Mittwoch, 31. Juli 2024

Max Aub : "Die Stunde des Verrats"

Max Aub
"Die Stunde des Verrats" - Das Magische Labyrinth IV
Roman
original "Campo del Moro"
1963
Aus dem Spanischen von Albrecht Buschmann und Stefanie Gerhold
Herausgegeben und kommentiert von Mercedes Figueras
2001/2003, Piper Verlag GmbH München
300 Seiten + 1 Seite Inhaltsverzeichnis + 43 Seiten Anhang Anmerkungen von Mercedes Figueras + 5 Seiten Nachwort
ISBN 3-492-21791-0

Auf sieben Kapiteln von 5. bis 13. März 1939 wird in einem Gemisch aus Geschichte und deren realen Personen und manchen fiktiven Menschen wie Politiker verschiedener Parteien und Gruppen versuchen die Menschen in Spanien, hier konzentriert eher Madrid, gegen die Truppen Francos zu schützen bzw die Übergabe für die Menschen erträglich zu machen.
Dieser Roman konzentriert sich auf die Menschen die vor Ort leben und Politiker der sozialistischen und kommunistischen Parteien. Die Seite Francos wird nicht erzählt - es ist nur klar, daß es kein Erbarmen bei der Übernahme der Städte für die  Bevölkerung und Gegner geben wird.

Die 43 Seiten mit Anmerkungen zu den Figuren sind für mich essentiell gewesen, da es hier genaue Informationen über echte und fiktive Personen gibt, was bei den vielen unterschiedlichen Charakteren wichtig ist.

Am Anfang des Buches gibt es manchmal noch Hoffnung, einzelne Menschen kämpfen für ihre Ideale und Spanien. Hunger wird auch beschrieben : eine Brotkante wird zum Luxusessen.
Am Schluß gibt es nur Flucht, Hektik, zerbrochene Hoffnungen und Werte.

Spannend ist die gescheiterte Politik, in der sich die sozialistische Partei und kommunistische Partei auch nicht einmal zugunsten der Menschen auf gemeinsames Handeln zusammen finden, und selbst fliehen.

Mehr geht mir das Schicksal einzelner (fiktiver) Personen unter die Haut, die sich in die Esoterik oder Liebe retten, wobei die Liebe meist schlecht ausgeht. Es bleibt viel Traurigkeit, Zerstörung und tote Menschen übrig.

Der Roman ist intensiv geschrieben und ließ mich nicht kalt, auch wenn ich das Buch mindestens nocheinmal lesen muß in der Hoffnung die Handlungsstränge besser zu verstehen.

Max Aub, auch Max Aub Mohrenwitz, wurde am 2. Juni 1903 in Paris geboren und war ein spanischer Schriftsteller französischer Herkunft mit deutschen Vorfahren. Er schrieb spanisch, und organisierte Theater in Spanien. Juli 1936 wurde Honorarkonsul im Frankreich und erteilte den Auftrag zu "Guernica" an Pablo Picasso. 1940 wurde er in Spanien denunziert, verhaftet und konnte 1942 nach Mexico ausreisen. Lange wurde ihm ein Besuch in Spanien verwehr, erst 1969 durfte er wieder kurz zu Besuch kommen. Er starb am 22. Juli 1972 in Mexiko Stadt.
'Das magische Labyrinth
' („El laberinto mágico“) schrieb er zwischen 1943 und 1968, und besteht aus sechs Bänden zum spanischen Bürgerkrieg.

Montag, 15. Juli 2024

Pedro Almodóvar : "Der letzte Traum"

Pedro Almodóvar :
"Der letzte Traum" - Zwölf Erzählungen
original " El último dueno"
2023, Penguin Random House Gruop Editorial, Barcelon
Aus dem Spanischen von Angelica Ammar
2024, S. Fischer Verlag
214 Seiten inkl Vorwort + 1 Seite Inhaltsverzeichnis + Lesebändchen
ISBN 978-3-10-397569-7

In den Buch sind zwölf sehr unterschiedliche Erzählungen über längeren Zeitraum zu sehr verschiedenen Themen zusammengestellt. Im Vorwort erklärt der bekannte Regisseur, daß er nie eine Autobiographie schreiben wollte und diese Erzählungen als Teil eines Tagebuch sieht, daß er Ideen für seine Filme vorgreift oder sie auf diese Art anders abschließt.

Der Besuch - eine attraktive und sehr hergerichtete junge Frau geht in einem ländlichen Dorf in die Kirche mit angeschlossenem Internat und verwickelt den ehemaliger Pater jetzt Direktor in ein Gespräch. Sie zeigt ihm Texte des Bruders, indem er über die sexuellen Übergriffe der Patres aus seiner Kindheit und seine Verwirrung daraus zählt.  Die letzte Wendung der Geschichte überrascht, oder eigentlich bei Almodovar nicht.

Zu viele Geschlechtsumwandlungen - es geht um Leon, Schauspieler und Geliebter und Partner, und vielen Varianten von Endstation Sehnsucht (zumindest ist es das, was mir am stärksten in Erinnerung blieb)

Die Spiegelzeremonie - Graf Dracula und der Abt eines strengen Klosters finden zu eine eigenartigen Symbiose.

Johanna, das Wahnröschen - Johanna, spanische Köngistochter, fällt nach dem Stich einer Nadel in riefen Schlaf, ihre Eltern organisieren den Niederländischen Prinzen sie wach zu küssen, leider stirbt ihr Ehemann und sie meint daß er nur schläft und wird von ihrem Vater in einem Schloß eingesperrt. Jahre später holen sie Revolutionäre und sie ist Königin. Die Vermischung der spanischen Geschichte um Johanna die Wahnsinnige gemischt mit Dornröschen ist faszinierend.

Der letzte Traum (2002) - über seine Mutter, die ihm den Unterschied zwischen Wirklichkeit und Fiktion beibrachte, und daß Fiktion das Leben erträglich macht(e).

Leben und Tod von Miguel - Miguel erlebt sein Leben vom Tod rückwärts, er wurde erschossen, schrieb Literatur, wollte mit einer Frau ins Ausland gehen, und alles läuft zurück bis er wieder im Schoß seiner Mutter ist und sich niemand mehr an ihn erinnert. Faszinierend erzählt !

Bekenntnisse eines Sex-Symbols (1979) - Patty Diphusa, eine grandiose Porno-Darstellerin, erzählt über das Leben mit Männer, Drogen, Schmuck und Machtspiele. 

Bittere Weihnachten - eine erfolgreiche Regisseurin kämpft mit Hilfe ihres Freundes gegen gräßliche Schmerzen und vergißt diese erst als sie bei einer guten Freundin und deren Tochter ist, und Musik von Chavela Vargas La Lorrona spielt.

Adieu, Vulkan - ist eine Liebeserklärung an das Leben der mexikanischen Diva Chavela Vargas La Lorrona.

Die Erlösung - eine Variante von Jesus ist auf der Erde, spricht zu den Menschen und lernt hier im Gefängnis Barbaras kennen. Auch hier wird Barbaras freigesprochen, das Ende ist aber nicht das was in der Bibel steht sondern ein Bekenntnis zu Freundschaft zwischen sehr verschiedenen Menschen die sich einander angeglichen haben.

Erinnerung an einen leeren Tag - es ist Gründonnerstag und er schreibt über Andy Warhols Tagebücher, über Slimani die sich in die Dugan in Venedig einschließen läßt um kreativ zu sein, und daß das für ihn gar nicht geht, denn er braucht die Menschen um sich, auch wenn er es verabsäumt hat Freundschaften zu pflegen.

Ein schlechter Roman (2022) - ist ein Diskurs ob jemand der keinen Roman schreiben kann, nicht Drehbuchautor sein kein (nein), und endet dabei das Drehbücher und Roman ganz unterschiedliche Stärken haben und Drehbuchautor nahe dem Geschehen sein muß, während sich der Schriftsteller vergraben kann. 

Ich war fasziniert von den vielen Büchern und Autoren, die Almodovar hier zitiert und werde mir das Buch nochmals durchlesen und die Bücher für mich herausschreiben (in der Hoffnung sie zu lesen).

Nachdem ich zwischen Erzählungen immer wieder Pausen mache, habe ich über das Leben von Chavela Vargas nachgelesen und mir einige Canciones in ihrer sehr markanten intensiven Stimme angehört. Die Stimme macht bei mir Gänsehaut.

In Summe eine Sammlung für mich intensiven, starken Erzählungen, die ich gerne weiterempfehle. Viel Freude beim Lesen !