Susan Abulhawa :
"Während die Welt schlief"
Roman
original "Morning in Jenin"
2010, Bloomsbury, New York City, USA
aus dem Amerikanischen von Stefanie Fahrner
2023, Wilhelm Heyne Verlag München
416 Seiten + 4 Seiten Nachwort + 5 Seiten Glossar inkl. Quellennachweis + 1 Seite Stammbaum - Vorschau auf Buch "Ihr letzer Tanz"
ISBN 0978-3-453-42780-8
Der Roman beginnt 1941 als die Palästinenser sich ihren Olivenhainen widmen, und Amals Eltern eine Familie aufbauen. 1947 vertreiben israelischen Soldaten nicht nur diese Familie bei denen auch ein Sohn verloren geht; das Leben in den Lagern beginnt und Amal kommt dort auf die Welt. Als sich ihr großer Bruder den Kämpfern an schließt sich die ihr Land zurückerobern wollen, und ihre Eltern bei Säuberungsaktionen ums Leben kommen, hilft man ihr als fleißiger Schülerin in ein Internat in Jerusalem. Von dort erhält sie ein Stipendium nach USA. Später lernt sie ihren Mann kennen, und eine Tochter kommt auf die Welt. Bei einem Bombenattentat in Jerusalem kommt Amals Mann ums Leben. Ihr großer Bruder findet endlich mit seiner großen Liebe und damit auch Familie zusammen, die ihm Frieden gibt. Bei einem Massaker kommt die Familie gräßlich ums Leben und er schließt sich dem militanten Widerstand an.
Dem verlorenen Sohn wird eröffnet, daß seine israelischen Eltern nicht seine Eltern sind, und macht sich auf die Suche nach seiner Familie.
Am Schluß kommt Amal ums Leben, und die folgende Generation findet eine friedliche Lösung fürs Zusammenleben.
Die Geschichte der Palästinensischen Flüchtlinge wird von Beginn an erzählt. Neu war für mich, daß der Diplomat Folke Bernadotte von der UNO eingesetzt wurde um gegen die Vertreibung der Palästinenser 1948 zu verhandeln ("Bernadotte-Plan"); leider wurde er kurz nach dem Auftrag erschossen.
Der Roman wird von unterschiedlichen Positionen aus, aber meist aus Sicht von Amal geschrieben. Ihr wird vom großen Bruder erzählt wie der Vater und der Großvater vor der Vertreibung gewesen waren, und auch die früher sehr lebhafte, dann superstrenge Mutter.
Andere Kapitel sind aus Sicht des Bruders / der Brüder geschrieben.
Familienbande und hier leider sehr zerstörerische Politik dominieren diesen Roman, der mich durch seine Emotionalität sehr beeindruckte.
Auch wenn hier vieles Fiktion ist, wurde mir doch klar, wie tiefgreifende Wunden durch Massaker, Übergriffe, Bürgerkriege, brutale Politik und Terrorangriffe entstehen und dann Selbstläufer werden. Lösung scheint es für mich keine zu geben.
Stark sind die Erzählungen im Waisenhaus - später las ich nach, daß die Autorin in solch einem gelebt hatte.
Die Geschichte des palästinensischen Säuglings, der als Israeli aufwuchs, geht auf eine wahre Geschichte zurück. Leider hat mich dieser Teil des Romans emotional weniger erreicht.
Die Orte der Handlung sind für mich durch Photographien der Medien vor Augen; stärker sind für mich die Personen der Handlung.
Das Glossar ist sehr gut und wichtig.
Frieden sind durch zwei für mich berührende Teile in dem Buch spürbar: einerseits daß der Vater von Amal Freundschaft mit einem israelischen Buben schließt, die gegenseitigen Sprachen lernen und von den Müttern unterstützt werden. andererseits am Ende des Buches als die Tochter Amals und ihr israelischer Cousin gemeinsam leider in Amerika und nicht vor Ort aber doch miteinander leben.
Ich möchte das Buch nochmals lesen, und diesmal mehr über die politisch-militärischen Gegebenheiten parallel mitlesen.
Mich hat das Buch sehr berührt, und emotional erreicht weil die Probleme vor Ort nicht lösbar scheinen. Ich wünsche auch anderen Leserinnen & Lesern intensive Lese-erlebnisse.
Susan Abulhawa wurde am 23. Juni 1970 in Kuwait geboren; ihre Eltern waren Flüchtlinge des Kriegs von 1967. Sie lebte in Jordanien, USA, Kuwait, Palästina und später in einem Waisenhaus in Jerusalem, bis sie über ein Waisenprogramm nach USA kam. Zuerst studierte und arbeitet sie im Bereich Humanmedizin, bevor sie Autorin und Menschenrechtsaktivistin für die Rechte der Palästinenser wurde.