Montag, 27. Juli 2015

Martin Windrow : "Die Eule, die gern aus dem Wasserhahn trank"

Martin Windrow :
"Die Eule, die gern aus dem Wasserhahn trank - Mein Leben mit Mumble"
original "The Owl liked Sitting on Caesar. Life With a Lovable Tawny Owl"
2014, Bantam Press, London
aus dem Englischen von Sabine Hübner
2015, Carl Hanser München
307  Seiten + 2 Seiten Vorwort des Autors + 2 Seiten Inhaltsverzeichnis
ISBN 978-3-446-44328-0

Ein britischer Militärhistoriker erzählt auf humorvolle Weise über seine wunderbare Beziehung zu einem bezaubernden Waldkauz, einer Dame namens Mumble.

Der Autor sah bei der Familie das Zusammenleben mit dem Waldkauz "Wol" und versuchte zuerst mit einer kleinen Eule (Athene noctua) namens "Wellington"; leider war diese schon zu weit in ihrem Erwachsen werden, sodaß ein Zusammenleben mit dem Menschen nicht mehr möglich war.
"Mumble" war das erste Ei eines Geleges und wurde vom Neffen mit Hand gefüttert; der erste Name war "Nutellabrot" (im englischen  Original "Marmite Sandwich") und ist ein Waldkauz (Strix aluco).
Der Autor schmuggelt die Eule in seine Dachgeschoßwohnung im 7. Stock in London und langsam gewöhnen sich er und das zerrupfte Flauschi mit den großen Augen aneinander.
Liebevoll schildert er wie die Eule fliegen lernt, welche die Lieblingsplätze sind, wie oft Lampenschirme zerfetzt werden, die Nutzbarkeit von gesammelten Militärkopfbedeckungen gegen scharfe Eulenkrallen und wie die halbwüchsige Eule auf Freunde und Nachbarn reagiert. Als Mumble erwachsen wird, schränkt sich ihr Freundschaftskreis ein und er ist die alleinig wichtige Bezugsperson / füttern dürfen auch andere Menschen.
Der Autor übersiedelt nach Sussex, baut eine Voliere und die beiden leben gemütlich zusammen in dem sie das Jahr mit Mauser, Distanz-Nähe, Winter, Mäuse fressen etc. genießen. Leider wollte ein Unbekannter Mumble gewaltsam ins Freie (und die sogenannte Freiheit) bringen, was deren Herz durch die Aufregung und das Eindringen in ihr Terrain (die Voliere) vermutlich nicht ausgehalten hatte.

Der Autor ist Wissenschaftler; dementsprechend erzählt er nicht einfach sein Leben mit diesem faszinierenden Lebewesen, sondern er schreibt auch über die Abstammung der Eulen, deren Körperbau, Physik des Fliegens (hier bin ich ausgestiegen), die verschiedenen Laute und Geräusche, das unterschiedliche Federkleid, Ablauf der Mauser und vieles theoretische mehr. Am Ende "rettet" er sich ins Abstrakte um die Zuneigung zu diesem Wesen, mit dem er 15 Jahre in einer Beziehung gelebt hat irgendwie erklären zu können; in dem Wissen daß er scheitert.

Mumble hat es übrigens geliebt aus dem tropfenden Wasserhahn Wasser in den Schnabel zu nehmen und sie hatte in der Londoner Wohnung einen ihrer Lieblingsplätze auf der Kopfskulptur des Germanicus (Bruder des Claudius).

Martin Widrow beschreibt mit Humor und Zärtlichkeit wie ihn die Eule um die Kralle wickelt; ein kleines Piepsen, oder Köpfchen drehen um etwas Schmusen zu initiieren. Es ist berührend zu lesen wie er die Schmusestunde am Samstag vormittag beschreibt (auch wenn die Eule durch das Frühstück zu ihm trabt und dabei Mist macht).

Im Vorwort warnt der Autor eindringlich davor angeblich gestrandete Eulenküken retten zu wollen; er plädiert dafür den Kauzeltern die sicher in der Umgebung sind, Zeit zu lassen sich um ihren Nachwuchs zu kümmern und nichts zu tun.

