Sonntag, 12. Februar 2017

Anna Achmatowa : "Gedichte"

Anna Achmatowa :
"Gedichte"
ausgewählt und übertragen von Hans Baumann
1967, Langewiesche-Brandt Verlag, Ebenhausen bei München
87 Seiten + 5 Seiten biographisches Nachwort + 1 Seite Bibliographische Anmerkungen + 4 Seiten Anmerkungen zum Text + 3 Seiten Inhaltsverzeichnis
keine ISBN

Da Anna Achmatowa zu einer der großen Lyrikerinnen zählt und die Repressalien unter Stalins Herrschaft überstanden hat, habe ich zu diesem Lyrik-band gegriffen.

In drei Kapiteln (I. 'Im dunklen Kreis'; II. 'Netze am Ufer'; III. 'Gekreuzte Regenbogen'; Requiem [1935 - 1940]) sind Gedichte zusammengefaßt, die zwischen 1911 und 1963 entstanden sind.

Mich haben die Gedichte im zweiten Kapitel am meisten angesprochen da in ihnen Liebe, Sehnsucht, Zärtlichkeit, Hoffnung, Behutsamkeit zu spüren ist. Im ersten Kapitel ist das Elend des Krieges und Verzweiflung in der blockierten Stadt Leningrad spürbar. Die Gedichte im dritten Kapitel kann ich nicht zusammenfassen, mir gefällt auf Seite 62 der acht-Zeiler über die Muse aber am besten.
Die Gedichte im Kapitel 'Requiem' sind schwarz, das Unglück der Menschen um sie ist spürbar.

Es kommen die großen Namen der russischen Dichtkunst wie Puschkin, Pasternak vor.
Auch sonstige russische Örtlichkeiten wie die Malka (Fluß), die jemanden der sich in Rußland nicht auskennt, beim Lesen zum Straucheln bringt.

Obwohl ich kein Lyrik-Fan bin (und  mich mit Gedichten ehrlicherweise eher schwer tue) haben mich diese Zeilen und Reime sehr angesprochen. Sie sind zwar nicht einfach zu lesen und damit nicht unterhaltend, aber sie 'entschleunigen' und bringen zum Nachfühlen und Nachgrübeln. Viel Freude beim Mitgehen !

Anna Achmatowa (Anna Andrejewna Gorenko) wurde am 23.Juni 1889, Odessa (Ukraine) geboren. Sie ging in ein exklusives Lyzeum, und kannte von Kindesbeinen an Künstler. Sie veröffentlichte Gedichte als Jugendliche und bereits vor der Revolution, hatte dann Veröffentlichungsevrbot zwischen 1922 bis 1940, ihr erster Mann wurde erschossen, der Sohn inhaftiert, der zweite Mann wurde ebenfalls inhaftiert. Sie erlebte Teile der Blockade um Leningrad mit, wurde erst nach Stalins Tod teilweise rehabilitiert und durfte in den 60-er ins Ausland zu Entgegennahme von Ehrungen. Sie starb am 5. März 1966, Moskau (Rußland).

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Rund um dieses Buch kam es zu Diskussionen, da Hans Baumann, geboren 1914, als ex-Hitlerjugendführer und Verfasser des Liedes "Es zittern die morschen Knochen" als Übersetzer von Achmatowa kam. Ingeborg Bachmann drückte ihr Entsetzten aus, kündigte beim Piper-Verlag, wechselte zu Suhrkamp. Im Piper Verlag sollten eigentlich die Achmatowa-Gedichte erscheinen - die fallen gelassenen Gedichte wurden dann in Raten vom Kristof Wachinger, dem Chef des Münchner Kleinverlags Langewiesche-Brandt, dem großen Kollegen Piper die 3900 bereits gedruckten "Gekreuzten Regenbogen" abgekauft. Mit neuem Verlagsimpressum und neuem Titel ("Gedichte") wurde diese Achmatowa-Gedichte dann auf den Markt gebracht - Piper produzierte die ausgewählten Gedichte mit neutralem Einband und schenkten sie dem Übersetzer.
[das Buch ist übrigens in einer öffentlichen Stadtbibliothek zum Leihen]

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