Mittwoch, 15. September 2010

Alice Munro : "Der Traum meiner Mutter"

Alice Munro : "Der Traum meiner Mutter"
unter "The Love of a Good Woman"
1998 bei A. Knopf, New York
aus dem Englischen von Heidi Zerning
2002, S. Fischer Verlag, Frankfurt
221 Seiten
7 Seiten Nachwort von Judith Hermann
ISBN 3-10-048817-2

* Der Traum meiner Mutter (62 Seiten)
* Die Kinder bleiben hier (44 Seiten)
* Stinkreich (50 Seiten)
* Vor dem Wandel (50 Seiten)

Das Buch enthält vier starke, dicht beschriebene Geschichten, in denen Frauen in ihrem Leben , in ihrer Entwicklung beschrieben werden.

Der 'Traum meiner Mutter' beschreibt wie eine junge Frau Jill, die Musikerin werden möchte, von einem Mann der im Krieg umkommt ein Kind auf die Welt bringt. Sie ist so überfordert, daß die Schwestern des Mannes einspringen. Erst als die jungen Mutter einen Tag alleine mit dem Baby ist, ist es möglich, daß die beiden miteinander eine Beziehung aufzubauen beginnen.

In die 'Kinder bleiben hier' erzählt eine junge Frau und doppelte Mutter Pauline, wie sie beim Schauspielen in eine Affäre gleitet, und ihr Mann am Schluß als Rache die Kinder behält. Schön sind hier die Beschreibungen des Strandes an dem die Familie mit ihren Schwiegereltern ist.
Das Stück das geschauspielert werden soll, ist die "Eurydike" von Jean Anouilh, in dem die junge Mutter die Eurydike spielt, und der spätere Geliebte der Regisseur ist.

In "stinkreich" geht es um drei Frauen und einen Mann. Die drei Frauen sind die Ehefrau, eine Lektorin und deren Tochter. Die Tochter Karin ist die bei der die Entwicklungen, die Versuchungen ans Lebens erzählt werden. Als sie sich spaßhalber das Hochzeitskleid der Ehefrau ausborgt, gerät sie in Kerzen und holt sich schlimme Hautverletzungen. Auf der letzen Seite ist die Zeile, daß sie ihre innere Kraft gefunden hat.

„Vor dem Wandel“ ist für mich fast gespenstisch, da die junge Frau die heimkehrt ins Haus ihres wortkargen Vaters fast keine Kommunikation findet. Erst als Erwachsene findet sie heraus, daß ihr Vater als Landarzt Besuch von Stadtfrauen zur heimlichen Abtreibung bekommt. Als er nach einem Schlaganfall stirbt, entdecken alle daß er nie Geld damit gemacht hat und es fast nichts zum Erben gibt. Parallel zur den vergeblichen Kommunikationsversuchen erzählt die junge Frau, daß sie in der Hauptstadt beim Studium einen Theologiestudenten kennengelernt hatte, dieser aber einen Schwangerschaftsabbruch gefordert hatte, der für sie nicht möglich war, weshalb das Kind jetzt Adoptiveltern hat.

Der Aufbau der Geschichten erscheint mir sehr ähnlich, denn mehr als drei Viertel der Geschichte verlaufen in einem ruhigen deskriptiven Strom, und dann plötzlich schlägt die Geschichte einen Hacken und man landet ganz woanders.
Im 'Traum meiner Mutter' hat es die junge Mutter geschafft als Musikerin in einem Orchester zu spielen; in 'die Kinder bleiben hier' ist klar, daß der Regisseur nur eine Affäre und ja nichts wichtiges war.
Im „Vor dem Wandel“ befreit der unerwartete Tod des Vaters die junge Frau von engen Erwartungen, auch wenn nicht klar ist, was sie damit tun möchte.

Mir gefällt sehr gut wie die ruhigen, beobachtenden (fast passiven) Menschen beschrieben sind. Trotzdem dreht sich die Geschichte um sie, und die Welt dreht sich um sie herum.
Beim Lesen der Geschichten habe ich mich gefragt wann diese Geschichten handeln – für mich haben sie eine Enge, die mich an den konservativen Filme aus den 60-Jahren erinnert. Für Frauen gab es einige Lebensperpektiven und wenige Ausdrucksmöglichkeiten.

Die Landschaften, die Häuser, deren Einrichtung, das Geschirr sind schön skizziert, das Gewand und die Szenerie sind wie eine aquarellierte Bleistiftzeichnung beschrieben.

Das Buch kann ich allen Lesern empfehlen, die sich gerne in eine andere - in dem Fall die der kanadischen Landschaft – Welt ziehen lassen und das Gefühl, daß die Zeit still gestanden sein könnte genießen wollen.

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