Das Buch ist für Eulenfans ein "muß", weil viel Wissenswertes und Lebenswertes erzählt wird. Nicht ganz so intensive Eulenfans könnten die Kapitel 2, 4, etc in deren sehr theoretisches Wissen transportiert wird, etwas ermüdend finden.

Ich habe das Buch langsam und bewußt gelesen und sehr genossen; mich hat der Charme dieser Kauzdame und Autor / Übersetzerin fasziniert und in eine andere Welt eintauchen lassen. Diese Freude wünsche ich auch anderen Lesern.

Martin C. Windrow wurde 1944 geboren und im Wellington College erzogen. Er ist britischer Historiker, mit Konzentration auf das Militär. 2004 erschien sein Buch über den ersten Indochina Krieg. Er ist Mitglied der "Royal Historical Society" und lebt in Sussex.

Sonntag, 26. Juli 2015

Elis Fischer : "Die Tarotmeisterin"

Elis Fischer :
"Die Tarotmeisterin"
2015, Gmeiner Verlag
277 Seiten + 2 Seiten Nachwort zum historischen Handlungsstrang (Fakt + Fiktion)
ISBN 978-3-8392-1724-5

Theresa "Thesi" Valier möchte Aufträge als Graphikerin ankurbeln und überlegt einem Frauennetzwerk beizutreten. Da sie eine alte Kollegin gelistet sieht, gehen sie und ihre beste Freundin Flora zum Treffpunkt beim Wiener Heurigen. Die Frauen sind sehr unterschiedlich - von sehr esoterisch bis sehr geschäftsorientiert. Die alte Graphikerkollegin wird verletzt aufgefunden und Thesi & Flora beginnen - sehr zum Mißfallen von Thesi's Ehemann der wieder Angst um seine Frau hat - Hintergründe zu recherchieren. Sie finden gefälschte Designerware, Affären, und Verdacht auf gefälschte Kunstwerke - und esoterische Spielkartenentwürfe. Ein Mord passiert doch noch. Der ziemlich rasche Schluß erklärt die Fälschungsgeschichte.

Parallel sind zwei Handlungsstränge. In einem aus 1939 wird die fiktive Geschichte erzählt in der Aleister Crowley fingierte Zeichnungen erhält und vernichtet, im anderen wird der Sohn eines unverbesserlichen Nazis geschildert der sich versucht aus dem Alptraum durch seinen mittlerweile zwar toten, aber immer noch überdominanten Vater zu befreien.

Die Frauen des Netzwerks sind gut geschildert: die Typen sind unterschiedlich von glamourös-eiskalt, bis mütterlich-ausnutzend-manipulierend bis esoterisch durchsichtig, aber wenigstens nicht ungut. Netterweise ist keine Frau wirklich abfällig geschildert, sondern jeder wird ihre Eigenheit gelassen.
Die Männer der Umgebung sind Ehemann Leon der seine Frau gut kennt, Sohn Dino mit seiner Schatzkiste, und ein ehemaliger Verehrer von Flora und wichtiger Polizist Robert. Dieses Team ist gut eingespielt wie sie einander die Puzzleteile zuspielen.

Szenerien sind Wien 19. Bezirk, der Naschmarkt, eine Boutique am Gürtel, ein Antiquitätenladen beim Naschmarkt. Die Tarotkarten-Elemente sind richtig recherchiert und schön umgesetzt.

Das Buch ist unterhaltsam geschrieben und lenkte mich, die ich gerade zwei grandiose aber deprimierend-spannende Bücher (konkret : "Das Ufer" von Rafel Chirbes + "I am Malala" von Malala Yousafzai) lese, gut ab. Viel Spaß beim Lesen!

Elis Fischer wurde 1965 in Graz (Österreich) geboren. Sie studierte Kunstgeschichte, Theaterwissenschaften und machte eine Ausbildung zu Werbung und Verkauf; nach Arbeit im Marketing folgte eine Goldschmiedeausbildung. 2013 erschien der erste Kriminalroman mit "Thesi" Valier namens "Kunstjägerin". Sie lebt mit ihrer Familie im Burgenland.

Dienstag, 14. Juli 2015

Peter Gaymanns "Katzen"

Peter Gaymann :
"Katzen"
2006, Mosaik Verlag - Wilhelm Goldmann Verlag München
88 Seiten
ISBN 978-3-442-39098-4

Arrogante, witzige, bösartige und verspielte Katzen haben in diesem Buch Platz. Sie spielen mit Mäusen, Hunden, Menschen, Dosen, Essen und im Regen.

