Orhan Pamuk :
"Die weiße Festung"
original "Beyaz kale"
1985, Can Yayinlari, Istanbul
Aus dem Türkischen von Ingrid Iren
1990, Insel Verlag / 2008 Fischer Verlag Frankfurt a. Main
206 Seiten + 2 Seiten Glossar
ISBN 978-3-596-17762-2
Ein Manuskript wird gefunden : in ihm erzählt ein junger gebildeter Venezianer wie er von Türken im 17. Jahrhundert gefangen genommen wird und dort sein Leben verbringt. Zuerst hilft er Mitgefangenen mit seinen rudimentären medizinischen Kenntnissen und bringt sich Türkisch bei; er wird weiterverkauft und landet bei dem "Hodscha", einen neugierigen wissensdurstigen Mann, der ihm ähnlich sieht. Der Venezianer gibt ihm Stück für Stück sein Wissen weiter und gemeinsam bereiten sie ein Feuerwerk vor, da alle in Istanbul in Staunen versetzt. Um Einfluß auf den Padischa zu erlangen schreiben die beiden Bücher über exotische (oft italienische) Tiere die in Fabeln den unabhängigen Geist des Jungen entwickeln soll, damit er sich aus den Intrigen lösen vermöge. Der Hodscha wird oft gerufen um aus Träumen, Wolken und Tierverhalten die Zukunft hervor zu sagen. Manchmal ist der Venezianer in der verknechteten Zusammenarbeit der geistig Führende, manchmal setzt er sich als Ziel den Hodscha zu zerstören oder wenigstens zu deprimieren. Der Padischah hält den Venezianer für den wahrhaft Intelligenten, und holt ab später diesen zu sich, während der Padischah an einer Riesenkanone arbeitet. Bei dem Feldzug ist das riesenhafte Ding unbrauchbar; der Hodscha und der Venezianer wechseln die Kleidung, und der Hodscha macht sich auf den Weg nach Venedig ........
Die Geschichte wird aus Ich-Sicht des Venezianers erzählt; er beobachtet, kommentiert, fühlt, und erzählt von dem Leben in Istanbul an dem er lange nicht teilhaben kann, es später aber doch möglich ist.
Die Überlegungen, und Ängste des Venezianers ziehen in den Bann; er ist sich jederzeit bewußt, daß jederzeit sein Kopf rollen kann und wird.
Die Beziehung zwischen Hodscha und den Venezianer ist vielfältig und kompliziert; sie wechselt von Herr-Sklave, Arbeitsgemeinschaft, Freundschaft, gemeinsamen und verschiedenen Zielen und bei dem Venezianer auch Verkauf seiner Seele und Werte, mit Ausnahme der Aufgabe des Christentums.
Das Buch zog mich in den Bann; mich haben die Sprache, die Intensität, die feinen Bilder, und die Beschreibung der menschlichen Beziehungen sehr angesprochen.
Viel Freude beim Lesen dieses wunderbaren Romans.
Orhan Pamuk wurde am 7. Juni 1952 in Istanbul geboren. Er wurde erster türkischer Schriftsteller 2006 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet.