Freitag, 15. Februar 2013

Robert Hültner : "Inspektor Kajetan und die Sache Koslowski"

Robert Hültner :
"Inspektor Kajetan und die Sache Koslowski"
1998 (6. Auflage), Verlagsgruppe Random House GmbH
2 Seiten Einleitung, 227 Seiten und 3 Seiten Erläuterungen
ISBN 3-442-72144-X

In diesem gut geschriebenen, dichten und spannenden Kriminalroman wird erzählt wie der brave, korrekte Inspektor Kajetan versucht seine Polizeiarbeit zu verrichten. Alle Werte sind nach dem ersten Weltkrieg in Frage gestellt, Hunger und der Wunsch zu überleben treibt die Menschen zu politischen Veranstaltungen und Vereinigungen. Menschenleben zählen genauso wenig wie im Krieg - Gefühle wie Respekt und Ehrlichkeit sind untergegangen.

Ein Haus ist abgebrannt. Eine Leiche wurde gefunden, der zweite Bewohner, ein Mieter - einer der Journalist werden will - ist unauffindbar. Der Journalist wurde als Test losgeschickt eine haarsträubende Geschichte zu beweisen und stolpert dabei über die Hintermänner der Ermordung des gewählten Präsidenten Kurt Eisner. Er ist in eine junge Frau verliebt, die aus einem der tiefen dunklen Täler Bayerns herkommt. Dort herrscht nach dem Krieg, der vielen jungen Männern aus der Stadt und vom Land das Leben oder auch nur die Seele gekostet hat, nur Mühsal. Der Inspektor folgt den Spuren des Journalisten, findet das Gasthaus in dem die junge Frau kellnert und entdeckt die Ähnlichkeit des Gasthausbesitzers zum Attentäter auf den Präsidenten. Parallel nimmt die Gewalt in München zu - Gruppen links- oder rechtspolitischer Gesinnungen halten Versammlungen ab, und beginnen einander zu bekämpfen. Mittlerweile taucht die Leiche des Journalisten auf, und der einzige dem er vertraut hatte - ein Dramaturg - wird ebenfalls ermordet und alles Belastende vernichtet gefunden. Das Vertrauen in die Polizei sinkt - Kajetan muß erleben, daß sein Vorgesetzter bestochen worden ist und ihn letztendlich auch verrät. Als er bei seinen Nachforschungen bei dem Thule-Verband ermitteln will, wird er verhaftet, aber durch zwei Glücksfälle und aus München ins bayerische Hochland (das die Heimat der Kellnerin ist) gerettet. Ein Zug mit bezahlten Jünglingen, die die Rechtsradikalen unterstützen soll, fährt gen München.

Das Buch hat 'Drive'. Ich habe es an einem Nachmittag gelesen und konnte nicht aufhören, bis ich auf der letzten Seite war.

Die Stimmung ist dicht geschildert, die tw. extreme Armut ist fast körperlich spürbar, ebenso der Zerfall der Werte und daß noch nichts neues Haltbares nachgekommen ist. Politische Extremisten haben es leicht in Lokalen oder Vereinen die Menschen aufzuwiegeln, und wenn es plötzlich Sold gibt dann kommen die Scharen von Arbeitssuchenden.
Am Land wird anhand des Bruders der jungen Frau Jule geschildert, daß er da er im Krieg nur stundenlang verschüttet gewesen war, aber keinen körperlichen Makel aus dem Krieg vorweisen kann, selbst vor Ärzten als Simulant gilt (meilenweit von Trauma-erkennung entfernt).

In der Einleitung weist der Autor darauf hin, daß der Roman zwar auf geschichtlichen Fakten und Hintergründen basiert, aber Namen und Personen und auch Orte geändert sind und nicht eins zu eins zu nehmen sind. Für mich war die Information über die Räterepublik in Bayern nach dem ersten Weltkrieg mit den extremen linken und rechten Positionen und Vereinigungen trotzdem aufschlußreich. Auch daß ein Präsident erstochen werden kann, ohne daß der Attentäter dadurch wirklich zu Schaden kommt, ist ein erschreckendes Element.

Dieses Buch ist Krimifreunden sehr zu empfehlen und auch Lesern, die gut recherchierte geschichtlich glaubwürdige Geschichten mögen. Viel Spaß !

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