt Eva, in ihrem neuem post-operativen Namen, Kontakt zu einer attraktiven einflußreichen lesbischen Frau auf (die ihr einen Paß machen läßt), zu dubiosen Ladenbesitzern, und wärmt mit neuem Gesicht und neuem Namen alte Bekannte auf. Sie pendelt zwischen Moskau und St. Petersburg hin- und her - die Schilderungen beider Städte sind nicht wirklich anheimelnd. Nebenbei vereitelt sie einen Mord an einem einflußreichen Geschäftsmann, der ihr dafür mit Geld, Wohnung und Rechtsanwalt bei etwaigen Problemen weiterhilft. Dazwischen gibt es weiter Morde - zufällige mit einem Badezimmerhacken oder welche bei denen eine Kugel in einer Pistole vergessen worden war. Auch ein kleiner Ausflug ans Meer mit dem Mann der Träume wird nicht vergessen. Nachdem wieder ein Mann ungebracht wurden war, entpuppt sich, daß genau der Mann der Träume derjenige ist, der hinter den blutigen Pornos steht, aber Eva ist auch hier geschützt also kann sie nach dem Showdown mit Tod des Manns der Träume die Illusion starten, daß jetzt das neue Leben wirklich für sie beginnt.

Die Menschen bleiben für mich ungreifbar, eher Abziehbilder oder Fassaden. Maus/Eva spüre ich leider gar nicht. Witztig ist nur Serga ein ehemaliger Studienkollege, dessen Art immer am flaschen Platz zu sein, einige hilfreiche zu haben und v.a. zu malen einigermassen Konturen hat. Dan, der Mann der Träume erscheint mir als "Mann/Matcho/Macher" zu konstruiert, und Oleg, der rettende Jurist, zu ruhig und zu hilfreich und damit - für meinen Geschmack - zu unwahrscheinlich skizziert wird.

Der Krimi ist gut lesbar, auch wenn er mich immer wieder zum Kopf-schütteln bringt, weil Elemente nicht zusammenpassen (einmal Geldnot, dann ohne Quellenangabe von Einkommen Einkaufsorgien, u.ä.m.).

Donnerstag, 8. April 2010

Nicci French : "Höhenangst"


Nicci French
"Höhenangst"
original "Killing Me Softly" bei Michael Joseph, London, 1999
aus dem Englischen von Birgit Moosmüller
1999, C. Bertelsmann Verlag, München
383 Seiten
ISBN 3-570-00294-2

Spannende gut lesbare Geschichte, bei der sich das leise Grauen behutsam einstellt.

Alice ist mit Jake zusammen. Die beiden leben ein nettes Leben mit gutem Beruf, netten Freunden und eigentlich läuft alles gut. Nur - plötzlich steht Adam Talllis vor Alice. Sie beginnt eine Affäre mit ihm, beendet ihre Beziehung und heiratet Adam.
Adam ist Kletterer im Himalaya und hat einen Ruf als ruhiger besonnener hilfsbereiter Held, während Alice Wissenschaftlerin mit Höhenangst ist. Nach der Heirat beginnt sie nachzufragen wer dieser attraktive Ehe-Mann menschlich ist und wie seine Vergangenheit. Gemütlich beginnt sich dann zu entspinnen, daß dieser Mann Frauen, die es gewagt hatten ihn zu verlassen oder zu hintergehen, tötete - entweder selber, oder mithilfe des Berges. Alice schafft es trotz ihrer starken sexuellen Beziehung, die auch körperlich tief verletzt, zur Polizei zu gehen. Sie weist den Weg zu einer Leiche - Adam weiß daß es vorbei ist und hängt sich an einem Kletterseil auf.

Spannend finde ich die Bergtourenbeschreibungen und auch schön, daß das Thema Bergwanderung für Touristen reflektiert und diskutiert wird.

Lange bleibt das Buch an der auch erotischen Oberfläche und erst langsam geht Schicht für Schicht der Weg zu dem geheimnisvollen Puzzle auf.

Gutes Buch, das ich jedem empfehlen kann, der sich in die Welt der Berge aber auch der Spannung zwischen 2 Menschen nicht entziehen will.