Die Katzen sind meist als kuschelige graue Fellkäul gemalt; es gibt auch einige sehr adrette rote Katzen. Unterhaltsame kleine Tuschzeichnungen stellen Mäuse dar, die entweder lachen oder gut in die Szenerie passen.

Zum Schmunzeln brachte mich u.a. "die Abwesenheit der Maus" eines Katerkünstlers, "seit wann miezen wir uns" bis zu "Ich war gestern beim Tierarzt - Und? sieht er so gut aus wie alle behaupten? und andere mehr.

Auch das Innencover ist mit Katzen gestaltet - im vorderen ist Kater noch mit Maustapete beschäftigt, im rückseitigen Bereich ist das Werk vollbracht und der Katz' sitzt entspannt davor.
Für Katzenfans ist das Buch eine wunderbare Unterhaltung; und ideal als Geschenk geeignet.

Peter Gaymann wurde am 26. Juni 1950 in  Freiburg im Breisgau  (Baden - Württemberg / Deutschland) geboren. Er studierte Sozialwesen, arbeitete als Pädagoge und Kunsterzieher und seit 1976 als freischaffender Cartoonist und Illustrator. Seine Cartoons sind mit "P.Gay" gekennzeichnet. Peter Gaymann ist verheiratet und Vater von zwei Kindern, hat fünf Jahre in Italien gelebt und lebt derzeit bei Köln.

Mittwoch, 1. Juli 2015

Thomas Sautner : "Die Älteste"

Thomas Sautner :
"Die Älteste"
2015, Picus Verlag
134 Seiten und 2 Seiten Nachwort
ISBN 978-3-7117-2021-4

In diesem schmalen Buch steckt ein wunderbarer dichter Roman über eine alte charismatische Frau, die als Heilerin, einer kopflastigen Stadtfrau mit Krebs hilft mit diesen in Einklang zu kommen.

Lisbeth, ist die Heilerin, die in Einklang mit der Natur, Teich, Tieren, in einem Wohnwagen lebt. Sophie kommt zu ihr - sie hat einen Hirntumor, dessentwegen ihr die Ärzte wenig Hoffnung machen.
Lisbeth übermittelt ihr Liebe, Freude am Leben, Akzeptanz ihres Körpers und Loslassen vom "Egoverstand"; und hilft mit Substanzen aus dem Wald.

Das Buch war für mich wunderbar zu Lesen. Es ist ein bißchen 'zu schön um wahr zu sein', wie Weiblichkeit, Intuition und Freude in Sophie wieder stärker werden. Zum Grinsen brachte mich der Satz : "Der Verstand schaute nur blöd".

Die Geschichte ist dicht und ohne Schnörksel geschrieben, aber trotzdem niemals schwer(fällig). Faszinierend finde ich, daß das Buch über zwei Frauen und durchaus esoterisch anmutenden Ansichten von einem Autor und nicht von einer Autorin geschrieben wurde.

Im Roman und im Nachwort ist das Thema "die Jenischen" angesprochen; sie sind eine Gruppe nicht-seßhafter Menschen mit eigener Sprache über die in Deutschland und der Schweiz viel bekannt ist - in Österreich weniger. Sie sind zwar blau-äugig und hell-haarig, waren aber den Rasse-denkenden im 2. Weltkrieg nicht genehm. Erst jetzt wird man sich langsam der Stärken dieser Gruppe bewußt(er).

Im Summe ein Buch das mich sehr beeindruckt hat und das ich einigen Freundinnen persönlich weiterempfehlen und schenken werde. Ich wünsche allen Lesern und Leserinnnen das gleiche Vergnügen und das Gefühl leicht-zu-werden beim Lesen, das ich hatte !

Thomas Sautner wurde 1970 in Gmünd im Waldviertel (Niederösterreich/Österreich) geboren. Er studierte Zeitgeschichte und Politikwissenschaften; arbeitete als Journalist. Sein erster Roman "Fuchserde" erschien 2006. Er lebt in Wien oder im nördlichen Waldviertel.