Samstag, 27. November 2010

Oliver Bottini : "Mord im Zeichen des Zen"

Oliver Bottini :
"Mord im Zeichen des Zen"
Scherz - ein Verlag der S.Fischer GmbH, Frankfurt am Main
Dritte Auflage 2004
367 Seiten
ISBN 3-502-61117-3

In dem Buch wird beschrieben wie eine Kommissarin, die am Wochenende widerwillig einen Fall übernimmt, - nämlich einen buddhistischen Mönch mitten im Winter in einer friedlichen Gegend um Freiburg zu überwachen - ihrem Gefühl vertrauend, letztendlich eine Gruppe Menschen, die asiatische Kinder entweder Adoptiveltern in Europa vermittelt oder diese Kinder pädophilen Kreisen zuführt, aufstöbert und zerstört.

Die Hauptfigur Louise Boni, oder Luis genannt, ist eine Kommissarin, die zuerst verwirrt wirkt, und bei der sich dann ein beginnendes Alkoholproblem abzeichnet. Die Flucht in den Alkohol begründet sie damit, daß sie einige Zeit zuvor einen Kindermörder erschießen mußte und erst ab der Hälfte des Buches wird Grund zwei, nämlich die gescheiterte Ehe durch permanente Seitensprünge des Ehemanns, enthüllt.

Nebenstrang des Buches, der durch unterschiedliche Menschen verkörpert wird, ist das Thema Buddhismus oder Zen oder Spiritualität. Der Junge, der ihr Sushi liefert, bringt genauso Anregungen, wie der japanische Leiter (der nur englisch spricht) des buddhistischen Klosters  in Frankreich bis zu einem faszinierenden charismatischen deutschen Japanspezialisten, der mit einer Japanerin verheiratet ist.

Der Krimi hat mir gut gefallen, war allerdings nicht ganz leicht lesbar, weil einerseits die Bereiche in denen die Probleme innerhalb des Polizeisystems geschildert werden stören, und andererseits die Beschäftigung mit dem dort vermittelten Buddhismus Aufmerksamkeit fordern, aber empfehlenswert ist das Buch allemal.

Sonntag, 14. November 2010

Monika Mertl: "Nikolaus Harnoncourt - Vom Denken des Herzens"


Monika Mertl:
"Nikolaus Harnoncourt
- Vom Denken des Herzens"
Eine Biographie
2004, Residenz Verlag
366 Seiten
2 Seiten Einstimmung
9 Seiten Zeittafel
22 Seiten Diskographie
5 Seiten Personenregister
ISBN 3-7017-1409-6

Ein faszinierendes Buch über faszinierende Menschen, das mich einige Monate in Spannung gehalten hat.
Die Autorin schildert Nikolaus Harnoncourt als Musiker, als Familienmenschen, als 'Bastler' und geht auf die musikalische Umgebung und deren Wandlungen ein.

Das Buch startet bei dem familiären Hintergrund (den Großeltern und Eltern) von Nikolaus Harnoncourt, geht dann über Jugend in der Steiermark, und dann Studium und Liebe in Wien, in der er der späteren Ehefrau und Mitstreiterin Alice Harnoncourt geborene Hoffelner in Wien begegnet, über die Zeit bei den Wiener Symphonikern als Cellist. Es ist Zeit und Beschreibungen der Rezeption der "alten" Musik in den 50-er und 60-er Jahren in Wien gewidmet und zeigt die Auseinandersetzung und das Entwickeln einer eigener Rezeption und Musikdarstellung.

Schön sind die Einblicke in Studenten-, Musikerzeit, Ehe- und Familienleben - faszinierend wie Menschen genau zu spüren scheinen wo sie hingehen und hingehören um genau das Richtige zu tun (auch wenn dies Nikolaus Harnoncourt anders wahrgenommen hat).


Als geschichtsinteressierten Menschen waren für mich die Reflexionen auf Zwischenkriegszeit (Familie), Weltkrieg und Aufbau des Lebens hochinteressant.

Die Menschen sind interessant, aber fast spannend wird es für musikinteressierten Menschen wenn erzählt wie mit alter Musik damals an der Uni umgegangen wurde, wie die Welt der Konzert in den 60-er Jahren bestückt war, wie die Entwicklung / Herausforderung verlief und welche Polarisierungen die unterschiedlichen Musikauseinandersetzungen hervorrief.

Am Schluß des Buches geht es um Salzburg und wie damals mit Karajan, Post-Karajan und Mortier etc. in der Ausseinandersetzung um Mozart umgegangen wurde.

Platz finden die wichtigen Ensembles und Orchester mit denen Zusammenarbeit besteht und besteht : wichtig sind der Concentus Wien, dessen Wachsen und Gedeien bis zu großen Reisen, sehr intensiv und fast nahe geschildert ist, aber auch das Concertgebouw orkest, das Zürcher Opernorchester bis zu den Wiener Philharmonikern finden viel Raum.

Faszinierend ist für mich wie die Zeit der Zusammenarbeit für die Mozart - Opern in der Schweiz beschrieben wird: für mich entstand der Eindruck einer fast idealen Zeit in der sich ein 'Dream Team' mit Jean-Pierre Ponelle zusammenfunden haben dürfte.

Da immer wieder Ausschnitte aus Gesprächen mit Nikolaus Harnoncourt abgedruckt sind, (und ich seine Stimme aus Interviews kenne), hatte ich immer wieder das Gefühl direkt angesprochen zu werden oder direkt manches 'gesprochen' zu erhalten.

