Samstag, 9. April 2016

Antal Szerb : "Reise im Mondlicht"

Antal Szerb :
"Reise im Mondlicht"
Roman
original "Utas és holdvilág"
1937, Révai, Budapest
aus dem Ungarischen von Christina Viragh
2003, Deutscher Taschenbuch Verlag
250 Seiten + 3 Seiten Nachwort von Péter Esterházy
ISBN 3-423-24370-8

Der Roman startet mit der Hochzeitsreise von Mihály und Erszi nach Italien. Erszi war bereits verheiratet gewesen und freut sich in der Ehe mit dem besonnen Mihály auf ein geregeltes Leben. Ein Jugendfreund von ihm taucht auf und ab nun diktiert die Vergangenheit sein Leben: er erzählt seiner Frau von der Jugendclique mit Evá, Tamás, Ervin und János, deren intellektuellen Spielchen und der Todessehnsucht von Tamas, der dieser später nachgeben wird. Ervin liebt Eva, entscheidet sich dann für das das Leben als Mönch, wo ihm Mihaly prompt begegnet. Auch Eva ist plötzlich da.
Erzsi zieht nach Paris, lernt dort einen faszinierenden Perser kennen und entscheidet sich dann doch wieder für ihren Ex-Mann Zóltan, der ihr das Leben bietet das sie gewohnt ist, und der sein Leben immerhin in die Hand nimmt, im Gegensatz zu fremdbestimmten Mihaly.

Spannend ist die Schilderung der Personen : Mihaly läßt sich treiben und beeinflussen, solange die Person die ihm was sagt stark genug ist und versieht somit seine Arbeit in der väterlichen Firma mit Pflichtgefühlt, sonst sieht er sich lieber die Gegend an; Erszi dürfte eine schöne Frau sein, die Luxus schätzt und das Gefühl verwöhnt zu werden, aber auch ihr wird zuviel daß Mihaly Eva noch immer liebt und wenig eigenen Antrieb hat; Zoltan ist bürgerlicher und brilliant-durchtriebener Geschäftsmann der zwar nur seinen Geldes wegen geschätzt wird, Erzsi aber trotz seiner Seitensprünge immer noch liebt; Eva dürfte eine wunderschöne charismatische und eigenwillige Frau sein, die nach der tiefen Verbindung zu ihrem Bruder auf der Suche nach einem ebenso zu tiefen Gefühl ist; Ervin ist die Figur die am extremsten handelt und ändert als er vom Judentum zum Katholizismus übertritt, der Liebe zu Eva abschwört und statt dessen weiser charismatischer aber leider körperlich kranker Franziskanermönch wird; Janos ist ein unsympathischer etwas provozierender Mensch; Millicent beglückt Mihaly einige Zeit lang und ist als dummes reiches aber liebenswertes Geschöpf geschildert; Sarí eine Freundin von Erzsi hilft ihr in Paris zu überleben, und ist bodenständig und humorvoll gezeichnet; Waldheim, ein Studienkollege von Mihaly ein Wissenschaftler über Religion/Spiritualität der gut lebt, Frauen liebt, und Mihaly hilft einiges an Werten wieder zusammenzurücken.

Auch wenn sich die vielen Ungarn nur in Italien und dann in Paris treffen, spielt der Roman hauptsächlich in Italien. Es wird die Toskana mit ihren Kulturschätzen, Landschaften und Klöstern und später Rom mit dem Trastevere Viertel, Friedhöfen, Hügel mit Amphorenscherben, billigen Tavernen + Hotels und einfachen bis armen Menschen geschildert. Bei den Beschreibungen in Italien gibt es schöne Passagen in den das Licht daß durch die Landschaft fällt erzählt wird.
Realistisch wird in dem Roman angesprochen, daß man Geld zu zahlen der Lebensnotwendigkeiten braucht und wie Erzsi in Paris überlebt, wie sich Mihaly durchs Leben in Italien schnorrt und die Winkelzüge von Zoltan und Janos laufen bis zum Vater Mihalys der plötzlich auftaucht, alles zahlt und dann den Sohn nach Budapest retour nimmt.

Der Roman ist schön geschrieben. Der Autor nimmt sich die Zeit Szenerien zu beschreiben ohne sich zu hetzten aber auch ohne langatmig  zu werden. Immer wieder sind schöne für heute fast bisserl altvatrische Worte verwendet (ob das an Autor oder Übersetzerin liegt kann ich nicht entscheiden), die die Stimmung sehr schön einfangen.

Für Leser und Leserinnen die sich die Zeit für ein Buch nehmen können und wollen, ist das Buch genau richtig. Viel Freude damit !

Antal Szerb  wurde am 1. Mai 1901 in Budapest geboren. Er studierte in Graz klassische und moderne Philologie und in Budapest Hungarologie, Germanistik und Anglistik. Zuerst arbeitete auf Studienreisen in Italien und Frankreich, dann in London; später als Lehrer für Ungarisch und Englisch. 1937 schaffte er es zu habilitieren, und auf der Uni zu lehren bis er zum Arbeitsdienst verpflichtet wurde. Er wurde am 27. Jänner 1945 im Lager Balf (Gebiet Sopron-Fertöd/West-Ungarn) erschlagen.
Als Schriftsteller schrieb er unter seinen eigenen Namen und auch unter dem Pseudonym A. H. Redcliff. 1934 erschien seine 'Ungarische Literaturgeschichte', 1938 seine Romantheorie, 'Die Suche nach dem Wunder. Umschau und Problematik in der modernen Romanliteratur' (unter dem eingedeutschten Namen Anton Szerb). 1941 wurde seine Literaturgeschichte der Welt veröffentlicht.

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