Montag, 15. Mai 2017

Frank Tallis : "Vienna Blood"

Frank Tallis :
"Vienna Blood" - Volume two of the Liebermann Papers
2007, Arrow Books, U.K.
474 Seiten + 2 Seiten Acknowledgment and Sources
ISBN 978-0-099-47132-5

Auf deutsch ist der Kriminalroman unter dem Titel "Wiener Blut" erschienen. Der Titel bezieht sich auf einen Absatz in dem der Walzer dieses Namens gespielt wird.

Psychiater Max(imilian) Liebermann und sein guter Freund Inspektor Oskar Rheinhardt sind wieder auf der Suche nach einem Mörder. Die Lieblingsschlange des Kaisers in Schönbrunn wurde zerschnitten, drei Huren und ihre Puffmutter in einem Bordell bestialisch ermordet, ein dunkelhäutiger Diener erdolcht - Die Wien geht die Angst um. Zuerst wird ein Schlächter verdächtigt, aber die damals noch neue Technik einer Blutuntersuchung beweist, daß nur jede Menge Tierblut an seinen Kleidern ist.  Eine Aufführung der  "Die Zauberflöte" in der Staatsoper wird zum Schlüssel um endlich der Lösung nach zu kommen. Liebermann und Rheinhardt, die beide gebildete Mittelschicht mit verschiedenen Religionen darstellen, beginnen sich mit Kreisen zu beschäftigen die Ausländer, Zureisende, Andersfärbige, Andersreligiöse und Freimaurer zutiefst hassen. In einer Bibliothek kommt es zum Showdown mit Fechtszene.

Die Kriminalgeschichte ist großzügig geschrieben, in der Menschen, ihren Beweggründen und Bewegungen Raum gegeben wird, ohne zu kitschig zu werden.
Die Menschen sind unterschiedlichst.
Dem Titelgebenden Max Liebermann wird der meiste Platz eingeräumt: er ist verlobt und nicht wirklich glücklich. Fein wird beschrieben wie er damit umgeht, und wie die Gesellschaft mit seiner Entscheidung umgeht. Mir als Musikfan haben die Stellen in denen er Musik genießt bzw, mit dem Inspektor gemeinsam musiziert sehr gut gefallen. Als Psychiater sucht er auch den großen Freud auf. Neue Ideen werden entwickelt. Die Kapitel in denen er einen Patienten der in Liebe zu einer unerreichbaren Erzherzogin entbrannt ist schildert sind faszinierend; erschreckend eine altmodische Methode psychisch kranke Menschen durch Drehungen sogenannt zu kurieren.
Der Inspektor hat einen freundlichen Untergebenen, und einen mieselsüchtigen Vorgesetzten. Er selbst geht seinen Weg und versucht den Mord zu klären. Er ist ein wirklich guter Freund Liebermanns, der ihm als Mensch und Polizist zur Seite steht und seine Denkansätze zu schätzen weiß.
Die Künstler und Literaten aus dem deutsch-tümelden Bereich sind gut vorstellbar, auch wenn es fasziniert daß Menschen mit Hunde- oder Rattengesicht beschrieben werden. Künstler zerbrechen an ihrem Anspruch genial zu sein, aber zu bemerken, daß sie mittelmäßig sind. 
Die stolzen Uhlanen sind in dem Buch die Soldaten deren Benehmen mit Arroganz, Selbstgefälligkeit, und eigenartigen Werten mit Duellen und Ehrenmorden auffallen.

Es wird viel aus Wien beschrieben wie das Burgtheater, das Rathaus, die schwebende Straßenbahn, etc. Stimmungsmäßig ist festgehalten, daß die Freimaurer auch politisch bedroht sind, und sehr versteckt ihren Werten und Ritualen nachgehen müssen. Wien ist geographisch gut geschildert und als Wienerin sind die Wege und Strecken gut nachvollziehbar.

Die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten werden beschrieben. Max Liebermann lebt als gebildeter Mensch in seiner Schichte aber lernt viel aus anderen Leben durch seine Arbeit . Er erlebt auch die Oper in der Loge und genießt Gustav Mahler als Dirigent. Das Elend der Prostituierten, die verrauchten billigen Lokale sowie das Vegetieren der ganz Armen in den Kanälen unterhalb der Stadt wird bildhaft eingefangen.
Das Buch ist schönem reichen vielfältigen Englisch geschrieben. Ich habe jede Menge neuer schöner Adjektive und Redewendungen kennen gelernt (darunter einige Vokabel für 'durchsichtig').

Ich habe zwar länger an dem Buch gelesen, es aber sehr genossen. Viel Freude auch anderen Leserinnen und Lesern !
 
Frank Tallis, wurde am 1 September 1958in London geboren. Er ist klinischer Psychologe mit Spezialisierung auf Zwangsstörungen. Er schreibt sowohl Fachliteratur, als auch Kriminalgeschichten und Fantasyromane (diese allerdings unter dem Autorennamen 'F. R. Tallis')

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