Für mich ein Buch bei dem ich immer wieder die Seiten zumachen und durchdenken mußte, auch hinterfragend, was ich mitgekriegt habe oder was auch nicht, ob ich in dem Konzert / der Aufführung gewesen war und wie ich dieses Konzert / Aufführung in Erinnerung habe.

Ein wunderbares Buch für musikverliebte Leser, die sich von einem faszierenden Menschen und einer außergewöhnlichen Harmonie in Beziehung in den Bann ziehen lassen möchten.

Dienstag, 9. November 2010

Caroline Roe : "Der blinde Heiler von Girona"

Caroline Roe :
"Der blinde Heiler von Girona"
auf englisch "Cure for a Charlatan"
1999, Penguin Group, New York
Deutsch von Marc Staudacher
2001, Deutsche Erstausgabe, Rowohlt Taschenbuch Verlag
316 Seiten
2 Seiten Personenregister
ISBN 3-499-22520-4

Ein gut lesbarer Roman, der bei mir in die Kategorie Krimi fällt, weil ich doch mitgeraten resp. mitgedacht habe, wer der Mörder sein könnte.

Girona im Mittelalter, ist eine Stadt des Handels, der Handwerker, der Juden, der Christen, der hart arbeitenden Menschen und solcher die es nicht tun.
Isaac ist der blinde Arzt, den alle Menschen der Stadt in Anspruch nehmen, egal welcher Konfession sie sind. Seine zweite Tochter Raquel und der Bub Yussuf, den er aufgenommen hat, ersetzen ihm Augen und schildern was sie bei den Patienten sehen.
Drei Morde erschüttern das Vertrauen der Menschen, 2 unschuldige Frauen kommen bei plötzlich ausgerufenen Hexenjagden ums Leben - auch die ältere Tochter Isaacs, die einen Christen geheiratet hat, wird verdächtig, aber rechtzeitig von den Mannen des Bischofs geschützt.
Am Schluß kommt heraus, daß der Diener eines magischen Scharlatans seine private Fehde gegen seinen erfolgreichen Bruder bestritten hat, und die Morde dem Bruder in die Schuhe schieben wollte.

Die Medizin, die Isaac verschreibt, scheint mir ein Gemisch aus Hahnemann und fünf Elementen zu sein, aber sie dürfte funktionieren.
Nettes Detail ist die Katze nahmens 'Feliz'.
Witzig finde ich wie "die Magi" geschrieben wurde, denn offenbar dürfte es auch hier einige Änderungen der Schreibweise gegeben haben.

Personen wie Bischof, Schreiber, Bäcker, Wollspinner bis zu Bordell- und Schankbesitzerin sind kräftig gezeichnet. Auch die Landschaft in der die Jungen auftragsgemäß nach Kräutern suchen, ist vorstellbar.

In Summe ein gut lesbares Buch, dessen Kleinigkeiten Freude zu lesen machen.

Samstag, 6. November 2010

Natalia Ginzburg : "Die Straße in die Stadt"

Natalia Ginzburg :
"Die Straße in die Stadt"
Pseudonym: Allesandra Tornimparte
original "La strada che va in città"
1942, Einaudi, Turin
aus dem Italienischen von Maja Pflug
1997, Verlag Klaus Wagenbach, Berlin
88 Seiten
ISBN 978-3-803111661

Der Roman wird auf 88 Seiten erzählt und handelt von der jungen Frau Delia, die immer wieder aus dem Dorf entwischt um in der Stadt - hübsch gemacht - die Straße auf und ab zu gehen.

Sehr trocken, fast unbeteiligt schildert Delia wie sich spazieren geht, Männern gefällt, schließlich mit einem reichen Sohn aus ihrem Dorf in einer Absteige immer wieder verkehrt und prompt schwanger wird. Ihre Eltern versuchen die Schande zu verschweigen, und arrangieren zuerst, daß Delia zu ihrer Tante in ein noch trostloseres Dorf als ihr Heimdorf kommt und schließlich doch die Hochzeit mit dem Kindesvater, der inzwischen mit dem Studium fast fertig ist. Als das Kind dann da ist, bekommt es eine Kinderfrau und Delia geht wieder in hübschen Kleidern die Straße auf und ab.

Daß Delia von dem Ziehsohn der Eltern, dem Neni, verehrt und geliebt wird, merkt sie zu spät. Neni ist der einzige der Familie, der regulär in der Stadt arbeitet und der einzige Mensch, der versucht ihr einen Arbeitsbegriff beizubringen.
Delias Schwester Azalea ist das Vorbild - sie hat hübsche Kleider, legt die Kinder bei der Kinderfrau ab und hat wechselnde Liebhaber hinter dem Rücken ihres älteren gut verdienenden Mannes.

Das Ende ist nicht wirklich zufriedenstellend - Einsamkeit, Leere und Oberflächlichkeit bleiben, denn der einzige der etwas ändern und bewegen wollte, Neni, ist um die Zeit der Geburt des Kindes gestorben.

Alles wird trocken geschildert: das Dorf, die Kleider, die Häuser, die hysterische Mutter, der betrunkene Vater, die Trostlosigkeit im Haus der Tante zu der Delia abgeschoben wird. Landschaft und Menschen bleiben etwas wie Scherenschnitte, sind aber trotzdem gut erfaßbar und vorstellbar.

Ob ich das Buch empfehlen kann, ist mir derzeit noch nicht klar. - vielleicht ergänze ich meine Meinung später noch.