Mittwoch, 23. April 2014

Amana Fontanella - Khan : "Pink Sari Revolution"

Amana Fontanella - Khan :
"Pink Sari Revolution" - Die Geschichte von Sampat Pal, der Gulabi Gang und ihrem Kampf für die Frauen Indiens.
original "Pink Sari Revolution. A Tale of Women and Power in India"
2013, W.W. Norton, New York
Aus dem Englisch von Barbara Schaden
2014, Hanser Verlag Berlin
1 Doppelseite Auschnitt Bundelkhand (Uttar Pradesh/Madhya Pradesh)
237 Seiten
8 Seiten Anmerkung der Verfasserin und Dan´k
17 Seiten Anmerkungen
ISBN 978-3-446-24503-7

Aufbauend auf Interviews, Radioausschnitten, Zeitungsausschnitten erzählt die Autorin das Leben von Sampat Gal, das Entstehen der Gulabi Gang und die Geschichte des 17-jährigen Mädchens Sheelu, deren Geschichte fast typisch für das Engagement der indischen Frauengruppe für die Rechte der Frauen widerspiegelt.

Sampat Gal stammt aus Bundelkhand. Dieses Gebiet, das aus einigen Distrikten besteht ist bitterarm, schlecht in Infrastruktur versorgt, und hat den Ruf die korruptesten Polizisten zu haben. Sampat kommt aus der untersten Kaste und darf wie andere Mädchen auch nicht zur Schule gehen, wird aber sonst von ihrem Vater genauso behandelt wie ihre Brüder. Sie wird wie andere Mädchen auch mit 12 Jahren verheiratet - mit einem gutmütigen aber 25-jährigen Mann und gebiert zwischen 15 und 20 fünf Kinder (4 Töchter und 1 Sohn).
Nachdem ihre Schwiegermutter sie tyrannisiert bewegt sie ihren Mann dazu mit ihrer Familie auszuziehen, und ernährt die Familie mit ihren Näharbeiten. Als sie die ersten Ungerechtigkeiten gegen Frauen und Arme mitbekommt, organisiert sie mehrere Frauen (getreu der Ansicht, daß sie alleine nichts ausrichten werden, aber in Gruppen) und beginnt sich gegen Willkür durchzusetzen.
Später arbeitet sie in einem kleinen Büro mit einem politischen Berater zusammen und ihre Gruppen von Frauen wächst an. Als Erkennungszeichen tragen die Frauen die gleiche pink Sari und färben ihre Stöcke ebenfalls rosa. Selten werden diese Stöcke zum Schlagen eingesetzt.
Die Medien springen bald auf sie an, viele werden aus politischen Gründen gezwungen still zu sein, andere berichten tapfer gegen Drohungen weiter über die Frauengruppen, die auch von Männern unterstützt werden.
Diverse politische Parteien hätten sie gerne als Mitarbeiterin, aber da Sampat bei Politik einige Niederschläge einstecken mußte hat sie beschlossen lieber ihrem eigenen Gewissen ohne Parteipolitik treu zu bleiben.

Parallel wird die Geschichte von Sheelu erzählt. Die junge Frau hat einen Alkoholiker als Vater, und zieht nach dem Tod der Mutter alle Geschwister, die Buben sind, auf. Als sie sich verliebt und ohne Heirat zu einem Mann zieht, dauert es bis der Vater aktiv wird. Ein Politiker bietet Hilfe an, holt das Mädchen mit Gewalt und tut ihr diese ihn seinem Haus an. als sie sich wehrt wird sie des Diebstahls beschuldigt und ins Gefängnis gesteckt. Hier wird Sampat eingeschaltet und was dann abläuft an Einschüchterungen, Bestechungsversuchen, Vereitelungen von Terminen zum Zwecke des Schutzes dieses Politikers ist erschreckend. Die Frauengruppen schaffen es die Medien zu interessieren und plötzlich behaupten einige politische Parteien das Wohl der jungen Frau als Ziel zu haben. Sheelu kommt frei und die Anklagen fallen. Presse und Parteien fallen über die junge Frau her. Am Ende des Buches hat sie nichts - weder Mann, der Vater sauft weiter und alles von der Parteien Versprochene ist Schall und Rauch.

Das Buch ist eindringlich, weil es zeigt, wie selbstgerecht manche Menschen handeln. Sampat beschließt einiges zu ändern, ist genauso von ihrem Recht überzeugt. Es ist faszinierend zu lesen wie sie Menschen durch Reden, Rhetorik, Singen und Agieren bewegt; sie wird mit ihrer als rauh beschriebenen eher aggressiven Stimme vermutlich auch Menschen abschrecken.

Frauen, die sich nach Vergewaltigung trauen diese anzuzeigen, Willkür durch Polizei erleben, Bestechungen erleben, und hören, daß ihre Familie bedroht wird damit sie die Anzeigen zurückziehen, dürften imponierenden Mut haben. Es geht hier mehr um Frauen und weniger um Menschen der untersten Kasten denen das wenige das sie noch haben auch noch weggenommen wird - aber auch hier ist Protest etwas Mutiges.

Ein beeindruckendes Buch, das ich rasch gelesen habe und immer wieder im Internet einiges nachgelesen habe. Das einzige das mir wirklich fehlt ist ein Glossar der indischen Ausdrücke, auch wenn ausdrücke wie pradhan, gheroas, vidhayak etc. im Text immer wieder erklärt werden. Das Buch gibt zu Denken und arbeitet nach.

Amana Fontanella-Khan wurde 1984 in Wien mit pakistanisch-iranischen Wurzeln geboren. Sie ist Journalistin und hat in The New York Times, The Financial Times, Wall Street Journal.com, Foreign Policy, bis VOGUE veröffentlicht. Derzeit lebt sie in Brüssel.

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