Samstag, 13. August 2016

Nadja Bucher : "Die wilde Gärtnerin"

Nadja Bucher :
"Die wilde Gärtnerin"
Roman
2013, Milena Verlag Wien
349 Seiten
ISBN 978-3-85286-237-8

Helen Cerny lebt seit dem Unfalltod ihres Freundes in ihrem Haus und ihren Garten mitten in Wien. Die Mieter im Haus lassen sie in Ruhe, nur ihre beste Freundin Toni (eigentlich Antonia) versucht sie ins Leben zurück zu locken. Helen beschreibt im Tagebuch was sie im Garten tut (v.a ihre Naturtoilette ist ihr wichtig) und wie in der leeren Wohnung gegenüber eine junge Frau einzieht. Diese junge Frau erzählt ihr von den Mächtigen der Welt, den Netzwerken und daß diese zerstört werden müssen. Helen beginnt wieder einkaufen zu gehen und ein Workshop von Toni beginnt gut, als plötzlich die Polizei auftaucht, und die Gespräche Helens mit der Nachbarin als Terrorgefahr einstuft und alles Helen in die Schuhe schiebt.
Parallel zu dieser Geschichte die 2011, 2012 geschieht wird kapitelweise, und wie ein gewohnter Roman die Geschichte von Helens weiblichen Vorgängerin zuerst zur Zeit des Kaisers, dann der Zwischenkriegszeit, der zweite Weltkrieg und Besatzungszeit, Wiederaufbau und die Hippie-Bewegung geschildert. Die Frauen halten Krieg durch, das Warten auf den liebevollen Ehemann, erhalten ein Gasthaus neben dem Alkoholiker von Ehemann, begraben Träume für den Ehemann, oder brechen aus dem was sie Diktat der Männer nennen aus.

Der Großteil der Geschichte spielt in Wien, manches auch im Waldviertel.
Neben den Tagebüchern von Helen, sind Verhörprotokolle aus der Sicht von Toni zu lesen. Toni ist die empathische sensible sehr esoterisch geschilderte (ein wenige verrückte) Freundin, die hilfreich einspringt, aber wenig Verständnis für paranoide Polizeiaktionen aufbringt.
Am Anfang liest sich der Roman etwas mühsam weil die aktuellen Personen erst langsam aufgebaut werden, am Schluß gibt es aber Energie und man freut sich daß die Geschichte doch ein gutes Ende findet.

Die Welt Helens mit ihrem Garten in dem sie vieles ziehen kann, Kompost macht, und den Kreislauf der Jahreszeiten mit Erdlager gut lebt ist faszinierend.
Die Gespräche mit der Nachbarin, die globales vernetzt, gegen die Mächtigen wettert, und vor Gewalt nicht halt macht, wirkt hier wie ein Gegenpol zur ökologischen, in ihrer Welt verharrenden Helen. Toni schwirrt wie ein Planet um die beiden herum.

Die Figuren der Männer sind sehr unterschiedlich. Ein Großvater von Helen kommt zwar einbeinig aus dem Krieg ist aber liebevoll und langsam. Der andere ist ein Haustyrann von dem die Mutter nach der Matura in eine Kommune wegzog. Es gibt auch einen Bruder der Großmutter der in der Zwischenzeit die Familie durch Schleichhandel und auch beitritt zur NSDAP durchbrachte.

In  Summe in intensives Buch mit gut vorstellbaren Menschen. Einige Ideen bleiben hängen. Viel Freude beim Lesen.

Nadja Bucher wurde in Wien geboren. Sie studierte Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Wien und University of Sussex, UK. Ihr Debütroman "Rosa gegen den Dreck der Welt" erschien  2011 Milena Verlag. Sie arbeitet an Theaterstücken und Hörspielen und ist Performerin für Poetry Slam.                

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen