Sonntag, 7. August 2011

Franz Karl Ginzkey : "Der Kater Ypsilon"

Franz Karl Ginzkey :
"Der Kater Ypsilon"
1. Ausgabe 1926 bei L. Staackmann Verlag, Leipzig
Neuausgabe 1960 Verlag Kremayr Scheriau, Wien
1996 Verlag Die Waage, Zürich - Lizenzausgabe
Mit Scherenschnitten von Susanne Schläpfer
99 Seiten
ISBN 3-85966-063-2

Mir wurde als Gast und Katzenfan an einem verregnetem Sommersonntag im Salzkammergut diese Novelle des Schriftstellers angeboten, dessen Kinderbuch "Florians Reise über die Tapete" meine Volksschulzeit begleitet hatte.

Es ist ein entzückendes Buch, in dem sehr liebevoll auf die Beziehung zwischen Mensch (hier eine junge Witwe) und Katze eingegangen wird.
Die Geschichte handelt von dieser jungen Witwe (mit diesem smaragdäugigen Kater), die wieder beginnt am Attersee in Gesellschaft zu gehen resp. mit dem Boot quer über den See auf Besuch zu fahren (oder gefahren zu werden).
Es ist die Zeit nach Wirtschaftszusammenbruch, Geldverlust und auch Zerbrechen einiger innerer Werte der Gesellschaft.

Ingenieur Titus, der in Rußland Gefangenschaft und Folter überstanden hat, versucht die Dunkelheit, die er erlebt hat, in Philosophie und Metaphysik zu verarbeiten; für ihn sind einige Werte der Gesellschaft zerbrochen.
Das Ehepaar Frohwyn besteht aus der schönen faszinierendem etwas unsteten Baronin und dem liebenwürdigen positiven verläßlichen gutherzigen Baron.
Sylvia, die junge Witwe, wohnt in dem Haus ihrer Eltern am See, hat den Selbstmord ihres Gatten wegen Geldverlustes verarbeitet und nimmt Kater Ypsilon mit seiner 'Selbstgeschlossenheit', 'seinem schönen buschigen Schweif, den er wie ein Fragezeichen hält, das niemand beantworten muß', und dem weißen Fleck im schwarzen Fell zu sich. Der Kater erwartet sie immer wieder am Bootslandesteg, eine Idee, die ich entzückend finde.

Am Schluß finden sich die vier Menschen in anderen Paarkonstellationen wieder und Kater Ypsilon, der einige Zeit verschwunden war, ist auch wieder hier - mit dem 'Schweif gebogen wie ein Fragezeichen'.

Schön sind die Farbschilderungen, die Farbspiegelungen, die Farbenspiele die der Autor auf dem Attersee schildert, manches sind Vokabel aus einer anderen Zeit wie 'mitisgrün', anderes ist vertraut.

Auf dem Buchcover sitzt ein Kater in Scherenschnitt-Technik; weitere Scherenschnitte, die die Linien des Katers einfangen, sind im Buch verteilt. Mir gefallen die Schnitte von Frau Schläpfer sehr gut.

Das Buch kann ich jedem/jeder empfehlen, der/die eine schöne Geschichte / Novelle lesen möchte, jedem Katzenfan und jedem Fan des Salzkammergutes hier v.a. den Seglern und Seglerinnen der Salzkammergutseen.

Samstag, 6. August 2011

Petra Oelker : "Das Bild der alten Dame"

Petra Oelker :
"Das Bild der alten Dame"
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Neuausgabe 2001
Copyright 1999
203 Seiten
ISBN 3-499-22865-3

Der Roman ist ein nette, gut geschriebene Geschichte einer deutschen Journalistin, die nach England gesandt wird um dort eine kitschige Story über eine ältere Dame (eine charmante Lady) zu schreiben, der nach Jahrzehnten ein Gemälde, das sie und ihr gefallener Mann gekauft hatten, und das gestohlen war, durch die Post zugestellt erhalten hatte.

Der Fokus des Buches liegt auf Leo(nore) Pelheim, und wie sich die Menschen um sie bewegen: vom Chefredakteur Johannes, dessen unternehmungslustiger wiffer Mutter Felicitas, die liebenswürdige Lady Amanda Thornbould, deren Neffe der Kunsthistoriker Timothy Bratton, etc.

