Sonntag, 14. November 2010

Monika Mertl: "Nikolaus Harnoncourt - Vom Denken des Herzens"


Monika Mertl:
"Nikolaus Harnoncourt
- Vom Denken des Herzens"
Eine Biographie
2004, Residenz Verlag
366 Seiten
2 Seiten Einstimmung
9 Seiten Zeittafel
22 Seiten Diskographie
5 Seiten Personenregister
ISBN 3-7017-1409-6

Ein faszinierendes Buch über faszinierende Menschen, das mich einige Monate in Spannung gehalten hat.
Die Autorin schildert Nikolaus Harnoncourt als Musiker, als Familienmenschen, als 'Bastler' und geht auf die musikalische Umgebung und deren Wandlungen ein.

Das Buch startet bei dem familiären Hintergrund (den Großeltern und Eltern) von Nikolaus Harnoncourt, geht dann über Jugend in der Steiermark, und dann Studium und Liebe in Wien, in der er der späteren Ehefrau und Mitstreiterin Alice Harnoncourt geborene Hoffelner in Wien begegnet, über die Zeit bei den Wiener Symphonikern als Cellist. Es ist Zeit und Beschreibungen der Rezeption der "alten" Musik in den 50-er und 60-er Jahren in Wien gewidmet und zeigt die Auseinandersetzung und das Entwickeln einer eigener Rezeption und Musikdarstellung.

Schön sind die Einblicke in Studenten-, Musikerzeit, Ehe- und Familienleben - faszinierend wie Menschen genau zu spüren scheinen wo sie hingehen und hingehören um genau das Richtige zu tun (auch wenn dies Nikolaus Harnoncourt anders wahrgenommen hat).


Als geschichtsinteressierten Menschen waren für mich die Reflexionen auf Zwischenkriegszeit (Familie), Weltkrieg und Aufbau des Lebens hochinteressant.

Die Menschen sind interessant, aber fast spannend wird es für musikinteressierten Menschen wenn erzählt wie mit alter Musik damals an der Uni umgegangen wurde, wie die Welt der Konzert in den 60-er Jahren bestückt war, wie die Entwicklung / Herausforderung verlief und welche Polarisierungen die unterschiedlichen Musikauseinandersetzungen hervorrief.

Am Schluß des Buches geht es um Salzburg und wie damals mit Karajan, Post-Karajan und Mortier etc. in der Ausseinandersetzung um Mozart umgegangen wurde.

Platz finden die wichtigen Ensembles und Orchester mit denen Zusammenarbeit besteht und besteht : wichtig sind der Concentus Wien, dessen Wachsen und Gedeien bis zu großen Reisen, sehr intensiv und fast nahe geschildert ist, aber auch das Concertgebouw orkest, das Zürcher Opernorchester bis zu den Wiener Philharmonikern finden viel Raum.

Faszinierend ist für mich wie die Zeit der Zusammenarbeit für die Mozart - Opern in der Schweiz beschrieben wird: für mich entstand der Eindruck einer fast idealen Zeit in der sich ein 'Dream Team' mit Jean-Pierre Ponelle zusammenfunden haben dürfte.

Da immer wieder Ausschnitte aus Gesprächen mit Nikolaus Harnoncourt abgedruckt sind, (und ich seine Stimme aus Interviews kenne), hatte ich immer wieder das Gefühl direkt angesprochen zu werden oder direkt manches 'gesprochen' zu erhalten.

Für mich ein Buch bei dem ich immer wieder die Seiten zumachen und durchdenken mußte, auch hinterfragend, was ich mitgekriegt habe oder was auch nicht, ob ich in dem Konzert / der Aufführung gewesen war und wie ich dieses Konzert / Aufführung in Erinnerung habe.

Ein wunderbares Buch für musikverliebte Leser, die sich von einem faszierenden Menschen und einer außergewöhnlichen Harmonie in Beziehung in den Bann ziehen lassen möchten.

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