Alaa al-Aswani :
"Der Jakubijan-Bau"
original "Imârat Ya'qûbyân!
2002, published by arrangement with the American University in Cairo Press
Aus dem Arabischen von Hartmut Fähndrich
(2007), 4. Auflage 2011, Lenos Pocket 123, Basel
354 Seiten + 2 Seiten 'Die wichtigsten Personen' + 7 Seiten Nachwort
ISBN 978-3-85787-723-0
Der "Jakubijan-Bau" in der Suleiman Pascha Straße hat schöne Wohnungen, schöne Geschäfte und je höher es geht umso einfachere Behausungen, vor allem auf dem Dach. In diesem Roman erzählt der Autor das Leben einiger wie ihnen das Leben spielt oder auch wie sie mit dem Leben anderer spielen.
Taha lernt und will auf die Polizeischule, was ihm trotz seiner Noten nur wegen seiner Abstammung zu einem Torhüter verwehrt wird. Ihm wird mitgeteilt daß er studieren darf, lernt dort sehr gläubige Menschen kennen und folgt einem manipulativen Scheich. Sein Aufenthalt im Gefängnis bringt ihn weiter auf die aggressive Bahn, die schlecht für ihn ausgeht.
Buthina ist seine ehemalige Freundin. Als intelligente Frau ohne Vater kann sie nicht weiterstudieren, muß arbeiten gehen und lernen wie man als hübsche Frau mit lästigen Männern umgeht. Durch eine List wird sie Assistentin von Saki, einem nicht mehr ganz jungen Bonvivant mit Faible für schöne Frauen. Sie hilft ihm und die Geschichte geht gut für sie aus.
Hatim ist ein gescheiter, belesener aber einsamer und homosexueller Chefredakteur. Seine Verbindung zu einem jungen attraktiven verheirateten Soldaten wird für den jungen Mann immer problematischer. Hatim hilft ihm weiter, die Beziehung hat keine Chancen.
Hagg ist ein Unternehmer mit vielen Beziehungen und dem Wunsch auch politisch aufzusteigen. Er findet immer die richtigen Leute die ihm die richtigen Ratschläge geben - sei es für die Politik als auch für sein Privatleben. Er heiratet heimlich die junge schöne Suad, wobei sie nur als seine geliebte gilt und kein Kind von ihm haben darf. Als doch ein Kind entsteht weiß ein machtbewußter Scheich wie man auch dieses Problem - dem Koran zum Trotz - erledigt.
Als Nebenfiguren gibt es den Diener von Saki, der geschäftstüchtig ist und mit seinem Bruder weiß wie man gut mit Nebengeschäften und Brutalität durchkommt.
Die Menschen sind teilweise gut gezeichnet, manchmal auch etwas plakativ. Die Lebensgeschichten der einzelnen Menschen ist intensiv geschrieben, die einen in ihrer durch Ungerechtigkeit angestachelten religiöser Überzeugung, andere die durch Anpassung versuchen etwas besser zu leben.
Die beiden Scheichs werden skrupellos geschildert, der eine für die religiöse Sache, der andere zum Nutzen der Reichen und Schaden der Armen.
Unter die Haut ging mir das Schicksal von Suad, die als zweite Frau vollkommen rechtlos ist, mit deren Bruder ein Vertrag über sie gemacht wurde, die ihren eigenen Sohn aus der Ehe davor nicht sehen darf, aber einem ältlichen Mann die reizvolle Frau spielt; sie paßt sich auch an als der Scheich kommt. Wie dann die Rache der Mächtigen über sie kommt fand ich schaurig.
Die Beschreibungen von Gewalt sind deftig, genauso von Sexualität. Der Roman ist kraftvoll wie er zwischen von den Schicksalen der Menschen erzählt, auch wenn er den Tod des kleines Kind des Freundes von Hatim beschreibt, oder die noch stärkere Verzweiflung Hatims auf der Suche nach Liebe und Beziehung als andere Figuren in dem Roman.
Mit den Orten der Handlungen konnte ich wenig anfangen, mir sind die Menschen nahe gegangen.
In Summe ein starker Roman, bei dem ich manchmal auch mit weniger Brutalität verstanden hätte, was der Autor bezweckt.
ʿAla' al-Aswani (vom Verlag verwendete Transkription Alaa al-Aswani) wurde am 26. Mai 1957 in Kairo geboren. Er war in Kairo im Lycee und studierte später Zahnmedizin in Kairo und Paris, mit späterer Weiterbildung in USA. Er ist Wortführer für die demokratische Opposition in Ägypten, war wichtig bei dem Sturz Mubaraks 2011. 2002 veröffentlichte er den Roman ʿImarat Yaʿqubian' (Der Jakubijan-Bau), 2006 schrieb er den Roman (ar.: 'riwayah') 'Shikaju', 2021 erschien sein Roman 'Die Republik der Träumer' über den Arabischen Frühling in Kairo. Er lebt seit 2019 zwischen Paris und New York im selbstgewählten Exil.