Leo fliegt zwischen Hamburg und Jersey hin und her, interviewt die alte Dame auf der Insel, besucht einen alten Mann im Rollstuhl in Hamburg, belauscht ein Gespräch zwischen einem großartigen Maler der für eine zwielichtige Guppe höchstwertige Bilder kopiert, ertrinkt fast in der Flut und hilft am Schluß der Polizei.
Im Hintergrund war eine gut organisierte Gruppe gewesen, die berühmte Bilder gestohlen hat, sie kopieren ließ und Menschen mit viel Geld und Geheimnissen um den Originalpreis verkauften.
In das Gemälde, das Lady Thournbold überraschend zurückerhalten hat, hat sich ein deutscher Soldat verliebt gehabt, es gestohlen und erst viel später kopieren und - leider die Kopie - zurückschicken lassen.

Die Geschichte ist nett und gut geschrieben, die Szenerien laufen vor dem Auge ab, die Menschen sind klar skizziert und einige Schilderungen laden zum Schmunzeln ein. Viel Verngügen !

Freitag, 5. August 2011

Veit Heinichen : "Der Tod wirft lange Schatten"

Veit Heinichen :
"Der Tod wirft lange Schatten"
Ein Proteo-Laurenti-Krimi - sein vierter Fall
2. Auflage August 2007, Dtv München
2005 Zsolnay Verlag Wien
355 Seiten
ISBN 978-3-423-20994-6

Commissario Proteo Laurenti hat einige Fäden zu entwirren : Eine Nachkriegsgeschichte mit Waffen aus dem zweiten Weltkrieg, die bis ins 21. Jahrhundert in einer Lagerhalle verstaubt sind. Den Tod eines Mannes, der an einem Ohrring erstickt ist. Tieraktivisten, die versuchen mit Aktionen das Augenmerk auf komplett ungepflegte Schlachttiere zu wenden. Und seinen Kontakt zu dem charismatischen ehemaligen Gerichtsmediziner Galvano, der eine alte Geschichte eines vor langem ermordeten Professors endlich klären möchte, dann aber weil er einer taubstummen Frau, die in eine mafia-ähnlichen Organisation zu überleben versucht, helfen will, plötzlich in ziemlichen Schwierigkeiten steckt. Und Dokumente, die Greueltaten aus dem zweiten Weltkrieg dokumentieren, und damit jetzt promimenten Menschen ziemliche Schwierigkeiten machen können.

Die Liebe kommt auch zu Schrift, da die Besitzerin der Lagerhalle mit den Waffen, eine junge Frau aus Australien - ihre Großeltern waren aus Triest ausgewandert - mit dem faszinierenden aber unehrlichen Gehilfen der Notarin eine leider lausige Liebesgeschichte hat. Laurentis eigene Parallelliebe mit der Staatsanwältin Ziva hat kurz Platz, macht aber irgendwie nicht glücklich.

Laurentis 'alter Feind' Drako zieht auch einige Fäden, und beschleunigt mit dem Auftritt seiner Agentin das Geschehen ziemlich.

Am Schluß ist der Tod des Mannes aufgeklärt. Die Waffen aus der Lagerhalle werden den offiziellen Dienstweg gehen. Die taubstumme Frau ist der Organisation mit ihren menschenunwürdigen Behandlungsweisen entrissen, und der Gerichtsmediziner Galvano hat unter dem Schutz der Polizei Erpressungen um einen Geldkoffer und Dokumente überlebt.

Neu war für mich die Geschichte um Triest nach dem zweiten Weltkrieg, die Alliertenzone und das hin und her um die Stadt am Mittelmeer. Ebenfalls interessant der Teil der dann jugoslawischen Seite der Geschichte nach dem zweiten Weltkrieg. Eher erschreckend die Möglichkeit, daß die Geheimdienste der jetztigen Staaten entweder mit- oder gegeneinander arbeiten.

Nett ist der Ausflug ins Kulinarische, als der Sohn Marco ein kaltes Fischmenü zaubert.

Böse werden die sogenannten Grillpartys von Laura, des Commissarios Gattin beobachtet.
Spaß machen die Schilderungen des alterndes Gerichtsmediziners Galvano und eine älteren Triestiner Dame mit Temperament und Niveau und deren verbales Scharmützel. Unter die Haut gingen mir die Schilderungen der Organisation die die taubstummen Menschen ohne Paß und unter Druck losschickt.

Das Buch ist gut, will aber konzentriert gelesen werden. Auch wenn einige Handlungsstränge klassisch gelöst werden, bleiben doch einige Fragen im Raum stehen. Vielleicht sollte ich mir doch die Folgebände zu lesen organisieren ?